Autor: Simone Schwarzer

  • Europäische Qualitätsstandards zur Suchtprävention

    Die fdr+Fachstelle Suchtprävention in Thüringen hat die Europäischen Qualitätsstandards zur Suchtprävention (EDPQS) vom Englischen ins Deutsche übersetzt.

    Qualität oder auch Qualitätssicherung gewinnen in der Prävention und Gesundheitsförderung einen immer höheren Stellenwert. Dennoch besteht in der Suchtprävention kein einheitliches Qualitätsverständnis. Qualitätsstandards können hierbei eine Hilfestellung geben und richtungsweisend sein.

    Die European Drug Prevention Quality Standards (Europäische Qualitätsstandards zur Suchtprävention, EDPQS) sind ein solcher Standard. Sie wurden von einem internationalen, multidisziplinären Team entwickelt und von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen- und Drogensucht (EMCDDA) veröffentlicht. Bei den EDPQS handelt es sich nicht um einen Bewertungsstandard, sondern sie helfen dabei, neue und bestehende Präventionsmaßnahmen zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln.

    Durch die Übersetzung der fdr+Fachstelle Suchtprävention in Thüringen sind die EDPQS nun erstmals in deutscher Sprache verfügbar. Interessierte können diese beim fdr+ über das Bestellformular bestellen.

    Quelle: https://www.fdr-online.info/, Zugriff 30.04.2020

  • Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung

    Beltz Verlag/Juventa, Weinheim 2020, 600 Seiten, 39,95 €, ISBN 978-3-621-28676-3, Open Access PDF

    Mit welchen Fragen, Herausforderungen und Umbrüchen ist die Soziale Arbeit im Kontext gesellschaftlicher Digitalisierungsprozesse konfrontiert? Das Handbuch behandelt das allgegenwärtige Thema der Digitalisierung erstmals umfassend mit Bezug auf Disziplin und Praxis der Sozialen Arbeit. Beleuchtet werden unterschiedliche disziplinäre Perspektiven, gesellschaftliche Entwicklungen und Diskurse, digitalisierte Formen der Dienstleistungserbringung, Digitalisierung im Kontext von Profession, Organisation und verschiedenen Handlungsfeldern sowie neue Herausforderungen für und Formen von Forschung. In jedem der über 50 Beiträge wird der aktuelle Wissensstand zusammengefasst und seine Bedeutung für die Soziale Arbeit herausgearbeitet. Mit Perspektive auf Organisation, Fachkräfte, Adressat*innen und Erbringungsformen werden Möglichkeiten, Risiken und offene Fragestellungen diskutiert. Die Analysen informieren sowohl Entscheidungsträger*innen als auch Fachkräfte und Studierende der Sozialen Arbeit und anderer sozialer Berufe.

    Das E-Book ist barrierefrei.

  • „Die geplante Corona-App ist sinnvoll und durchdacht“

    Smartphones können helfen, die Verbreitung des Virus einzudämmen – das zeigen Beispiele etwa aus Südkorea oder Island. In Deutschland wird der Einsatz einer Tracing-App derzeit kontrovers diskutiert. Fragen zu Technik, Vorteilen und potentiellen Gefahren beantwortet Professor Frederik Armknecht, Experte für Datensicherheit und Inhaber des Lehrstuhls für Praktische Informatik IV an der Universität Mannheim. Grundsätzlich hält er eine solche App für sinnvoll und durchdacht – vorausgesetzt, diese mache nur das, was öffentlich kommuniziert wird.

    Wie funktioniert eine Tracing-App, wie sie die Regierung derzeit erwägt?

    Die App generiert zu Beginn einen geheimen Schlüssel. Aus diesem wird für eine festgelegte Zeit – beispielsweise für einen Tag – eine zufällige Identifikationsnummer (ID) erzeugt. Befinden sich zwei Anwender in Reichweite voneinander, tauschen die Smartphones diese IDs mittels Bluetooth aus und speichern sie lokal ab. Nach Ablauf der festgelegten Zeit wird aus dem aktuellen Schlüssel ein neuer erzeugt, die ID neu gebildet und so weiter.

    Sollte nun ein Smartphone-Benutzer an COVID-19 erkranken, dann veröffentlicht er den Schlüssel, der zum Zeitpunkt der Erkrankung gültig war. Die Geräte der anderen Nutzer können mit diesem Schlüssel die damals gültigen IDs erzeugen und mit denen vergleichen, die lokal gespeichert sind. Stellt also ein anderer Geräte-Besitzer fest, dass er oder sie Kontakt mit dem Erkrankten in der fraglichen Zeitspanne hatte, kann er sich an die jeweilige Gesundheitsstelle wenden.

    Was sind die Vorteile einer solchen App?

    Vorausgesetzt, die App macht nur das, was öffentlich kommuniziert wird, ist es ein großer Vorteil, dass die gesammelten IDs und die möglicherweise veröffentlichten Schlüssel von echten Benutzerdaten unabhängig sind und dass diese Daten nur lokal auf dem Smartphone gespeichert und verarbeitet werden. Weitere Vorteile sind, dass nur lang erprobte kryptographische Verfahren eingesetzt werden. Zudem sind die gespeicherten Daten insgesamt so kompakt, dass das System gut skalierbar ist: Selbst wenn Millionen von Menschen diese App einsetzen, was ja erwünscht ist, sind der Datenverkehr und der Mehraufwand vertretbar. Sicherlich von Vorteil ist auch, dass die Daten automatisch erhoben werden, sodass bei Bedarf die Kontakte lückenlos informiert werden können, ohne dass Experten erforderlich sind, die diese Schritte ausführen.

    Wo sehen Sie Gefahren?

    Generell muss man der App vertrauen, da sie permanent auf Bluetooth zugreift und intern Daten speichert und verarbeitet. Das gilt aber für fast jede App. Da die Identifikationsnummern automatisch gesendet werden, können diese Informationen mitgehört werden. Jemand könnte zum Beispiel Antennen einsetzen, um eine Vielzahl der IDs abzugreifen und zusammen mit anderen Informationen wie Ort oder Videoaufnahmen zu speichern. Falls eine dieser IDs später zu einem Schlüssel gehört, der veröffentlicht wurde, könnte der Angreifer die Daten abgleichen und unter Umständen die Identität der erkrankten Person herausfinden. Insgesamt erscheint mir das Konzept aber sehr gut durchdacht, und ich sehe momentan eher geringe Gefahren.

    Gibt es in Deutschland bereits ausgereifte Modelle, die einsetzbar sind?

    Mir sind keine bekannt. Daten bei einer Pandemie zu sammeln und auszuwerten, ist doch ein eher ungewöhnlicher Anwendungsfall. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das zugehörige kryptographische Protokoll entwickelten, haben allerdings die Protokolldetails veröffentlicht und ermuntern ausdrücklich dazu, sie anzuschauen und auf mögliche Lücken hinzuweisen – was teilweise bereits geschehen ist. Sie weisen auch darauf hin, dass sie aktiv mit Epidemiologen darüber diskutieren, inwiefern die gesammelten Daten ausreichen.

    Ist eine solche Maßnahme aus Ländern wie Südkorea ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar?

    Nicht unbedingt. In Südkorea gelten andere Datenschutzbestimmungen. Dort können Daten erhoben und ausgewertet werden, die im europäischen Raum nicht direkt verwertet werden dürfen, beispielsweise GPS-Daten. Außerdem ist Südkorea im Gegensatz zu Deutschland ein komplett durchdigitalisiertes Land.

    Lässt sich eine solche App von unseren Handys nach der Pandemie mühelos und vor allem zuverlässig wieder entfernen?

    Im Prinzip ja: Es handelt sich um eine App, die wie alle anderen Apps installiert, aber auch gelöscht werden kann. Angeblich soll der Programmcode der App veröffentlicht werden, so dass andere überprüfen können, dass sich die App nicht im System einnistet.

    Wie schätzen Sie diese Maßnahme persönlich ein?

    Aus sicherheitstechnischer Sicht erscheint mir das Konzept sehr sinnvoll und durchdacht. Einige der beteiligten Sicherheitsexperten kenne ich persönlich und halte sie für absolut vertrauenswürdig. Insofern habe ich eine durchweg positive Meinung von dieser Maßnahme und werde die App auch bei mir installieren.

    Links:

    Pressestelle der Universität Mannheim, 20.04.2020

  • Substitution in der Corona-Krise

    Durch Covid-19 ist in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler Tragweite entstanden. Dies ist auch für suchtkranke Menschen eine besonders belastende Situation.

    Die am 21. April in Kraft getretene SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit erleichtert sowohl Substitutionsmedizinern als auch den Patientinnen und Patienten die ärztliche Versorgung. Mehrere Regelungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) werden für die Zeit der Corona-Pandemie an die besondere Situation angepasst. So dürfen Substitutionsärzte ab sofort mehr Patientinnen und Patienten behandeln. Außerdem dürfen Ärzte nun nach sorgfältiger Abwägung mehr Patientinnen und Patienten Substitutionsmittel für bis zu sieben, in bestimmten Fällen bis zu 30 Tagen verschreiben.

    Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig: „Mit dieser Verordnung sichern wir die Substitutionstherapie suchtkranker Menschen auch in Zeiten der Corona-Pandemie. Dies zu erreichen war mir sehr wichtig, denn fast 80.000 Menschen in Deutschland sind auf die tägliche Gabe von Substitutionsmedikamenten angewiesen. Jede Unterbrechung kann lebensbedrohliche Folgen haben. Es ist mir nicht erst seit Corona ein Hauptanliegen, dass wir Menschen, die von Infektionen besonders bedroht sind, auch besonders schützen. Schnelle Hilfe für Ärzte und Patienten – sie war selten so wichtig wie heute!“

    Ist eine Einnahme des Medikaments unter Beobachtung von medizinischen, pharmazeutischen oder pflegerischem Personal nicht möglich, kann der Arzt nach seinem Ermessen anderes Personal mit dieser Aufgabe beauftragen. Um auch außerhalb der Arztpraxis eine kontinuierliche ambulante Betreuung von Substitutionspatientinnen und Substitutionspatienten zu ermöglichen, können Apothekenboten eingesetzt werden. Der Patient hat dann das Substitutionsmittel vor den Augen des Apothekenboten einzunehmen. Bei der Verschreibung von Folgerezepten dürfen Ärzte von einer persönliche Konsultation absehen. Alle Maßnahmen dienen dazu, dort wo medizinisch gut vertretbar, Infektionsrisiken zu minimieren und die Substitutionsversorgung sicherzustellen.

    Da Substitutionspatienten aufgrund ihres oftmals geschwächten Immunsystems zur Covid-19- Risikogruppe gehören, bedeuten diese Regelungen eine Verbesserung des allgemeinen Infektionsschutzes. Die Substitutionsversorgung in Deutschland auszubauen und zu stärken, ist ein zentrales Ziel für die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig.

    Pressestelle der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, 21.04.2020

  • 17. Deutscher Reha-Tag

    Der diesjährige Deutsche Reha-Tag steht im Zeichen psychisch Kranker. Aus diesem Anlass übernimmt der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Aktion Psychisch Kranke e.V., Peter Weiß, die Schirmherrschaft.

    Immer wieder erfahren Menschen mit psychischen Erkrankungen eine Stigmatisierung durch ihr Umfeld. Dabei sind inzwischen jeder vierte Mann und jede dritte Frau zwischen 18 und 79 Jahren von einer zumindest zeitweiligen psychischen Störung betroffen. Viele begeben sich nicht in Behandlung, sondern ziehen sich aufgrund der Stigmatisierung noch mehr zurück. Mit den richtigen Therapien kann eine Teilhabe am Leben jedoch wieder möglich sein. Die Rehabilitation spielt dabei eine wichtige Rolle und kann Menschenleben retten.

    Peter Weiß

    Peter Weiß, Schirmherr des Deutschen Reha-Tages: „Gerade Krisenzeiten, wie wir sie aktuell erleben, können für psychisch Kranke zur Gefahr werden. Therapieangebote können teilweise nur eingeschränkt wahrgenommen werden, die Krise kann Ängste wieder hervorrufen oder dazu führen, dass Menschen vereinsamen. Ich bin froh, dass der Deutsche Reha-Tag in diesem Jahr den Schwerpunkt auf die Rehabilitation psychisch Kranker gelegt hat. Nach wie vor erfährt diese Krankheit in der Gesellschaft zu wenig Beachtung. Dabei ist eine Öffnung in der Gesellschaft für das Thema wichtig, um eine gute Teilhabe der Erkrankten zu ermöglichen.“

    Aktuell stehen Rehabilitationseinrichtungen vor großen Herausforderungen. Sie werden zur Unterstützung in der Corona-Pandemie herangezogen und müssen ihren Betrieb umstellen. Einige werden vollständig in Corona-Kliniken umfunktioniert. „Dennoch darf das von vielen Patienten benötigte Therapieangebot keine Beeinträchtigung finden. Die Rehabilitation bedarf daher aller Unterstützung“, so Peter Weiß.

    Unter dem Stichwort „Dimensionen von Teilhabe psychisch kranker Menschen“ findet in diesem Jahr die Auftaktveranstaltung des Deutschen Reha-Tages am 9. September 2020 in der Klinik für Psychosomatische Medizin, Alexianer Krefeld GmbH, in Krefeld statt.

    Initiatorenkreis Deutscher Reha-Tag, 07.04.2020

  • Die Deutsche Suchthilfestatistik – DSHS

    Die Deutsche Suchthilfestatistik – DSHS

    1.     Einleitung

    Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel
    PD Dr. Larissa Schwarzkopf

    Die Deutsche Suchthilfestatistik (DSHS) ist ein bundesweites Dokumentationssystem, das dazu dient, zentrale Charakteristika des Suchthilfesystems und seiner Klientel zu dokumentieren. Die DSHS beschreibt wichtige Veränderungen im Bereich der Suchthilfe sowohl hinsichtlich der behandelten Population als auch in Bezug auf die Betreuung selbst. Betreuung bedeutet hier die gesamte Bandbreite der von Suchthilfeeinrichtungen angebotenen Leistungen von der Beratung bis hin zur Behandlung. Diese Informationen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Damit ist die DSHS europaweit eines der größten Monitoringsysteme im Betreuungs-/Behandlungsbereich von Suchterkrankungen.

    Die Anfänge der Deutschen Suchthilfestatistik liegen in den späten 1970ger Jahren, als im Rahmen eines Modellprojektes ein erster einheitlicher Datensatz für die Dokumentation in der Suchthilfe (Bundesdatensatz) entwickelt und erprobt wurde (Hachmann & Bühringer, 1980). Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat darauf aufbauend 1998 die erste Version eines Kerndatensatzes (KDS) „Klient“ herausgebracht. Es folgten 1999 der Kerndatensatz „Einrichtung“ und 2000 ein erster Kerntabellensatz (standardisierte Auswertung in Kreuztabellen). Eine erste umfassende Überarbeitung erfolgte 2007 („neuer KDS“; zuletzt DHS, 2010). Im Rahmen einer zweiten Überarbeitung entstand der KDS 3.0 (DHS, 2020), der seit 2017 die Dokumentations- und Datengrundlage der DSHS bildet.

    Der KDS 3.0 setzt sich aus dem Kerndatensatz „Einrichtung“ (KDS-E), in dem Einrichtungsmerkmale erfasst werden, und dem Kerndatensatz „Fall“ (KDS-F), in dem für jeden betreuten Fall soziodemographische sowie problem- und betreuungsbezogene Merkmale erfasst werden, zusammen. Die mit dem Inkrafttreten des KDS 3.0 verbundenen umfangreichen inhaltlichen Neuerungen wurden an anderer Stelle detailliert beschrieben (Braun & Lesehr, 2017). Besonders hervorzuheben ist die nun verringerte Anzahl der erfassten Einrichtungstypen (sieben statt vorher 16) verbunden mit differenzierten Dokumentationsmöglichkeiten für die in den Einrichtungen angebotenen Maßnahmen im KDS-E. Für den KDS-F bestehen die bedeutsamsten Änderungen in der Trennung von Konsummustern und Diagnosen, der Erfassung vielschichtiger psychosozialer Problembereiche zu Betreuungsbeginn und -ende sowie einer veränderten Erfassung der Konsummengen.

    Dieser Beitrag hat das Ziel, die für die Erstellung der DSHS zentralen Prozesse darzustellen und grundlegende Begriffe einzuführen. Zu diesem Zweck werden zunächst die an der DSHS beteiligten Partner*innen vorgestellt. Anschließend wird der gesamte Datenmanagementprozess ausgehend von Datenerfassung und -versand über Datensammlung und -verarbeitung bis hin zur Erstellung der Auswertungen beschrieben. Zuletzt werden die aus diesen Daten entstehenden Veröffentlichungen benannt.

    2. Strukturen und Prozesse der DSHS

    2.1. Beteiligte Institutionen und Gremien

    Die bundesweite Datenerhebung und Auswertung der DSHS wird im Rahmen eines jahresweise ausgeschriebenen Projekts durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert. Antragsteller ist hierbei das IFT Institut für Therapieforschung München, das eng mit dem Unterauftragnehmer Gesellschaft für Standarddokumentation und -auswertung, Mainburg, (GSDA) zusammenarbeitet. Das IFT ist für die Projektdurchführung sowie die Veröffentlichung der Auswertungen verantwortlich, während die institutionell getrennte GSDA für die Datensammlung und -verarbeitung zuständig ist.

    Abbildung 1 beschreibt sämtliche an der DSHS beteiligten Partner*innen sowie grundlegende Gremienstrukturen:

    • Die Datenerhebung erfolgt auf der Ebene der teilnehmenden Suchthilfeeinrichtungen, die durch ihre übergeordneten Fach- und Wohlfahrtsverbände in den Gremien vertreten sind. Vertreter*innen der Verbände bilden den Fachbeirat Suchthilfestatistik, der über die grundlegende Ausrichtung und über Auswertungen und Veröffentlichungen der DSHS entscheidet. Vertreter*innen des IFT und der GSDA gehören dem Fachbeirat als ständige Gäste an.
    • Dem Fachausschuss Statistik der DHS gehören an: Vertreter*innen von IFT, GSDA, BMG und Softwareanbietern, Repräsentant*innen der an Datenhaltung, -sammlung und -lieferung beteiligten Institutionen (Länder, Verbände, Kostenträger) sowie weitere Beteiligte (Städtetag, Vertreter*innen von Wissenschaft und Praxis). Zu den Aufgaben des Fachausschusses Statistik gehört die Überarbeitung des KDS und die Festlegung von Lösungsstrategien zu anwendungs- und auswertungsbezogenen Fragestellungen.
    • Zudem hat die Projektleitung der DSHS einen Gaststatus in der aus Vertreter*innen von Bund, Ländern, Verbänden und Kostenträgern zusammengesetzten AG DSHS Die AG DSHS widmet sich einer Vereinheitlichung der Suchthilfestatistik, was insbesondere die Harmonisierung von Datenerhebung und -nutzung sowie abgestimmte Vorgehensweisen zur Formulierung, Begleitung und Durchsetzung gemeinsamer Standards umfasst. Sie wird durch die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) einberufen und fungiert gegenüber der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) als Expertengremium.
    Abbildung 1: Gremienstrukturen der Deutschen Suchthilfestatistik und ihre beteiligten Institutionen. BMG = Bundesministerium für Gesundheit, DSHS = Deutsche Suchthilfestatistik, DBDD = Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, GSDA = Gesellschaft für Standarddokumentation und -auswertung, IFT = Institut für Therapieforschung

    2.2. Prozesse

    Abbildung 2 gibt einen schematischen Überblick über das Datenmanagement im Rahmen der DSHS. Diese Kernprozesse werden im Folgenden näher beschrieben.

    Abbildung 2: Datenflüsse im Rahmen der Deutschen Suchthilfestatistik

    2.2.1. Prozesse innerhalb der Einrichtung

    Datenerhebung

    In den Suchthilfeeinrichtungen wird für jede einzelne Einrichtung der Einrichtungsdatensatz (KDS-E) und für jeden einzelnen Betreuungsfall ein Kerndatensatz Fall (KDS-F) erhoben. Diese fallweise Betrachtung ist im Gesundheitswesen durchaus üblich (z.B. Arztfälle, Krankenhausfälle) und bedingt, dass eine Person mit unterschiedlichen Betreuungsepisoden im Beobachtungszeitraum mit mehreren Fällen in die DSHS eingeht.

    Die Datenerhebung innerhalb der Einrichtungen erfolgt dabei (in der Regel) elektronisch unter Einsatz verschiedener Softwaresysteme. In die DSHS gehen ausschließlich solche Daten ein, die mittels zertifizierter Systeme erhoben wurden, die bestimmte Vorgaben hinsichtlich Datenerfassung und -aggregation erfüllen. Die Zertifizierung erfolgt innerhalb der DSHS durch die GSDA.

    Aggregation und Datenexport

    Am Ende eines Erhebungsjahres werden alle Fälle in der Einrichtung aggregiert, d.h. nach zuvor definierten Vorschriften abgefragt und aufaddiert. Zu diesem Zweck stellt die DSHS den Softwareanbietern ein entsprechendes Programm zu Verfügung, das diese an die Einrichtungen (ihre Kund*innen) weiterleiten.

    Im Rahmen der Aggregierung entstehen verschiedene Auswertungsdateien über die einzelnen KDS-Items, die jeweils keine personenbezogenen Daten mehr enthalten (Tabellen). Diese sind bedingt durch die Zusammenfassung der einzelnen Fälle anonymisiert. Eine Aggregierung über einzelne Hauptmaßnahmen findet nur statt, wenn mindestens zehn Fälle eingehen, um valide Auswertungen zu gewährleisten. Die einzelnen aggregierten Ergebnisdateien werden einrichtungsweise in einem Tabellenband gebündelt und elektronisch an die GSDA übermittelt. Alle personenbezogenen Rohdaten verbleiben zu jedem Zeitpunkt in den Einrichtungen.

    2.2.2. Prozesse innerhalb der GSDA, der zentralen Datensammelstelle

    Mit dem Versand der auf Einrichtungsebene aggregierten Daten an die GSDA beginnt die Phase der Datensammlung und -verarbeitung, die mit der Erstellung einrichtungsübergreifender Tabellenbände endet. Der idealtypische Zeitablauf dieses Prozesses ist in Tabelle 1 zusammengefasst.

    Tabelle 1: Zeitlicher Ablauf von der Datensammlung bis zur Tabellenbanderstellung

    Plausibilitätsprüfung

    Nach Ende der Annahmefrist für Daten des Vorjahres (in der Regel 31.03. des Folgejahres) wird eine Liste der teilnehmenden Einrichtungen an die Verbände und Bundesländer versandt. Diese haben dann die Möglichkeit, Einrichtungen, die bis dato noch keine Daten geliefert haben, zur Teilnahme zu motivieren. So lässt sich die Anzahl der teilnehmenden Einrichtungen erhöhen.

    Nach Eingang der Daten finden bei der GSDA umfangreiche Kontrollmaßnahmen statt. Jeder Dateneingang wird auf technische Vollständigkeit und Korrektheit geprüft, um mögliche Fehlerquellen bei der Dokumentation und Aggregation frühzeitig zu identifizieren. Darüber hinaus finden zahlreiche Analysen statt, um eventuell vorhandene generelle Datenfehler (z.B. Programm- oder Exportfehler einzelner Softwaresysteme) zu identifizieren. Die GSDA spiegelt jedes beobachtete Problem an die liefernde Einrichtung zurück und leitet eine einzelfallbezogene Aufklärung in die Wege. Darüber hinaus werden zahlreiche softwaresystembezogene Auswertungen vorgenommen, um ggf. vorhandene generelle Datenfehler, die durch Programm- oder Exportfehler einzelner Softwaresysteme entstanden sind, systemspezifisch zu identifizieren und mit den Anbieter*innen abzuklären.

    Meta-Aggregierung zu Gesamttabellenbänden

    Nach Abschluss dieser Plausibilitätsprüfung nimmt die GSDA eine Addition der eingegangenen einrichtungsspezifischen Tabellenbände zu einem einzigen einrichtungsübergreifenden Gesamttabellenband vor (Meta-Aggregierung). Generell werden aus Datenschutzgründen itembezogene Tabellen nur unter der Voraussetzung erstellt, dass die Daten von mindestens drei Einrichtungen eingegangen sind. So wird verhindert, dass bei nur zwei datenliefernden Einrichtungen Angaben identifizierbar werden.

    Zudem ist bei der Erstellung der übergeordneten Tabellen der „Missingwert“ zu beachten. Dieser Wert legt fest, in wie vielen Fällen (maximaler Prozentwert) Angaben zu einem bestimmten Item fehlen dürfen, damit die Daten einer Einrichtung für diese Tabelle berücksichtigt werden. Der Missingwert liegt standardgemäß bei 33 Prozent. Somit geht in eine Tabelle jede Einrichtung ein, für die bei der entsprechenden Item-Kombination maximal 33 Prozent der Angaben fehlen. Dies führt zu einer Steigerung der Datenvalidität. Der Missingwert für die einzelnen Tabellen bewegt sich im Mittel um die fünf Prozent.

    2.2.3. Auswertungen am IFT

    Ist der einrichtungsübergreifende Gesamttabellenband erstellt, beginnt das IFT mit den ambulanten und stationären Hauptauswertungen. Die Auswertungen für die DSHS basieren auf einem Kerntabellensatz, der im Fachausschuss Statistik konsentiert wurde (siehe KDS-Manual, DHS, 2017). Diese Kreuztabellen aus einzelnen Items des KDS berücksichtigen unterschiedliche Stichproben und wenden verschiedene Filter an. Im Folgenden werden solche Stichprobenziehungen und Filterungen als Läufe bezeichnet. Hierbei wird zwischen „Standardläufenund jahresweise wechselnden Sonderläufen unterschieden. Standardläufe werden jedes Jahr in unveränderter Form sowohl für die Gesamtpopulation als auch stratifiziert nach Geschlecht durchgeführt. Sonderläufe adressieren einmalig bestimmte, vorab definierte Fragestellungen.

    Die Bezugsgröße der Auswertungen sind wie oben beschrieben grundsätzlichBetreuungsepisoden und nicht hilfesuchende Personen. Auf Einrichtungsebene kann eine Doppelzählung dadurch vermieden werden, dass nur die erste Betreuungsepisode in die Aggregierung eingeht. Die Problematik von Mehrfacherfassungen innerhalb der DSHS wird so auf die Nutzung von Hilfsangeboten in unterschiedlichen Einrichtungen reduziert.

    Die wichtigsten Stichproben und Filter werden im folgenden Abschnitt dargestellt.

    Stichproben für Standardläufe

    Alle Betreuungen: In diesem Lauf sind alle Betreuungsepisoden enthalten, die innerhalb eines Jahres dokumentiert wurden, unabhängig davon, ob die Maßnahme im Auswertungsjahr begonnen bzw. beendet wurde oder ob es sich um Übernahmen aus dem Vorjahr bzw. ins Folgejahr handelt. So lassen sich auch Langzeitbetreuungen abbilden.

    Zugänge/Beender: Dieser Lauf umfasst lediglich Betreuungsepisoden, die innerhalb des Auswertungsjahres begonnen oder beendet wurden. Übernommene Fälle aus dem Vorjahr und Übernahmen in das Folgejahr bleiben unberücksichtigt. Aktuelle Veränderungen können so besser beobachtet werden, da Langzeitbetreuungen nicht berücksichtigt sind. Die Zugänge-Stichprobe wird dabei für Basis-, Verwaltungs-/Zugangs-, soziodemographische sowie Konsum- und Diagnosedaten herangezogen. Die Beender-Stichprobe wird für Angaben zu Maßnahmen/Interventionen und Abschlussdaten herangezogen.

    Beender: Dieser Lauf enthält lediglich jene Betreuungsepisoden, die im Laufe des jeweiligen Jahres abgeschlossen wurden. Diese Selektion wird vor allem für den stationären Bereich verwendet, wo Entlassjahrgänge die übliche Bezugsgröße für Leistungserbringer und Kostenträger darstellen.

    Erstbehandelte: Dieser Lauf enthält nur die Betreuungsepisoden von Personen, die vor der aktuell dokumentierten Episode noch niemals suchtbezogene Hilfe in Anspruch genommen haben.

    Ohne Einmalkontakte: Dieser Lauf lässt Personen, die lediglich für einen einzigen Kontakt in der Einrichtung vorstellig wurden, unberücksichtigt. Dadurch wird der Missingwert auf Itemebene gesenkt, da im ambulanten Setting über Basisvariablen hinaus gehende Informationen häufig erst im Verlauf der Betreuung, also nach mehreren Kontakten, erfasst werden. Im stationären Setting besteht die Behandlungsepisode definitionsgemäß aus einem einzigen (eine gewisse Zeitspanne umfassenden) Kontakt, so dass hier die Regelung für Einmalkontakte nicht greift.

    TDI-Selektion: Auf europäischer Ebene (treatment demand indicator/TDI; European Monitoring Center for Drugs and Drug Addiction, 2012) soll jeweils die erste Inanspruchnahme suchtbezogener Hilfen im jeweiligen Datenjahr berichtet werden. Anhand einer KDS-Filterfrage werden daher Fälle ausgeschlossen, die im laufenden Jahr bereits suchtbezogene Hilfen in Anspruch genommen haben. Ergänzend wird die Stichprobe mit der ersten Betreuungsepisode in der jeweiligen Einrichtung berücksichtigt. Abweichend vom üblichen Prozedere (33 Prozent Missingwert) findet bei der TDI-Selektion ein Missingwert von 100 Prozent Anwendung (siehe auch 3.2.3).

    Tabelle 2 bietet eine Übersicht über die seit dem Datenjahr 2017 gültigen Standardläufe. Hierbei lassen sich die Läufe sowohl gegliedert nach Einrichtungstyp (ambulant vs. stationäre Rehabilitationsmaßnahmen) als auch gegliedert nach den angebotenen Maßnahmen (z.B. Niedrigschwellige Hilfen, Adaption, Ambulant Betreutes Wohnen) durchführen. Lauf 12 Alle Bezugspersonen dient ausschließlich als Information für die Einrichtungen und geht nicht in die Veröffentlichungen der DSHS ein.

    Tabelle 2: Standardläufe der Deutschen Suchthilfestatistik seit dem Datenjahr 2017. ZB = Zugänge/Beender, EK = Einmalkontakte, Haupt-MN = Hauptmaßnahme, HD = Hauptdiagnose, PSB = Psychosoziale Betreuung

    Inhaltliche Filtervariablen/Sonderläufe

    Grundsätzlich kann jedes KDS-Item als Filter für einen (einmaligen oder periodisch wiederkehrenden) Sonderlauf dienen. Hierbei werden besonders häufig Diagnosen (z.B. opioidbezogene Störung, Pathologisches Glücksspiel), klientenbezogene Charakteristika (z.B. Erwerbssituation, Alter, Migrationshintergrund) oder Aspekte des Betreuungsverlaufs (z.B. Art der Beendigung, Weitervermittlung) genutzt. Grundsätzlich lassen sich auch mehrere Filter kombinieren (z.B. Fälle ab 60 Jahren mit einer alkoholbezogenen Hauptdiagnose).

    Regionalauswertungen

    Neben den bundesweiten Tabellenbänden werden für den ambulanten Bereich Tabellenbände auf Landesebene erstellt und den jeweils zuständigen Ministerien zur Verfügung gestellt. Für einige Spezialauswertungen existieren zudem regionale Tabellenbände.

    Ermittlung der Beteiligungsquote

    Die DBDD hat in den Jahren 2006/2007 im Rahmen eines vom BMG geförderten Projekts ein zentrales Register deutscher Suchthilfeeinrichtungen aufgebaut (Süß & Pfeiffer-Gerschel, 2009), in dem jede Einrichtung über ihren Einrichtungscode eindeutig identifizierbar ist. Durch Abgleich mit den Dateneingängen aus der DSHS lässt sich feststellen, welche der registrierten Einrichtungen sich an der Erhebung beteiligen. Das nicht-öffentliche Register ermöglicht somit eine Abschätzung der Beteiligungsquote (siehe hierzu Süß & Pfeiffer-Gerschel, 2011), wodurch Rückschlüsse auf die Repräsentativität der DSHS-Daten gezogen werden können. Das Register wird zu diesem Zweck im Rahmen der DSHS weitergeführt und regelmäßig aktualisiert. Hierbei werden die Rückmeldungen der angeschriebenen Suchthilfeeinrichtungen zu Einrichtungstyp und Angebot bedarfsweise an systematische Veränderungen innerhalb des KDS angepasst.

    2.3. Datenschutz-Aspekte

    Die Erhebung und Dokumentation der Daten in den Einrichtungen erfolgt teilweise gemäß sozialrechtlich definierten Vorgaben unter Berücksichtigung der gesetzlichen Auflagen zum Sozialdatenschutz (insb. SGB X). Dies trifft auf Leistungen zu, auf die ein gesetzlich begründeter Anspruch besteht (bspw. Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation). Viele andere Maßnahmen, insbesondere ambulante Beratungsleistungen, stellen demgegenüber Angebote dar, die nicht in den sozialrechtlichen Kontext eingebettet sind. Infolgedessen greifen die Regelungen des SGB X hier nicht, und die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten auf Einrichtungsebene ist nur mit Einwilligung der Betroffenen und unter Wahrung der Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG zulässig.

    Die Lieferung der Daten aus den Einrichtungen an die DSHS erfolgt auf freiwilliger Basis, ohne dass hierfür eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Hierfür verlassen die Daten die Einrichtungen in aggregierter Form. Es liegen also keine personenbezogenen, gesundheitsbezogenen und damit besonders schutzbedürftigen Daten im Sinne der einschlägigen Datenschutzgesetze vor. Die dort beschriebenen Vorgaben zum Datenschutz finden demnach keine Anwendung.

    Somit haben auch die umfassenden datenschutzrechtlichen Regelungen, die das Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) mit sich gebracht hat, keinen Einfluss auf den Datenaustausch innerhalb der DSHS. Schließlich ist aufgrund der aggregierten Datenlieferung keine Rückverfolgung einzelner Personen möglich.

    3. Ergebnisse und ihre Verwertung

    3.1. Standardläufe in Tabellenform

    Ausgewählte bundesweite Tabellenbände der Standardläufe sind im Download-Bereich der DSHS-Website als Excel-Arbeitsmappen öffentlich zugänglich, so dass die einzelnen Einrichtungen Ihre eigenen Daten mit dem bundesweiten Durchschnitt vergleichen können. Bei der Stichprobe „Alle Betreuungen“ werden die bundesweiten Tabellenbände grundsätzlich für alle sieben Einrichtungstypen öffentlich gemacht. Die Stichprobe „Zugänge/Beender“ wird für alle Einrichtungstypen mit Ausnahme der stationären Rehabilitationseinrichtungen bereitgestellt, die Stichprobe der „Beender“ wird nur für die stationären Rehabilitationseinrichtungen bereitgestellt. Die Einrichtungstypen sind: Typ 1 Ambulante Einrichtung, Typ 2 Stationäre Rehabilitationseinrichtung, Typ 3 Krankenhaus/-abteilung, Typ 4 Ärztliche/Psychotherapeutische Praxis, Typ 5 Soziotherapeutische Einrichtungen/Eingliederungshilfe/Hilfen zur Überwindung besonderer Schwierigkeiten, Typ 6 Einrichtung im Strafvollzug und Typ 7 Andere (z.B. Pflegeheim, Maßregelvollzug). Einrichtungen der Typen 4 und 7 beteiligen sich bislang jedoch nicht in hinreichend großer Zahl an der DSHS, so dass hier derzeit keine Daten vorliegen.

    3.2. DSHS-Berichterstattung

    Standardberichterstattung – Onlinebericht

    Im Jahresbericht der DSHS („Suchthilfe in Deutschland“; zuletzt Dauber et al., 2019) werden soziodemographische, störungs- sowie betreuungsbezogene Basisparameter der hilfesuchenden Klientel vorgestellt. Hierbei differenziert der KDS 3.0 nach ambulanten und stationären Einrichtungen. Zusätzlich erfolgt eine nach den wichtigsten Hauptmaßnahmen (unabhängig vom Einrichtungstyp) stratifizierte Berichterstattung. Der Jahresbericht wird ausschließlich online veröffentlicht. Eine kompakte Darstellung der Ergebnisse erfolgt zudem im Jahrbuch SUCHT der DHS (zuletzt Dauber et al., 2019).

    Kurzberichte/Publikationen

    In der Regel werden von der DSHS jährlich zwei Kurzberichte zu wechselnden Themen erstellt und elektronisch veröffentlicht. Diese Kurzberichte basieren meist auf Sonderläufen. Themen der letzten Jahre waren beispielsweise Analysen zu Klient*innen mit der Hauptdiagnose Pathologisches Glücksspielen (Künzel et al., 2019), Klient*innen mit Migrationshintergrund (Künzel et al., 2018) oder die Veränderung des Erwerbsstatus von Betreuungsbeginn bis Betreuungsende (Künzel et al., 2017). Teilweise entstehen aus den Sonderläufen auch wissenschaftliche Publikationen in Form von Zeitschriftenbeiträgen (Brand et al., 2015; 2016; Dauber et al., 2018; Kipke et al., 2015).

    TDI – Treatment Demand Indicator

    Auf europäischer Ebene entspricht der Treatment Demand Indicator (TDI 3.0) dem Kerndatensatz. Deutschland ist verpflichtet, an die EBDD Daten zum TDI zu liefern. Es handelt sich dabei um ein Monitoringsystem der Behandlungszugänge eines Jahres aufgrund des Konsums illegaler Drogen im gesamteuropäischen Kontext. Diese Informationen werden jährlich auf der Homepage der EBDD im Rahmen des „Statistical Bulletins“ veröffentlicht.

    4. Fazit

    Die DSHS stellt eines der umfassendsten und differenziertesten Systeme zur Datenerhebung im suchtbezogenen Beratungs- und Behandlungskontext auf europäischer Ebene dar. Am Gelingen dieses komplexen Vorhabens sind unterschiedliche Institutionen (Suchthilfeeinrichtungen, Verbände, GSDA, IFT etc.) und Gremien (Fachbeirat, Fachausschuss, AG DSHS) beteiligt.

    Weiterentwicklungen der DSHS stellen im Wesentlichen punktuelle Ausdifferenzierungen innerhalb langfristig etablierter Fragenkomplexe dar. Damit gelingt es, veränderten Versorgungs- und Lebensrealitäten Rechnung zu tragen, ohne zeitreihenbezogene Aussagen auf Itemebene grundsätzlich zu beeinträchtigen. Für die einzelnen Einrichtungen besteht der zentrale Nutzen dabei darin, dass sie die eigenen Daten einzelner Jahre, aber auch interne zeitliche Trends, mit den Bundeswerten vergleichen können. Insbesondere für den ambulanten Bereich ist auch nach Einführung des KDS 3.0 weiterhin eine Vergleichbarkeit mit den Vorzeiträumen gewährleistet (Künzel et al., 2017).

    Auf ähnliche Weise wurden auch die Prozesse der Datensammlung, -verarbeitung und -auswertung in der DSHS durch standardisierte Rückmeldeprozesse, bedarfsweise Anpassung der Manual-Erläuterungen sowie routinemäßige Prüfungen der Aggregationsvorschriften ohne grundsätzliche Veränderungen der Gesamtsystematik über die Jahre hinweg optimiert. Hierbei hat insbesondere die Beschränkung auf zertifizierte Softwaresysteme für die Dokumentation zu einer deutlichen Steigerung der Datenqualität und zur Reduktion von Schnittstellenproblemen geführt.

    Auch sich verändernde Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen. Beispielsweise hat das Inkrafttreten der EU-DSGVO im Mai 2018 die teilnehmenden Einrichtungen für Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit sensibilisiert. Da die Daten der DSHS jedoch nur in aggregierter Form die Einrichtung verlassen, bestehen aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Bedenken.

    Die Anpassung des KDS und der DSHS an aktuelle Entwicklungen im Suchthilfesystem bleibt eine wichtige Zukunftsaufgabe. Das bedeutet nicht nur ein proaktives Aufgreifen neuer Fragestellungen im Kontext sich abzeichnender gesamtgesellschaftlicher Veränderungsprozesse. Ergänzend sind eine fortlaufende Harmonisierung des DBDD-Einrichtungsregisters mit den Einrichtungsdaten des KDS sowie eine Verfeinerung der bisherigen Methode zur Abschätzung der Beteiligungsquoten an der DSHS (Süß & Pfeiffer-Gerschel, 2011) essentiell, um eine zielgerichtete Bedarfsplanung in der Suchthilfe zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist perspektivisch der Wechsel von einer segmentbezogenen Beteiligungsquote (Anteil ambulante bzw. stationäre Einrichtungen) auf eine maßnahmenbezogene Beteiligungsquote (erreichte Einrichtungen, die eine bestimmte Maßnahme anbieten) verbunden mit einer näherungsweisen Berechnung der Erreichungsquote auf Personenebene angedacht. Damit sollen die Lebensrealität der Hilfesuchenden und die organisatorischen Rahmenbedingungen der Suchthilfe noch besser abgebildet werden.

    Förderhinweis und Danksagung

    Das Projekt Deutsche Suchthilfestatistik wird im Rahmen einer jährlichen Laufzeit vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Die Autorinnen und Autoren danken dem Fachbeirat Suchthilfestatistik in der aktuellen und früheren (bis 2017) Besetzung für ihre Unterstützung bei der Erstellung dieses Artikels: Rudolf Bachmeier, Dr. Rafael Gaßmann, Prof. Dr. Andreas Koch, Corinna Mäder-Linke, Peter Missel, Friederike Neugebauer, Dr. Peter Raiser, Dr. Daniela Ruf, Gabriele Sauermann, Gero Skowronek, Renate Walter-Hamann, Detlef Weiler, Dr. Theo Wessel.

    Kontakt:

    PD Dr. Larissa Schwarzkopf
    Dipl. Gesundheitsökonomin, Biostatistikerin (MSc.)
    Leitung Therapie- und Versorgungsforschung
    IFT Institut für Therapieforschung
    Leopoldstraße 175
    80804 München
    www.ift.de
    schwarzkopf@ift.de

    Angaben zu den Autor*innen und zum IFT:
    • PD Dr. Larissa Schwarzkopf, Dipl-Ges.ök, MSc. Biostatistics, IFT, Gruppenleiterin Therapie- und Versorgungsforschung
    • Dr. Barbara Braun, Dipl.-Psych., IFT-Arbeitsgruppe Therapie- und Versorgungsforschung
    • Sara Specht, MPH, IFT-Arbeitsgruppe Therapie- und Versorgungsforschung
    • Hanna Dauber, Mag.-Psych., IFT-Arbeitsgruppe Therapie- und Versorgungsforschung
    • Michael Strobl, Dipl.-Psych., ehem. Geschäftsführer GSDA
    • Jutta Künzel, Dipl.-Psych., IFT-Arbeitsgruppe Therapie- und Versorgungsforschung
    • Jürgen Klapper, GSDA
    • Prof. Dr. Ludwig Kraus, Dipl.-Psych., IFT Institutsleiter
    • Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel, Dipl.-Psych., IFT Geschäftsführer

    Das IFT ist als selbstständiges, gemeinnütziges Forschungsinstitut auf dem Gebiet der Abhängigkeitserkrankungen tätig und bearbeitet grundlagen- und anwendungsbezogene Fragestellungen zu Ätiologie, Epidemiologie, Prävention, Therapie und Versorgungsforschung. In diesem Zusammenhang bildet die Deutsche Suchthilfestatistik (DSHS), die das IFT seit mehr als vierzig Jahren betreut, einen zentralen Grundpfeiler der Forschungsaktivitäten. Hierbei koordiniert die Arbeitsgruppe Therapie- und Versorgungsforschung am IFT schwerpunktmäßig die inhaltliche und methodische Weiterentwicklung der DSHS. Zudem führt die AG verschiedene länderspezifische Suchthilfestatistiken durch, evaluiert zielgruppenspezifische Interventionen im Bereich von Abhängigkeitserkrankungen (z. B. Su+Ber) und untersucht typische Versorgungsmuster für vorab definierte Klienten*innengruppen.

    Literatur:
  • Umsetzung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG)

    Die Deutsche Rentenversicherung gibt auf ihrer Website Hinweise zur Beantragung von Zuschüssen nach dem SodEG für Medizinische Reha-Einrichtungen. Dort stehen auch das Antragsformular und ein zugehöriges Infoblatt zum Download bereit (Experten > Infos für Reha-Einrichtungen > Coronavirus: Wichtige Informationen für Medizinische Reha-Einrichtungen und LTA-Einrichtungen):

    https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Home/Corona_Blog/reha_info_SodEG.html

    Textauszug von der Website der Rentenversicherung:

    Mit dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) wurden die Voraussetzungen geschaffen, dass im Sinne eines Sicherstellungsauftrags zugunsten der sozialen Dienstleister wirtschaftlich nachteilige Folgen der Coronavirus-Pandemie durch Zuschusszahlungen abgefedert werden können.

    Medizinische Reha-Einrichtungen gehören zum Kreis der Antragsberechtigten nach dem SodEG, sofern sie mit der Deutschen Rentenversicherung in einem Rechtsverhältnis stehen und Reha-Leistungen wegen der Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus SARS-CoV-2 Krise nicht mehr im bisherigen Umfang anbieten beziehungsweise durchführen können.

    Der Antrag ist nur beim federführenden Rentenversicherungsträger zu stellen. Wir bitten Sie, die ausgefüllten Antragsformulare an folgende speziell hierfür eingerichtete elektronische Postkörbe zu übersenden.

    Inhalt des Antrags

    Das Antragsformular beinhaltet zum einen eine Selbstauskunft zu den von Ihrer Einrichtung im Kalenderjahr 2019 erbrachten Leistungstagen für alle Rentenversicherungsträger. Die Selbstauskunft ist die Basis für den sich ergebenden Vorschuss.

    Zum anderen ist ferner zu erklären, inwieweit für die Bewältigung von Folgen der Coronavirus-Krise seitens der Einrichtung Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und sonstige Sachmittel zur Verfügung gestellt werden können, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Coronavirus SARS-CoV-2 Krise geeignet sind.

    Weiteres Verfahren

    Der Federführer führt für alle Rentenversicherungsträger, für die Sie Leistungen erbracht haben, die Berechnung durch. Für die nächsten zwei Monate wird zunächst ein Vorschuss auf den Zuschuss gezahlt.

    Die Deutsche Rentenversicherung hat sich bewusst für dieses Vorgehen (Vorschuss) entschieden, um Geldmittel schnell und bürokratiearm zur Auszahlung zu bringen. Ab Ende Mai erhalten Sie an dieser Stelle zum weiteren Vorgehen aktuelle Informationen.

    Die Höhe des Zuschusses wird nachträglich hinsichtlich etwaiger Rückerstattungsansprüche überprüft, weil die Bezuschussung gegenüber anderen Mitteln nachrangig ist.

    Quelle: Rundschreiben DRV Bund Nr. 23/2020, Website der DRV, 09.04.2020

    Ein Infoblatt mit Häufigen Fragen zum SodEG (FAQs) hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zusammengestellt.

  • Unterstützung für stationäre Reha- und Vorsorgeeinrichtungen

    Durch die Coronakrise haben Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Einnahmeausfälle zu verzeichnen. Der GKV-Spitzenverband hat sich daher mit den Verbänden der Leistungserbringenden auf Ausgleichszahlungen für Einrichtungen mit einem Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 SGB V geeinigt. Die Vereinbarung wurde von den zwölf beteiligten Organisationen in kürzester Zeit geschlossen. Sie regelt Ausgleichszahlungen für den Zeitraum vom 16. März bis 30. September 2020 und tritt am 9. April 2020 in Kraft. Das formale Unterschriftsverfahren wurde eingeleitet.

    In vielen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen können Betten aktuell nicht so belegt werden, wie es vor dem Auftreten der COVID-19-Pandemie geplant war. Zum einen entfallen durch die Absage planbarer Operationen die sich sonst anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen, zum anderen müssen je nach Länderentscheidung viele Vorsorge- und Reha-Einrichtungen ihren Betrieb als „Ersatzkrankenhäuser“ aufrechterhalten, um die Krankenhäuser für die Behandlung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten zu entlasten. Viele Einrichtungen müssen daher zum Teil hohe Einnahmeausfälle verkraften. Betroffene Einrichtungen können nun einen Ausgleich für die entstehenden finanziellen Verluste erhalten.

    Ermittlung von Einnahmeausfällen

    Dafür ermitteln die Einrichtungen zunächst als Referenzwert die im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag behandelten Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Krankenkassen. Dann wird täglich, beginnend mit dem 16.03.2020, die Zahl der Patientinnen und Patienten ermittelt, die von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierte Vorsorge- oder Reha-Leistungen erhalten oder die in der Einrichtung im Rahmen der Kurzzeitpflege aufgenommen oder als Krankenhauspatientinnen oder -patienten behandelt werden. Letzteres wurde – befristet bis zum 30. September 2020 – durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz ermöglicht. Anschließend wird für jeden Tag die Differenz zwischen Referenzwert und der aktuellen Patientenzahl gebildet. Für jedes nicht besetzte Bett erhält die Einrichtung einen im Gesetz festgelegten Ausgleichsbetrag in Höhe von 60 Prozent des durchschnittlichen Vergütungssatzes der Einrichtung.

    Länder regeln Auszahlung

    Das Verfahren wird über die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde geregelt, die mit der Durchführung auch eine Krankenkasse beauftragen kann. Die wöchentlichen Meldungen der Einrichtungen werden aufsummiert und an das Bundesamt für soziale Sicherung weitergeleitet, das die angemeldeten Mittelbedarfe aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds an das Land oder die benannte Krankenkasse zur Weiterleitung an die Einrichtungen auszahlt.

    Wöchentliche Meldung der Ausgleichszahlungen

    Die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen melden die nach dem oben beschriebenen Prozess ermittelten Ausgleichszahlungen einmal wöchentlich für jeden Kalendertag an die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde (bzw. an eine von dieser Landesbehörde benannte Krankenkasse). Diese Meldung wird letztmalig für den 30. September 2020 durchgeführt.

    Hintergrund Vereinbarung

    Die Vereinbarung geht zurück auf das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz vom 28. März 2020. Danach hat der GKV-Spitzenverband mit den für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und medizinischer Vorsorge maßgeblichen Verbänden auf Bundesebene zu vereinbaren, wie der Nachweis über die Zahl der täglich stationär behandelten oder aufgenommenen Patientinnen und Patienten im Vergleich zum Referenzwert zu erbringen ist und welche Meldungen zu erfolgen haben. Zudem war zu vereinbaren, wie der durchschnittliche Vergütungssatz ermittelt wird. Beteiligt waren folgende Leistungserbringerverbände:

    • Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.
    • Bündnis Kinder- und Jugendreha e.V.
    • Bundesverband Geriatrie e.V.
    • Bundesverband Deutscher Privatkliniken e.V.
    • Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V.
    • Deutscher Caritas Verband e.V.
    • Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (DEGEMED) e.V.
    • Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V.
    • Deutsches Rotes Kreuz – Generalsekretariat e.V.
    • Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
    • Fachverband Sucht e.V.

    Hintergrund Finanzierung

    Vorsorge und Rehabilitationsmaßnahmen werden von unterschiedlichen Sozialversicherungsträgern finanziert: Die GKV ist der zuständige Reha-Leistungsträger, wenn die Reha-Leistung erforderlich ist, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.

    Dagegen ist die gesetzliche Rentenversicherung insbesondere zuständig, wenn die Reha-Leistung erforderlich ist, um einer Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit von Versicherten entgegenzuwirken, die bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllt haben. Dabei gilt das Prinzip der Nachrangigkeit für die GKV: Die Krankenkassen sind also nur dann zuständig, wenn andere Sozialversicherungsträger diese Leistung nicht erbringen.

    Zur wirtschaftlichen Absicherung der Einrichtungen in Bezug auf den Belegungsanteil anderer Reha-Träger wurden mit dem Sozialschutzpaket vom 27.03.2020 im Rahmen des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes vergleichbare Regelungen getroffen.

    Gemeinsame Pressemitteilung GKV-Spitzenverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V., Bündnis Kinder- und Jugendreha e.V., Bundesverband Geriatrie e.V., Bundesverband Deutscher Privatkliniken e.V., Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V., Deutscher Caritas Verband e.V., Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (DEGEMED) e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband – e.V., Deutsches Rotes Kreuz – Generalsekretariat – e.V., Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Fachverband Sucht e.V., 09.04.2020

  • Therapie-Tools Selbstmitgefühl

    Beltz Verlag, Weinheim 2020, 261 Seiten mit E-Book inside und Arbeitsmaterial, 44,95 €, ISBN 978-3-621-28676-3

    „Sich selbst wie einem guten Freund begegnen“ – das beschreibt das Konzept des Selbstmitgefühls. Diese freundlich zugewandte Sichtweise auf die eigene Person kann helfen, dauerhaften Spannungszuständen, Ängsten und Depressionen langfristig entgegenzuwirken, und findet daher verstärkt in der Psychotherapie Anwendung. Einstellungen wie Selbstfreundlichkeit, Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber sowie eine „liebevolle Güte“ dienen als Grundlage und Orientierung – sowohl für Behandelnde als auch für Patientinnen und Patienten.

    Das Konzept des Selbstmitgefühls kann schulen- und störungsübergreifend umgesetzt werden. Neben verhaltenstherapeutischen Verfahren und Übungen werden systemische, tiefenpsychologische und humanistische Herangehensweisen in die zahlreichen Übungen dieses Therapie-Tools-Bandes eingebunden. Achtsamkeit, Meditation und Imagination stellen dabei wesentliche Werkzeuge dar.

    Aus dem Inhalt:
    Einführung • Start und Grundlagen eines Selbstmitgefühl-fokussierten Therapieprozesses • Mitfühlendes Verstehen von Veränderungs- und Entwicklungsprozessen • Selbstmitgefühl aufrechterhalten und in den Alltag integrieren • Achtsamkeit und Selbstmitgefühl: zwei, die zusammengehören • Was ist Selbstmitgefühl? • Wohlwollen als Haltung entwickeln • Herausfordernde Gefühle meistern • Vergeben

  • DHS Jahrbuch Sucht 2020 ist erschienen

    Das frisch erschienene DHS Jahrbuch Sucht 2020 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) liefert die neuesten Zahlen und Fakten zum Konsum legaler und illegaler Drogen in Deutschland. Renommierte Expertinnen und Experten aus Forschung und Praxis informieren über aktuelle Trends bei einzelnen Suchtstoffen, zu abhängigem Verhalten und über die Versorgung Suchtkranker.

    Alkohol

    10,5 Liter Reinalkohol trank jede/r Bundesbürger/in im Alter ab 15 Jahren im Jahr 2017 (2016: 10,6 Liter). Damit zählt Deutschland international noch immer zu den Hochkonsumländern, trotz sinkenden Konsums. Zum Vergleich: Die Trinkmenge im Niedrigkonsumland Norwegen betrug sechs Liter Reinalkohol pro Einwohner/in ab 15 Jahren im Jahr 2017. Um dieses Niveau in Deutschland zu erreichen, bräuchte es weitere 54 Jahre – vorausgesetzt der Alkoholkonsum sinkt weiter im bisherigen Tempo (1970: 14,4 Liter Reinalkohol). Der Gesamtverbrauch an alkoholischen Getränken in Deutschland stieg im Jahr 2018 um 0,3 Liter auf 131,3 Liter Fertigware je Einwohner/in. Diese Menge entspricht in etwa einer Badewanne an Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen.

    Insgesamt drei Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren hatten im Jahr 2018 in Deutschland eine alkoholbezogene Störung (Missbrauch: 1,4 Millionen; Abhängigkeit: 1,6 Millionen). Etwa 74.000 Todesfälle jährlich werden allein durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht. Experten und Expertinnen weisen im DHS Jahrbuch Sucht 2020 darauf hin, dass Alkoholkonsum immer riskant ist. Deshalb sollte möglichst wenig oder gar kein Alkohol getrunken werden.

    Auf rund 57,04 Milliarden Euro pro Jahr beziffert der Gesundheitsökonom Dr. Tobias Effertz im DHS Jahrbuch Sucht 2020 die ökonomischen Kosten des schädlichen Alkoholkonsums in Deutschland. Dem stehen Einnahmen des Staates aus alkoholbezogenen Steuern von nur 3,185 Milliarden Euro (im Jahr 2018) gegenüber.

    Tabak

    Das Rauchen ist in den Industrienationen die führende Ursache vorzeitiger Sterblichkeit. Etwa 13,5 Prozent aller Todesfälle in Deutschland waren auf die Folgen des Rauchens zurückzuführen. Das entspricht rund 121.000 Menschen (im Jahr 2013).

    26 Prozent der Männer und 19 Prozent der Frauen ab 15 Jahren rauchten im Jahr 2017. Damit ist die Zahl der Raucher/innen in Deutschland weiterhin rückläufig. Bei Jugendlichen ist der Trend zum Nichtrauchen bereits seit rund 15 Jahren zu beobachten.

    Die bislang umgesetzten Maßnahmen der Tabakkontrollpolitik haben dazu geführt, dass vor allem Jugendliche und junge Erwachsene weniger rauchen. Dennoch besteht in Deutschland weiterhin erheblicher Nachholbedarf bei der nachhaltigen Verringerung des Tabakkonsums und beim verbesserten Nichtraucherschutz, wie Expertinnen und Experten im DHS Jahrbuch Sucht 2020 aufzeigen. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag 2019 bei 900 Zigaretten. Insgesamt wurden 74,6 Milliarden Fertigzigaretten in Deutschland konsumiert. Das ist ein minimaler Anstieg um 0,3 Prozent gegenüber 2018. Der Verbrauch von Feinschnitt ging um zwei Prozent auf 23.813 Tonnen zurück. Das entspricht etwa 35,7 Milliarden selbstgedrehten Zigaretten.

    Der Konsum von (Wasser-)Pfeifentabak ist 2019 erneut stark angestiegen. Es wurden 4.150 Tonnen verbraucht, das ist ein Plus von 24,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies dürfte insbesondere auf die Beliebtheit des speziellen Wasserpfeifentabaks zurückzuführen sein, den vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in Shisha-Bars oder zu Hause rauchen.

    Auf jährlich 97,24 Milliarden Euro beziffert der Ökonom Dr. Tobias Effertz die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Rauchens. Davon entfallen 30,32 Milliarden Euro auf direkte Kosten (z. B. Kosten für die Behandlung tabakbedingter Krankheiten) und 66,92 Milliarden Euro auf indirekte Kosten (z. B. Produktivitätsausfälle).

    Medikamente

    Der Missbrauch und die Abhängigkeit von Medikamenten erhöhen sich insgesamt weiter, wie Untersuchungen zeigen. Dies betrifft insbesondere die missbräuchliche und unnötig hoch dosierte Anwendung, teilweise auch die Gewöhnung an nicht-opioidhaltige Schmerzmittel. Diese Entwicklung trifft auf hochgerechnet 1,6 bis 3,9 Millionen der 18- bis 64-Jährigen in Deutschland zu.

    Geschätzt sind etwa 1,5 bis 1,9 Millionen Menschen in Deutschland medikamentenabhängig, insbesondere von Benzodiazepinen (rezeptpflichtige Beruhigungs- und Schlafmittel) und Z-Substanzen (neuartige Schlafmittel) sowie opioidhaltigen Schmerzmitteln. Vor allem ältere Frauen sind betroffen, weil sie häufig über einen langen Zeitraum Psychopharmaka verordnet bekommen.

    Illegale Drogen

    15,2 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 18 und 64 Jahren und etwa 477.000 Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren haben aktuellen Schätzungen zufolge mindestens einmal in ihrem Leben eine illegale Droge konsumiert.

    Nach wie vor nimmt Cannabis in allen Altersgruppen unter den illegalen Drogen die prominenteste Rolle ein. Bei den Jugendlichen war von Mitte der 2000er Jahre bis zum Jahr 2011 ein fallender Trend beim Cannabiskonsum zu beobachten. Seitdem ist wieder ein Anstieg zu verzeichnen: 2018 konsumierten acht Prozent der Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren Cannabis. Das entspricht 367.000 jugendlichen Konsumierenden. Am häufigsten wird Cannabis von jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren konsumiert.

    Nach Hochrechnungen des Epidemiologischen Suchtsurveys 2018 sind 309.000 Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren abhängig von Cannabis. Eine Kokainabhängigkeit liegt bei 41.000 und eine Amphetamin-Abhängigkeit bei 103.000 der 18- bis 64-Jährigen vor.

    Derzeit erhalten 79.400 Menschen in Deutschland eine Substitutionstherapie. 1.398 drogenbedingte Todesfälle wurden im Jahr 2019 in Deutschland polizeilich registriert. Gegenüber dem Vorjahr ist damit ein Anstieg um 9,6 Prozent zu verzeichnen (2018: 1.276 Drogentote).

    Glücksspiel

    Auf dem legalen deutschen Glücksspielmarkt wurden 2018 rund 46,3 Milliarden Euro Umsätze (Spieleinsätze) erzielt. Laut einer 2019 durchgeführten Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind 0,39 Prozent der 16- bis 70-jährigen bundesdeutschen Bevölkerung Problemspieler/innen (229.000 Personen). 0,34 Prozent zeigen ein pathologisches Spielverhalten (200.000 Personen), also eine Glücksspielsucht.

    Versorgung

    Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat eine umfassende Bestandsaufnahme zu den Hilfen und Angeboten für Menschen mit Suchtproblemen in Deutschland verfasst. Darin werden erstmals auch Angebote im gesamten Gesundheits- und Sozialwesen aufgeführt, die neben und ergänzend zu den Leistungen der Suchthilfe bestehen. Die ausführliche Analyse der Versorgungssituation Suchtkranker in Deutschland findet sich unter: www.dhs.de, Rubrik Stellungnahmen („Update zur Analyse der Versorgungssituation Suchtkranker in Deutschland“). Dort ist auch die aktuelle Stellungnahme der DHS und ihrer Mitgliedsverbände zur Situation der Suchthilfe in der Coronakrise hinterlegt.

    Hilfe bei Suchtproblemen

    Das Suchthilfeverzeichnis der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) enthält Informationen zu den bundesweit ca. 1.500 ambulanten Suchtberatungsstellen und 800 stationären Suchthilfeeinrichtungen. Über die Suchfunktion können Hilfeangebote vor Ort recherchiert werden: www.suchthilfeverzeichnis.de

    Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hg.): DHS Jahrbuch Sucht 2020
    Pabst Science Publishers, Lengerich 2020, 288 Seiten, € 20,00, ISBN 978-3-95853-589-3, auch als E-Book erhältlich

    Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), 08.04.2020