Autor: Simone Schwarzer

  • Gesundheitliche Ungleichheit

    Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt regelmäßig das „Journal of Health Monitoring“ heraus,  eine Online-Zeitschrift zu Public-Health-Themen. Im Special Issue „Gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland und im internationalen Vergleich: Zeitliche Entwicklungen und Trends“ (März 2018) wird – vor dem Hintergrund des bereits hinlänglich belegten Einflusses des sozioökonomischen Status auf die Gesundheit – untersucht, wie sich die gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland über die letzten 20 bis 30 Jahre entwickelt hat.

    Die sozialepidemiologische Forschung und die Gesundheitsberichterstattung haben inzwischen überzeugend belegt, dass Personen mit niedrigem im Vergleich zu denjenigen mit höherem sozioökonomischen Status von vielen Krankheiten, Beschwerden und Funktionseinschränkungen verstärkt betroffen sind und zu einem größeren Anteil vorzeitig sterben. Als Gründe hierfür werden unter anderem stärkere Belastungen am Arbeitsplatz, in der Wohnumgebung und im familiären und sozialen Umfeld diskutiert. Daneben dürften soziale Unterschiede im Gesundheitsverhalten sowie in den verfügbaren sozialen und personalen Ressourcen, die zum Beispiel bei der Bewältigung von Anforderungen und Belastungen zum Tragen kommen, eine Rolle spielen.

    Aus Sicht von Public Health und Gesundheitspolitik stellt die Verringerung dieser gesundheitlichen Ungleichheit ein wichtiges Ziel dar. Erkenntnisse über zeitliche Entwicklungen und Trends der gesundheitlichen Ungleichheit können dazu beitragen, auf neue oder sich verfestigende Problemlagen und damit auch auf mögliche Zielgruppen und Settings für Interventionen hinzuweisen. Außerdem stellen sie eine Voraussetzung für die Bewertung und Erfolgskontrolle umgesetzter politischer Maßnahmen und Programme dar. Vor diesem Hintergrund geht die vorliegende Übersichtsarbeit der Frage nach, wie sich die gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland über die letzten 20 bis 30 Jahre entwickelt hat und ordnet die Ergebnisse in den internationalen Forschungsstand ein.

    Quelle: Website des RKI und Abstract, Special Issue „Gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland und im internationalen Vergleich: Zeitliche Entwicklungen und Trends“, März 2018, S. 2

  • TK-Gesundheitsreport 2018

    Der demografische Wandel bedeutet nicht nur für die Rentenkassen eine große Herausforderung. Da die Menschen in Deutschland künftig länger berufstätig sein werden, ist es besonders wichtig, dass sie möglichst lange gesund und einsatzfähig bleiben. Hier gibt es allerdings noch großen Handlungsbedarf, wie Auswertungen des aktuellen, im Juli veröffentlichten Gesundheitsreports der Techniker Krankenkasse (TK) zeigen. Laut Report scheidet mehr als jeder zweite Erwerbstätige vor dem offiziellen Renteneintrittsalter aus dem Arbeitsleben aus. Darunter jeder Siebte (13,5 Prozent) aufgrund von Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung.

    „Ein weiteres Drittel der Berufstätigen, die früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden, hat zwar genug Berufsjahre zusammen, nimmt aber deutliche finanzielle Einbußen in Kauf, um früher in Rente zu gehen“, so Dr. Thomas Grobe vom Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (aQua), das die TK-Daten ausgewertet hat. „Besonders häufig sind von einer Frühverrentung Beschäftigte mit körperlich belastenden Berufen betroffen.“ So ist das Risiko, berufs- oder erwerbsunfähig zu werden, im Bau- und Holzgewerbe 1,8-mal höher als in der Vergleichsgruppe. Das gilt auch für Verkehrs- und Lagerarbeiter (1,6-mal höheres Risiko) sowie für die Beschäftigten aus der Metallbranche (fast 1,6-mal höheres Risiko).

    Ältere Beschäftigte brauchen außerdem die meisten Arzneimittel. Sie erhielten mit 665 Tagesdosen fast drei Mal so viel Arzneimittel wie der Durchschnitt der Erwerbstätigen (245 Tagesdosen). Dabei machten Herz-Kreislaufmedikamente den größten Anteil aus – im Schnitt bekamen die 60- bis 64-Jährigen 2017 davon pro Kopf Präparate für 344 Tage. Das ist rund viermal so viel wie der Durchschnitt der Berufstätigen (90 Tagesdosen pro Kopf). Auch bei den Medikamenten für das Nervensystem, überwiegend Antidepressiva, zeigen sich deutliche Unterschiede. So erhielten die Berufstätigen zwischen 60 und 64 Jahren im Schnitt 34 Tagesdosen im Jahr, bei den Berufstätigen insgesamt waren es durchschnittlich nur knapp 22 Tagesdosen.

    Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK: „Das sind Zahlen, die uns zu denken geben sollten. Es nützt nichts, das Renteneintrittsalter immer weiter hochzuschrauben, wenn schon heute nicht einmal jeder Zweite so lange arbeitet. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen leistungsfähig bleiben und überhaupt bis zum Rentenbeginn arbeiten können“. Gerade vor dem Hintergrund, dass jetzt die geburtenstarke Generation der Babyboomer langsam ins Rentenalter kommt, betont der TK-Chef: „Politik, Unternehmen, aber auch wir Krankenkassen sind gefragt, hier schnell Lösungen zu entwickeln. Zum einen, damit die Menschen länger gesund bleiben, und zum anderen auch, um den Wissenstransfer von einer Erwerbs-Generation in die nächste zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wird das Gesundheitsmanagement künftig wesentlich an Bedeutung gewinnen“, so Baas.

    „Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, muss ich das Signal senden, dass ich mich um meine Mitarbeiter kümmere – auch in gesundheitlicher Hinsicht“, so Baas. „Gut ausgebildete Fachkräfte sind in vielen Branchen Mangelware und viele Arbeitgeber suchen händeringend gute Leute. Schon heute ist Gesundheit ein wichtiger Recruiting-Faktor. Die Arbeitgeber dürfen hier aber keine Einzelkämpfer sein. Das ist eine Aufgabe für uns alle. Als Krankenkasse sehen wir es als unsere Aufgabe, die nötige Expertise zu liefern. Unser Ziel muss sein, dass in Zukunft auf dem Weg zur Rente nicht mehr jeder Zweite gesundheitlich auf der Strecke bleibt.“

    Der gesamte Report steht hier zum Download zur Verfügung.

    Pressestelle der Techniker Krankenkasse (TK), 04.07.2018

  • Online-Therapie bei Depression

    Internetbasierte psychologische Interventionen sind ein sinnvolles Format zur Behandlung von Depressionen in der Allgemeinbevölkerung, selbst für Betroffene mit schweren Symptomen. Das haben Psychologen um Dr. David Ebert, Lehrstuhl Klinische Psychologie und Psychotherapie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), mit Hilfe einer Metastudie herausgefunden, für die sie 24 klinische Studien mit 4.889 Patienten ausgewertet haben. Ihre Ergebnisse haben sie in dem Journal „Clinical Psychology Review“ veröffentlicht.

    Die Online-Behandlung von psychischen Erkrankungen begegnet häufig Vorbehalten. Besonders Betroffene, die an schweren Symptomen leiden, sollen dafür nicht geeignet sein. Sie seien zu eingeschränkt, um das Internet nutzen zu können. In Großbritannien etwa, wo internetbasierte Psychotherapie bereits Teil der Gesundheitsversorgung ist, wird dieser Ansatz bisher nur für Patienten mit milden bis mittelschweren Symptomen der Depression empfohlen. Sind diese Verfahren wirklich nicht wirksam bei Patienten mit schwerer Depression? Und haben solche Therapien einen Effekt, der klinisch bedeutsam ist? Welche Patientengruppen profitieren von der Vorgehensweise, welche Patienten sollten ausgeschlossen und klassisch – durch Psychotherapie vor Ort oder Medikamente – behandelt werden? Dr. David Ebert und Kollegen gehen diesen offenen Fragen nach.

    Dazu haben sie eine Metastudie durchgeführt. Die Psychologen haben alle verfügbaren Datensätze von klinischen Studien zur Internettherapie bei Depression von den Wissenschaftlern gesammelt und zusammen analysiert. Diese Methode macht es möglich herauszufinden, welche Patientengruppen mehr oder weniger profitieren und welche Faktoren die Wirkung einer Therapie beeinflussen. Hierzu beschränkten sich die Autoren auf internetbasierte Interventionen, bei denen Patienten durch Therapeuten oder Coaches online bei der Behandlung unterstützt wurden.

    Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Internettherapien können in der Tat zu klinisch bedeutsamen Veränderungen bei Depressionspatienten führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass depressive Symptome sich verbessern, ist bei Inanspruchnahme von internetbasierter Therapie mehr als doppelt so hoch wie in Kontrollgruppen. Die Effekte sind vergleichbar mit jenen klassischeren Therapieformaten wie Psychotherapie oder antidepressiver Medikation.

    Es gab keine Patientengruppe, die nicht von der Internetbehandlung profitierte. Auch ältere Betroffene, solche mit geringer Bildung oder auch Patienten mit sehr schwerer Depression wiesen substantielle Verbesserungen auf. Man muss sie also nicht grundsätzlich von der Behandlung ausschließen, lautet das Fazit der Metastudie von Ebert.

    Dennoch müssen diese Ergebnisse im Kontext gesehen werden: Die untersuchten Betroffenen haben sich aktiv für die Behandlung durch das Internet entschieden. Das hat zur Folge, dass sich diese Befunde nicht unbedingt auf jeden Patienten mit Depression übertragen lassen. Sind Patienten aber interessiert und gegenüber einer Behandlung durch das Internet aufgeschlossen, können Online-Behandlungen äußerst wirksam sein.

    Bibliographische Angaben:
    Do guided internet-based interventions result in clinically relevant changes for patients with depression? An individual participant data meta-analysis, in: Clinical Psychology Review, Volume 63, July 2018, Pages 80-92.
    https://doi.org/10.1016/j.cpr.2018.06.007

    Pressestelle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), 03.08.2018

  • Vom Autopiloten zur Selbststeuerung

    Hogrefe Verlag, Bern 2018, 2., aktualisierte und ergänzte Auflage, 216 Seiten, € 24,95,
    ISBN 978-3-456-85837-1, auch als E-Book erhältlich

    Das Buch wendet sich sowohl an Pädagogische Therapeuten, die die Alexander-Technik im Rahmen ihrer therapeutischen Arbeit anbieten, sowie an interessierte Laien, die jenseits praktischer Übungen auch die besonderen neuropsychologischen Aspekte der Methode verstehen möchten. In Selbstexperimenten können die Leser mehr über sich und die Funktionsweise des eigenen Körpers erfahren:

    • Steigerung von Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit durch körperorientiertes Selbstmanagement
    • Erfolgreiche Methode bei Verspannungen und Schmerzen
    • Umgang mit unerwünschten emotionalen Reaktionen und Stresssymptomen
    • Unbewusste Gewohnheiten erkennen und neu selbst bestimmen

    Der Rezitator Frederick Matthias Alexander (1869-1955) entdeckte bei der Suche nach der Ursache für seine Stimmprobleme grundlegende Steuermechanismen des menschlichen Organismus. Er verband seine Entdeckungen mit jenen der damals noch jungen Hirnforschung und entwickelte daraus seine Technik der bewussten Selbststeuerung. Dank moderner bildgebender Verfahren haben die Neurowissenschaften in den letzten Jahrzehnten grundlegend neue Erkenntnisse über das Gehirn gewonnen. In diesem Buch wird anschaulich erklärt, wie dieses Wissen in der heutigen Praxis der Alexander-Technik integriert und genutzt wird.

  • Soziale Arbeit in der Suchthilfe

    Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2018, 204 Seiten, € 28,00, ISBN 978-3-17-031707-9, auch als E-Book erhältlich

    Suchthilfe und Suchtprävention sind zentrale Tätigkeitsfelder für Fachkräfte der Sozialen Arbeit. Das Wissen um Suchtgefährdung und der fachliche Umgang mit riskant konsumierenden und abhängigen Menschen sind angesichts der Risiko-Klientel in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit (z. B. Wohnungslosenhilfe, Jugendhilfe) wesentlicher Bestandteil des Berufsprofils. Das Buch ist angelegt als systematisches Grundlagenwerk zur Sozialen Arbeit in der Suchthilfe und Suchtprävention. Es entfaltet die Theorie und die relevanten Wissensbestände in enger Ausrichtung auf ihre Bedeutung für die Bewältigung beruflicher Anforderungen und stellt die dafür notwendigen Handlungskonzepte anschaulich vor.

  • Der Einfluss der sozialen Klasse

    Wie wird unser Verhalten durch unsere soziale Klasse beeinflusst? Diese Frage beschäftigt die Soziologie schon seit jeher. Je nachdem, ob Menschen in einem Arbeitermilieu aufwachsen oder in einem Akademikerhaushalt, übernehmen sie für diese Schicht charakteristische Verhaltensweisen, so die Hypothese. Die Frankfurter Sozialpsychologin Dr. Anna Lisa Aydin hat neue Belege für diese Hypothese gefunden. Ihre gemeinsam mit Forschenden aus Zürich, Hagen, Idaho und Tel Aviv erarbeitete Studie, die im Fachmagazin „Social Psychological and Personality Science“ erschienen ist, zeigt jedoch auch, dass Menschen nicht nur stur ihr klassenspezifisches Verhalten zeigen, sondern flexibel auf ihr Gegenüber aus anderen sozialen Klassen reagieren.

    Ein Großteil der Forschung zum Einfluss sozialer Klasse beruht auf den Ideen des Soziologen Pierre Bourdieus. Er beschreibt, wie sich das Umfeld, in dem wir aufwachsen, tief in unsere Identität einschreibt. Sozialpsychologische Autoren argumentieren, dass Menschen aus einer niedrigeren sozialen Klasse über weniger Ressourcen verfügen und ihre Umwelt in geringerem Maße beeinflussen können. Sie seien somit stärker auf gegenseitige Hilfe angewiesen, was dazu führe, dass Zusammenhalt ein wichtiger Wert sei. Die Menschen identifizierten sich mit diesem Wert und verhielten sich dementsprechend kooperativ. Menschen aus einer höheren sozialen Klasse hingegen verfügten über mehr Ressourcen, sie könnten zwischen mehreren Alternativen entscheiden und seien weniger auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Dies resultiere in individualistischeren Selbstkonzepten, bei denen es zentral sei, seine Umwelt nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die unterschiedlichen Verhaltensweisen stellen somit eine Anpassungsleistung an das jeweiliges Lebensumfeld dar.

    Diese Theorie ließ sich in den vorliegenden Studien zum Teil stützen. Insgesamt wurden mehr als 2.000 Personen in Deutschland befragt. So war den Befragten, die sich einer niedrigeren sozialen Klasse zugehörig fühlten, ein warmherziger und kooperativer Umgang mit anderen Menschen aus ihrer sozialen Klasse wichtiger als jenen, die sich einer höheren sozialen Klasse zugehörig fühlten. Darüber hinaus legten diejenigen, die mehr verdienten und besser gebildet waren, mehr Wert darauf, im Kontakt mit anderen ihre Kompetenz zu zeigen und dominant aufzutreten, als die Angehörigen der Gruppe mit geringerem Verdienst und weniger guter Ausbildung.

    Die Befürchtung der Autoren war, dass derartige Verhaltensunterschiede zu einer weiteren Zunahme sozialer Ungleichheit in Deutschland führen könnten. Denn wer dominanter auftritt, hat bessere Chancen auf sozialen Aufstieg. Die beobachteten Verhaltensunterschiede waren jedoch relativ klein. Deutlich größer war der Einfluss der sozialen Klasse des Gegenübers. Wie verhalten sich Menschen, wenn sie es mit jemandem aus einer niedrigeren oder höheren Klasse zu tun haben? Die Mehrheit der Befragten bezeichnete die sozialen Unterschiede in Deutschland als nicht bzw. weniger gerechtfertigt. Sie fanden es folglich wichtig, sich gegenüber Menschen mit weniger Geld und Bildung warmherzig und kooperativ zu verhalten. Umgekehrt legten sie Wert darauf, gegenüber Menschen mit mehr Geld und Bildung kompetent zu erscheinen und sich zu behaupten.

    Diese Befunde sind insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass die soziale Ungleichheit in Deutschland und vielen anderen Teilen der Welt zunimmt, obwohl sie von den meisten Menschen als ungerechtfertigt wahrgenommen wird. Während die auf soziologischen Theorien basierende Forschung erklären kann, wie sich diese Ungleichheit durch die Prägung in den unterschiedlichen sozialen Klassen noch verstärken kann, bietet die aktuelle Studie einen etwas optimistischeren Ausblick: Sobald es nämlich zum Austausch zwischen Personen unterschiedlicher Klassen kommt und die Klassenunterschiede als illegitim empfunden werden, zeigt sich Solidarität gegenüber Armen und ein Selbstbehauptungswille gegenüber Reichen.

    Bibliographische Angaben:
    Aydin, A. L., Ullrich, J., Siem, B., Locke, K. D., & Shnabel, N. (in press). The effect of social class on agency and communion: Reconciling rank-based and identity-based perspectives. Manuscript accepted for publication in Social Psychological and Personality Science.
    http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/1948550618785162
    https://psyarxiv.com/waz8e/

    Pressestelle der Goethe-Universität Frankfurt am Main, 15.08.2018

  • Glücksspielgeräte auf deutschen Rast- und Autohöfen

    Beim Jugend- und Spielerschutz an Glücksspielgeräten auf deutschen Rast- und Autohöfen gibt es erhebliche Lücken. Zu diesem Ergebnis kam eine von der Drogenbeauftragten Marlene Mortler initiierte Untersuchung durch den Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V.

    Der Arbeitskreis hat im Jahr 2017 an mehr als 600 bundesweiten Autohöfen und Rastplätzen geprüft, wie es um den Jugend- und Spielerschutz an Geldspielgeräten bestellt ist. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Geräte war weder technisch gesichert, noch war das Personal ausreichend geschult. Auch die geforderten Informationsmaterialien zu den Risiken des Glücksspiels und zu Beratungsangeboten waren in vielen Fällen unzureichend.

    Den Appell der Drogenbeauftragten an die Branche, für Abhilfe zu sorgen, nahm der Deutsche Automatenverband auf und lud Vertreter aus Autobahngastronomie und Suchthilfe zu einem Runden Tisch ein. Im Ergebnis haben sich die betroffenen Branchen zu weitergehenden Maßnahmen des Jugend- und Spielerschutzes und einer regelmäßigen Überprüfung der Standorte verpflichtet. Hinzu kommen die verpflichtende Schulung der betroffenen Mitarbeiter und klare Regeln für die Aufstellungsorte der Automaten.

    Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler: „Jugend- und Spielerschutz müssen beim Glücksspiel an erster Stelle stehen. Es muss Schluss sein mit ‚Nischenwirtschaft‘, ‚Grauzonen‘ und dubiosen Angeboten. Auch die Branche selbst kann und muss ihren Beitrag zur Prävention und zum Jugendschutz leisten – dazu ist sie rechtlich verpflichtet. Ich begrüße die jetzt vorgelegte Selbstverpflichtung der Branche. Sie ist ein wichtiger, erster Schritt, dem nun Ergebnisse folgen müssen!“

    Begleitet wurde der Prozess durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur):

    „Das BMVI begrüßt die Initiative des Rundes Tisches ausdrücklich. Auch auf den Rastanlagen an den Bundesautobahnen und auf den Autohöfen muss der Schutz von Jugendlichen und Suchtgefährdeten vor dem Risiko, das von Geldspielautomaten ausgeht, gewährleistet sein. Die erarbeiteten Anforderungen und Maßnahmen werden hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten.“

    Die beschlossenen Maßnahmen sollen im September 2018 und im Dezember 2018 durch den Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V. kontrolliert und anschließend evaluiert werden.

    Pressestelle der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, 09.07.2018

  • Leben retten mit Naloxon

    Fachhochschulverlag, Frankfurt a. M. 2018, 172 Seiten, € 18,00, ISBN 978-3-947273-01-0

    Das Buch berichtet über aktuelle Erfahrungen mit der Take-Home Naloxon-Vergabe (THN) in Deutschland, Europa und den USA. Jahrelang wurde die Drogennotfallprophylaxe mit Naloxon von Trägern und Verbänden der Drogenhilfe vernachlässigt. Erst seit ca. fünf Jahren wird sie in Deutschland intensiver diskutiert und punktuell umgesetzt. Dabei liegen ermutigende Praxiserfahrungen und überzeugende Forschungsergebnisse aus Berlin und europäischen Städten seit fast 20 Jahren vor. Dass darüber hinaus auch eine nationale Verbreitung möglich ist, beweist das weltweit erste Nationale THN-Programm in Schottland. Dennoch ist die Naloxon-Abgabe an medizinische Laien immer noch umstritten und wird bisher nicht flächendeckend eingesetzt.

    Das Buch beschreibt Gemeinsamkeiten und Besonderheiten des Einsatzes von THN durch Träger niedrigschwelliger Drogenhilfe und der Selbsthilfe sowie seine Bedeutung für das Leben und Überleben von Betroffenen. Die Beispiele aus Bayern, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen zeigen, dass sich seit unserer ersten deutschen Veröffentlichung zum Thema Naloxon im Jahr 2015 nun auch Landesregierungen dazu entschlossen haben, THN-Projekte zu fördern und wissenschaftlich begleiten zu lassen.