Autor: Simone Schwarzer

  • Medikamentenbehandlung bei psychischen Störungen

    Psychiatrie Verlag, Köln 2017, 274 Seiten, € 29,95, ISBN 978-3-88414-585-2, auch als E-Book erhältlich

    Der verantwortungsvolle Umgang mit Psychopharmaka will gelernt sein! Die komplett überarbeitete und erweiterte Neuausgabe des Bestsellers von Asmus Finzen gibt Ärzten und Nichtmedizinern ein alternatives Nachschlagewerk zu Psychopharmaka an die Hand, das sich an Krankheitsverläufen, und nicht am Medikament, orientiert. Stefan Weinmann und Harald Scherk haben den Klassiker komplett überarbeitet und auf den Stand der aktuellen Forschung und evidenzbasierten Praxis gebracht. Dabei pflegen sie weiterhin die besondere Haltung und Fähigkeit von Asmus Finzen, mit einfachen und zugleich klaren Worten die notwendige Hilfestellung zu bieten, ohne dabei das therapeutische Risiko zu vernachlässigen.

    Die einzigartige Orientierungshilfe für Assistenzärzte und Nichtmediziner formuliert knapp und verständlich Einteilung und Wirkungsweisen, Auswahl und Dosierung, Nebenwirkungen und den sinnvollen Einsatz von Psychopharmaka bei:

    • Stimmungserkrankungen und Manien,
    • Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis,
    • Schlaf-, Zwangs- und Angststörungen und Unruhezuständen,
    • Suchterkrankungen, demenziellen Erkrankungen und ADHS.

    Auch die Medikamentenbehandlung bei psychischen Begleiterscheinungen körperlicher Erkrankungen, in Akutsituationen und bei Suizidgefährdung wird behandelt

  • Vergessenen Kindern eine Stimme geben

    Vom 12. bis 18. Februar 2017 findet die achte bundesweite Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien statt. Das Aufwachsen mit suchtkranken Eltern bedeutet eine schwere Gesundheitsbelastung, von der schätzungsweise jedes sechste Kind in Deutschland betroffen ist. Der aktuelle Drogenbericht der Bundesregierung stellt fest, dass für Kinder aus suchtbelasteten Familien „flächendeckende Hilfe im Rahmen einer Regelversorgung notwendig“ ist. Mit ca. 200 Angeboten für schätzungsweise 2,65 Millionen betroffene Kinder kann hiervon in Deutschland nicht die Rede sein. Hauptgrund für diese unzureichende Versorgungssituation ist die Tatsache, dass Hilfen für die Kinder bis heute eben nicht Teil einer Regelversorgung sind, weil es hierfür keine gesetzlichen Grundlagen gibt.

    Kinder aus Suchtfamilien sind die größte bekannte Risikogruppe für eine eigene Suchterkrankung und lebenslang hochgefährdet für psychische Krankheiten sowie soziale Störungen. Die Schädigungen, die durch das Aufwachsen mit suchtkranken Eltern entstehen, führen bei den Kindern zu deutlich erhöhten Gesundheitskosten. Das damit verbundene menschliche Leid der ‚vergessenen Kinder‘ ist mit Geld nicht zu ermessen.

    Derzeit berät die Bundesregierung über die Reform des Sozialgesetzbuches VIII, in dem die Kinder- und Jugendhilfe geregelt ist. Wir fordern in diesem Zusammenhang die Bundesregierung und den Bundestag anlässlich der Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien auf, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, dass Kinder suchtkranker Eltern ebenso wie Kinder psychisch kranker Eltern einen Rechtsanspruch auf präventive Hilfen sowie Therapie erhalten. Diese Hilfen müssen auskömmlich finanziert sein und flächendeckend in allen Bundesländern als Regelangebot zur Verfügung gestellt werden. Um diese Forderung zu unterstreichen, veranstalten vom 12. bis 18. Februar 2017 zahlreiche Einrichtungen, Initiativen, Projekte und die Verbände der Sucht-Selbsthilfe anlässlich der Aktionswoche wieder Veranstaltungen zum Thema Kinder aus Suchtfamilien. Bundesweit werden die Veranstaltungen der Aktionswoche in vielen Städten und Gemeinden Wissen vermitteln, Hoffnung verbreiten und betroffenen Familien und den Kindern Wege zu Hilfe und Genesung weisen.

    Die Fort- und Weiterbildungsangebote im Rahmen der Aktionswoche zielen insbesondere auf Kindergärten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Gesundheitssystem, Jugendhilfe und Suchthilfe. Denn diese Einrichtungen sind in besonderer Weise geeignet, die Kinder so zu unterstützen, dass sie sich trotz Widrigkeiten relativ gesund entwickeln können. Alle Informationen zu den Veranstaltungen und Tipps, wie jedermann und jedefrau an der Aktionswoche teilnehmen kann, finden sich auf der Website www.coa-aktionswoche.de.

    Die Aktionswoche läuft parallel zur Children of Alcoholics Week in den USA und in Großbritannien. Sie steht in Deutschland unter der Schirmherrschaft der Schauspielerin Katrin Sass. Die Aktionswoche wird unterstützt von der BARMER und ist ein Gemeinschaftsprojekt von NACOA Deutschland e. V., Berlin, Kunst gegen Sucht e. V., Düsseldorf, und Such(t)- und Wendepunkt e. V., Hamburg. Kontakt: info@coa-aktionswoche.de

    NACOA Deutschland e. V., 17.01.2017

  • LSD verändert Bedeutungszuschreibung

    Forschende der Universität Zürich (UZH) haben herausgefunden, wie sich unter LSD die Wahrnehmung von Bedeutung im Gehirn verändert. Für die veränderte Wahrnehmung sind die Serotonin 2A-Rezeptoren verantwortlich. Diese Erkenntnis hilft, neue Pharmakotherapien für psychiatrische Krankheiten wie Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen oder Phobien zu entwickeln.

    Menschen nehmen alltägliche Dinge und Erlebnisse unterschiedlich wahr und messen beispielsweise Musikstücken unterschiedliche Bedeutung zu. Bei psychiatrischen Krankheiten ist diese Wahrnehmung oft verändert. Für Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen beispielsweise sind Drogenreize bedeutungsvoller als für nichtabhängige Personen. Oder Patienten mit Phobien nehmen die Dinge oder Situationen, die ihnen Angst machen, im Unterschied zu gesunden Personen mit überhöhter Bedeutung wahr. Eine verstärkte negative Bewertung des Selbst ist auch bei depressiven Patienten charakteristisch. Wie diese so genannte persönliche Relevanz im Gehirn entsteht und welche neuropharmakologischen Mechanismen ihr zugrunde liegen, war bisher nicht bekannt.

    Forschende der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich zeigen nun, dass LSD diesen Prozess durch die Stimulation des Serotonin 2A-Rezeptors, einem der 14 verschieden Serotonin-Rezeptoren im Gehirn, beeinflusst. Studienteilnehmer mussten vor Studienbeginn 30 Musikstücke als persönlich wichtig und bedeutend oder als persönlich unbedeutend kategorisieren. Im anschließenden Versuch veränderte LSD gegenüber einem Scheinmedikament die Bedeutungszuschreibung: „Vorher als unbedeutend klassifizierte Musikstücke wurden unter LSD plötzlich zu persönlich bedeutenden Musikstücken“, erklärt Katrin Preller, die zusammen mit Prof. Franz Vollenweider und dem Forschungsteam Neuropsychopharmakologie und Brain Imaging die Studie durchführt.

    Zu solch überhöhten oder übertriebenen Bedeutungszuschreibungen bezogen auf Erlebnisse und Umweltreize kommt es bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen. Ein kohärentes Selbst dagegen hängt von einem funktionierenden Netzwerk von so genannten kortikalen Mittelhirnstrukturen ab, wie neuere Studien zeigen. Bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen ist demnach dieses Netzwerk gestört. „LSD scheint nun genau auf dieses Netzwerk einzuwirken und das Bedeutungserleben zu beeinflussen“, erläutert Katrin Preller.

    Die Wissenschaftler konnten auch mithilfe funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) zeigen, dass Studienteilnehmer nach der Einnahme von LSD vorher nicht relevanten Reizen mehr Bedeutung zumaßen. Wurde hingegen vor der Einnahme von LSD der Serotonin 2A-Rezeptor pharmakologisch blockiert, wurden auch alle weiteren durch LSD ausgelösten psychischen Veränderungen normalisiert. „Dies war sehr überraschend, denn aus Studien mit Tieren ging hervor, dass LSD auch weitere Rezeptoren wie das Dopamin D2-System stimuliert“, sagt Preller. Von diesem nahm man bisher an, dass es für die durch LSD ausgelöste Euphorie verantwortlich sein dürfte. Ebenso ging man davon aus, dass verschiedene Rezeptorsysteme an der Entstehung von Bedeutungserleben beteiligt sind. Die Ergebnisse der aktuellen Studie weisen aber deutlich auf die Schlüsselrolle des Serotonin 2A-Rezeptors hin sowohl für das subjektive Erleben unter LSD wie auch für die mittels fMRT objektivierten Veränderungen der Hirnaktivität.

    Diese Beobachtung gibt Aufschluss, wie LSD neuropharmakologisch im Gehirn wirkt und insbesondere wie die Pharmakologie von Bedeutungswahrnehmung funktioniert. Während der Serotonin 2A-Rezeptor dafür zuständig zu sein scheint, neue Bedeutung zu generieren, könnte das Dopamin-System die Relevanz von Reizen regeln, die wir generell als wichtig erachten. Diese Ergebnisse könnten Betroffenen von psychiatrischen Krankheiten zugutekommen, die durch veränderte Bedeutungswahrnehmung gekennzeichnet sind wie Depressionen, Phobien und Abhängigkeitserkrankungen.

    Bibliografische Angaben:
    Katrin H. Preller, Marcus Herdener, Thomas Pokorny, Amanda Planzer, Rainer Kraehenmann, Philipp Stämpfli, Matthias E. Liechti, Erich Seifritz, Franz X. Vollenweider. The fabric of meaning and subjective effects in LSD-induced states depend on serotonin 2A receptor activation. Current Biology, 16. Januar 2017. Doi: 10.1016/j.cub.2016.12.030

    Pressestelle der Universität Zürich, 26.01.2017

  • Psyche Mensch Gesellschaft

    MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2016, 214 Seiten, € 49,95, ISBN 978-3-95466-285-2

    Das Fach Psychiatrie und Psychotherapie steht wie keine andere medizinische Disziplin in einem engen Verhältnis zu gesellschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklungen. Die sich verändernden Lebensumstände schaffen neue Risikofaktoren und wirken sich auf die Verlaufsformen psychischer Erkrankungen aus. Sie eröffnen aber auch Chancen für die Versorgung und haben einen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung und Akzeptanz psychisch erkrankter Menschen. „Psyche Mensch Gesellschaft“ greift diese komplexen Wechselwirkungen auf und setzt zu einer umfassenden Standortbestimmung an. Wo steht das Fach Psychiatrie und Psychotherapie heute? Mit welchen Erwartungen sieht es sich konfrontiert? Was leistet es und wo liegen die besonderen Stärken?

    Die vielstimmigen Beiträge von führenden Psychiatern, Wissenschaftlern, Betroffenen und Angehörigen geben einen umfassenden Einblick in das Fachgebiet, analysieren die zentralen Herausforderungen, hinterfragen kritisch aktuelle Entwicklungen und erläutern die neuesten Trends. Das Fachbuch unterstützt mit relevantem Basiswissen den Dialog und Diskurs zwischen Gesundheitssystem, Gesellschaft und Politik. Darüber hinaus liefert es wichtige Impulse zum fachinternen Selbstverständnis und zur Identität.

  • Systemimmanente Anreize im Pauschalierenden Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP)

    Springer Fachmedien, Wiesbaden 2016, 94 Seiten, € 29,99, ISBN 978-3-658-12657-5, auch als E-Book erhältlich

    Dieses Fachbuch analysiert die Probleme, Risiken und Anreize des PEPP-Systems (Version 2015) anhand der Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Dafür wurden über 1.300 Fälle des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld aus dem Jahr 2014 verwendet. Zunächst wurden Fallgruppen erstellt, für die Gruppen dann Parameter wie Verweildauer (VWD), PEPP-Kodierung, Erlöseinbußen durch Fallzusammenführungen und Fallerlöse ausgewertet. Ergänzend zu diesen Daten wurden Veränderungen der VWD, der Kodierung und zusätzliche Verlegungen zwischen G-DRG- und PEPP-System simuliert. So konnten Anreize zur Verkürzung der VWD bei paralleler Fallzahlsteigerung nachgewiesen werden. Patienten mit einem hohen pflegerischen Betreuungsaufwand sind ‚unlukrativ‘, während stationäre psychotherapeutische Behandlungen positive Deckungsbeiträge ermöglichen. Komplizierte Fälle werden benachteiligt. Daneben konnten Anreize zur gezielten Verlegung zwischen G-DRG- und PEPP-System dargestellt werden.

  • Cannabis als Medizin

    Der Bundestag hat am 19. Januar einstimmig in 2./3. Lesung das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften beschlossen.

    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Schwerkranke Menschen müssen bestmöglich versorgt werden. Dazu gehört, dass die Kosten für Cannabis als Medizin für Schwerkranke von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders wirksam geholfen werden kann. Das ist auch ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Palliativversorgung. Außerdem wird es eine Begleiterhebung geben, um den medizinischen Nutzen genau zu erfassen.“

    Parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach: „Bei schweren Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder Multipler Sklerose kann Cannabis als Medizin helfen, Symptome zu lindern. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass künftig Patientinnen und Patienten Cannabis in Arzneimittelqualität durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattet bekommen können, wenn es medizinisch angezeigt ist. Die Genehmigungsfrist durch die Krankenkasse soll bei Patientinnen und Patienten, die Leistungen im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung erhalten, höchstens drei Tage betragen. Dadurch wird eine schnelle und unbürokratische Hilfe gewährleistet.“

    Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler: „Das heute vom Bundestag beschlossene Gesetz, Cannabis in medizinischer Form an schwerstkranke Patienten auf Rezept abgeben zu können, bedeutet für viele Betroffene eine Entlastung. Wem Cannabis wirklich hilft, der soll Cannabis nun auch bekommen können, in qualitätsgesicherter Form und mit einer Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen. Die Möglichkeit, Medizinalcannabis in der ärztlichen Praxis einsetzen zu können, ist ein großer Schritt und steht für eine moderne und differenzierte Gesundheitspolitik.“

    Cannabisarzneimittel sollen als Therapiealternative bei Patientinnen und Patienten im Einzelfall bei schwerwiegenden Erkrankungen eingesetzt werden können, wenn nach begründeter Einschätzung des behandelnden Arztes eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome zu erwarten ist. Dies kann zum Beispiel in der Schmerztherapie, bei bestimmten chronischen Erkrankungen oder bei schwerer Appetitlosigkeit und Übelkeit der Fall sein.

    Mit Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wird die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln auf Cannabisbasis in der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert, die bislang grundsätzlich auf zugelassene Fertigarzneimittel im jeweils zugelassenen Anwendungsgebiet begrenzt war. Insbesondere wird eine Erstattungsmöglichkeit von Cannabis in Form getrockneter Blüten für schwerkranke Menschen geschaffen. Um weitere Erkenntnisse über die Wirkung von Cannabis zu gewinnen, wird eine Begleiterhebung durchgeführt. Dazu übermitteln Ärzte und Ärztinnen ohnehin vorliegende Daten – zum Beispiel zur Diagnose, Therapie, Dosis und Nebenwirkungen – anonymisiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Mit der Erhebung sollen auch Informationen zum langfristigen Gebrauch von Cannabis zu medizinischen Zwecken gesammelt werden.

    Zukünftig soll in Deutschland zudem ein staatlich überwachter Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken erfolgen können. Die damit verbundenen Aufgaben werden – unter Beachtung der völkerrechtlich bindenden Vorgaben des Einheits-Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe – dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übertragen (staatliche „Cannabisagentur“). Bis durch die Cannabisagentur ein staatlich kontrollierter Anbau in Deutschland umgesetzt werden kann, soll die Versorgung mit Medizinalcannabis über Importe gedeckt werden. Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig und soll im März 2017 in Kraft treten.

    Weitere Informationen finden Sie unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/Cannabis-als-Medizin

    Pressestelle des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), 19.01.2017

  • Cannabiskonsum

    Am 23. und 24. Januar berichten verschiedene Online-Medien zum Cannabis- und Drogenkonsum unter Schülern. „Es ist ein erschreckender Trend: Auf den Schulhöfen der Bundesrepublik werden immer mehr Drogen konsumiert“, so wörtlich in der Einleitung eines Artikels auf der Internetseite der WELT. Im Folgenden wird für unterschiedliche Bundesländer eine Verdopplung bis Verdreifachung der Drogendelikte zwischen 2011 und 2015 angeführt, um die angeblichen Ausmaße des Konsumtrends zu beschreiben. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. weist darauf hin, dass Statistiken über Drogendelikte nicht geeignet sind, Auskunft über das Ausmaß der Verbreitung von Cannabis- und Drogenkonsum unter Schülern wiederzugeben. Sie enthalten ausschließlich Auskünfte, in welchem Umfang die Ermittlungsbehörden an Schulen solche Straftaten aufdeckten. Das Bundeskriminalamt informiert auf seiner Homepage, dass es sich bei Drogendelikten um Kontrolldelikte handelt: „Kontrolldelikt bedeutet, je intensiver die behördliche Überprüfungen, desto mehr Fälle werden aufgedeckt.“

    Gesicherte Zahlen über die Veränderung des Konsums bei 12- bis 17-Jährigen werden von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) regelmäßig in der Drogenaffinitätsstudie erhoben. Der dort verzeichnete Anstieg fällt glücklicherweise weit geringer aus als „eine Verdopplung oder Verdreifachung“. Zwischen 2011 und 2015 stieg die Zahl der Befragten, die in den zurückliegenden 30 Tagen mindestens einmal konsumierten von 1,9 Prozent auf 2,2 Prozent an. Mindestens einmal im zurückliegenden Jahr konsumierten 4,6 Prozent der Befragten Cannabis im Jahr 2011; diese Zahl stieg bis 2015 auf 7,3 Prozent an. Auch der Konsum anderer Drogen außer Cannabis stieg im fraglichen Zeitraum an, jedoch ebenfalls in deutlich geringerem Ausmaß als die ermittelten Delikte (siehe Tabelle).

    Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), 24.01.2017

  • Der Kerndatensatz 3.0

    Der Kerndatensatz 3.0

    Dr. Raphael Gaßmann

    Seit dem 1. Januar 2017 gilt bundesweit der komplett überarbeitete „Deutsche Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe (KDS)“. Der Kerndatensatz ist das Instrument zur einheitlichen Datenerhebung in Einrichtungen der ambulanten und stationären Suchthilfe. Nach zehnjähriger Laufzeit seines Vorgängers hat der DHS-Vorstand nunmehr diesen neuen Erhebungsstandard veröffentlicht. Da ihm auch die Bundesländer zustimmten, ist er nunmehr ‚amtlich‘.

    Während der vergangenen drei Jahre wurde der bisherige Kerndatensatz von Vertreter/innen aus Verbänden, Praxis und Wissenschaft in jedem Detail überprüft. Zu diesem Prozess haben auch viele Nutzer/innen durch eine große Zahl von Hinweisen beigetragen. Rund drei Jahre lang diskutierten die Mitglieder des Fachausschusses Statistik der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) zusammen mit externen Expert/innen weit mehr als 100 Anregungen und Überarbeitungshinweise. Das Ziel war ein neuer Kerndatensatz, der die Erfahrungen und Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre berücksichtigt und dennoch so knapp wie möglich bleibt. Dabei wurde Wert auf eine praxisgerechte Handhabung und die möglichst hohe Aussagekraft der erhaltenen Auskünfte gelegt.

    Historie

    Die erste Version des KDS entstand 1998/99 mit der Absicht, die Arbeit in Einrichtungen der Suchthilfe nach einem festgeschriebenen Kriterienkatalog zu erfassen. Auf diese Weise sollte einerseits die aktuelle Situation der Beratung, Betreuung und Behandlung von Menschen mit Suchtproblemen einheitlich dargestellt werden. Andererseits sollten die erhobenen Daten eine Einschätzung des Bedarfs an Therapieangeboten und -kapazitäten ermöglichen. Und schließlich sollten Behandlungserfolge zuverlässig erfasst werden, um daraus Rückschlüsse auf Therapieziele und -möglichkeiten zu ziehen.

    Im Jahr 2006 erschien der überarbeitete, 2. Deutsche Kerndatensatz zur Dokumentation in der Suchtkrankenhilfe mit den Modulen Klient, Einrichtung und Katamnese. Er stellte eine umfassende Aktualisierung und Präzisierung des Deutschen Kerndatensatzes von 1998 dar und galt, wie bei seiner Einführung angekündigt, für die Dauer von zehn Jahren.

    Für die neueste Version „KDS 3.0“ wurden nun sämtliche Abfragen überprüft und aktualisiert, so dass eine zeitgemäße Beschreibung des Leistungsspektrums der Suchthilfepraxis für Menschen mit Abhängigkeitsstörungen möglich ist: etwa auf Einrichtungs-, Verbands-, Länder- oder Bundesebene. Und auch die neue Version des KDS soll für zehn Jahre gelten. In diesem Jahrzehnt können zwar – wie schon bislang – Aktualisierungen der Erläuterungen im Manual erfolgen, die Item-Liste aber bleibt unverändert. Überarbeitungen des Manuals sind künftig durch die Versionsnummer noch deutlicher kenntlich: von 3.1 bis 3.x.

    Nutzen der erhobenen Daten

    Eine wichtige Aufgabe des KDS besteht auch künftig in den einrichtungs- und verbandsbezogenen Auswertungen. Auf diese Weise können die beteiligten Institutionen der Suchthilfe die Ausrichtung und Effekte ihrer therapeutischen Arbeit besser beurteilen und damit auch steuern. Zudem erhalten sie höchst relevante Daten etwa für Verhandlungen mit Kostenträgern.

    Der neue KDS 3.0 sorgt außerdem für eine bessere Vergleichbarkeit von Konsummustern, Behandlungsmöglichkeiten und -erfordernissen auf europäischer Ebene. Dazu wurden seine Abfragen mit dem europäischen Kerndatensatz abgeglichen. Die erhobenen Daten werden jährlich an die Europäische Drogenbeobachtungsstelle in Lissabon gesandt und dort auch für internationale Studien genutzt.

    Auf nationaler Ebene fließen die Ergebnisse der Erhebungen in die Deutsche Suchthilfestatistik ein, deren jährlicher Bericht seit 2007 soziodemografische Daten zu Klienten, Diagnosen, Daten zu Behandlungsbeginn, -verlauf und -ende sowie Veränderungen in diesen Bereichen aufzeigt. Die Deutsche Suchthilfestatistik ist im bundesweiten wie auch im internationalen Vergleich eine der umfangreichsten und differenziertesten Statistiken im Gesundheits- und Sozialwesen.

    Der KDS 3.0 steht sämtlichen Anbietern entsprechender Dokumentationssoftware zur Verfügung. Und beinah alle haben ihn bereits in ihre Software integriert. Die DHS wünscht allen Anwender/innen einen angenehmen Umgang mit dem KDS 3.0 und aussagekräftige Erkenntnisse.

    Kontakt:

    Dr. Raphael Gaßmann
    Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.
    Westenwall 4
    02381/90 15 15
    59065 Hamm
    gassmann@dhs.de
    www.dhs.de

    Angaben zum Autor:

    Dr. Raphael Gaßmann ist Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) in Hamm.

  • Dokumentationsstandard für eine vernetzte Versorgungslandschaft

    Dokumentationsstandard für eine vernetzte Versorgungslandschaft

    Karl Lesehr
    Dr. Barbara Braun

    Mitarbeiter/innen der Suchthilfe kennen den Kerndatensatz (KDS) als Standard für ihre eigene einrichtungsbezogene Dokumentation, die sie oft schon seit vielen Jahren nutzen – lange vor jeder EDV. Insofern war es nicht erstaunlich, dass in vielen Vorschlägen an die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zur Aktualisierung des KDS noch differenziertere Erfassungsmöglichkeiten für die jeweils spezifischen Zielgruppen der eigenen Einrichtung gefordert wurden.

    Tatsächlich will der Kerndatensatz schon immer die Basis für die Dokumentation in den verschiedensten Einrichtungen zur Versorgung suchtkranker Menschen sein: Wesentliche Daten und Aussagen sollen damit unabhängig von Arbeits- und Interventionsschwerpunkten einzelner Einrichtungen verglichen werden können. Bei der Aktualisierung des KDS 3.0 haben sich der Fachausschuss Statistik der DHS und die externen Expert/innen darum bemüht, die Erfassungsmöglichkeiten so weiterzuentwickeln, dass sie den Veränderungen in der Versorgungslandschaft Rechnung tragen. Insbesondere die stärkere Differenzierung und Vernetzung von Behandlungs- und Betreuungsangeboten und eine stärkere Orientierung aller Versorgungsleistungen auf eine umfassende Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie der sozialen und beruflichen Teilhabe der betreuten/behandelten Menschen sollen auch in der Dokumentation abgebildet werden können.

    Der KDS 3.0 soll nicht nur Charakteristika von und Maßnahmen für Hilfe suchende Menschen erfassen, sondern als einheitlicher Dokumentationsstandard auch die Analyse realer Versorgungsverläufe ermöglichen. Bei einer solchen auf die Abfolge eigenständiger Maßnahmen orientierten Dokumentation wird eine eindeutige Abgrenzung der für die einzelnen Maßnahmen erfassten Daten umso notwendiger. So ist es (bei konsequenter Umsetzung der Manualregelungen) künftig möglich, beispielsweise Maßnahmen der ambulanten Suchtrehabilitation oder der Reha-Nachsorge eigenständig auszuwerten, auch wenn solche Leistungen von einer ambulanten Suchtberatungsstelle erbracht werden, die diese Leistungen nicht unter einem eigenen Einrichtungstyp dokumentiert hat.

    Komplexe Maßnahmenmatrix

    Um Versorgungsverläufe möglichst konsistent abbilden zu können, wurde die bislang stark aufgefächerte Erfassung von 16 Einrichtungstypen durch eine ‚gröbere‘ Einordnung des Einrichtungstyps ersetzt, gleichzeitig wurden die einzelnen Angebote/Maßnahmen deutlich ausdifferenziert. Diese systematische ‚Leistungsmatrix‘ wird nun an mehreren Stellen im KDS 3.0 genutzt: 1. im KDS-E (Einrichtung) bei „Art der Dienste/Angebote“ (1.7.), vereinfacht bei „Kooperation und Vernetzung mit anderen Einrichtungen/Angeboten“ (1.10) und 2. im KDS-F (der frühere KDS Klienten wurde umbenannt in KDS Fall) bei „Vorbetreuungen/-behandlungen“ (2.2.3), „Art der Betreuung/Behandlung in der eigenen Einrichtung“ (2.5.1) sowie „Weitervermittlung“ (2.6.6). Die Komplexität dieser Matrix mag manchen Nutzer zunächst erschrecken; sie ist aber notwendige Voraussetzung, um künftig individualisierte Behandlungswege und Betreuungsformen umfassend darstellen und in der Folge auch steuern zu können. Insbesondere die regional teilweise doch recht unterschiedlichen Formen der Suchtrehabilitation können jetzt differenziert (unter Substitution, als Kombibehandlung) dokumentiert werden.

    Vereinfachung des KDS-E

    Eine Neuregelung im KDS-E soll künftig auch ein realistisches Bild der immer komplexeren Versorgungslandschaft ermöglichen: Dienste und Angebote einer Einrichtung können für ein Bezugsjahr nur noch dann dokumentiert werden, wenn in den mit diesem Einrichtungsdatensatz verbundenen Falldatensätzen die entsprechende Maßnahme mindestens einmal dokumentiert wurde. Die KDS-E-Auswertung ermöglicht so erstmals einen aktuellen Überblick über das real genutzte Leistungsspektrum der dokumentierenden Suchthilfeeinrichtungen. Gleichzeitig wurde der KDS-E aber auch deutlich vereinfacht: Es wurden Abfragen herausgenommen, bei denen nach der Erfahrung der letzten Jahre und auch aus strukturellen Gründen keine wirklich aussagekräftige Datenauswertung möglich war. Analysen beispielsweise der oft mehr als problematischen Finanzierungsstruktur ambulanter Suchtberatungsstellen brauchen andere eigenständige und der Komplexität der Thematik angemessene Erfassungsverfahren.

    Wichtige Anpassungen bestehender Items im KDS-F

    Im KDS-F wurde die bisherige Kategorie „Angehörige“ erweitert auf „Personen aus dem sozialen Umfeld“, und es ist nun auch eine differenziertere Erfassung der Probleme aus der Sicht dieser Personen möglich.

    Weiterhin fand eine Anpassung der Erhebung soziodemografischer Daten im KDS-F statt: Familienstand/Partnerbeziehung wurden ersetzt durch das Item „Lebenssituation“ (2.3.1); auf das bisherige Item zum Lebensunterhalt wurde verzichtet aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen mit dem Item „Erwerbssituation“ (2.3.7). Der insbesondere aus sozialpolitischer Sicht relevanten Risikosituation von Kindern wurde durch eine erweiterte Dokumentation Rechnung getragen, ebenso wurde die Dokumentation des Migrationsstatus neu geordnet.

    Die Erfassung des Kostenträgers wurde spezifiziert. Sie bezieht sich jeweils auf die aktuell dokumentierte Betreuung/Behandlung: Bei einem Wechsel des Kosten-/Leistungsträgers ist nach den Manualregeln ein neuer Falldatensatz zu öffnen (also z. B. beim Wechsel aus einer institutionell geförderten Betreuung in eine leistungsfinanzierte Maßnahme ambulanter Suchtrehabilitation).

    Die gesundheitspolitisch bedeutsame Dokumentation des HIV- bzw. Hepatitis-Status wurde auch aufgrund der bislang eher unzureichenden Dokumentationspraxis zweigeteilt: Zum einen werden Informationen zum Teststatus, zum anderen zum Infektionsstatus erfragt. Somit können die berechtigten Schutzinteressen des einzelnen Menschen berücksichtigt werden, gleichzeitig ist aber auch eine bessere Validität der erhobenen Daten möglich.

    Wesentliche konzeptionelle Neuerungen im KDS-F

    Neben der oben beschriebenen differenzierten Erfassungssystematik von Maßnahmen (und damit auch von Vorbehandlungen und Weitervermittlungen) bestehen die wesentlichen Neuerungen im aktualisierten KDS-F 3.0 in der differenzierten Erfassung psychosozialer Problembereiche, in der neuen Differenzierung zwischen Konsumdaten und medizinischer Diagnostik, in den (erweiterten) Dokumentationsmöglichkeiten für pathologisches Glücksspielen und exzessive Mediennutzung und schließlich in der Dokumentation von Selbsthilfeanbindung.

    Psychosoziale Problembereiche

    Bislang ging der KDS implizit davon aus, dass Betreuungen in den Einrichtungen der Suchthilfe grundsätzlich durch eine Suchtproblematik ausgelöst sein und deshalb auch vorrangig eine Verbesserung/Behandlung dieser Suchtproblematik zum Ziel haben müssten. Während dies in Institutionen der medizinischen Behandlung unstrittig ist, stellen sich die Arbeitssituation der ambulanten Suchtberatungsstellen, aber auch die Angebote der Eingliederungshilfe vielschichtiger dar. Schon bei der letzten KDS-Überarbeitung war deshalb das Fehlen einer Einschätzung der psychosozialen Belastung kritisiert worden. Mit den Items 2.1.5 bzw. 2.6.7 zu Beginn und am Ende einer Falldokumentation bietet sich jetzt die Möglichkeit, aus Sicht der betreuenden Fachkraft die Probleme zu dokumentieren, die zur Kontaktaufnahme geführt haben bzw. die für eine angestrebte Veränderung zu berücksichtigen sind. Gleichzeitig wird über diese Item auch die Möglichkeit geschaffen, Entwicklungen im Lebensalltag der betreuten Menschen und damit potentielle Wirkungen von Betreuungsleistungen sichtbar zu machen. Zudem bieten diese Items die Option, vertiefte Wahrnehmungen einer komplexen Gesamtproblematik der betroffenen Menschen während der gesamten Betreuungszeit abschließend zu dokumentieren und damit auch für weitere Betreuungen aufgreifen zu können. Zusätzlich werden diese Items im Kerndatensatz Katamnese (KDS-Kat) abgefragt, so dass dann grundsätzlich eine Drei-Punkt-Messung – wenn auch aus unterschiedlichen Quellen – möglich ist.

    Differenzierung zwischen Konsumdaten und medizinischer Diagnostik

    Bislang war der suchtbezogene Problembereich auf medizinische Diagnosen nach der IDC-10 und insbesondere auf eine Hauptdiagnose bezogen. Diese medizinische Diagnosesystematik ist im Bereich von Suchtbehandlungen weiter bedeutsam und unstrittig. Gleichzeitig sind aber in den vernetzten Versorgungsstrukturen auch die strukturellen Grenzen dieses Diagnosesystems deutlich geworden. So führt das Zeitkriterium von einem Jahr (die Diagnose substanzbezogener Störungen bezieht sich auf einen Ein-Jahres-Zeitraum) häufig dazu, dass gar keine aktuelle Diagnose vergeben werden kann. Auch sind relevante Konsummengenveränderungen im Diagnosesystem nicht oder nur unzureichend abbildbar. Mit der getrennten Erfassung von Konsumdaten (z. B. 2.4.1 ff.) und Diagnosen (2.4.5) sind jetzt sehr viel differenziertere und damit auch wirklichkeitsnähere Dokumentationen möglich.

    Gleichzeitig wurde die Liste der dokumentierbaren Substanzgruppen deutlich erweitert und so gestaltet, dass bei Bedarf während der Gültigkeit des KDS 3.0 auch Ergänzungen möglich sind. Dokumentiert werden können für (maximal 15) Substanzen die Lebenszeitprävalenz und die aktuelle Bedeutung dieser Substanz (gemessen in Konsumtagen). Erhoben wird auch, ob bestimmte Substanzen nur und vollumfänglich aufgrund ärztlicher Verordnung konsumiert wurden – eine Möglichkeit, der angesichts der Grauzone des Medikamentenmissbrauchs erhebliche Bedeutung zukommt. Mithilfe der dokumentierten Konsumdaten kann künftig eine Konsummengenreduzierung festgestellt werden, sowohl als unmittelbare Auswirkung einer entsprechenden Behandlungsmaßnahme als auch als Teileffekt einer eigentlich abstinenzorientierten Behandlung. Und schließlich lassen sich über eine differenzierte Konsumdokumentation auch teilhaberelevante Risiken leichter identifizieren (z. B. täglicher Alkoholkonsum bei Substituierten).

    Dokumentation von pathologischem Glücksspielen und exzessiver Mediennutzung

    Der neue KDS 3.0 bietet in weitgehender Analogie zu den substanzbezogenen Störungen auch für die Störungsformen pathologisches Glücksspielen und exzessive Mediennutzung erweiterte bzw. neue Dokumentationsmöglichkeiten (2.4.8 bis 2.4.13). In Bezug auf Glücksspiele wurde die Liste an Spielformen (getrennt nach terrestrisch/stationär und online) erweitert.

    Selbsthilfeanbindung

    Und schließlich wurden in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Sucht-Selbsthilfe zwei neue Items 2.6.3 und 2.6.4 in den KDS 3.0 eingebunden, die wirklichkeitsgerecht die Vernetzung mit den Aktivitäten der Sucht-Selbsthilfe abbilden können.

    Kontakt:

    Dr. Barbara Braun
    IFT Institut für Therapieforschung
    Parzivalstraße 25
    80804 München
    Tel. 089/36 08 04 34
    braunbarbara@ift.de
    www.ift.de

    Karl Lesehr, M.A.
    Werkstatt PARITÄT gemeinnützige GmbH
    Hauptstraße 28
    70563 Stuttgart
    lesehr@paritaet-bw.de
    www.werkstatt-paritaet-bw.de

    Angaben zu den Autoren:

    Dr. Barbara Braun, Dipl.-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin (VT), leitet am IFT Institut für Therapieforschung in München den Bereich Therapie- und Versorgungsforschung sowie den Bereich Forschung Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern.
    Karl Lesehr war lange als Mitarbeiter und Leiter einer Suchtberatungsstelle tätig. Danach arbeitete er als Referent für Suchthilfe beim Diakonischen Werk Württemberg und beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Als Ruheständler nimmt er Beratungsaufträge wahr und hat noch die fachliche Leitung zweier Landesprojekte (Projekt Su+Ber zur suchtrehabilitativ gestützten Verbesserung der beruflichen Integration von Langzeitarbeitslosen mit Suchtproblemen und Projekt VVSub zur verbesserten Behandlungskooperation zwischen Arzt und Suchtberatung in der Substitutionsbehandlung).