Autor: Simone Schwarzer

  • Alkoholinduziertes Leberversagen

    Patienten, die aufgrund von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit von akutem Leberversagen bedroht sind, haben wegen der in Deutschland geltenden Kriterien für eine Organtransplantation und dem gleichzeitigen Mangel an Spenderorganen derzeit faktisch keine Chance auf eine neue Leber. Die Überlebensrate bei alkoholinduziertem Leberversagen ist vergleichsweise gering – nur 25 Prozent der Patienten leben mit der Diagnose länger als drei Monate. Deswegen hat sich die Klinik für Transplantationsmedizin am Universitätsklinikum Münster (UKM) unter Leitung von Prof. Hartmut Schmidt dazu entschlossen, an einer internationalen Studie teilzunehmen, die diesen Patienten das Überleben sichern kann. Die ELAD®-Studie wird in rund 40 Studienzentren in Europa und den USA durchgeführt. Ein alternatives Therapieverfahren, bei dem – ähnlich wie bei einer künstlichen Leber – das Blut von einer Maschine ‚gewaschen‘ wird, verspricht eine Erholung des Organs. „Wir sehen im ELAD-Verfahren eine reelle Chance für Patienten, die generell mit einem alkoholinduzierten Leberversagen eine sehr schlechte Prognose haben. Weil diese Patienten oft von der Möglichkeit einer Transplantation ausgeschlossen sind, stand uns bisher für ihre Behandlung nur eine symptomorientierte Therapie zur Verfügung, beispielsweise mit der entzündungshemmenden Gabe von Kortison. Wir haben nun – wenn auch zunächst im Testlauf – eine Alternative“, sagt Dr. Christian Wilms, Oberarzt der Klinik für Transplantationsmedizin.

    Das ELAD®-System separiert zunächst über einen zentralvenösen Zugang Blutzellen aus dem Plasma. Danach werden diesem Filtrat durch ELAD Hepatozyten zugeführt, die die Zellregeneration der Leber unterstützen sollen. Hepatozyten sind funktionelle Leberstammzellen, die sich im Falle einer Leberschädigung verstärkt teilen. Die Behandlung mit ELAD dauert bis zu fünf Tage, danach sollte sich die Leberentzündung zurückgebildet haben. Um als Proband an der Studie teilnehmen zu können, müssen zudem gewisse Kriterien erfüllt sein: So darf der Patient nicht über 50 Jahre alt und seine Nierenfunktion nicht eingeschränkt sein. „Angesichts der Hilflosigkeit, mit denen man als Arzt diesen Patienten gegenüber stand, gibt das neue Verfahren aber Anlass zur Hoffnung“, so Wilms.

    Patienten mit alkoholinduzierter Leberdekompensation unterliegen laut den Transplantationsrichtlinien einer Alkohol-Karenzpflicht von sechs Monaten, bevor sie für eine Organtransplantation gelistet werden können. Der Gesetzgeber will so sicherstellen, dass sich die Leber der Patienten bei einer Alkoholabstinenz eigenständig wieder erholen kann. Demgegenüber steht die vergleichsweise geringe Drei-Monats-Überlebensrate der Betroffenen von nur ca. 25 Prozent.

    Pressestelle des Universitätsklinikums Münster, 28.12.2016

  • Aktionswoche Alkohol 2017

    Mit großen Schritten geht es auf die sechste Aktionswoche Alkohol zu, die vom 13. bis 21. Mai 2017 stattfinden wird. Die Internetseite www.aktionswoche-alkohol.de erscheint im neuen Design und mit kompakten Infos zur Aktionswoche. Anmeldungen für Veranstaltungen sind ab sofort möglich (Rubrik „Für Veranstalter“).

    AWA 17 Motiv BahnErstmalig widmet sich die Aktionswoche Alkohol einem Schwerpunktthema mit der Botschaft: „Kein Alkohol unterwegs!“. Wer mit Alkohol im Blut unterwegs ist, kann sich selbst schaden und gefährdet andere. Dies gilt vor allem und uneingeschränkt für das selbstständige Führen eines Verkehrsmittels. Und auch im öffentlichen Personenverkehr sollen Mitreisende berücksichtigt und allen Beteiligten eine sichere und angenehme Reise ermöglicht werden. Die Veranstalter dieser Aktionswoche können diese Plattform nutzen, um  gemeinsam mit Verkehrsbetrieben, Fahrschulen, der Verkehrswacht sowie Fahrrad- oder Automobilclubs Aktionen durchzuführen, die auf die Alkoholgefahren im Straßenverkehr, in der Luft und zu Wasser aufmerksam machen.

    Quelle: www.aktionswoche-alkohol.de, 12.01.2017

  • Baukasten für eine anonyme Drogensprechstunde

    Pabst Science Publishers, Lengerich 2016, 110 Seiten, mit CD-ROM, ISBN 978-3-95853-199-4, € 15,00

    Methamphetamin, das sich als Crystal im Freizeitbereich verbreitet, führt vor Augen, dass das professionelle Drogenhilfesystem unter einem enormen Modernisierungsdruck steht. Besonders tragisch: Obwohl mit hohen Risiken für die physische, psychische und soziale Gesundheit konfrontiert, meiden Crystal-Meth-Konsumierende den Kontakt zu Hilfesystemen sehr lange und melden sich erst, wenn sich bereits dramatische Bündelungen von Problemen entwickelt haben.

    In interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelten Prof. Dr. Gundula Barsch (Hochschule Merseburg), Dipl. med. Peter Jeschke (Ostdeutsche Arbeitsgemeinschaft Suchtmedizin e. V.) und Prof. Dr. Andreas Klement (Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle) ein niederschwelliges Angebot, das neue Ansätze einer Versorgung aktuell drogenkonsumierender Menschen auslotete: In einer anonymen Drogensprechstunde, als Peer-to-Peer-Projekt angelegt, konnten sich Klient/innen medizinisch untersuchen und umfangreich beraten lassen. Als Peers arbeiteten Studierende der Medizin und der Sozialarbeit – supervidiert von erfahrenen Ärztinnen und Ärzten.

    Der vorliegende Band beschreibt das gesamte Pilotprojekt en detail. Das Buch kann als konkrete, aber modifizierbare Anleitung für vergleichbare Angebote, nicht nur für Crystal-Konsument/innen, dienen. Die beigefügte CD enthält die Arbeitsmaterialien zum Ausdrucken. Die kritische Evaluation belegt, dass die anonyme Drogensprechstunde eine Lücke füllen kann und auch in der institutionalisierten Drogenhilfe überwiegend aufmerksame Zustimmung findet.

    Die Erfahrungen mit der Sprechstunde münden in der Entwicklung einer App, mit der Klient/innen interaktiv und individuell beraten werden: quasi ein Coaching, um Risiken zu erkennen und zu managen – und in Notfällen rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen.

  • Deutsche Bischofskonferenz veröffentlicht Arbeitshilfe

    dbk_5292_cover_rSuchterkrankungen bringen spezifische Anforderungen für pastorales Handeln mit sich. Der Grund liegt darin, dass suchtkranke Menschen nicht ohne Weiteres von dem territorialen Angebot der Pfarreien bzw. Pfarrgemeinschaften erreicht werden. Schon allein im Erkennen der Problematik liegt eine besondere Herausforderung. Aus diesem Grund erscheint jetzt eine neue Arbeitshilfe des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit (Gal 5,1). Sucht – Eine Herausforderung für die Pastoral“.

    Der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Franz-Josef Bode, schreibt im Vorwort: „Das Ziel der vorliegenden Arbeitshilfe ist vor allem, den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ermöglichen, eine Suchterkrankung wahrzunehmen und ihre Dynamiken zu verstehen. Außerdem sollen sie über die Angebote der professionellen Suchthilfe und Sucht-Selbsthilfe informiert werden und um die spezifische Funktion der Seelsorge im Umgang mit suchtkranken Menschen wissen. Seelsorge kann keine Suchttherapie ersetzen, aber sie vermag dennoch eine Hilfestellung zu bieten.“

    Die Arbeitshilfe gibt außerdem Hinweise zum Umgang von kirchlichen Arbeit- und Dienstgebern mit Suchterkrankungen, da auch der kirchliche Dienst von solchen Phänomenen nicht verschont ist. Im Anhang finden sich relevante Adressen aus dem Bereich der Suchthilfe und Sucht-Selbsthilfe sowie Beispiele für Ordnungen zum Umgang mit suchtkranken Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im kirchlichen Dienst. Die Muster sollen denjenigen (Erz-)Bistümern und kirchlichen Einrichtungen als Anregung dienen, in denen entsprechende Regelungen bislang noch fehlen.

    Die Arbeitshilfe „Zur Freiheit hat uns Christus befreit (Gal 5,1). Sucht – Eine Herausforderung für die Pastoral“ kann auf der Website der Deutschen Bischofskonferenz unter „Veröffentlichungen“ bestellt oder als pdf-Datei heruntergeladen werden.

    Hintergrund
    Die Sucht-Selbsthilfe im katholischen Bereich wird im Wesentlichen durch den Kreuzbund, einen Fachverband der Caritas, repräsentiert. In rund 1.400 Gruppen treffen sich hier wöchentlich über 20.000 Menschen, um sich selbst oder anderen in Suchtfragen zu helfen. Der Kreuzbund ist Mitglied der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen und gliedert sich in rund 1.400 Gruppen, 27 Diözesanverbände und den Bundesverband.

    Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz, 05.01.2017

  • Religiosität und Spiritualität in Psychiatrie und Psychotherapie

    cover_positionspapier_religiositaet_fin_krReligiöse und spirituelle Überzeugungen können für Menschen mit psychischen Erkrankungen eine wichtige Ressource sein, gleichzeitig aber auch die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung erschweren. In einem neuen Positionspapier gibt die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) Empfehlungen zum Umgang mit Religiosität und Spiritualität in der Versorgung. Sie betont darin die Wichtigkeit interkultureller Kompetenz im Umgang mit den Patienten und sieht großen Nachholbedarf in der Forschung, Weiterbildung und klinischen Arbeit.

    Die kulturelle Vielfalt in Deutschland wächst: Fast ein Fünftel der Einwohner hat heute ausländische Wurzeln, die Lebenswelten differenzieren zusehends. Die unterschiedlichen Wertvollstellungen, Weltdeutungen und religiösen Überzeugungen spielen auch in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung eine immer größere Rolle. „Ohne Verständnis für diese Besonderheiten besteht die Gefahr, dass religionsspezifische Tabus und Grenzen in der Therapie unwissentlich verletzt werden. Interkulturelle Kompetenzen – gerade in Bezug auf Religion und Weltanschauung – sind deshalb in der Versorgung unverzichtbar“, stellt Professor Michael Utsch fest, der bei der DGPPN das Fachreferat für Religiosität und Spiritualität leitet.

    In einem neuen Positionspapier gibt die DGPPN nun konkrete Empfehlungen zum Umgang mit der Thematik. „Zentral ist, dass die Behandler im klinischen Alltag erkennen, ob der Glaube bei einer psychischen Erkrankung Teil des Krankheitsbildes ist oder sich als Ressource in die Behandlungsstrategie einbinden lässt“, so Professor Michael Utsch weiter. Die Fachgesellschaft hat insgesamt zehn Empfehlungen formuliert, die zum Beispiel die Neutralität, die professionellen Grenzen oder das Diversity Management und die Passung in der therapeutischen Beziehung betreffen.

    Aus Sicht der DGPPN gilt es, das Bewusstsein für die Bedeutung religiöser und spiritueller Fragestellungen im Fachgebiet insgesamt zu stärken. Sie fordert deshalb neue Initiativen für Deutschland, die das Thema in der Forschung, Lehre, Aus- und Weiterbildung sowie in der klinischen Arbeit weiter vorantreiben.

    Das Positionspapier kann hier heruntergeladen werden. Es erscheint auch in der Fachzeitschrift Spiritual Care (DOI 10.1515/spircare-2016-0220).

    Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), 19.12.2016

  • Sozialarbeit und Religion

    Beltz Juventa, Weinheim 2016, 366 Seiten, ISBN 978-3-7799-2357-2, € 24,95

    9783779923572Religion kann als fundamentalistische Orientierung sowie Herausforderung, aber auch als Ressource des Sinns in den Blick der Sozialarbeit genommen werden. Mit dem Buch wird aufgefordert, Religiosität in ihren vielfältigen Varianten neu zu reflektieren. Die Beiträge hinterfragen Wahrnehmung und Kontexte von Religiosität. Dabei wird der Blick sowohl auf identitätsstiftende Lebensentwürfe gerichtet, in denen Religion als Ressource bedeutsam ist, als auch auf fundamentalistische Varianten, die herausfordernd sind. Dahinter steht eine Kontroverse: Ist Religion nur eine soziale Kontrollinstanz oder muss sie nicht auch als gesellschaftliche und individuelle Ressource verstanden werden? Deutlich wird: Soziale Arbeit muss sich mit Religiosität beschäftigen, da diese Fragen aufwirft, die bisher vernachlässigt wurden. Es werden sozialarbeiterische Programme in Migrantengemeinden sowie in muslimischen und jüdischen Kontexten erörtert, die entweder auf radikale Varianten Antworten geben oder Religion als soziale Kompetenz begreifen. Im Fokus stehen außerdem interreligiöse Dialoge.

  • Online-Interventionen in Therapie und Beratung

    Beltz Verlag, Weinheim 2016, 188 Seiten mit E-Book inside, ISBN 978-3-621-28164-5, € 36,95

    Online-Interventionen in Therapie und BeratungFür immer mehr Menschen ist es selbstverständlich, digital zu kommunizieren. Auch Klienten äußern häufiger den Wunsch, parallel zu einer Therapie oder nach ihrem Abschluss online beraten zu werden. Therapeuten entdecken zunehmend die Vorteile einer virtuellen Brücke zum Patienten. Agnes Justen-Horsten und Helmut Paschen erläutern praxisnah, wie Therapeuten und Berater ein Online-Angebot mit dem Schwerpunkt Mail-Beratung aufbauen können. Online mit einem Berater oder Therapeuten zu kommunizieren, kann zudem für Personen hilfreich sein, die in ihrer Nähe keine Beratungsstellen oder psychologische Praxen finden. Neben den rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen stellen die beiden Autoren die unterschiedlichsten Möglichkeiten von Online-Angeboten dar.

    Aus dem Inhalt:

    • Welchen Einfluss hat das Internet darauf, wie Menschen miteinander kommunizieren?
    • Seelische Gesundheit und das Internet – bestehende und zukünftige Möglichkeiten für Beratung und Therapie im Netz
    • Welche Möglichkeiten bietet Online-Beratung den Beratern? Entscheidungshilfen zur Nutzung von Online-Beratung
    • Blended Counselling – Überlegungen zu Variationen und Formatwechseln face-to-face und online
    • Praxis der Onlineberatung
    • OnTheMoveOnline – ein Praxisbericht
    • Welche Trends sind für die Zukunft medialer Beratung und Therapie zu erkennen?
  • Psychotherapie der Sucht

    Pabst Science Publishers, Lengerich, 3. erweiterte und aktualisierte Auflage 2016, 517 Seiten, ISBN 978-3-95853-239-7, € 40,00

    8680ff8a77Die Psychotherapie hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem theoretisch gut fundierten und praktisch bewährten Kernbereich der Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen entwickelt. Die nunmehr dritte – erweiterte und aktualisierte – Auflage des Standardwerks „Psychotherapie der Sucht“ basiert auf der Grundlage des bio-psycho-sozialen Modells. Erfahrene ärztliche und psychologische Therapeut/innen beschreiben unterschiedliche Methoden – von der kognitiven Verhaltenstherapie über die personzentrierte Therapie bis hin zu körperorientierten und imaginativen Verfahren. Komorbide Störungen und Modelle der integrierten Behandlung werden ausführlich dargestellt.

    Der Band ist als Handbuch und Praxisleitfaden zu verstehen – für alle in der Suchttherapie tätigen Professionen. Obwohl die Konzeptionen aus einer vorwiegend stationären Einrichtung stammen und häufig gruppentherapeutische Vorgehensweisen beschrieben werden, sind die Konzepte auch auf die Anwendung im ambulanten und einzeltherapeutischen Setting übertragbar. Wer Suchtkranke und Menschen mit Störungen im Schnittmengenbereich zur Sucht beraten, motivieren und behandeln möchte, findet in diesem Leitfaden nützliche, theoretisch fundierte, praxisorientierte Hilfen.