Autor: Simone Schwarzer

  • Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) tritt in Kraft

    Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt am 26. November 2016 das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) in Kraft. Mit diesem Gesetz steht den Strafverfolgungsbehörden neben dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) eine neue Rechtsgrundlage zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität zur Verfügung.

    Für die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, ein wichtiger Schritt: „Mit dem Inkrafttreten des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz sind wir einen echten Schritt weiter. Endlich haben Polizei und Justiz ein wirksames Instrument gegen NPS-Dealer in der Hand. Ich fand es unerträglich, wenn zum Teil hochgefährliche Substanzen im Internet und auf Partys als ‚Legal Highs‘, ‚Kräutermischungen‘ oder ‚Badesalze‘ verkauft wurden und der Polizei die Hände gebunden waren. Damit ist jetzt Schluss! 39 Tote allein im letzten Jahr machen deutlich, wie wichtig dieses Gesetz ist.“

    In Deutschland wurden für das Jahr 2015 insgesamt 39 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von neuen psychoaktiven Stoffen polizeilich registriert. Im Hinblick auf die Zahl der Intoxikationen und Todesfälle ist von einem großen Dunkelfeld auszugehen.

    Das NpSG sieht ein weitreichendes Verbot des Erwerbs, Besitzes und Handels mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) und eine Strafbewehrung der Weitergabe von NPS vor. Zudem ermöglicht dieses neue Gesetz den Strafverfolgungsbehörden bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen, Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation und Vermögensabschöpfung durchzuführen sowie die Anordnung der Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr zu begründen. „Neben den neuen und wichtigen Möglichkeiten der Strafverfolgung gibt das NpSG auch das wichtige Signal an Händler und Konsumenten, dass es sich hierbei um gesundheitsgefährdende oder gar lebensbedrohliche Stoffe handelt“, betont der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch.

    Dem Bundeskriminalamt sind allein aus dem Jahr 2015 mehrere hundert Sachverhalte aus ganz Deutschland bekannt, bei denen es im Zusammenhang mit dem Konsum von verschiedenen so genannten Legal-High-Produkten oder neuen psychoaktiven Stoffen zu teilweise schweren, mitunter lebensgefährlichen Intoxikationen kam. Die meist jugendlichen Konsumenten mussten mit Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen bis hin zum Ausfall vitaler Funktionen medizinisch oder notfallmedizinisch behandelt werden. Daneben kam es in einigen Fällen nach dem Konsum dieser Produkte zu aggressiven Reaktionen und unkontrollierten Übergriffen auf dritte Personen.

    Die ersten neuen Stoffe dieser Art wurden im Jahre 2008 in der Kräutermischung „Spice“ identifiziert und im Jahr 2009 dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. Seitdem weichen Hersteller und Händler nach Unterstellung eines gesundheitsgefährdenden Stoffes immer wieder auf neue, in ihrer chemischen Struktur oft nur minimal veränderte psychoaktive Stoffe aus und umgehen ungeachtet der Wirkungsweise und Gefährlichkeit dieser Stoffe so das Verbot. Dieser Vorgehensweise begegnet das NpSG, indem es erstmals ganze Stoffgruppen, welche eine Vielzahl von Einzelsubstanzen umfassen, verbietet. Das betrifft derzeit vor allem synthetische Cannabimimetika und Phenethylamine. An der Beschreibung der Stoffgruppen waren neben Vertretern rechtsmedizinischer Institute auch polizeiliche Experten mehrerer Landeskriminalämter (Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein) sowie des BKA beteiligt.

    Pressestellen der Bundesdrogenbeauftragten und des Bundeskriminalamtes, 25.11.2016

  • Deutlicher Anstieg bei Essstörungen

    bild-dl-essstoerungen-tabellepropertydataImmer mehr Menschen in Deutschland leiden unter Essstörungen. So ist die Zahl der Betroffenen bundesweit von etwa 390.000 auf rund 440.000 zwischen den Jahren 2011 und 2015 (plus ca.13 Prozent) angestiegen. Dies geht aus aktuellen Hochrechnungen der BARMER GEK zu Essstörungen hervor, zu denen unter anderem Magersucht und Bulimie gehören. „Dass immer mehr Menschen unter Essstörungen leiden, beobachten wir mit großer Sorge. Oftmals nehmen die Betroffenen ihr Essverhalten nicht als krankhaft wahr. Hier ist die Rückmeldung von Eltern und Freunden gefragt“, sagt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der BARMER GEK. Essstörungen gehörten in die Hand eines medizinischen Expertenteams. Neben den psychischen Beeinträchtigungen können sie auch schwerwiegende organische Schäden nach sich ziehen und schlimmstenfalls sogar tödlich enden.

    Unter Magersucht litten im vergangenen Jahr bundesweit 9.627 BARMER GEK-Versicherte und damit 14 Prozent mehr als noch im Jahr 2011 (8.442). Dabei hat es einen Anstieg der Fallzahlen in allen Bundesländern gegeben, vor allem aber in den Bundesländern, die noch relativ wenige Betroffene haben. Am höchsten war die Steigerungsrate in Brandenburg mit knapp 55 Prozent. Die meisten BARMER GEK-Versicherten mit der Diagnose Magersucht hat es im Jahr 2015 in den bevölkerungsstarken Ländern Nordrhein-Westfalen (2.466) und Bayern (1.308) gegeben. „Den vermeintlich niedrigen Fallzahlen zum Trotz ist Magersucht gerade bei Frauen ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Denn die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen“, sagt Marschall. Stress, Leistungsdruck und falsche Vorbilder könnten dazu führen, dass Frauen magersüchtig würden.

    Mehr Infos zu diesem Thema finden sich unter dem Stichwort „Essstörungen“ auf www.barmer-gek.de/a000690

    Pressestelle der BARMER GEK, 28.11.2016

  • Welt-AIDS-Tag 2016

    „HIV/AIDS ist weiterhin ein Gesundheitsrisiko in Deutschland“, das betont Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), anlässlich der neuen RKI-Schätzung zum HIV/AIDS-Geschehen in Deutschland. Demnach lebten Ende 2015 rund 84.700 Menschen in Deutschland mit HIV. Etwa 3.200 Menschen haben sich in Deutschland 2015 neu mit HIV infiziert, die Zahl ist gegenüber den Vorjahren unverändert. „Das ist eine auch im Vergleich zu vielen anderen Staaten positive Nachricht, aber andererseits ist der ausbleibende Rückgang ein Beleg dafür, dass die HIV-Präventionsstrategie der Bundesregierung weiterhin konsequent umgesetzt werden muss“, unterstreicht Wieler.

    Die am stärksten von HIV betroffene Gruppe sind weiterhin Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Von den 3.200 Neuinfektionen im Jahr 2015 erfolgten 2.200 bei MSM, diese Zahl sinkt seit einigen Jahren leicht, 750 wurden auf heterosexuellem Wege übertragen, 250 bei intravenösem Drogenkonsum. Im Jahr 2015 gab es geschätzte 460 Todesfälle bei HIV-Infizierten.

    Von den 84.700 HIV-Infizierten wissen geschätzte 12.600 nichts von ihrer Infektion. Mit Spätdiagnosen sind höhere Sterblichkeit und Behandlungskosten verbunden; zudem kann die Infektion unbeabsichtigt weitergegeben werden. Daher müssen Barrieren für die Testung auf HIV und andere sexuell übertragene Infektionen identifiziert und abgebaut werden. Circa 60.700 HIV-Infizierte werden mit antiviralen Medikamenten behandelt. Daraus lässt sich ableiten, dass fast 11.000 HIV-Infizierte zwar von ihrer Infektion wissen, aber keine Medikamente nehmen. Zugangsbarrieren müssen daher erkannt und beseitigt werden.

    Unter den 84.700 Menschen mit HIV in Deutschland sind etwa 11.750 Personen mit einer Herkunft aus dem Ausland, die sich auch im Ausland mit HIV infiziert haben. Die größte Gruppe sind 6.300 in Afrika erworbene Infektionen, hier dominieren Infektionen über heterosexuelle Kontakte, bei den 2.700 in anderen Ländern Europas erworbenen Infektionen dominieren MSM und intravenös Drogen Gebrauchende, die übrigen Infektionen wurden in Asien, Amerika und Australien erworben.

    Die Empfehlung, Kondome zu verwenden, bleibt Grundpfeiler der HIV-Prävention und hat nichts an Aktualität verloren.

    Die Schätzung der Zahl der HIV-Neuinfektionen erfolgt in jedem Jahr neu. Durch zusätzliche Daten und Informationen sowie Anpassung der Methodik können sich die Ergebnisse der Berechnungen von Jahr zu Jahr verändern und liefern jedes Jahr eine aktualisierte Einschätzung des gesamten bisherigen Verlaufs der Epidemie. Die jeweils angegebenen Zahlenwerte können daher nicht direkt mit früher publizierten Schätzungen verglichen werden. Die geschätzten Neuinfektionen sind nicht zu verwechseln mit den beim RKI gemeldeten Neudiagnosen. Da HIV über viele Jahre keine auffälligen Beschwerden verursacht, kann der Infektionszeitpunkt länger zurückliegen.

    Die neue Schätzung ist im Epidemiologischen Bulletin 45/2016 veröffentlicht, die Eckdaten liegen auch für die einzelnen Bundesländer vor und sind online abrufbar. Weitere Informationen: www.rki.de/hiv

    Pressestelle des Robert Koch-Instituts, 14.11.2016

  • Das Selbstkontrolltraining SKOLL

    Das Selbstkontrolltraining SKOLL

    Sabine Bösing
    Sabine Bösing

    Wer etwas für seinen Rücken tun will, trainiert im Fitnessstudio, wer seine Kondition steigern möchte, geht in eine Laufgruppe. Aber welches Angebot bietet sinnvolle Unterstützung, um besser mit dem eigenen Suchtmittelkonsum oder suchtbezogenen Verhalten umzugehen? Hier hilft das Selbstkontrolltraining SKOLL.

    Seit 2006 wird das vom Caritasverband Osnabrück entwickelte SKOLL-Training von Präventions- und Suchtfachkräften in unterschiedlichen Settings (z. B. Schule und Ausbildung, Jobcenter, Betriebe, JVAen, Bewährungshilfe) bundesweit angewendet. SKOLL schließt eine Angebotslücke für die Menschen, die sich zwischen Absichtslosigkeit und Absichtsbildung befinden (Gastpar, Mann, Rommelsbacher 1999) und sich in einer Gruppe darüber klar werden wollen, ob ihr suchtmittelbezogenes Konsum- und Verhaltensmuster schon problematisch ist. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen (Bruns 2007; Bösing et al. 2012; Görgen, Hartmann 2013) haben die Wirkung dieses Trainings nachgewiesen. Zum Beispiel konnte das Risikoverhalten der Teilnehmenden bei Alkohol im Mittel um bis zu 50 Prozent stabil über mehrere Monate verringert werden. In den letzten zehn Jahren wurden die zahlreichen Erfahrungen der SKOLL-Trainerinnen und -Trainer und die Ergebnisse der Evaluation zur Weiterentwicklung genutzt.

    Dieser Artikel verfolgt das Ziel, die Stärken des Trainingsformats für Fachkräfte in der Suchthilfe und die Teilnehmenden herauszuarbeiten. Eingegangen wird deshalb vor allem auf die Besonderheit des Trainings und die Rolle der Trainerin/des Trainers.

    Ziele des SKOLL-Trainings

    logo-skollDas SKOLL-Selbstkontrolltraining ist ein Programm für den verantwortungsvollen Umgang mit Suchtmitteln und anderen Suchtphänomenen. Es richtet sich an Jugendliche und Erwachsene mit riskantem Konsumverhalten. Die Grundlagen bilden die Prinzipien der Motivierenden Gesprächsführung (Miller & Rollnick 1999), das Selbstmanagement aus dem Bereich der Kognitiven Verhaltenstherapie (Kanfer, Reinecker, Schmelzer 1996), die Grundidee des Empowerments, bewährte psychoedukative Verfahren im Rahmen von Suchtprävention und die interaktionelle Methode zur Steuerung der Gruppendynamik.

    SKOLL umfasst zehn Trainingseinheiten à 90 Minuten im wöchentlichen Rhythmus. Dabei werden die jeweiligen Ziele der Teilnehmenden erfasst, es wird ein individueller Trainingsplan erstellt und das Wahrnehmen von Risikosituationen geübt. Die Teilnehmenden erlernen hilfreiche Gedanken sowie einen gesundheitsförderlichen Umgang mit Stress, Konflikten und Rückschritten. Gemeinsam werden Möglichkeiten der Gestaltung von Beziehungen und Freizeit sowie stabilisierende Rituale erarbeitet.

    Aufbau und Inhalte des Trainings

    „Menschen lassen sich viel eher durch Argumente überzeugen, die sie selbst entdecken, als durch solche, auf die andere kommen.“ (Blaise Pascal) Das Zitat von Blaise Pascal drückt einen wesentlichen Leitgedanken des SKOLL-Programms aus. SKOLL zeichnet sich durch folgende Inhalte und Merkmale aus:

    1.  Es ist ein Training – keine Behandlung oder Therapiegruppe. Krisen, biografische Themen oder gar traumatische Lebenssituationen können hier nicht bearbeitet werden. Das Training ermöglicht den Teilnehmenden, neugierig auf sich selbst zu werden, Angebote zur Bearbeitung ihrer Themen in der Gruppe als hilfreich anzunehmen und sich von anderen inspirieren zu lassen.

    2. Das Training steht allen offen, die in einer Gruppe ihre Konsum- und Verhaltensformen reflektieren wollen. Dabei spielen Alter, Geschlecht, Konsummittel und/oder Verhaltensform keine Rolle. Im Gegenteil, je heterogener die Gruppenzusammensetzung, desto lebendiger die Gruppe und desto stärker die Wirkung für die Einzelne und den Einzelnen. Das verbindende Element ist der Wunsch, einen Umgang mit der problematischen Situation zu finden, die durch den Konsum von Suchtmitteln oder eine Verhaltensform ausgelöst wurde. Die unterschiedlichen Lebensphasen und Lebenserfahrungen der Teilnehmenden offenbaren einen Pool an Ressourcen und Kompetenzen, der das Training bereichert.

    3. Die Durchführung des Trainings basiert auf einem strukturierten Manual. Es gibt so genannte Kernelemente, die sich in allen Trainingsmodulen wiederholen. Diese Kernelemente sind:

    • Trainingsplan: Er wird in der zweiten Trainingseinheit erstellt und ist sehr individuell gestaltet. Zur Festlegung der Ziele werden die SMART-Kriterien (Spezifisch, Messbar, Akzeptabel/Angemessen, Realistisch, Termingebunden) verwendet.
    • Treppe zum Ziel: Sie dient zur Sicherung der Erkenntnisse in den jeweiligen Einheiten. Die Teilnehmenden können auf Arbeitsblättern mit symbolisierten einzelnen Treppenstufen – entsprechend der Module – ihren ganz persönlichen Prozess während des Trainings festhalten.
    • Dokumentation: Sie ist ein wichtiges Hilfeinstrument zur Selbstkontrolle, weil damit die Erreichung des eigenen Vorhabens kontrolliert wird.
    • Situationsanalyse: Mit der Analyse erlebter Situationen können die eigenen Veränderungsmöglichkeiten besser erkannt und Risikosituationen besser gemeistert werden.

    Die Teilnehmenden können mit ihrem Risikoverhalten experimentieren, alternative Verhaltensweisen einüben, neue Erfahrungen sammeln, sich selbst beobachten lernen, alltägliche Situationen analysieren, Gefühle benennen und Gedanken identifizieren – kurz: ihr eigenes Verhalten kritisch wahrnehmen. Durch den Einsatz der Kernelemente in jeder Trainingseinheit kommt es zu einer Verinnerlichung wirksamer Verhaltensänderungen. Damit wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Veränderungen auch im Alltag umgesetzt werden.

    4. Die Teilnehmenden legen ihre Ziele selbst fest. Die Trainerin/der Trainer und die Gruppe begleiten und bestärken die Einzelne/den Einzelnen dabei. Die Arbeit in der Gruppe orientiert sich an den persönlichen Zielen der Teilnehmenden. So kann es z. B. ein legitimes Ziel sein, keinen Ärger mit dem Jobcenter zu haben oder mit der Freundin. Andere kommen mit der Absicht zu überprüfen, ob sich der Alkoholkonsum noch in einem ‚normalen Rahmen‘ befindet. SKOLL hilft bei der Zielerreichung durch ein gesundheitsbezogenes Selbstmanagement und allgemeine Problemlösungsfertigkeiten. Dadurch erhöht sich die Kontrolle über das Risikoverhalten, und die Gesundheit der Teilnehmenden verbessert sich. SKOLL ist deshalb für unterschiedlich motivierte Teilnehmende geeignet und wirksam.

    5. Die Trainerinnen und Trainer werden in einem mehrtägigen Seminar geschult und bei Bedarf begleitet. Zur kontinuierlichen Durchführung des Trainings werden Tandems gebildet. Im Fokus der Trainerschulung stehen die handlungsorientierte Vermittlung der einzelnen SKOLL-Module sowie die Einübung einer akzeptierenden Grundhaltung. Bei der Gestaltung der Trainingseinheiten gibt es ausreichend Raum, um die jeweils eigenen fachlichen Ressourcen und Kompetenzen miteinzubringen.

    Die Rolle der SKOLL-Trainerin/des SKOLL-Trainers

    Hier einige Aussagen von Trainerinnen und Trainern:

    „Für mich war das Schwierigste, mich zurückzunehmen, meine Trainerrolle zu finden, doch dann stellte ich fest, dass der Austausch innerhalb der Gruppe sehr spannend ist und eine große Gruppendynamik entsteht.“
    „Es hat auch was Erfrischendes.“
    „Das Training birgt viel Abwechslung, davon profitieren eigentlich alle.“

    Aufgaben der Trainingsleitung:

    1. Die Trainerinnen bzw. Trainer schreiben die Inhalte und die Struktur des Trainings vor. Sie sind die ‚Impulsgeber‘ für die Teilnehmenden und fördern die Interaktion in der Gruppe. Das Training bezieht seine Stärke aus dieser lebendigen Interaktion. Umso mehr sich die Trainingsleitung auf ihre beobachtende und impulsgebende Rolle zurückzieht, umso mehr kann zwischen den Teilnehmenden geschehen. Dabei sind es oft kleine Erkenntnisgewinne, die große Wirkung entfalten.

    2. Bei Verstößen gegen die Gruppenregeln, die von den Teilnehmenden im Rahmen der Gruppendynamik nicht eigenständig korrigiert werden können, obliegt der Trainerin/dem Trainer die Aufgabe der Intervention.

    3. Um Über- und Unterforderungen zu vermeiden, ist ein offener Blick für die individuellen Ressourcen und Bedürfnisse wichtig, um ggf. durch Aufgabenverteilung eine Ausgewogenheit herzustellen.

    4. Die Trainingsleitung stärkt die positiven Veränderungen und trägt wertfrei die als Teil des Prozesses zu akzeptierende Stagnation bzw. auch Rückschritte mit.

    Die wichtigsten Faktoren für die Gestaltung der Beziehung der Trainerin/des Trainers zu den Teilnehmenden sind Empathie, Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen. Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit der Teilnehmenden werden stets betont. Selbstheilungskräfte, vorhandene Ressourcen, gesunde Verhaltensmuster und Bewältigungsstrategien werden gefördert und genutzt.

    Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die SKOLL-Trainerin/der SKOLL-Trainer ein förderndes Klima für die Teilnehmenden schafft, damit diese selbstbestimmt handeln, eigene Ziele festlegen und eine eigene Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen treffen können. Jede/jeder trainiert die eigenen Stärken und Fähigkeiten, um wieder die Macht zu spüren, die eigene Geschichte beeinflussen zu können.

    Die SKOLL-Fachkräfte verstehen sich als ‚Verbündete‘ der Teilnehmenden, ohne vorzugeben, die richtige Methode, die zum Ziel führt, zu kennen. Für die erfolgreiche Implementierung von Trainings in den unterschiedlichen Institutionen ist es notwendig, dass diese Haltung nicht nur von den Trainerinnen und Trainern getragen wird, sondern auch von der dortigen Leitung und dem Team.

    Die Verbreitung von SKOLL

    Der Transfer des Trainings erfolgte bisher durch die Etablierung in seinem ursprünglichen Kontext der Suchthilfe und erfuhr dann eine Ausweitung in weitere Bereiche wie z. B. Schulen, Job-Center und die Wohnungslosenhilfe. Unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Qualitätssicherung wurden erfahrene SKOLL-Trainerinnen und -Trainer zu SKOLL-Lehrtrainerinnen und -Lehrtrainern geschult. So können bundesweite Schulungen angeboten werden. Die Lehrtrainerinnen und -trainer  erfüllen das notwendige Qualifikationsprofil, um das evidenzbasierte Manual, die in der Fläche nachgewiesenen Wirkfaktoren und die daraus erstellten Qualitätsstandards weiterzuvermitteln.

    logo-skoll-spezialEine Weiterentwicklung des bewährten SKOLL-Konzepts stellt SKOLL-SPEZIAL dar. SKOLL-SPEZIAL ist ein Angebot für Menschen, die sich gezielt mit Alkohol und Nikotin auseinandersetzen möchten. Das Training wurde von der Zentralen Prüfstelle Prävention der GKV als Maßnahme nach § 20 SGB V anerkannt. Die Kosten für die Teilnahme können bei den Krankenkassen abgerechnet werden.

    Die letzte wissenschaftliche Untersuchung (Görgen, Hartmann 2013) zeigte, dass SKOLL nicht nur als Intervention bei Menschen mit substanz- und verhaltensbezogenen Problemlagen Nutzen bringt. Auch die Fachkräfte selbst – aus der Sucht- und Drogenhilfe, aber auch aus angrenzenden Arbeitsfeldern – profitieren von der Ausbildung zu SKOLL-Trainerinnen und -trainern. Die Ausbildung enthält hohe Anteile selbstreflexiver Elemente, die geeignet sind, das eigene Selbstverständnis, die verfolgten Ziele und angewendeten Methoden zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.

    So gilt es, SKOLL-Trainings in den unterschiedlichen Settings weiter zu implementieren, mehr motivierte Trainerinnen und Trainer zu finden und das SKOLL-Programm damit zu einem flächendeckenden, entstigmatisierenden Angebot in der Suchtprävention und Frühintervention zu machen.

    SKOLL und SKOLL-SPEZIAL wurden entwickelt vom Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V. Weitere Informationen zum Training und zu Schulungen sind unter www.skoll.de zu finden.

    Kontakt:

    Sabine Bösing, Berlin
    s.boesing@gmx.net

    Angaben zur Autorin:

    Sabine Bösing ist Diplom-Sozialpädagogin, Suchttherapeutin (DRV-anerkannt), systemische Coachin und Beraterin für Organisationsentwicklung/Changemanagementprozesse. Sie hat langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Umsetzung von Landes- und Bundesprogrammen zur Prävention und Gesundheitsförderung und war Bundesmodellkoordinatorin von SKOLL. Heute ist sie als Referentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband tätig und als freie Trainerin und Ausbilderin für SKOLL, SKOLL-SPEZIAL und zum Thema Empowerment.

    Literatur:
    • Bösing, S., Kliche, T., Tönsing, C. (2012): Transfer und Evaluation des SKOLL-Selbstkontrolltrainings in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von Wirksamkeit, Umsetzung und Versorgungsaspekten, insbesondere im ländlichen Raum (Abschlussbericht 2012, Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V.).
    • Bruns, B. (2007): SKOLL – SelbstKOntroLL-Training. Eine Studie zur Effektivität des Frühinterventionsmodells bei substanz- und verhaltensbezogenen Störungen im Auftrag des Deutsch-Niederländischen Suchthilfeverbundes. Fachhochschule Norddeutschland, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Osnabrück.
    • Gastpar, M. H., Mann, K. H., Rommelspacher, H. H. (1999): Lehrbuch der Suchterkrankungen. Stuttgart, New York.
    • Görgen, W., Hartmann, R. (2013): Befragungen im Rahmen einer nachhaltigen Qualitätssicherung des SKOLL-Selbstkontrolltrainings im Zusammenhang seiner flächendeckenden Umsetzung. FOGS, Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich, Köln.
    • Kanfer, F. H., Reinecker, H., Schmelzer, D. (1996): Selbstmangement-Therapie. Ein Lehrbuch für die klinische Praxis. Berlin.
    • Kliche, T., Boye, J., Griebenow, B., Richter, S. (2009): Bundesmodellprojekt SKOLL: Evaluation eines übergreifenden Trainingsprogramms bei riskantem Konsum von Suchtmitteln. Erste Befunde zur Umsetzung aus der Nutzerbefragung 2008-09. Unveröffentlichtes Manuskript.
    • Miller, W., Rollnick, S. (1999): Motivierende Gesprächsführung. Ein Konzept zur Beratung von Menschen mit Suchtproblemen. Freiburg.
    • Petermann, M. (2010): Möglichkeiten und Grenzen von Selbstmanagement im Rahmen ambulanter Suchtberatung und -behandlung unter besonderer Berücksichtigung des Selbstkontrolltrainings (SKOLL). Diplomarbeit an der Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienakademie Breitenbrunn.
  • Janis’ Welt

    CHROMA e. V., Verein zur Förderung von chronisch mehrfach beeinträchtigten Alkoholabhängigen, Wartenberg 2013, 84 Seiten, ISBN 978-3-00-043111-1, 15,00 €, Online-Bestellung unter https://kunsthandwerk-wartenberg.de/janis-welt/9-janis-welt.html

    janis-cover2„Janis Welt“ ist ein Handbuch für Kinder und Jugendliche, die mit suchtkranken Eltern aufwachsen müssen, für betroffene Familien sowie Selbsthilfegruppen. Gleichzeitig stellt es ein griffiges Arbeitsmaterial für Lehrer/innen, Schulsozialarbeiter/innen, Erzieher/innen, Erziehungs- und Suchtberatungsstellen, Jugendämter und Familienhelfer/innen dar. Es kann auch in Wartezimmern von Haus- und Kinderärzten sowie von Therapeuten ausgelegt oder in Psychiatrien und Rehakliniken eingesetzt werden.

    Der Comic handelt von den täglichen Herausforderungen, die entstehen, wenn ein Elternteil in der Familie schon zu lange und zu viel Alkohol trinkt. Dabei sind die Situationen, die Janis bewältigen muss, keine Seltenheit. Sie lassen sich in vielen Familien beobachten. In jeder Klasse gibt es Kinder, denen es so geht wie Janis. Das Buch schildert ihr tägliches inneres und äußeres Chaos mit allen systemischen Verwicklungen. Es dient der Resilienzförderung, gibt gebündelt notwendiges Wissen zum Verständnis an die Hand und beschreibt Ausstiegswege für die betroffenen Kinder und Familien.

    Über Alkoholabhängigkeit wird – im Gegensatz zu anderen Krankheiten – nicht offen geredet. Das führt zu Stress, gegen den niemand in der Familie gewappnet ist. Mit dem Comic wollen die Herausgeber eine Möglichkeit schaffen, sich über dieses Thema umfassend zu informieren.

    • Weil Wissen Durchblick verschafft, und Durchblick hilft, Angst abzubauen.
    • Wenn ich keine Angst habe, ist mein Hirn nicht blockiert.
    • Ist mein Hirn nicht blockiert, stehen mir meine eigenen Fähigkeiten und Stärken uneingeschränkt zur Verfügung. So kann ich schwierigere Situationen leichter bewältigen.
    • Diese Erfahrung stärkt mein Selbstvertrauen, so bleibe ich selbst stark.

    Erhältlich bei:
    CHROMA e. V.
    Verein zur Förderung von chronisch mehrfach beeinträchtigten Alkoholabhängigen
    Am Kleinfeld 10
    85456 Wartenberg
    Tel. 08762/73895·0
    info@chroma-verein.de
    oder unter: https://kunsthandwerk-wartenberg.de/janis-welt/9-janis-welt.htmlh

  • S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen

    Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2016, 210 Seiten, 34,99 €, ISBN 978-3-662-47085-5, auch als E-Book erhältlich

    9783662470855-x444Das Buch liefert detaillierte Leitlinien, wie Alkoholprobleme früh erkannt und optimal behandelt werden können. Es richtet sich an Ärzte und Psychologen in Praxis und Klinik, Mitarbeiter in Beratungsstellen sowie Betroffene und ihre Angehörigen. Über vier Jahre trugen Praktiker und Forscher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in einem aufwendigen Diskussionsprozess das aktuelle Wissen systematisch zusammen und leiteten daraus konkrete Empfehlungen ab. Bisher finden nur circa zehn bis zwanzig Prozent der Betroffenen den Weg in eine Behandlung. Die neuen Leitlinien bieten erstmals die Chance, mehr Betroffene in das komplexe Hilfesystem zu integrieren. Eine gezielte und rasche Hilfe erfolgt somit auf der Basis der besten verfügbaren Evidenz.

  • „Crystalscherben“

    Microsoft PowerPoint - Präsentation1Am 29.11.2016 findet um 19:30 Uhr im CinemaxX Wuppertal (Bundesallee 250) die Premiere des Dokumentarfilms „Crystalscherben“ über den Konsum von Crystal Meth und die Folgen statt. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei. Der Film ist im Rahmen des Medienprojekts Wuppertal entstanden.

    Das Bedürfnis, ein Bilderbuchfamilienleben zu führen, Karriere zu machen und gleichzeitig dauerhaft gut gelaunt zu sein, ist groß. Wer das nicht schafft, hat das Gefühl, unfähig zu sein. Die scheinbare Lösung für ein perfektes Funktionieren: Crystal Meth.

    In der Dokumentation „Crystalscherben“ werden von Methamphetamin abhängige Menschen porträtiert. Der Film zeigt ihrem Umgang mit den Folgen des Drogenkonsums. Crystal scheint ihr Leben ‚einfacher‘ und das eigene Ich ‚besser‘ zu machen. Es wirkt euphorisierend, hemmt das Schlafbedürfnis und das Hungergefühl, steigert den Tatendrang und führt dazu, dass alltägliche und mühsame Aufgaben mit Freude und Elan erledigt werden. Vom gestressten Workaholic über die überforderte Alleinerziehende bis hin zum rauschaffinen Partygänger zeigt der Film Menschen, die dachten, alles im Griff zu haben. Doch bereits nach kurzer Zeit befinden sie sich in einer Suchtspirale: Ohne die Droge fühlen sie sich unkonzentriert, müde, abgeschlagen und depressiv. Nur der erneute Konsum schafft schnelle Abhilfe.

    Der regelmäßige Missbrauch hat jedoch schwerwiegende Folgen: Die jungen Erwachsenen berichten von massiven psychischen Beeinträchtigungen wie Verfolgungswahn und Psychosen, dem Verlust des Führerscheins, dem Sorgerechtsentzug für die Kinder und dem Abrutschen in die (Beschaffungs-)Kriminalität. So unterschiedlich die Folgen für die Porträtierten sind, hegen sie doch alle den gleichen Wunsch: sich von Crystal Meth loszusagen.

    Der Film begleitet Betroffene während und nach der stationären Therapie, denn ohne professionelle Hilfe ist ein Wegkommen von der Droge kaum zu schaffen. Inwiefern das gelingt, zeigt sich jedoch erst, wenn sie den geschützten Rahmen der Klinik verlassen und ihren Alltag selbstständig meistern müssen. Schnell lernen die Protagonist/innen: Die Voraussetzung für ein Leben ohne Crystal ist die Einsicht, dass es ein perfektes Leben nicht gibt.

    Angaben zum Film:
    Kaufpreis 32,00 €, Ausleihe 12,00 €, Preis V & Ö 60,00 €
    60 Min. (plus 150 Min. Bonus), freigegeben ab 12 Jahren
    lieferbar ab dem 30.11.2016
    Weitere Informationen zu Kauf, Ausleihe und Lizenzarten

    Medienprojekt Wuppertal, 17.11.2016