In Deutschland leben ca. zehn bis 15 Millionen ‚Angehörige‘, d. h. Ehepartner, Partner, Eltern, Kinder oder Freunde, von Menschen, die zu viel Alkohol trinken. Angehörige sorgen sich, sie wollen helfen, wissen aber häufig nicht wie. Sie ‚funktionieren‘ im Alltag. Sie leiden unter dem Alkoholkonsum und den Wesensveränderungen der Betroffenen, die damit einhergehen. Kränkungen, Enttäuschungen, Wut und Trauer sind nur einige der Gefühle, mit denen sie tagtäglich umgehen müssen.
Das Suchthilfesystem in Deutschland hält trotz einiger vielversprechender Ansätze zu wenige Angebote für Angehörige bereit. Für diese Arbeit werden kaum finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Dazu kommt, dass Angehörige zeitweilig als lästig, als hinderlich in der Beratung oder Therapie des Betroffenen erlebt werden. Sie machen es den Helfern nicht leichter, sind anstrengend, wollen, dass man sich auch um sie kümmert. Diese 37-seitige Broschüre möchte Fachkräfte und Interessierte in ihrer Arbeit mit diesen Menschen unterstützen. Zugleich ist sie vor allem für die Angehörigen selbst geschrieben. Sie soll informieren und helfen, eigene Gefühle und Reaktionen besser zu verstehen, und Möglichkeiten aufzeigen, einen gesunden Umgang mit dem Trinkenden zu finden.
Die Broschüre ist klar und einfach geschrieben. Sie eignet sich als Informationsmaterial für Beratungsstellen, Kliniken, Ärzte, Betroffene, Selbsthilfegruppen und Ehrenamtliche.
Zur Broschüre:
Im Schatten der Flasche. Eine Broschüre für Angehörige von Menschen mit Alkoholproblemen
Text von Michaela Kirmes und Roger Kussek
Copyright: Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement (ZTK) GmbH, Köln
Einzelexemplare können gegen Zusendung von 4 x 70c Briefmarken bestellt werden über: Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement (ZTK) GmbH, Clemensstr. 5–7, 50676 Köln. Senden Sie die Marken mit dem Stichwort: „Angehörigenbroschüre Sucht“ und der Empfängeradresse an das ZTK. Größere Mengen können online bestellt werden unter: http://www.ztk-koeln.de/info-broschueren/broschuere-im-schatten-der-flasche/
Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement (ZTK), 07.09.2016
Mit einer neuen Online-Zeitschrift erweitert das Robert Koch-Institut (RKI) seine Publikationstätigkeit zu Gesundheit in Deutschland. Das am 28.09.2016 erstmals herausgegebene „Journal of Health Monitoring“ erscheint vierteljährlich in deutscher und englischer Sprache. Die Beiträge für das Fach-Journal unterliegen einem Gutachter-Verfahren und sind über die RKI-Internetseite http://www.rki.de/journalhealthmonitoring frei zugänglich.
In der ersten Ausgabe des „Journal of Health Monitoring“ geht es um gesundheitsschädlichen Alkoholkonsum. Dieser zählt zu den fünf wesentlichen Risikofaktoren für Krankheiten und Beeinträchtigungen und gilt als mitverursachend für mehr als 200 Krankheiten. Die Daten der Gesundheitsstudien des RKI ermöglichen es, den zeitlichen Verlauf riskanten Alkoholkonsums auszuwerten. Die Trends sind Thema eines umfassenden Beitrags im neuen Journal. Zudem wird in drei Faktenblättern auf Alkoholvergiftungen, Unfälle und Sterblichkeit durch Alkohol eingegangen.
Die Themen der neuen Fachzeitschrift umfassen alle Bereiche der Gesundheit der Bevölkerung (Public Health), körperliche und psychische Gesundheit, Gesundheitsverhalten, Risikofaktoren und Schutzfaktoren sowie die medizinische und pflegerische Versorgung. Einige der bisherigen Veröffentlichungsformate der Gesundheitsberichterstattung (GBE) gehen im neuen Journal auf, unter anderem die Online-Reihe „GBE kompakt“. Umfassende Berichte der GBE wird es aber weiterhin geben. Ergänzt werden die GBE-Publikationen durch das Informationssystem der GBE, einer Online-Datenbank, die vom Statistischen Bundesamt gepflegt wird.
Wichtigste Basis der Gesundheitsberichterstattung sind die umfassenden Studien des RKI-Gesundheitsmonitorings, mit dem die gesundheitliche Lage der Bevölkerung kontinuierlich untersucht und ausgewertet wird: die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS), die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) und „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA). Die RKI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werten auch amtliche Statistiken, epidemiologische Register und Routinedaten der Sozialversicherungsträger aus.
Die Abteilung im RKI, die Gesundheitsmonitoring und Gesundheitsberichterstattung durchführt, wurde kürzlich mit der Salomon-Neumann-Medaille 2016 ausgezeichnet. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) verleiht diesen Preis für besondere Verdienste um die Präventiv- und Sozialmedizin
Pressestelle des Robert Koch-Instituts, 28.09.2016
Seit 2004 untersucht die contec GmbH, Management- und Unternehmensberatung in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, gemeinsam mit Prof. Dr. Gabriele Moos, Leiterin des Studiengangs Gesundheits- und Sozialwirtschaft am RheinAhrCampus in Remagen, im Zwei-Jahres-Rhythmus die Vergütungssituation in der Sozialwirtschaft. Die wissenschaftliche Auswertung der Daten wird durch das IEGUS Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft vorgenommen.
Für die Mitarbeiterbindung ist und bleibt die Vergütung ein zentraler Faktor, deshalb geht die Vergütungsstudie 2016 bereits in die siebte Runde. Der Fokus liegt in diesem Jahr auf der Zielgruppe des Top-Managements – Vorstände, Geschäftsführer/innen, Prokurist/innen sowie Gesellschafter/innen im eigenen Unternehmen. Wie schon in den Jahren davor geht es darum, einen aktuellen Überblick über die Struktur und Höhe der Vergütung für die Führungspositionen in verschiedenen Teilbranchen der Sozialwirtschaft zu geben. Gegenüber den Vorjahren wurden einige wichtige Änderungen an der Konzeption der Studie vorgenommen. Neben der neuen Zielgruppe des Top-Managements geht es um:
zusätzliche Gehaltsvergleiche durch die Möglichkeit der Angabe von Mehrfachfunktionen (z. B. in Tochterunternehmen), die somit einen ausdifferenzierten Vergleich der Vergütung auf allen Ebenen bietet,
eine detaillierte Analyse der Zusammensetzung von Vergütungsbestandteilen, denn mehr Transparenz über die Bestimmungsfaktoren der Gehaltshöhe ist gerade auf der oberen Führungsebene dringend erforderlich.
Vergleichen Sie Ihre aktuelle Vergütungssituation und füllen Sie dafür den Fragebogen vollständig bis spätestens 15.11.2016 aus. Die Beantwortung der Fragen nimmt etwa zehn bis 15 Minuten in Anspruch. Die Befragung läuft online. Link zum Fragebogen: http://contec.de/umfragen/index.php?sid=99671
Wenn Sie Ihre E-Mail-Adresse angeben, erhalten Sie für Ihre Teilnahme kostenlos die Studienergebnisse. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht mit Ihren Daten gespeichert, sodass Ihre Anonymität gewahrt wird.
Mit dem vorliegenden Beitrag werden die aktuellen Entwicklungen der Anträge und Bewilligungen sowie die Änderungen in der Statistik im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung dargestellt. Zunächst wird der Verlauf der Antrags- und Bewilligungszahlen für die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker in den letzten zehn Jahren betrachtet. Diese Daten für den Bereich der gesamten Rentenversicherung stammen aus der Antrags- und Erledigungsstatistik gemäß § 3 RSVwV (Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Statistik in der Rentenversicherung).
Entwicklungen von 2005 bis 2014
Die Statistik zeigt, dass die Antragszahlen in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker für den Bereich der gesamten Rentenversicherung bis zum Jahr 2007 gestiegen sind und seitdem kontinuierlich zurückgehen. Ausgenommen hiervon ist das Jahr 2009 (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1
Diese Situation spiegelt sich vergleichbar bei den Bewilligungen wider. Hier ist eine Steigerung der Bewilligungen bis zum Jahr 2009 zu sehen und seitdem ein kontinuierlicher Rückgang bis zum Jahr 2013 zu verzeichnen. Im Jahr 2014 steigen die Bewilligungen wieder leicht an (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2
Die möglichen Gründe für den seit Jahren zu verzeichnenden Antragsrückgang sind ausführlich in Gesprächen zwischen der Rentenversicherung und den Suchtfachverbänden sowie in der aus Suchtfachverbänden und Vertretern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gebildeten gemeinsamen Unterarbeitsgruppe „Frühzeitiger und nahtloser Zugang“ erörtert worden. Im Ergebnis wird angenommen, dass nicht ein Grund allein, sondern eine Reihe von Gründen zusammen den Rückgang der Antragszahlen bewirkt. Einen Grund für den Rückgang der Antragszahlen im Bereich der Rentenversicherung stellt beispielsweise die zum 1. Januar 2011 erfolgte Aufhebung der Versicherungspflicht für Arbeitslosengeld-II-Bezieher in der Rentenversicherung dar.
Wie sehen die aktuellen Zahlen aus?
Gehen die Anträge seit 2014 weiter zurück? Die Beantwortung dieser Fragen ist durch statistische Änderungen erschwert. Zum 1. Januar 2015 ist die Statistik von Rehabilitationsanträgen dahingehend geändert worden, dass nur noch Hauptleistungen dargestellt werden. Nachsorgeleistungen und Adaptionen werden nur nachrichtlich ausgewiesen. Das bedeutet, dass die Darstellung in separaten Tabellen erfolgt, da es sich bei Adaptionen und Nachsorgeleistungen um Folgeleistungen zu einer Hauptleistung handelt. Ebenso sind Kombinationsbehandlungen und andere Mischfälle (ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit und ohne Verkürzung der vorherigen Phase oder ganztägig ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit Verkürzung der vorherigen stationären Phase) betroffen. Für die Antragsstatistik zählt damit künftig nur noch der Antrag für die erste Phase der Kombinationsbehandlung bzw. des Mischfalles.
Die Vorteile der statistischen Änderungen sind u. a., dass konsequent zwischen Haupt- und Folgeleistungen unterschieden wird und die statistische Behandlung aller Folgeleistungen einheitlich erfolgt.
Gleichwohl ergibt sich ein Bruch in der Zeitreihenkontinuität der Auswertungsergebnisse der Reha-Antragsstatistik der DRV. Die Mengengerüste der Hauptleistungen der Entwöhnungsbehandlungen vor und nach der Umstellung sind systematisch deshalb nicht vergleichbar. Dies soll zunächst anhand der Daten zu den Bewilligungen für die Jahre 2014 und 2015 verdeutlicht werden.
Im Jahr 2014 wurden unter Berücksichtigung von Suchtnachsorgeleistungen und Adaptionen in der gesamten Rentenversicherung 81.710 Anträge in der Indikation der Abhängigkeitserkrankungen bewilligt. Für das Jahr 2015 werden ohne die Berücksichtigung von Folge- bzw. Teilleistungen 59.057 bewilligte Anträge ausgewiesen. Adaptionsleistungen wurden im Jahr 2015 im Umfang von 4.917 Leistungen bewilligt, Suchtnachsorgeleistungen im Umfang von 15.816. Unter Berücksichtigung von Suchtnachsorgeleistungen und Adaptionen würde sich somit eine Gesamtanzahl von Bewilligungen in Höhe von 79.790 ergeben. Hieraus berechnet sich ein Rückgang bei den Bewilligungen von rund einem Prozent. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass nunmehr die einzelnen Phasen von Kombinationsleistungen nicht mehr statistisch zählen. Das bedeutet, dass sich der Rückgang der Bewilligungen weiter abschwächen würde. Da die Anzahl aller Kombinationsphasen, die bisher mehrfach gezählt wurden, nicht erfasst werden kann, lässt sich eine genauere Aussage zum Rückgang der Bewilligungen in 2015 leider nicht treffen.
Letztlich führen die statistischen Änderungen zu einer besseren Vergleichbarkeit und Transparenz der Daten in der Rentenversicherung. Gleichwohl muss in Kauf genommen werden, dass ein Vergleich der Daten aus 2014 (vor der Änderung) mit Daten aus 2015 (nach der Änderung) nicht, beziehungsweise nur eingeschränkt möglich ist.
Vergleichbar miteinander sind jedoch wieder die Jahre 2015 und 2016. In Tabelle 1 wird jeweils das erste Halbjahr dargestellt.
Tabelle 1
Die Daten zeigen, dass sich der Antragsrückgang leider weiter fortsetzt. Dagegen ist bei den Bewilligungszahlen der Rückgang geringer ausgeprägt. Es bleibt uns allen zu wünschen, dass die Ergebnisse der gemeinsamen Unterarbeitsgruppe in den nächsten Jahren Wirkung zeigen und auch dazu führen werden, den Abwärtstrend bei den Anträgen zu stoppen.
Abschließend der Hinweis, dass für Daten aus der Rentenversicherung ein neues Portal eingerichtet wurde. Jeder kann Zahlen unter https://statistik-rente.de erhalten. Für die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker sind Daten zu den abgeschlossenen Entwöhnungsbehandlungen seit 2010 enthalten. Schauen Sie doch mal rein!
Hinweis zur Bedienung des Statistikportals:
https://statistik-rente.de > Rehabilitation > Medizinische Rehabilitation > Entwöhnungsbehandlungen für Erwachsene > Link zum interaktiven Bericht. Klicken Sie im interaktiven Bericht mit der rechten Maustaste auf den Datenbereich der Tabelle. Im DropDown-Menü können Sie dann eine Aktion auswählen (z. B. Filtern nach Berichtsjahr).
Kontakt und Angaben zu den Autoren:
Barbara Müller-Simon
Deutsche Rentenversicherung Bund
Rehabilitationsrecht (0450)
im Geschäftsbereich Sozialmedizin und Rehabilitation
Ruhrstraße 2
10709 Berlin
Tel. 030/865-39362 barbara.mueller-simon@drv-bund.de
Problematischer Suchtmittelkonsum (riskanter Konsum, schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit) macht vor somatischen und psychosomatischen Rehabilitationseinrichtungen nicht Halt. Er fällt dort aber eher selten auf, und es bestehen Unsicherheiten, wie damit umgegangen werden soll. Dabei bietet die Rehabilitation gute Voraussetzungen für die Diagnostik möglicher Suchtprobleme sowie für Beratung und ggf. Vorbereitung einer weiterführenden Behandlung. Konkrete Empfehlungen für das Vorgehen in der Praxis liegen nun in Form der Broschüre „Praxisempfehlungen zum Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation“ vor. Sie beschreiben einen mehrstufigen Prozess für Screening und Diagnostik, der gut in die Klinikabläufe integriert werden kann, und zielen auch auf die Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen ab.
Entstehung der Praxisempfehlungen
Die Praxisempfehlungen für komorbide Suchtprobleme sind als Folgeprojekt nach ersten Praxisempfehlungen für psychologische Interventionen in der Rehabilitation bei chronischen Rückenschmerzen und koronarer Herzerkrankung entstanden. Die DRV Bund verbindet mit der Förderung dieses Projekts den Wunsch, die im Zusammenhang mit Suchterkrankungen in somatischen und psychosomatischen Reha-Einrichtungen bestehenden Unsicherheiten und Schwierigkeiten zu thematisieren. Es werden einfache Maßnahmen aufgezeigt, die den Mitarbeiter/innen in den Einrichtungen als evidenzbasierte Entscheidungshilfe bei Screening, Diagnostik, Intervention und Dokumentation dienen. Sie sollen die Rehabilitationseinrichtungen dabei unterstützen, bei diagnostischen und therapeutischen Interventionen eine klare Vorgehensweise, einen effizienten Personaleinsatz, eine gute Wirksamkeit sowie eine hohe Zufriedenheit bei Patient/innen und Mitarbeiter/innen zu erreichen.
Entwickelt wurden die Empfehlungen von einer multiprofessionellen Expertengruppe im Rahmen des Projektes „Praxisempfehlungen zum Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation“ am Institut für Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS) des Universitätsklinikums Freiburg. Das Projekt wurde von der Deutschen Rentenversicherung Bund von 2014 bis 2016 gefördert und ist nun mit der Vorlage der Ergebnisse abgeschlossen. Die Praxisempfehlungen liegen als Kurz- und Langfassung vor und werden durch einen Materialband ergänzt. Alle Dokumente stehen als PDF-Dateien auf der Homepage des AQMS www.severa-fr.de > Praxisempfehlungen zum Download zur Verfügung.
Inhalt und Aufbau
Die Praxisempfehlungen richten sich an alle Mitarbeiter/innen in somatischen und psychosomatischen Rehabilitationseinrichtungen für Erwachsene, die nicht auf Abhängigkeitserkrankungen spezialisiert sind, und sollen dazu beitragen, die Handlungssicherheit zu erhöhen. Dies steht auch im Einklang mit der aktuellen S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen“, die eine systematische Erhöhung des Problembewusstseins in allen Versorgungsbereichen, den Ausbau von Konsil- und Liaisondiensten sowie die Intensivierung von Maßnahmen zur Früherkennung fordert.
Die Praxisempfehlungen beziehen sich auf alle stoffgebundenen Suchtprobleme (Alkohol, Medikamente und illegale Drogen) mit Ausnahme von Tabak. Sie wurden in mehreren Schritten entwickelt. Neben einer umfassenden, systematischen Recherche nach relevanten Übersichtsarbeiten und Leitlinien wurden bundesweit stationäre Reha-Einrichtungen aller Indikationsbereiche (mit Ausnahme von Fachkliniken für Abhängigkeitserkrankungen) zur gegenwärtigen Praxis ihres Umgangs mit dem Thema befragt. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde im Rahmen eines Expertenworkshops eine Konsultationsfassung der Praxisempfehlungen formuliert, die schließlich mit der Bitte um Kommentierung an die ärztlichen Leitungen von stationären und ambulanten Reha-Einrichtungen (mit Ausnahme von Fachkliniken für Abhängigkeitserkrankungen und reinen Kinder- und Jugendlichen-Einrichtungen) verschickt wurde. Außerdem wurde im Rahmen von Fokusgruppen mit Rehabilitand/innen über zentrale Aspekte der Praxisempfehlungen diskutiert. Die Anmerkungen und Kommentare wurden ausgewertet und bei der abschließenden Konsentierung der Praxisempfehlungen durch die Experten berücksichtigt.
Die Praxisempfehlungen gliedern sich in drei Teile A, B und C:
Teil A umfasst allgemeine Vorbemerkungen.
Teil B enthält allgemeine Informationen zu diagnostischen Kriterien, Definitionen zu risikoarmem und riskantem Konsum, Informationen zu den verschiedenen Suchtstoffen und dem Suchthilfesystem.
Teil C ist der eigentliche Empfehlungsteil. Er enthält Empfehlungen zu Einrichtungsstandards, zu Screening und Diagnostik, möglichen Interventionen und zur Dokumentation sowie Empfehlungen zu Sondersituationen. Grundtenor der Empfehlungen zu möglichen Interventionen ist, dass hier realistische Ziele gesetzt werden sollten. Ziel ist nicht die eigenständige Behandlung der Suchtproblematik in nicht-spezialisierten Einrichtungen. Im Rahmen der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation geht es vielmehr um die Bewusstmachung der Problematik bei den betroffenen Rehabilitand/innen, die Vermittlung von Informationen über Risiken und die Motivierung für weiterführende Maßnahmen. In Einrichtungen der psychosomatischen Rehabilitation kann bei entsprechender personeller Ausstattung auch eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Suchtproblematik erfolgen. Dabei ist eine Fortführung der psychosomatischen Rehabilitation bei gesicherter Diagnose einer substanzbezogenen Störung denkbar. Wenn Rehabilitationsfähigkeit besteht und die Rehabilitationsziele zumindest teilweise erreichbar sind, kann die Rehabilitationsmaßnahme – ggf. unter Auflagen – fortgeführt und die Zeit für eine weitere Motivierung der Rehabilitand/innen, ihre Suchtproblematik behandeln zu lassen, genutzt werden.
Ausblick
Es ist zu hoffen, dass somatische und psychosomatische Rehabilitand/innen mit komorbiden Suchtproblemen zukünftig eher auf ihre Suchtproblematik angesprochen werden und weitere diagnostische und therapeutische Schritte eingeleitet werden können. Dies kann auch die konkrete Zusammenarbeit mit Suchtberatungsstellen und ambulanten und stationären Entwöhnungseinrichtungen verbessern und den Zugang in die Suchtrehabilitation erleichtern. Entwöhnungseinrichtungen können die Broschüre aktiv nutzen, um die Kooperation mit somatischen und psychosomatischen Reha-Einrichtungen zu verbessern.
Die Langfassung der Praxisempfehlungen steht auch als Broschüre der DRV Bund zur Verfügung und kann bei Bedarf zugeschickt werden bzw. unter dem oben angegebenen Link heruntergeladen werden.
Kontakt und Angaben zum Autor:
Dr. med. Joachim Köhler
Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Sozialmedizin, Magister Public Health
Deutsche Rentenversicherung Bund
Geschäftsbereich Sozialmedizin und Rehabilitation
Referat 0441 Grundsatzaufgaben der Sozialmedizin
R 6207
Ruhrstr. 2
10709 Berlin
Tel. 030/865-35751 drmed.joachim.koehler@drv-bund.de
Laut der Deutschen Suchthilfestatistik (Jahresbericht 2014) werden nur 19,5 Prozent der Alkoholabhängigen, die eine stationäre Behandlung in Anspruch nehmen, und nur 8,6 Prozent der stationär behandelten Opiatabhängigen durch eine Krankenhausabteilung in die Suchtrehabilitation vermittelt. Grund genug für die Suchtfachverbände, die Deutsche Rentenversicherung (DRV) und die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), gemeinsam über die Verbesserung des Zugangs in die Suchtrehabilitation aus dem Qualifizierten Entzug zu beraten.
Als Ergebnis wurden gemeinsame Handlungsempfehlungen für ein Direktverlegungs- bzw. „Nahtlosverfahren“ abgestimmt, um zukünftig Drehtüreffekte möglichst zu vermeiden und die Nichtantrittsquote zu reduzieren. Bei diesem Verfahren spielen insbesondere die Krankenhäuser eine wichtige Rolle. Nur bei rechtzeitiger Einleitung durch die Ärzte und den Sozialdienst des Krankenhauses einschließlich der Organisation der nahtlosen Weiterbehandlung in Kooperation mit der voraussichtlich aufnehmenden Entwöhnungseinrichtung und den Rehabilitationsträgern kann das Nahtlosverfahren in der Praxis funktionieren.
Deshalb haben DRV und GKV in einem weiteren Schritt Rahmenempfehlungen für die Verbesserung des Zugangs nach Qualifiziertem Entzug in die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker („Nahtlosverfahren Qualifizierter Entzug/Suchtrehabilitation“) erarbeitet, die derzeit im Entwurf vorliegen.
Im Fokus der Rahmenempfehlungen steht die Umsetzung eines Nahtlosverfahrens auf regionaler Ebene. Hierfür werden grundsätzliche Aussagen und Definitionen festgelegt:
Geltungsbereich
Definition Qualifizierter Entzug einschließlich Aussagen zur Verweildauer im Krankenhaus
Voraussetzungen für teilnehmende Krankenhäuser
Einleitung und Beantragung der Suchtrehabilitation (Entwöhnungsbehandlung)
Leistungszuständigkeit
kurzfristige Bearbeitung des Antrags durch die Rehabilitationsträger
Verlegung in die Rehabilitationseinrichtung durch begleitete Anreise
‚Herzstück‘ der Rahmenempfehlungen bildet die begleitete Verlegung vom Krankenhaus in die Entwöhnungseinrichtung, d. h., die Patientin/der Patient wird von einer Mitarbeiterin/einem Mitarbeiter der Entwöhnungseinrichtung oder einer Suchtberatungsstelle bei der Anreise begleitet.
DRV und GKV haben mit den Suchtfachverbänden in einer gemeinsamen Erörterung am 07.09.2016 den vorliegenden Entwurf der Rahmenempfehlungen beraten. Die Verbände unterstützen das geplante Nahtlosverfahren. Ihre Anregungen und Kritikpunkte wurden weitestgehend in die Rahmenempfehlungen aufgenommen. Die Beteiligung weiterer Organisationen wie Fachgesellschaften, Krankenhausärzte, Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und Aktion Psychisch Kranke ist auf der Grundlage der aktualisierten Entwurfsfassung kurzfristig vorgesehen.
Nach Verabschiedung der Rahmenempfehlungen, voraussichtlich Anfang 2017, beginnt erst die eigentliche Arbeit: Auf Landesebene muss zwischen den unterschiedlichen Vertragspartnern das Nahtlosverfahren umgesetzt werden, ggf. müssen Detailregelungen erprobt werden. Einig sind sich die Beteiligten aber schon heute: Mit diesem Nahtlosverfahren wird die Versorgung Abhängigkeitskranker in Deutschland bundesweit optimiert.
Kontakt und Angaben zum Autor:
Klaus Gerkens
Verband der Ersatzkassen (vdek) e. V.
Abteilung Gesundheit
Askanischer Platz 1
10963 Berlin
Tel. 030/26 931–19 12 klaus.gerkens@vdek.com
Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2016, 512 Seiten, 54,99 €, ISBN 978-3-662-49412-7, auch als E-Book erhältlich
Der Fehlzeiten-Report, der jährlich als Buch erscheint, informiert umfassend über die Krankenstandsentwicklung in der deutschen Wirtschaft und beleuchtet dabei detailliert einzelne Branchen. Schwerpunkt des Fehlzeiten-Reports 2016 ist der Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und Gesundheit. Es werden Herausforderungen und Chancen von Unternehmenskultur für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter diskutiert und die verschiedenen Facetten von Unternehmenskultur aufgezeigt:
Was ist Unternehmenskultur?
Was macht eine gute Unternehmenskultur aus?
Welchen Einfluss hat die Unternehmenskultur auf die Gesundheit der Beschäftigten?
Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich in der Praxis?
Neben den Fachbeiträgen zum Schwerpunktthema machen umfassende Daten den Fehlzeiten-Report zu einem wertvollen Ratgeber für alle, die Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz in Unternehmen tragen. Aus dem Inhalt:
Aktuelle Statistiken zum Krankenstand der Arbeitnehmer in allen Branchen
Die wichtigsten für Arbeitsunfähigkeit verantwortlichen Krankheitsarten
Anzahl und Ausmaß der Arbeitsunfälle
Vergleichende Analysen nach Bundesländern, Betriebsgrößen und Berufsgruppen
Verteilung der Fehlzeiten nach Monaten und Wochentagen
Anschauliche Darstellung der Daten durch zahlreiche Abbildungen und Tabellen
Der Fehlzeiten-Report wird in einer Kooperation des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Universität Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin herausgegeben.
Ferdinand Schöningh, Paderborn, 2., korr. und erw. Aufl. 2016, 245 Seiten, 32,90 €, ISBN 978-3-506-77960-1
Embryonale Stammzellen, Klonen, Präimplantationsdiagnostik, Gendiagnose, Euthanasie – das sind Stichworte einer Medizin im Umbruch, die mit ihrem Menschenbild und ihrer ethischen Fundierung in eine Sackgasse geraten ist. Wir stehen am Beginn einer Epoche, die dabei ist, den Menschen in seinen frühesten Stadien zum Material zu machen, zum Material für Medikamente für andere Menschen. Mit der Invitro-Fertilisation hat die Herstellung von menschlichem Leben außerhalb des mütterlichen Organismus begonnen. Es ist frei verfügbar geworden. Wohin führt uns diese Entwicklung der modernen naturwissenschaftlichen Medizin? Der Autor gibt Denkanstöße, wie die moderne Medizin über ihre Sicht auf die materielle (vielleicht noch psychosomatische) Verfasstheit des Menschen hinaus noch philosophisch-theologische Zugänge zum Menschen und existentielle Fragen nach dem Dasein einbeziehen kann.
In Deutschland kommen wieder mehr Kinder zur Welt. Vor allem in städtischen Gebieten steigen die Geburtenzahlen seit 2008 stetig an. In ländlichen Regionen zeichnet sich eine Geburtenwende nur schwach ab. Der Unterschied zwischen den alten und neuen Bundesländern sei dagegen deutlich geringer geworden, schreiben Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Wirtschaftsdienst“.
Dresden, Frankfurt am Main und München sind der Studie zufolge die geburtenreichsten Städte in Deutschland. Jährlich kommen hier auf tausend Einwohner fast zwölf Geburten. Auch in anderen Großstädten ist die Geburtenquote nach langer Zeit wieder angestiegen: In Hamburg kamen 2014 sogar gut zehn Prozent mehr Kinder zur Welt als noch im Referenzjahr 1990. Berlin erreichte im selben Jahr nach einer Zeit des Geburtenrückgangs wieder den Ausgangswert von damals. „Unsere Analysen zeigen, dass die Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern verschwinden“, sagt Dr. Tobias Weirowski vom Lehrstuhl für Internationale Wirtschaftsbeziehungen der MLU. Viel deutlicher sei dagegen der Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Regionen: In der niedersächsischen Gemeinde Osterode am Harz etwa liegt die Geburtenziffer gerade einmal bei 6,5 Geburten pro tausend Einwohner.
Geburtenentwicklung in Deutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2016
Für ihre Forschung haben die Wissenschaftler detaillierte Analysen der Geburtenzahlen in Deutschland durchgeführt. Mit Hilfe der Daten des europäischen Statistikamts Eurostat konnten sie die Entwicklung der Geburtenzahlen bis 2014 nicht nur auf Ebene der 16 Bundesländer beschreiben, sondern hatten Daten von 373 Einzelregionen in Deutschland. Diese Unterteilung ermöglichte ihnen Analysen auf der Ebene von Landkreisen, Städten und mitunter sogar Stadtteilen. Die Idee dahinter: Während deutschlandweit die Gesamtzahl an Geburten nur leicht zunimmt, könnte das Bild in einzelnen Teilen sehr unterschiedlich ausfallen. Ziel der Arbeit war es, Regionen mit einer Geburtenwende ausfindig zu machen. „Damit ist gemeint, dass sich in diesen Regionen eine nachhaltige Trendwende vollzogen haben muss und sich die Geburtenziffer kontinuierlich steigert“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Martin Klein von der MLU. Dem Problem zufälliger Ausreißer in den Daten wurden dabei methodisch begegnet, um robuste statistische Ergebnisse zu erhalten.
Die Geburtenwende, so die Forscher, habe Anfang der 2000er Jahre in den neuen Bundesländern begonnen. Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts erstreckt sich diese Entwicklung aber über viele Metropolregionen und größere Städte im gesamten Bundesgebiet, später auch über kleinere urbane und mitunter sogar ländliche Gebiete. Bis Ende 2014 haben die Wissenschaftler in weiten Teilen Deutschlands eine Trendwende beobachten können: Nur in 18 der 373 untersuchten Regionen ist die Geburtenziffer weiter gesunken. „Von den Babyboom-Jahren der 1960er Jahre sind wir heute weit entfernt. Wenn wir uns aber die Zahlen der letzten 15 Jahre anschauen, erkennen wir in vielen Regionen Deutschlands einen positiven Trend“, fasst Martin Klein zusammen.
Geburtenentwicklung nach der deutschen Vereinigung. Quelle: Statistisches Bundesamt, Abruf März 2016, eigene Berechnungen
Über die Gründe für diese positive Entwicklung lasse sich bisher nur spekulieren. „Zum einen fällt diese Entwicklung in eine Zeit neuer familienpolitischer Maßnahmen, vor allem der Einführung des Elterngeldes 2007“, so Weirowski. Zum anderen könnten auch die Wirtschaftskrisen der letzten Jahre dafür gesorgt haben, dass junge Menschen ihre Lebensentwürfe wieder verstärkt am Familienleben ausrichten und dass Kinder einen höheren Stellenwert bekommen. Gleichzeitig – dafür spreche die Tatsache, dass die Geburtenwende verstärkt in Städten zu beobachten ist – bieten urbane Regionen bessere Möglichkeiten, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, und generell eine bessere Infrastruktur, also zum Beispiel auch bessere Chancen auf Plätze in Kindertagesstätten.
In weiteren Studien wollen die Forscher aus Halle die Entwicklungen aus Deutschland nun mit anderen europäischen Ländern vergleichen. Besonderes Interesse gilt dann den Staaten, die stärker als Deutschland von den Wirtschaftskrisen betroffen waren.
Bibliographische Angaben:
Martin Klein, Tobias Weirowski, Rahel Künkele (2016). Geburtenwende in Deutschland – was ist dran und was sind die Ursachen? In: Wirtschaftsdienst 96, 2016, Heft 9
Pressestelle der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 14.09.2016