Autor: Simone Schwarzer

  • Verbandsauswertung des buss

    Verbandsauswertung des buss

    DruckDer Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e. V. in Kassel (buss) hat seine jährliche Auswertung von Basis- und Katamnesedaten aus den Mitgliedseinrichtungen vorgelegt. Die Basisdaten werden jedes Jahr als Gesamtauswertung und getrennt für die Einrichtungsarten stationäre Reha Alkohol, stationäre Reha Drogen, Adaption und Tageskliniken in kommentierten Tabellenbänden dargestellt. Die Katamnesedaten werden getrennt für Alkohol- und Drogeneinrichtungen ausgewertet. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse der Basisdaten 2014 und der Katamnesedaten 2013 zusammengefasst. Die vollständigen Tabellenbände stehen allen Interessierten auf der Website des buss unter www.suchthilfe.de > Informationen > Statistik zur Verfügung.

    Basisdaten 2014

    Die Auswertung der Basisdaten des Entlassungsjahrgangs 2014 umfasst insgesamt 18.623 Fälle aus 105 Einrichtungen. Das durchschnittliche Alter liegt in Einrichtungen, die Alkohol- und Medikamentenabhängige stationär behandeln, und in Tageskliniken mit 44,6 bzw. 44,5 Jahren am höchsten. Nach wie vor bilden Drogenabhängige die jüngste Gruppe mit durchschnittlich 29 Jahren. Das durchschnittliche Alter der Rehabilitanden in Adaptionseinrichtungen liegt bei 37,7 Jahren.

    Der Anteil der Frauen liegt in Suchthilfeeinrichtungen bei rund einem Viertel. So sind in Adaptionseinrichtungen und Drogenfachkliniken weniger als 18 Prozent der Behandelten Frauen. In Fachkliniken für Alkohol- und Medikamentenabhängige liegt der Frauenanteil bei 27,4 Prozent, in Tageskliniken sind mit 29,1 Prozent die meisten Frauen vertreten. Tabelle 1 fasst wesentliche Items aus den Basisdaten 2014 zusammen.

    Tabelle 1: Basisdaten 2014
    Tabelle 1: Basisdaten 2014

    Berufliche und soziale Integration

    Große Unterschiede bestehen je nach Einrichtungsart in Bezug auf die berufliche und soziale Integration der Rehabilitanden. Rehabilitanden in Tageskliniken sind am besten integriert, sie weisen mit 33,4 Prozent die geringste Arbeitslosenquote auf, und circa ein Drittel der Gruppe ist alleinstehend. In Einrichtungen, die Alkohol- und Medikamentenabhängige stationär behandeln, beträgt der Anteil an Alleinstehenden 46,2 Prozent, die Arbeitslosenquote liegt bei 41,5 Prozent. In Drogenfachkliniken beträgt der Anteil an Alleinstehenden 62,1 Prozent, die Arbeitslosenquote 55,7 Prozent. Rehabilitanden in Adaptionseinrichtungen weisen die problematischsten Daten auf: 71,2 Prozent sind alleinstehend und 79,2 Prozent sind arbeitslos.

    Behandlungsdauer

    Die planmäßige Behandlungsdauer ergibt sich aus den jeweiligen Bewilligungen und Standardtherapiedauern der Leistungsträger sowie den individuellen Therapieverläufen. Die Behandlungsdauer bei planmäßiger Beendigung liegt in Alkoholfachkliniken bei durchschnittlich 91,6 Tagen (= 13 Wochen). In Adaptionseinrichtungen werden im Schnitt 95,1 Tage (13 bis 14 Wochen) erreicht. Die planmäßige Behandlung dauert in Drogenfachkliniken am längsten mit 137,8 Tagen (= 20 Wochen). Die Behandlungsdauer in Tageskliniken ist mit 85,3 Tagen (= 12 Wochen) am kürzesten. Zudem ist zu beachten, dass in der ganztägig-ambulanten Rehabilitation üblicherweise an Sonn- und Feiertagen keine Therapieleistungen erbracht werden. Die angegebene Dauer bezieht sich auf Kalendertage (Zeitraum zwischen Aufnahme und Entlassung) und nicht auf Behandlungstage.

    Haltequote

    Die Haltequote für den Entlassungsjahrgang 2014 liegt in Einrichtungen, die Alkohol- und Medikamentenabhängige stationär behandeln, sowie in Tageskliniken bei über 84 Prozent. Die Haltequote in Adaptionseinrichtungen beträgt 75,7 Prozent. In Drogenfachkliniken beendet etwas mehr als die Hälfte der Rehabilitanden die Behandlung planmäßig. In Tabelle 2 und Abbildung 1 sind die Vergleichsdaten der letzten Jahre dargestellt.

    Tabelle 2: Haltequote 2010 bis 2014
    Tabelle 2: Haltequote 2010 bis 2014
    Abbildung 1: Haltequote 2010 bis 2014
    Abbildung 1: Haltequote 2010 bis 2014

    Katamnesedaten 2013

    Die Katamnesedaten für den Indikationsbereich Drogen stammen aus elf Rehakliniken, es wurden nur Einrichtungen mit mindestens zehn Prozent Rückläuferquote berücksichtigt. Von insgesamt 1.251 entlassenen Rehabilitanden haben 224 Rehabilitanden geantwortet. Die mittlere Rückläuferquote liegt bei 17,9 Prozent.

    Von insgesamt 10.461 planmäßig entlassenen Rehabilitanden aus 47 Alkoholeinrichtungen (mindestens 25 Prozent Rückläuferquote) konnten die Daten von 4.059 Antwortern für die Katamnese berücksichtigt werden. Die mittlere Rückläuferquote beträgt 40,4 Prozent. Die Rückläuferquote ist in beiden Indikationsbereichen über die letzten fünf Jahre relativ konstant (s. Abbildung 2).

    Abbildung 2: Katamnesedaten - Rückläuferquote 2009 bis 2013
    Abbildung 2: Katamnesedaten – Rückläuferquote 2009 bis 2013

    Vergleich der Katamnese-Antworter mit den Basisdaten 2013

    In Tabelle 3 werden für den Entlassungsjahrgang 2013 die Daten der Katamnese-Antworter mit den Basisdaten verglichen. Für das Jahr 2013 wurden die Basisdaten von 12.630 entlassenen Rehabilitanden aus Einrichtungen für Alkohol- und Medikamentenabhängige ausgewertet, davon haben 4.059 bei der Katamnese geantwortet. An der Katamnese in Drogeneinrichtungen nahmen 224 ehemalige Rehabilitanden teil, die Gesamtstichprobe, für die Basisdaten für 2013 vorliegen, umfasst 2.828 Fälle.

    Tabelle 3: Vergleich Katamnese-Antworter und Basisdaten 2013
    Tabelle 3: Vergleich Katamnese-Antworter und Basisdaten 2013

    Das durchschnittliche Alter bei Betreuungsbeginn betrug in Alkohol- und Medikamenteneinrichtungen 44,5 Jahre, die Antworter sind mit durchschnittlich 47,9 Jahren etwas älter. In Drogeneinrichtungen ist das Durchschnittsalter mit knapp 30 Jahren zu Behandlungsbeginn und bei den Antwortern nahezu identisch.

    Antworter, die in Kliniken für Alkohol- und Medikamentenabhängige behandelt wurden, waren durchschnittlich 88,9 Tage in stationärer Behandlung. In der Gesamtstichprobe liegt die Behandlungsdauer mit 90,1 Tagen etwas höher. Die durchschnittliche Behandlungsdauer in Drogeneinrichtungen liegt bei Antwortern bei 138,6 Tagen und in der Gesamtstichprobe bei 136,1 Tagen.

    Von allen Rehabilitanden in Alkohol- und Medikamenteneinrichtungen wurden 84,0 Prozent planmäßig entlassen. Bei den Antwortern lag der Anteil an planmäßig Entlassenen bei 93,7 Prozent und damit deutlich höher. In Drogeneinrichtungen liegt die Haltequote bei den Katamnese-Antwortern mit 79,5 Prozent ebenfalls deutlich über der Haltequote in der Gesamtstichprobe (55,7 Prozent).

    Unter den ehemaligen Rehabilitanden aus Alkohol- und Medikamenteneinrichtungen antworten eher diejenigen, die einer Arbeit nachgehen und in einer Beziehung leben: Der Anteil Alleinstehender in der Gesamtstichprobe beträgt 50,2 Prozent, bei den Antwortern 46,7 Prozent. Von den Antwortern sind 36,2 Prozent arbeitslos, in der Gesamtstichprobe liegt der Anteil bei 43,0 Prozent. Die Gesamtstichprobe aus Drogeneinrichtungen weist einen Anteil von 58 Prozent Alleinstehenden und 58,2 Prozent Arbeitslosen aus. Interessanterweise ist der Anteil der Alleinstehenden unter den Antwortern höher (65,6 Prozent). Der Anteil der Arbeitslosen ist bei den Katamnese-Antwortern aus Drogeneinrichtungen ebenso wie bei den Antwortern aus Alkohol- und Medikamenteneinrichtungen niedriger (48,7 Prozent).

    Katamnestische Erfolgsquoten

    Die katamnestische Erfolgsquote errechnet sich aus den Patienten/-innen, die in der Katamnese ‚abstinent‘ und ‚abstinent nach Rückfall‘ angeben. Die Berechnungsform DGSS 1 umfasst alle planmäßig entlassenen Antworter (positive Sichtweise = Überschätzung der tatsächlichen Quote), die Berechnungsform DGSS 4 umfasst alle – auch die nicht planmäßig – entlassenen Rehabilitanden und wertet die Nicht-Antworter als ‚definiert rückfällig‘ (negative Sichtweise = Unterschätzung der tatsächlichen Quote). Tabelle 4 und Abbildung 3 zeigen einen Überblick über DGSS 1 und DGSS 4 im Jahresverlauf von 2009 bis 2013.

    Tabelle 4: DGSS 1 und DGSS 4 im Jahresverlauf von 2009 bis 2013
    Tabelle 4: DGSS 1 und DGSS 4 im Jahresverlauf von 2009 bis 2013
    Abbildung 3: DGSS 1 und DGSS 4 im Jahresverlauf von 2009 bis 2013
    Abbildung 3: DGSS 1 und DGSS 4 im Jahresverlauf von 2009 bis 2013

    Im Indikationsbereich Alkohol sind beide katamnestischen Erfolgsquoten über die letzten fünf Jahre relativ stabil: DGSS 1 = etwas über 80 Prozent, DGSS 4 = rund 40 Prozent. Die Quote DGSS 4 wird wegen der besseren Vergleichbarkeit zu anderen Studien mit einem Mindestrücklauf von 45 Prozent berechnet, d. h., es werden nur Einrichtungen bei der Auswertung berücksichtigt, bei denen die Rückläuferquote mindestens 45 Prozent beträgt.

    Die Werte im Indikationsbereich Drogen schwanken im selben Zeitraum: DGSS 1 = zwischen 66 Prozent und 53 Prozent, DGSS 4 = zwischen neun Prozent und 18 Prozent. Dieser Effekt kann im Wesentlichen durch die Veränderungen der Stichprobe und die unterschiedliche Zahl der teilnehmenden Einrichtungen erklärt werden (2012 = 15 Kliniken / 1.591 Fälle / 274 Antworter). Außerdem wird die Quote DGSS 4 ab 2013 wegen der besseren Vergleichbarkeit zu anderen Studien mit einem Mindestrücklauf von 25 Prozent berechnet, was den deutlichen Anstieg erklärt.

    Kontakt:

    Iris Otto
    Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e. V.
    Wilhelmshöher Allee 273
    34131 Kassel
    Tel. 0561/77 93 51
    iris.otto@suchthilfe.de
    www.suchthilfe.de

    Angaben zu den Autoren:

    Iris Otto ist Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle des Bundesverbandes für stationäre Suchtkrankenhilfe e. V. in Kassel und zuständig für Projekte und Auswertungen.
    Prof. Dr. Andreas Koch ist Geschäftsführer des Bundesverbandes für stationäre Suchtkrankenhilfe e. V. in Kassel und Mitherausgeber von KONTUREN online.

  • Kinostart des Films „Alki Alki“

    Filmplakat „Alki Alki“
    Filmplakat „Alki Alki“

    Am 12. November 2015 war Kinostart des Films „Alki Alki“. Die Deutsche Film- und Medienbewertung hat ihn mit dem „Prädikat besonders wertvoll“ ausgezeichnet. Zur Premiere am 10. November im Kino der Berliner Kulturbrauerei war die Drogenbeauftragte der Bundesregierung persönlich anwesend und hielt eine Begrüßungslaudatio. Der Film ist zugleich Projekt des Monats der Drogenbeauftragten.

    Aus der Jury-Begründung der Deutschen Film- und Medienbewertung zur Auszeichnung mit dem „Prädikat besonders wertvoll“:

    „Axel Ranisch nennt seinen Film, für den er als ‚Spielleiter‘ verantwortlich zeichnet, eine Tragikomödie. Doch eigentlich ist seine Geschichte eines verzweifelten Alkoholikers vor allem ein Drama mit tragischen und gelegentlichen ironischen Momenten. Tobias Zach ist Bauingenieur und führt zusammen mit seinem Freund Thomas ein Architekturbüro. Er hat eine Frau und drei Kinder. Eigentlich könnte alles wunderbar sein, wenn da nicht „Flasche“ wäre, das Alter Ego von Tobias, die manifestierte Alkoholsucht. Flasche ist der ständige Begleiter von Tobias und lässt ihn nicht eine Sekunde allein. Er verführt Tobias immer wieder aufs Neue zum Trinken. Tobias gleitet tiefer und tiefer in seinen Alkoholismus, verliert den Boden unter den Füßen, kann sich gegen alle vernünftigen Argumente und trotz seiner Liebe zu seiner Frau und den Kindern nicht von seiner Sucht befreien. Als Tobias am Tiefpunkt angekommen ist, willigt er in eine Therapie ein. Aber auch hier lässt ihn Flasche nicht allein und flüstert ihm ständig Versuchungen ins Ohr, die Tobias trotz verzweifelter Gegenwehr nicht überhören kann.

    Axel Ranischs konsequentes Porträt eines Trinkers, den Heiko Pinkowski als eine Mischung aus gutmütigem Tanzbär und Schwächling gibt, besticht durch seine stringente Dramaturgie. […] Tobias bewegt sich längst nicht mehr nur auf einer realen Ebene. Nicht nur Flasche, den er in seinem Dasein akzeptiert und der kein ‚weißer Hase‘ ist, verleiht dem Film einen Hauch von Surrealität und absurdem Humor. Tobias verliert oft seine Beziehung zur Wirklichkeit, da er sie meist nur noch durch den Zerrspiegel des Alkohols wahrnimmt. Diese einzelnen Stufen eines fast unaufhaltsamen Abstiegs zeigt der Film in dramatischen Details und erspart dem Zuschauer nichts. Und dennoch ist dies kein Film der Hoffnungslosigkeit, sondern immer wieder auch die Schilderung von zwischenmenschlicher Wärme, von Nähe und von Menschenwürde, die Tobias selbst in den düstersten Augenblicken der Geschichte nie ganz verliert.

    Darin liegt die besondere Stärke des Films, dem man anmerkt, dass der ‚Spielleiter‘ seine Figuren mag und nicht der Lächerlichkeit preisgibt. […] Die Eindringlichkeit der Darstellung dieses Schicksals und die Originalität der Interpretation haben, so der Bewertungsausschuss, das höchste Prädikat verdient.“

    Pressestelle der Bundesdrogenbeauftragten, 10.11.2015

  • Prävention und Behandlung von Medienabhängigkeit

    FVM_LogoDas Phänomen Smartphone-Sucht wird aktuell umfassend besprochen. Als bundesweiter Fachverband mit mehr als 100 Mitgliedern und neun kooperierenden Arbeitskreisen/-gruppen aus neun Bundesländern in den Bereichen Prävention, Behandlung und Diagnostik begrüßen wir diese öffentliche Diskussion. Um ein gesundes Aufwachsen und Leben mit technischen Innovationen sicherzustellen, ist es notwendig, effektive präventive Maßnahmen anzubieten. So ist es begrüßenswert, dass die Kinderkommission des Deutschen Bundestages am 14.10.2015 eine Stellungnahme veröffentlichte, in der das Thema „Exzessive Mediennutzung und Medienabhängigkeit“ mit einem politischen und präventiven Handlungsauftrag versehen ist. Am 16.10.2015 erklärte die Drogenbeauftragte, dass im Drogen- und Suchtrat die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Computerspielsucht und Internetabhängigkeit“ beschlossen wurde. Diese soll konkrete Empfehlungen zur Hilfe und Prävention erarbeiten.

    Das Thema Prävention ist eine der tragendenden Säulen des Fachverbandes Medienabhängigkeit. Es wurde in den Symposien der letzten Jahre und in unserem „Let’s Play“-Methodenreader thematisiert. Im Rahmen der 5. Mediensuchtkonferenz in Berlin am 13.11.2015 und unserem ersten Onlinesymposium „Virtuelle Welten – Reale Probleme. Medienabhängigkeit als Herausforderung für Prävention und Behandlung“ am 21.11.2015 findet sich das Thema in aktuellster Form wieder.

    Die schnelle technische Veränderung resultiert aktuell in gesellschaftlichen Problemen. Um Betroffenen zu helfen, den Weg in eine nahegelegene Beratungsstelle oder Hilfeeinrichtung zu finden, bietet der Fachverband Medienabhängigkeit e. V. allen Einrichtungen an, sich kostenlos als Hilfeeinrichtung für Medienabhängigkeit registrieren zu lassen. Bei der Diagnostik unterstützen wir gerne mit der uns freundlicherweise von der Ambulanz für Spielsucht, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, zur Verfügung gestellten Skala zum Onlinesuchtverhalten (OSV-S) und leiten Ihre entsprechenden Fragen gerne weiter.

    Weitere Informationen auch über Twitter: @OnSymposium2015
    www.fv-medienabhaengigkeit.de > Hilfe finden

    Der Vorstand
    Andreas Gohlke, Markus Wirtz, Detlef Scholz, Michael Dreier & Michael Knothe, 12.11.2015

  • Selbstoptimierung bis zur Erschöpfung

    Frankfurt a. M.: Mabuse-Verlag 2015, 240 S., ISBN 978-3-86321-280-3, EUR 39,95

    AKF_Selbstoptimierung_neuDieser Band präsentiert die Ergebnisse der 21. Jahrestagung des Arbeitskreises Frauengesundheit im November 2014 in Köln. Das derzeit viel diskutierte Thema Selbstoptimierung wird von renommierten Expertinnen aus ihrer jeweiligen Fachperspektive heraus bearbeitet und von den Diskussionsbeiträgen des Publikums ergänzt. Die Vorträge und Workshops widmen sich unter anderem den Themen Resilienz, Interkultur, Mobbing und Achtsamkeit. So entsteht ein buntes und vielschichtiges Bild davon, was Frauen heute leisten und bewältigen (müssen).

  • DAK-Psychoreport 2015

    Foto©DAK
    Foto©DAK

    In Deutschland war im vergangenen Jahr jeder 20. Arbeitnehmer mit einer psychischen Erkrankung krankgeschrieben. Ausgehend von den Daten der DAK-Gesundheit sind damit hochgerechnet 1,9 Millionen Menschen betroffen. Seit 1997 hat sich die Anzahl der Fehltage, die von Diagnosen wie Depressionen oder Anpassungsstörungen verursacht werden, verdreifacht. DAK-versicherte Arbeitnehmer blieben 2014 deshalb an mehr als 6,3 Millionen Tagen der Arbeit fern. Das sind zentrale Ergebnisse des neuen Psychoreports 2015 der DAK-Gesundheit. Um den steigenden Behandlungsbedarf zu decken und lange Wartezeiten zu verhindern, setzt die Krankenkasse verstärkt auf qualitätsgeprüfte Online-Therapien. Eine noch unveröffentlichte Studie zum webbasierten Programm Deprexis zeigt: Sowohl der Grad der Depression als auch die Lebensqualität verbessern sich mit der Online-Unterstützung deutlich.

    Für den DAK-Psychoreport hat das IGES Institut die anonymisierten Daten von rund 2,6 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet. Ein zentrales Ergebnis: Die Fehltage haben ein neues Rekordniveau erreicht. Bundesweit lagen Seelenleiden 2014 erstmals auf dem zweiten Platz der Krankheitsarten, was nicht zuletzt auch auf einen offeneren Umgang seitens der Ärzte und Patienten zurückzuführen ist. Der Blick auf die Diagnosen zeigt, dass Depressionen und Anpassungsstörungen die meisten Ausfalltage verursachen. 2014 gingen 112 Fehltage je 100 Versicherte auf das Konto von Depressionen, bei den Anpassungsstörungen waren es 42. Die Zusatzdiagnose Burnout hingegen verliert deutlich an Relevanz: Im vergangenen Jahr entfielen nur 5,2 Ausfalltage darauf. Im Vergleich zu 2011 hat sich die Anzahl fast halbiert. „Burnout ist mittlerweile eher zur Beschreibung eines Risikozustands geworden“, erklärt Dr. Hans-Peter Unger, Chefarzt am Zentrum für seelische Gesundheit der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg. „Von chronischem Stress verursachte psychische Krankheiten werden heute als Anpassungsstörungen oder Depressionen erkannt.“

    Frauen sind fast doppelt so oft mit psychischen Problemen krankgeschrieben wie Männer (Betroffenenquote 2014: 6,5 zu 3,6 Prozent). Der DAK-Psychoreport zeigt aber auch deutliche Steigerungsraten bei Männern: So erhöhte sich beispielsweise die Anzahl der Ausfalltage aufgrund von Anpassungsstörungen bei den 15- bis 19-Jährigen innerhalb von neun Jahren um fast 250 Prozent. „Bei Männern äußern sich psychische Erkrankungen anders als bei Frauen, deshalb werden sie oft nicht richtig erkannt“, sagt Unger. „Dazu kommt eine höhere Stigmatisierung – Männer gelten noch immer als das starke Geschlecht.“

    Bei den Fehltagen durch psychische Erkrankungen gibt es deutliche regionale Unterschiede: Während im Saarland im vergangenen Jahr 306 Fehltage je 100 Versicherte mit den entsprechenden Diagnosen begründet wurden, waren es in Bayern lediglich 193. Auch die Baden-Württemberger blieben mit 197 Fehltagen je 100 Versicherte vergleichsweise selten mit psychischen Problemen der Arbeit fern. Die Großstädte Berlin und Hamburg belegen mit 292 und 289 Fehltagen je 100 Versicherte die Plätze zwei und drei der Psycho-Statistik. Die ostdeutschen Bundesländer bewegen sich bei den Ausfalltagen im Mittelfeld – hier sind aber die Anstiege besonders stark: In Brandenburg beispielsweise hat sich der Wert von 2000 bis 2014 fast verdreifacht.

    Der Behandlungsbedarf ist groß, doch Betroffene warten im Schnitt sechs Monate auf einen Therapieplatz. Dazu kommt die Schwierigkeit, sich im System zurechtzufinden und die passende Behandlung zu bekommen. Um Betroffenen schnell, gezielt und ortsunabhängig zu helfen, bietet die DAK-Gesundheit Online-Therapie mit Deprexis an. Deprexis ist ein webbasiertes Selbsthilfeprogramm zur Unterstützung von Menschen mit leichten bis mittelschweren Depressionen. Es ist über Computer, Laptop oder Smartphone nutzbar und basiert auf etablierten Methoden der Kognitiven Verhaltenstherapie. Die Patienten können dabei anonym bleiben. Therapeuten, die Deprexis behandlungsbegleitend einsetzen, können sich online über die bearbeiteten Inhalte und Übungen informieren – vorausgesetzt der Patient stimmt dem Austausch zu.

    Eine bisher noch unveröffentlichte Studie, die die Universität Bielefeld gemeinsam mit der DAK-Gesundheit durchgeführt hat, hat das Programm Deprexis auf seine Wirksamkeit untersucht. An der Studie haben 3.800 Menschen mit unterschiedlich starker depressiver Symptomatik teilgenommen. Sie wurden über ein Jahr regelmäßig befragt. Das Ergebnis ist positiv: „Mit der Unterstützung von Deprexis schwächt sich der Depressionsgrad in relativ kurzer Zeit deutlich ab“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Wolfgang Greiner. „Das zeigt, dass das Programm den Patienten in der Regel unmittelbar hilft.“ Außerdem hat sich die berufliche und soziale Funktionsfähigkeit signifikant verbessert. Greiner: „Gerade bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen ist es gut, wenn die Betroffenen am sozialen Leben teilnehmen können. Das verbessert die Symptomatik offenbar entscheidend.“

    Die DAK-Gesundheit setzt deshalb auch in Zukunft noch stärker auf die Online-Therapie. Die Versicherten können Deprexis zur Selbsthilfe nutzen. Das Programm kann jedoch auch zur Therapieunterstützung in bestehende Behandlungsangebote eingebunden werden. Dieses Vorgehen hat sich bereits in Nord- und Ostdeutschland bewährt, wo Deprexis schon heute fester Bestandteil des Spezialisten-Netzwerks Veovita ist – ein Behandlungskonzept, das DAK-Versicherten mit Depressionen und Angststörungen hilft.

    Weitere Informationen finden Sie hier.

    Pressestelle der DAK, 27.10.2015

  • Dr. Burischs Burnout-Kur – für alle Fälle

    Berlin, Heidelberg: Springer 2015, 157 S., ISBN 978-3-662-46774-9, EUR 19,99, auch als E-Book erhältlich

    Burisch_Burnout-Kur„Dr. Burischs Burnout-Kur – für alle Fälle“ ist eine leicht verständliche und praxisorientierte Anleitung bei Burnout sowohl zur Selbsthilfe für Betroffene als auch generell für alle am Thema Interessierten. „Über Burnout ist eigentlich alles gesagt“, räumt der Autor ein. „Von anderen Ratgeberbüchern unterscheidet sich diese Neuerscheinung aber durch seine durchgängig anwendungsorientierte Ausrichtung.“ Der Leser wird mit Fragen konfrontiert, die nur er selbst beantworten kann. So lernt er sich selbst besser kennen und vermag sein Anliegen einzuschätzen. Der Autor erklärt dabei die Bedeutung von kleinen und großen Zielen und von der Gefahr, am eigenen Perfektionismus festzuhalten. Anhand zahlreicher Fallbeispiele bekommt der Leser Hilfestellungen.

    „Dr. Burischs Burnout-Kur“ nimmt den Leser mit auf einen Weg, der vergleichbar ist mit dem in einer Klinik. Erste Eindrücke sammelt der Leser im Besucher-Pavillon, vertiefende Einblicke liefert das Forschungs- und Entwicklungslabor. Und wenn ‚die Hütte brennt‘, kann der Betroffene direkt die Burnout-Notfallambulanz aufsuchen. Der Leser findet im Buch eine umfassende Darstellung rund um Burnout – von Entstehung, ersten Anzeichen, verschiedenen Ausprägungen bis zur Ersthilfe bei akuten Problemen. Schließlich gibt der Experte Ratschläge zu ambulanten und stationären Therapien, Tageskliniken und Coaching-Angeboten. Der Burnout-Fachmann ermutigt jeden Betroffenen, bloß nicht in der Burnout-Falle auszuharren.

  • Praxishandbuch Soziale Arbeit mit Menschen mit Essstörungen

    Weinheim: Beltz Juventa 2015, 480 S., ISBN978-3-7799-2996-3, EUR 39,95, auch als E-Book erhältlich

    Wunderer_Soziale Arbeit EssstörungenDas „Praxishandbuch Soziale Arbeit mit Menschen mit Essstörungen“ gibt erstmals einen umfassenden Überblick über Grundlagen, Methoden und inhaltliche Schwerpunkte der Sozialen Arbeit als zentraler Profession im Bereich Essstörungen. Es beinhaltet praxisnahe Handlungsempfehlungen zu Diagnostik, Beratungs-, Motivations-, Gruppen- und Angehörigenarbeit, Prävention, Krisenintervention sowie Case Management. Konkrete Hinweise zur Bearbeitung basaler Themen wie Essverhalten, Beziehungsgestaltung und Beruf sowie Informationen zu Kennzeichen und zur Entstehung von Essstörungen schaffen eine Bandbreite, die das Praxishandbuch auch für andere Berufsgruppen lesenswert macht.

  • Mit vereinten Kräften gegen die Adipositas-Epidemie

    Adipositas-LogosVom 15. bis 17. Oktober 2015 trafen sich über 500 Experten auf der 31. Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V. (DAG) in Berlin. Die vorwiegend deutschsprachigen Vorträge beschäftigten sich mit Themen aus der Grundlagen- und klinischen Forschung sowie aus den Bereichen Epidemiologie und Psychologie. Darüber hinaus diskutierten die Teilnehmer auch gesundheitspolitische Fragen.

    Nach aktueller Datenlage sind über die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland übergewichtig (BMI > 25 kg/m²). Von diesen ist jeder Vierte bis Fünfte adipös (BMI > 30 kg/m²) – Tendenz steigend. Auch bei Kindern und Jugendlichen lässt sich dieser Trend beobachten. Laut der letztverfügbaren Daten des Robert Koch-Instituts in Berlin waren 2007 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig. Etwa sechs Prozent leiden unter Adipositas, wobei sich deren Anteil in der Gruppe der 14- bis 17-Jährigen sogar auf über acht Prozent erhöht.

    Mit zunehmender Verbreitung der Adipositas steigt auch die Zahl der Menschen, die an schwerwiegenden Folgekrankheiten leiden. Zu diesen gehören vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte Krebsarten wie Leber- und Darmkrebs sowie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) vom Typ 2. Mehr als sechs Millionen Menschen sind in Deutschland an einem Diabetes erkrankt. Adipositas hat eine genetische Grundlage, wird aber wesentlich durch den in unserer heutigen Gesellschaft weit verbreiteten, ungesunden Lebensstil begünstigt. Dieser ist durch mangelnde Bewegung sowie eine hochkalorische, aber wenig sättigende Ernährung charakterisiert.

    Um ein reduziertes Körpergewicht dauerhaft halten zu können, müssen betroffene Personen lebenslang auf einen gesunden Lebensstil achten. „Kurzfristige Reduktionsdiäten verringern nur für eine kurze Zeit das Körpergewicht und schaden langfristig mehr, als sie nützen. Gewichthalten nach erfolgreicher Gewichtsabnahme ist meist nur mit Unterstützung des sozialen Umfelds und einer langfristigen, verhaltenstherapeutischen Betreuung möglich oder mit Hilfe der metabolischen Chirurgie. Diese kommt für Kinder allerdings nicht in Frage“, sagt Prof. Dr. med. Martin Wabitsch, Präsident der DAG sowie ärztlicher Leiter des Hormonzentrums und des endokrinologischen Forschungslabors an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Ulm. „Wissenschaftler und Therapeuten sind daher mehr denn je gefordert, interdisziplinär zusammenzuarbeiten, um verbesserte Präventionsmaßnahmen und neue therapeutische Ansätze zu entwickeln, die diesem wachsenden Problem entgegenwirken“, so Wabitsch weiter. Immer deutlicher werde auch die Notwendigkeit, die Politik von der Umsetzung verhältnispräventiver Maßnahmen zu überzeugen, wie sie bereits in zahlreichen Ländern mit zunehmendem Erfolg angewendet werden. „Wir werden die Adipositas-Epidemie nur mit Hilfe der Politik eindämmen können, denn wir haben es mit einem komplexen, gesamtgesellschaftlichen Phänomen zu tun“, ist Wabitsch überzeugt.

    „Hierfür ist es unter anderem auch wichtig, mehr über die molekularen und biochemischen Zusammenhänge zwischen Lebensstil, Adipositas und deren Folgeerkrankungen zu erfahren“, sagt die diesjährige Tagungspräsidentin Prof. Dr. Annette Schürmann vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Auf diese Weise sei es möglich, neue Behandlungsstrategien zu entwickeln. Wenn man zum Beispiel die Frage beantworten könne, warum nicht jeder adipöse Mensch automatisch auch an einer Stoffwechselstörung leide, ließen sich Personen leichter identifizieren, die zum Beispiel besonders gefährdet sind, an einem Diabetes zu erkranken. Präventionsmaßnahmen seien so gezielter umzusetzen, erklärt die Wissenschaftlerin.

    Wie eine kürzlich von Schürmann veröffentlichte Studie annehmen lässt, beeinflussen bei adipösen Mäusen vier Gene die Teilungsfähigkeit der insulinproduzierenden Zellen in Abhängigkeit von der Kohlenhydratzufuhr. Je nachdem, über welche Genvarianten die Tiere verfügen, entwickeln sie einen Diabetes oder auch nicht. Das nächste Ziel der Wissenschaftler ist nun, die Funktionen der identifizierten Gene aufzuklären, um einen tieferen Einblick in die biochemischen Mechanismen der adipositas- und ernährungsabhängigen Diabetesentstehung zu erhalten. Wie eigene und andere Humanstudien zeigen, sind drei der entsprechenden menschlichen Gene ebenfalls mit Übergewicht und Insulinresistenz, der Vorstufe zum Diabetes, assoziiert.

    Deutsche Adipositas-Gesellschaft e. V. (DAG), Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), Kompetenznetz Adipositas, 12.10.2015

  • Übergewicht und Adipositas

    Göttingen: Hogrefe Verlag 2015, 80 S., ISBN 978-3-8017-2566-2, EUR 19,95, auch als E-Book erhältlich

    Munsch Hilbert_UebergewichtNeue Erkenntnisse aus der Verhaltensmedizin sollen Psychotherapeuten/-innen und Ärzten/Ärztinnen in der Behandlung krankhaften Übergewichts und im Umgang mit adipösen Patienten helfen. Dargestellt ist dies im Fachbuch „Übergewicht und Adipositas“. Die Autorinnen Anja Hilbert und Simone Munsch zeigen, wie Verhaltensweisen, die mit krankhaftem Übergewicht zusammenhängen, besser erkannt und behandelt werden können. Sie stellen neue Therapieansätze vor, die den Patienten helfen, ihr Ernährungs-, Bewegungs- und Essverhalten nachhaltig zu verändern. Ziel ist eine langfristige Gewichtsabnahme.

    Das Buch spricht vor allem Psychotherapeuten/-innen an, ist aber auch für niedergelassene Allgemeinmediziner/-innen hilfreich. Wie wichtig psychotherapeutische Hilfe in der Adipositas-Therapie ist, legen wissenschaftliche Studien nahe: Neben medizinischen und biologischen Faktoren spielen bei der Entstehung einer Adipositas auch psychologische und psychosoziale Umstände eine Rolle, die in der Therapie zu berücksichtigen sind. Häufig liegen die Ursachen für ungesunde Verhaltensmuster wie beispielsweise ‚Frustessen‘ in diesem Bereich.

    Psychotherapeutische Unterstützung ist weiterhin wichtig, weil häufig Ablehnung und Hänseleien durch Mitbürger, Arbeitskollegen, aber auch Freunde und Familie die Betroffenen psychisch belasten. Der Leidensdruck adipöser Patienten geht somit nicht nur auf körperliche Beschwerden, sondern auch auf die Stigmatisierung durch die Umwelt zurück. Belastungen aufgrund von Stigmatisierung können sich negativ auf den Behandlungserfolg auswirken. Deshalb fördert die Psychotherapie einen konstruktiven Umgang mit diesen Belastungen.

    Pressestelle des Universitätsklinikums Leipzig, 10.08.2015