E-Shishas und E-Zigaretten sind in den Lebenswelten von Jugendlichen präsent. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Danach kennen neun von zehn Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren E-Zigaretten, 15 Prozent haben sie schon einmal ausprobiert. E-Shishas sind 73 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen ein Begriff. 21 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben sie schon mindestens einmal konsumiert. E-Shishas, die meist bunt bedruckt und in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Mango, Apfel oder Bubble Gum erhältlich sind, spielen bei Jugendlichen somit eine größere Rolle als E-Zigaretten. Es greifen häufiger männliche Jugendliche zu E-Shishas im Vergleich zu gleichaltrigen Mädchen. Seit dem Jahr 2012 sind sowohl die Bekanntheit als auch das Ausprobieren von E-Zigaretten unter Jugendlichen gestiegen. Die Verbreitung von E-Shishas ist in der aktuellen Befragung zum ersten Mal erhoben worden, deshalb liegen hier keine Vergleichswerte vor.
„Rauchen ist mehr und mehr out. Die aktuellen Daten der BZgA-Studie zeigen jedoch auch, dass bunte, peppige E-Shishas und E-Zigaretten eine große Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche ausüben und diesen positiven Trend umkehren können“, kommentiert die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, die Befragungsergebnisse. Sie bekräftigt ihre Forderung nach einem Verbot der Produkte: „Es war daher richtig, dass ich das Thema frühzeitig angesprochen habe. Meine Forderung, das Abgabe- und Rauchverbot im Jugendschutzgesetz, das aktuell nur für Tabakwaren gilt, auf alle elektronischen Produkte auszuweiten, hat die Bundesfamilienministerin aufgegriffen und bereits eine entsprechende Änderung des Jugendschutzgesetzes angekündigt. E-Zigaretten und E-Shishas sind alles andere als harmlos. Gerade die zum Teil kaum bekannten inhaltlichen Zusatzstoffe bergen große gesundheitliche Gefahren. Selbst krebserregende Inhaltsstoffe wurden in entsprechenden Produkten nachgewiesen.“
Die Zahl der Jugendlichen in Deutschland, die Tabakzigaretten rauchen, ist dagegen weiter gesunken. Im Jahr 2001 rauchten 27,5 Prozent der 12- bis 17-Jährigen, aktuell sind es 9,7 Prozent – ein historischer Tiefstand. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen in dieser Altersgruppe, die noch nie in ihrem Leben geraucht haben, stieg im gleichen Zeitraum von 40,5 Prozent auf den bisherigen Höchstwert von 75,3 Prozent an.
„Diese Zahlen sind ein Beleg für nachhaltige Präventionserfolge bei Jugendlichen. Der Trend zum Nichtrauchen ist ungebrochen“, sagt Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA. „Trotz dieser erfreulichen Entwicklung ist das zunehmende Ausprobieren von E-Shishas und E-Zigaretten bei den Jüngeren für uns Anlass zur Besorgnis. In Deutschland gibt es rund 500.000 Jugendliche, die noch nie eine Tabakzigarette geraucht, aber bereits E-Produkte konsumiert haben. Das Ausprobieren der elektrischen Produkte birgt die Gefahr des Einstiegs zum Rauchen von Tabak. Auch aus diesem Grund gehören diese Produkte nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen.“
Die BZgA erhebt seit 1973 Daten zum Rauchverhalten von Jugendlichen und kann dadurch in diesem Bereich langfristige Entwicklungen und Trends überblicken. In der Erhebung von 2014 wurden im Rahmen einer erweiterten Telefonstichprobe erstmals auch Befragte über ihr Mobiltelefon kontaktiert, da zunehmend mehr Personen mobil erreichbar sind und sich damit die Repräsentativität der Befragung verbessern kann. Die so ermittelte Raucherquote für 12- bis 17-jährige Jugendliche ist mit 12,1 Prozent etwas höher als im Festnetz (9,7 Prozent), bestätigt aber ebenfalls den deutlichen Rückgang seit 2001. Aus Gründen der Vergleichbarkeit werden für die Darstellung der Trends im Rauchverhalten weiterhin die Festnetzstichproben zugrunde gelegt. Mehr zu den methodischen Rahmenbedingungen der Studie sowie weitere Befragungsergebnisse finden Sie hier.
Pressestellen der Bundesdrogenbeauftragten und der BZgA, 28.05.2015
Hrsg. v. Kreuzbund, Blaues Kreuz in Deutschland, Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, Blaues Kreuz in der Evangelischen Kirche, Guttempler in Deutschland
72 S., als PDF kostenlos verfügbar oder als gedrucktes Exemplar gegen Portokosten zu bestellen unter: Blaues Kreuz in Deutschland e. V., Bundeszentrale, Schubertstr. 41, 42289 Wuppertal, bkd@blaues-kreuz.de, Tel. 0202-62003-0
Im Projekt „Chancen nahtlos nutzen – konkret“ (CNN ) nahmen die fünf großen Sucht-Selbsthilfeverbände die Zusammenarbeit zwischen beruflicher Suchthilfe und Sucht-Selbsthilfe in den Blick. Ziel war es, unter dem Leitgedanken der Nahtlosigkeit die Chancen einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen Sucht-Selbsthilfe und beruflicher Suchthilfe auszuloten: Wie kann die Zusammenarbeit verbessert werden? Und in welcher Weise muss die Selbsthilfe dazu ihr eigenes Profil schärfen? Die Ergebnisse des Projekts liegen nun in Form dieser Handreichung vor. Sie bietet praktische Handlungsempfehlungen inklusive konkreter Arbeitsmaterialien. Sie zeigt auf, wie die Zusammenarbeit Schritt für Schritt verbessert werden kann, und macht auf Hürden und Hindernisse aufmerksam, die einer solchen Kooperation im Wege stehen können. Das Projekt CNN wurde vom Bundesministerium für Gesundheit von 2012 bis 2015 in zwei Phasen gefördert und von der Universität Hildesheim evaluiert.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2015, 567 S., ISBN 978-3-525-40228-3, EUR 49,99, auch als eBook erhältlich
Psychodramatherapie heilt dadurch, dass sie das Mentalisieren und die psychische Selbstorganisation des Menschen im Als-ob-Modus des äußeren Spielens verwirklicht. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis entwickelt der erfahrene Psychodramatherapeut und Psychiater Reinhard T. Krüger eine in sich systematische Theorie der störungsspezifischen Psychodramatherapie und Modelle für Therapieprozesse bei verschiedenen psychischen Erkrankungen. Krüger arbeitet das jeweils Besondere in der Therapie von Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, Traumafolgestörungen, Angsterkrankungen, Zwangsstörungen, Depressionen, Psychosen und Suchterkrankungen heraus. Das Vorgehen erläutert er anhand von 117 Fallbeispielen, die zum Teil ganze Therapieverläufe umfassen. Mit dieser Konzeptualisierung kann Psychodramatherapie sowohl in der Einzeltherapie wie in der Gruppentherapie eingesetzt werden. Durch die Systematik dieses Lehrbuchs werden die Erfahrungen und Erkenntnisse der Psychodramatherapie für Therapeuten und Therapeutinnen auch anderer Therapieschulen und für Berater und Beraterinnen in helfenden Berufen zugänglich. Sie finden Möglichkeiten therapeutischen Handelns, die ihre praktische Arbeit störungsspezifisch wirksamer und lebendiger machen.
Die Rehabilitation von Suchtkranken ist für betroffene Menschen die bestmögliche Behandlung und auch aus volkswirtschaftlicher Sicht extrem erfolgreich. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg sieht dennoch Behandlungsplätze bedroht. In einem Spitzengespräch zwischen der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und den Trägern von Suchtkliniken in Stuttgart wurde erneut festgestellt, was in Fachkreisen schon lange bekannt ist: Die Rehabilitation von Suchtkranken ist äußerst erfolgreich.
Das belegen Daten eindrucksvoll: So bleiben beispielsweise rund zwei Drittel der alkoholabhängigen Patientinnen und Patienten nach der Behandlung abstinent. Die Daten der Rentenversicherung bestätigen die Behandlungserfolge: Etwa 85 Prozent der behandelten Personen stehen nach der Therapie wieder im Erwerbsleben und zahlen Sozialversicherungsbeiträge.
Damit ist die abstinenzorientierte medizinische Rehabilitation die erfolgreichste Therapieform für Suchtkranke. Für andere Behandlungsformen liegen noch keine entsprechenden Wirksamkeitsnachweise vor. Daher empfehlen auch die gerade erschienenen Leitlinien für Alkoholabhängigkeit eine psychotherapeutisch orientierte Entwöhnungsbehandlung, wie sie erfolgreich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation angeboten wird.
Die Gesprächspartner in Stuttgart sehen indes das Erfolgsmodell gefährdet: Zum einen finden in den letzten Jahren immer weniger betroffene Menschen den Weg in die Suchtrehabilitation. Über die Gründe sind sich die Experten noch nicht im Klaren. Gemeinsam soll das nun analysiert werden, Verbesserungsmaßnahmen stehen an. Die Suchtberatung müsse ausgebaut, das Antrags- und Bewilligungsverfahren vereinfacht werden. Wichtig sei auch, unterstreicht Hubert Seiter, Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, die Arbeitswelt für das Thema Sucht zu sensibilisieren und die guten Erfolge dort zu vermitteln.
Zudem droht dem Versorgungssystem das Geld auszugehen, beklagt Seiter. Die Rentenversicherung darf aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht so viel Geld für medizinische Rehabilitation ausgeben, wie sie für erforderlich hält: Das Reha-Budget und die Suchtbehandlung im Besonderen ist vom Gesetzgeber gedeckelt. Als Ausweg bleibt nur, die Ablehnungsquote generell zu erhöhen oder die Behandlungskosten zu drücken. Diese Unterfinanzierung führte in den letzten Jahren zu einem Investitionsstau in den Kliniken. Qualitätssichernde Sanierungen konnten nicht vorgenommen werden, Rentenchef Seiter kritisiert diese Situation schon seit langem: „Es ist inzwischen allen Fachleuten bekannt, dass die Reha generell unterfinanziert ist. Aber uns sind leider die Hände gebunden, solange unser Reha-Budget gedeckelt ist“, betont er. Er halte es für dramatisch, wenn dadurch Kliniken schließen müssten und „wir den betroffenen Versicherten zukünftig nicht mehr genügend Behandlungsplätze zur Verfügung stellen können.“ Sein Rat an die Politik: „Jetzt mehr in die Reha, auch Sucht-Reha, zu investieren. Das rechnet sich langfristig mehrfach.“
Seiter fordert eine deutliche Steigerung oder den Wegfall des „Reha-Deckels“. Die Kostenkritiker fordert er auf, eine medizinische Komplettlösung in Deutschland zu nennen, „bei der die Gesamtkosten, also auch Bau- und Investitionskosten, mit täglich durchschnittlich rund 120 Euro Kosten für eine Behandlung finanziert werden.“
Pressestelle der DRV Baden-Württemberg, 19.06.2015
Veränderte Dynamiken auf dem Heroinmarkt, aktuelle Auswirkungen des Cannabiskonsums und neue Merkmale und Dimensionen der Szene für Stimulanzien und „neue Drogen“ gehören zu den Themen, die von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) in ihrem gerade in Lissabon veröffentlichten „Europäischen Drogenbericht 2015. Trends und Entwicklungen“ behandelt werden. In ihrem Jahresbericht lässt die EMCDDA 20 Jahre Beobachtungsarbeit Revue passieren und untersucht die globalen Einflüsse und lokalen Auswirkungen der in stetem Wandel begriffenen europäischen Drogenproblematik. Die Daten in diesem Bericht beziehen sich auf das Jahr 2013 bzw. das letzte verfügbare Jahr.
Heroin verliert zwar an Bedeutung, doch Marktveränderungen erfordern genaue Beobachtung
Der EMCDDA zufolge machen Probleme im Zusammenhang mit Heroin zwar immer noch einen großen Anteil an den drogenbedingten Gesundheits- und Sozialkosten in Europa aus, jedoch wiesen die jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich in eine ‚positivere‘ Richtung. Insgesamt stagniere die Nachfrage nach dieser Droge. Mittlerweile würden weniger Menschen als früher erstmals eine spezialisierte Behandlung wegen Heroinproblemen beginnen: Im Jahr 2013 waren dies 23.000 gegenüber 59.000 im Jahr 2007. Schätzungen zufolge unterzieht sich über die Hälfte (700.000) der 1,3 Millionen europäischen Opioidkonsumenten (d. h. Langzeit- bzw. abhängige Konsumenten) derzeit einer opioidgestützten Substitutionstherapie. Bei den Daten in Bezug auf gemeldete Sicherstellungen, die einen Einblick in die Entwicklung des Heroinangebots ermöglichen, sind ebenfalls Rückgänge zu verzeichnen. Die im Jahr 2013 in der EU sichergestellte Heroinmenge (5,6 Tonnen) war eine der niedrigsten gemeldeten Mengen seit zehn Jahren und entspricht in etwa der Hälfte der im Jahr 2002 sichergestellten Menge (10 Tonnen). Die Zahl der Heroinsicherstellungen fiel ebenfalls von 45.000 im Jahr 2002 auf 32.000 im Jahr 2013. Vor diesem insgesamt positiven Hintergrund erläutert die EMCDDA eine Reihe von Marktveränderungen, die eine genaue Beobachtung erfordern.
Jüngsten Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge hat die Opiumproduktion in Afghanistan in den Jahren 2013 und 2014 deutlich zugenommen. So liefert das Land den Großteil des in Europa konsumierten Heroins. Diese Entwicklung könnte zu einer höheren Verfügbarkeit von Heroin auf dem europäischen Markt führen. Ferner werden Anzeichen für Neuerungen im Heroinmarkt hervorgehoben, einschließlich der erstmals seit den 1970er Jahren erfolgten Entdeckung von Labors zur Heroinaufbereitung in Europa. In den Jahren 2013 und 2014 wurden in Spanien zwei Labors zur Umwandlung von Morphin in Heroin entdeckt.
Des Weiteren werden Veränderungen beim Heroinnachschub nach Europa beobachtet. Während die traditionelle „Balkanroute“ nach wie vor eine wichtige Rolle spielt, gibt es Anzeichen, dass die „südliche Route“ an Bedeutung gewinnt. Diese beginnt in Iran und Pakistan und erreicht Europa direkt oder indirekt über die Länder der Arabischen Halbinsel und Ost-, Süd- und Westafrikas. Eine gerade veröffentlichte Studie über den Opioidhandel von Asien nach Europa deutet auf eine Diversifizierung der gehandelten Produkte (z. B. Morphinbase und Opium neben Heroin) und der genutzten Transportmittel und Routen hin (siehe Perspectives on Drugs/POD).
Neben Heroin stellten die Strafverfolgungsbehörden 2013 in europäischen Ländern eine Reihe weiterer Opioide sicher: Opium, Rohopiumzubereitungen (z. B. „Kompott“), Arzneimittel (Morphin, Methadon, Buprenorphin, Fentanyl und Tramadol) sowie neuartige synthetische Opioide.
Opioidabhängigkeit ist häufig ein chronischer Zustand, weshalb die Bereitstellung geeigneter Behandlungs- und Pflegeangebote für Langzeitkonsumenten von Opium inzwischen eine immer größere Herausforderung für Behandlungs- und Sozialdienste darstellt. Im Bericht wird gezeigt, wie sich das Durchschnittsalter der Personen, die sich wegen Opioidproblemen in Behandlung begeben, entwickelt. So stieg das Durchschnittsalter zwischen 2006 und 2013 um fünf Jahre. Ein bedeutender Teil der Opioidkonsumenten in Europa mit einer langen Vorgeschichte des Mehrfachkonsums befindet sich mittlerweile im vierten oder fünften Lebensjahrzehnt. Ein seit langem bestehender schlechter körperlicher und psychischer Gesundheitszustand, ungünstige Lebensbedingungen, Infektionen und der missbräuchliche Mehrfachkonsum (u. a. auch von Alkohol und Tabak) machen diese Konsumentengruppe anfällig für eine Reihe von chronischen Gesundheitsproblemen (z. B. kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen und Hepatitis).
Benötigt werden laut Bericht klinische Leitlinien, die den demografischen Wandel unter Europas problematischen Opioidkonsumenten berücksichtigen. Solche Leitlinien würden eine wirksame klinische Praxis begünstigen und folgende Themen umfassen: Mitnahme-Dosen von Arzneimitteln für die Substitutionstherapie (z. B. Methadon und Buprenorphin), Schmerztherapien und die Behandlung von Infektionen. Wenige Länder melden die Verfügbarkeit zielgerichteter Programme für ältere Drogenkonsumenten. Diese Personengruppe wird in der Regel in bestehende Drogentherapieangebote integriert. Die Niederlande sind eines der Länder, in denen Altenpflegeheime eingerichtet wurden, die an die Bedürfnisse älterer Drogenkonsumenten angepasst sind.
Verbesserte Therapien bei Hepatitis C und stagnierende Zahlen bei HIV-Neudiagnosen
Aufgrund der Übertragung durch die gemeinsame Nutzung von Nadeln, Spritzen und anderem Spritzbesteck ist Hepatitis C die am häufigsten vorkommende Infektionskrankheit unter drogeninjizierenden Personen in Europa. Nationale Stichproben im Zeitraum 2012/2013 bei dieser Personengruppe ergaben eine Hepatitis C-Virus-Infektionsrate zwischen 14 und 84 Prozent. Eine Hepatitis C-Infektion verläuft anfänglich häufig ohne Symptome und kann jahrzehntelang unentdeckt bleiben. Viele Infizierte entwickeln später eine chronische Hepatitis, wodurch sich ihr Risiko für die Entwicklung von Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose und Leberkrebs) erhöht.
Eine wachsende Anzahl von Ländern haben spezifische Hepatitis C-Strategien verabschiedet oder arbeiten zurzeit daran. Diese Strategien sollen insbesondere den Zugang zu Hepatitis C-Tests sicherstellen. Obwohl aktuell antivirale Arzneimittel erhältlich sind, die den Fortschritt der Erkrankung verhindern oder eine vollständige Genesung ermöglichen, beschränken fehlende Diagnostik und hohe Arzneimittelkosten die Reichweite dieser neuen Behandlungsangebote.
2011 und 2012 sind die Zahlen neuer HIV-Diagnosen, die dem injizierenden Konsum zugeordnet waren, angestiegen, hauptsächlich bedingt durch HIV-Krankheitsausbrüche in Griechenland und Rumänien. Die neuesten Zahlen zeigen, dass der Anstieg inzwischen gestoppt und die Gesamtzahl der Fälle in der EU auf ein Niveau wie vor den Ausbrüchen gesunken ist. Vorläufige Zahlen für 2013 weisen 1.458 neu gemeldete HIV-Infektionen gegenüber 1.974 im Jahr 2012 aus. Damit kehrt sich der seit 2010 bestehende Aufwärtstrend um. Trotz der in diesem Bereich erzielten Fortschritte hält die EMCDDA es für notwendig, wachsam zu bleiben und ein angemessenes Behandlungsangebot bereitzustellen.
Bekämpfung von Überdosierungen – eine gesundheitspolitische Herausforderung
Die Verringerung der Zahl tödlicher Überdosierungen und anderer drogenbedingter Todesfälle (z. B. als Folge von drogenbedingten Erkrankungen, Unfällen und Suizid) ist und bleibt eine zentrale Aufgabe der aktuellen Gesundheitspolitik. Schätzungen zufolge soll es im Jahr 2013 zu mindestens 6.100 Todesfällen aufgrund von Überdosierung, meist im Zusammenhang mit Heroin und anderen Opioiden, gekommen sein.
In einer den aktuellen Bericht begleitenden neuen Analyse wird der Missbrauch von Benzodiazepinen unter Hochrisiko-Opioidkonsumenten, die diese Arzneimittel zur Selbstmedikation oder zur Verstärkung der Wirkung von Opioiden nehmen, näher beleuchtet (siehe POD). Die Analyse zeigt, wie der kombinierte Konsum von Opioiden, Benzodiazepinen und anderen zentralnervös wirksamen Beruhigungsmitteln (z. B. auch Alkohol) zu einer erhöhten Lebensgefahr durch Überdosierung beiträgt. Verschreibungen und Leitlinien für die klinische Praxis könnten für die Bewältigung dieses komplexen Problems eine entscheidende Rolle spielen.
Maßnahmen zur Vorbeugung von Überdosierungen umfassen zielgerichtete Strategien, Aufklärung über Risiken des Drogenkonsums sowie mögliche Hilfen bei Überdosierungen, einschließlich der Verteilung von Naloxon in Mitnahme-Dosen. Einige Länder haben eine seit langem bewährte Praxis der Bereitstellung von Drogenkonsumräumen. In sechs europäischen Berichtsländern der EMCDDA werden derartige Dienste derzeit in insgesamt rund 70 Einrichtungen angeboten (Dänemark, Deutschland, Spanien, Luxemburg, Niederlande und Norwegen), während in Frankreich vor kurzem ein Modellversuch von Drogenkonsumräumen genehmigt wurde. Eine Überprüfung der in diesen Einrichtungen erbrachten Dienstleistungen ergänzt die diesjährige Analyse (siehe POD) und zeigt, wie mittels Drogenkonsumräumen eine ‚lokale Antwort‘ auf ‚lokale Probleme‘ gegeben wird. Unter anderem können Drogenkonsumräume eine Rolle bei der Reduzierung drogenbedingter Schäden (einschließlich Todesfälle durch Überdosierung) spielen und hilfreich sein, um schwer erreichbare Drogenkonsumenten an Gesundheitsdienste heranzuführen.
Wachsende Bedeutung von Cannabis innerhalb der Drogenbehandlungssysteme in Europa
Cannabis ist nach wie vor die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Europa: 19,3 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 15 und 64 Jahren geben an, die Droge in den vergangenen zwölf Monaten konsumiert zu haben. 14,6 Millionen davon sind junge Erwachsene im Alter zwischen 15 und 34 Jahren. Schätzungen zufolge konsumiert ein Prozent aller Erwachsenen die Droge täglich oder nahezu täglich.
Aus Erhebungen unter der Allgemeinbevölkerung von drei Ländern (Deutschland, Spanien und das Vereinigte Königreich) geht eine rückläufige oder stagnierende Prävalenz des Cannabiskonsums in den letzten zehn Jahren hervor. Steigerungen wurden dagegen in Bulgarien, Frankreich und vier nordischen Ländern (Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen) beobachtet. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der aktuellen Erhebungen uneinheitliche Trends im Cannabiskonsum der letzten zwölf Monate bei jungen Erwachsenen.
Die hohe Prävalenz der Droge spiegelt sich in der Anzahl an Personen wider, die eine spezialisierte Drogentherapie beginnen. So gibt die größte Gruppe von Erstpatienten inzwischen Cannabis als ihr Hauptdrogenproblem an. Die Gesamtzahl der Patienten in Europa, die sich erstmals wegen Cannabisproblemen in Behandlung begaben, stieg von 45.000 im Jahr 2006 auf 61.000 im Jahr 2013. Während sich viele der eine Behandlung beginnenden Cannabispatienten selbst einweisen (34 Prozent), geht aus der Analyse hervor, dass etwa ein Viertel derjenigen, die eine Behandlung wegen Cannabis als Primärdroge begannen (23.000), fremdmotivierte Überweisungen aus dem Strafjustizsystem waren. Wissenschaftliche Erkenntnisse sprechen für psychosoziale Interventionen bei der Behandlung von Drogenproblemen. Bei der Behandlung von Problemen im Zusammenhang mit Cannabis wird von diesen auch umfassend Gebrauch gemacht. Diese Ansätze werden in einer den Bericht begleitenden Analyse (siehe POD) und in einer aktuellen Insights-Ausgabe der EMCDDA erforscht.
Akute Notfälle im Zusammenhang mit Cannabiskonsum können – wenngleich selten – nach dem Konsum der Substanz, insbesondere in hohen Dosen, auftreten (siehe unten den Abschnitt zum Reinheitsgrad). In einer in Notfalleinrichtungen durchgeführten aktuellen Studie wurde in elf von 13 untersuchten europäischen Ländern im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 ein Anstieg der Zahl der Notfälle im Zusammenhang mit Cannabiskonsum festgestellt.
Im aktuellen Bericht wird die zentrale Rolle von Cannabis in Statistiken über Drogenkriminalität hervorgehoben, denen zufolge 80 Prozent der Sicherstellungen auf die Droge und 60 Prozent aller gemeldeten Drogendelikte in Europa auf den Konsum oder Besitz von Cannabis für den eigenen Gebrauch entfallen.
Die Zahl der Sicherstellungen von Cannabiskraut in Europa überstieg im Jahr 2009 die von Cannabisharz, und diese Kluft hat sich noch weiter vergrößert. Im Jahr 2013 entfielen von den 671.000 in der EU gemeldeten Cannabis-Sicherstellungen 431.000 auf Cannabiskraut (Marihuana) und 240.000 auf Cannabisharz (Haschisch). Dieser Trend liegt vermutlich zum großen Teil in der Tatsache begründet, dass immer mehr in Europa gezüchtetes Cannabiskraut verfügbar ist, was sich an der wachsenden Zahl der Beschlagnahmungen von Cannabispflanzen zeigt. Dennoch ist die in der EU sichergestellte Menge an Cannabisharz immer noch deutlich höher als die Menge an sichergestelltem Cannabiskraut (460 Tonnen gegenüber 130 Tonnen).
Mehr als 130 verschiedene synthetische Cannabinoide, die als legaler Ersatz für Cannabis verkauft werden und dem Cannabismarkt eine neue Dimension hinzufügen, wurden bislang über das EU-Frühwarnsystem entdeckt. Der Konsum dieser Substanzen kann gesundheitsschädliche Auswirkungen haben (z. B. Nierenschäden, kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen und Krämpfe). Jüngste Todesfälle und akute Vergiftungen in Europa und der Welt im Zusammenhang mit diesen Substanzen haben die EMCDDA dazu bewegt, Warnmeldungen in Bezug auf die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit herauszugeben.
Wettbewerb im umkämpften Stimulanzienmarkt
Europa steht einem hart umkämpften Stimulanzienmarkt gegenüber, auf dem sich das Angebot von Kokain, Amphetaminen, Ecstasy und einer wachsenden Anzahl an synthetischen Drogen an ähnliche Konsumentengruppen richtet. Kokain ist nach wie vor das am häufigsten konsumierte illegale Stimulans in Europa, doch konzentriert sich die Mehrheit der Konsumenten auf eine kleine Zahl von westlichen EU-Ländern. Schätzungsweise 3,4 Millionen Erwachsene der Altersgruppe zwischen 15 und 64 Jahren haben in den zurückliegenden zwölf Monaten Kokain konsumiert. Davon waren 2,3 Millionen junge Erwachsene zwischen 15 und 34 Jahren. Nur wenige Länder meldeten für die letzten zwölf Monate eine Kokainprävalenz unter jungen Erwachsenen von mehr als drei Prozent. Bei den neuesten Daten ist ein Rückgang des Kokainkonsums feststellbar. Von den Ländern, die seit 2012 Erhebungen durchführen, meldeten acht niedrigere Schätzungen und drei höhere Schätzungen im Vergleich zur vorangegangenen Erhebung.
Der Konsum von Amphetaminen, darunter Amphetamine und Metamphetamine, liegt insgesamt auf niedrigerem Niveau als der Kokainkonsum in Europa. So gaben etwa 1,6 Millionen Erwachsene an, in den letzten zwölf Monaten eine dieser Drogen konsumiert zu haben. 1,3 Millionen davon waren junge Erwachsene im Alter zwischen 15 und 34 Jahren. Der aktuelle Bericht beleuchtet ferner neue Muster des Metamphetaminkonsums. So wurde in der Tschechischen Republik ein deutlicher Anstieg des hochriskanten Metamphetaminkonsums (vor allem injizierender Konsum) beobachtet, wobei die Zahl der Konsumenten Schätzungen zufolge von rund 21.000 im Jahr 2007 auf über 34.000 im Jahr 2013 gestiegen ist. Des Weiteren wird aus einer Reihe von europäischen Ländern der injizierende Konsum von Metamphetamin in Kombination mit anderen Stimulanzien (z. B. synthetische Cathinone) unter kleinen Gruppen von Männern, die Geschlechtsverkehr mit anderen Männern praktizieren, gemeldet. Diese als „Slamming“ bezeichneten Praktiken geben aufgrund der Kombination von hochriskantem Drogenkonsum und riskantem Sexualverhalten Anlass zur Besorgnis.
Schätzungsweise 2,1 Millionen Erwachsene der Altersgruppe zwischen 15 und 64 Jahren haben in den zurückliegenden zwölf Monaten Ecstasy konsumiert. Davon waren 1,8 Millionen junge Erwachsene zwischen 15 und 34 Jahren. Nach einem Zeitraum, in dem als Ecstasy verkaufte Tabletten unter Konsumenten im Ruf standen, von schlechter Qualität bzw. Produktfälschungen zu sein, ist hochreines MDMA in Pulver- und Tablettenform inzwischen weiter verbreitet (siehe unten den Abschnitt zum Reinheitsgrad).
Synthetische Cathinone wie Mephedron, Pentedron und MDPV sind in einigen europäischen Ländern inzwischen zu einer festen Größe auf dem Markt für illegale Stimulanzien geworden und werden häufig abwechselnd mit Amphetamin und Ecstasy konsumiert. Der injizierende Konsum synthetischer Cathinone ist – obgleich in Europa kein besonders weit verbreitetes Phänomen – in einigen Ländern ein lokales Problem bei Gruppen von Hochrisiko-Drogenkonsumenten. Steigender Behandlungsbedarf im Zusammenhang mit dem Konsum dieser Substanzen wird aus Ungarn, Rumänien und dem Vereinigten Königreich gemeldet.
Zunahme des Wirkstoffgehalts und des Reinheitsgrads gibt Anlass zur Besorgnis
Ein zentraler Befund des diesjährigen Berichts ist der deutliche Anstieg des Wirkstoffgehalts und des Reinheitsgrads der europaweit am häufigsten konsumierten illegalen Drogen, was Bedenken hinsichtlich der Gesundheit der Konsumenten hervorruft, die bewusst oder unbewusst möglicherweise stärkere Produkte konsumieren. Die Gesamtentwicklung im Zeitraum 2006 bis 2013 zeigt, dass in den Ländern, die regelmäßig Meldungen übermitteln, ein Anstieg des Wirkstoffgehalts von Cannabis (THC-Gehalt), des Reinheitsgrads von Kokain und des MDMA-Gehalts in Ecstasy-Tabletten zu verzeichnen ist. Der Reinheitsgrad von Heroin ist 2013 ebenfalls gestiegen. Technische Innovation und Wettbewerb sind zwei Faktoren, die aller Wahrscheinlichkeit nach für diesen Trend verantwortlich sind.
Hervorgehoben werden Bedenken angesichts von Ecstasy-Tabletten mit hohem MDMA-Gehalt, die oft in individuellen Formen und mit markanten Logos angeboten werden. Im Laufe des vergangenen Jahres haben die EMCDDA und Europol Warnmitteilungen zu Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Konsum derartiger Produkte herausgegeben. Weitere Warnmitteilungen, die nach einer Reihe von Todesfällen herausgegeben wurden, betrafen Tabletten, die als Ecstasy verkauft wurden, aber andere schädliche Substanzen wie PMMA enthielten.
Zwei „neue Drogen“ pro Woche entdeckt
Pro Woche wurden in den letzten zwölf Monaten in der EU zwei neue psychoaktive Substanzen (NPS oder „neue Drogen“, häufig als „Legal Highs“ verkauft) entdeckt. Insgesamt wurden dem EU-Frühwarnsystem im Jahr 2014 101 neue Substanzen gemeldet (gegenüber 81 Substanzen im Jahr 2013). Damit setzte sich der Aufwärtstrend bei Substanzen, die innerhalb eines einzelnen Jahres gemeldet wurden, fort. Die Gesamtzahl von Substanzen, die von der Beobachtungsstelle überwacht werden, steigt so auf über 450, wobei mehr als die Hälfte allein in den zurückliegenden drei Jahren identifiziert wurde.
Im Jahr 2014 wurde die Liste der gemeldeten Substanzen einmal mehr von zwei Gruppen dominiert: von synthetischen Cathinonen (31 Substanzen) und synthetischen Cannabinoiden (30 Substanzen), die jeweils häufig als legaler Ersatz für Stimulanzien bzw. Cannabis angeboten werden. Diese beiden Gruppen sind die größten der über das EU-Frühwarnsystem beobachteten Gruppen und machen zusammen fast zwei Drittel der im Jahr 2014 gemeldeten neuen Drogen aus. Neue Daten zu Sicherstellungen zeigen, dass im Jahr 2013 in der EU etwa 35.000 Sicherstellungen von NPS gemeldet wurden. Diese Zahl ist in Ermangelung von routinemäßigen Meldungen in diesem Bereich als Mindestschätzung anzusehen. Die am häufigsten sichergestellten Drogen waren synthetische Cannabinoide und synthetische Cathinone.
Neue Studien und Erhebungen gewähren zunehmend Einblicke in den Konsum von NPS, wobei neun Länder die NPS-Prävalenz mittlerweile in ihre nationalen Drogenerhebungen aufgenommen haben. Die meisten EU-Länder weisen eine niedrige Prävalenz des Konsums dieser Substanzen auf. Allerdings kann aufgrund der hochtoxischen Eigenschaften einiger NPS auch ein begrenzter Konsum dieser Substanzen problematisch sein. Die gesundheits- und sozialpolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der durch neue Drogen entstehenden Herausforderungen gewinnen an Dynamik und umfassen das gesamte Spektrum an Maßnahmen zur Bekämpfung der stärker etablierten Drogen (z. B. Aufklärungsarbeit, internetbasierte Interventionen und Nadel- und Spritzenaustauschprogramme).
Das Internet und Apps: Entwicklung eines virtuellen Drogenmarkts
Das Internet spielt beim Nachschub und der Vermarktung von Drogen in Europa eine immer wichtigere Rolle. So werden sowohl NPS als auch etablierte Drogen online zum Kauf angeboten. Die Nutzung des über die einschlägigen Suchmaschinen zugänglichen „Surface Web“ zum Verkauf von NPS hat in den letzten zehn Jahren größere Aufmerksamkeit erfahren. So identifizierte die EMCDDA rund 650 Websites, auf der „Legal Highs“ für die europäische Kundschaft angeboten werden. Eine problematische Entwicklung auf dem Online-Markt ist der Verkauf illegaler Drogen auf „Kryptomärkten“ oder auf Online-Marktplätzen im „Deep Web“, die über Verschlüsselungssoftware zugänglich sind. Auf derartigen Plattformen können Waren und Dienstleistungen anonym zwischen den Parteien ausgetauscht werden. Dabei werden häufig „Kryptowährungen“ (z. B. Bitcoin) eingesetzt, um verborgene Transaktionen zu erleichtern. So genannte „graue Märkte“ sind ebenfalls zunehmend zu finden. Hierbei handelt es sich um Websites, die sowohl im „Surface Web“ als auch im „Deep Web“ betrieben werden. Im Bericht wird erläutert, wie soziale Medien und Apps bei derartigen Drogengeschäften eingesetzt werden – entweder direkt zum Kaufen und Verkaufen von Drogen oder indirekt zu Zwecken des Marketings, der Meinungsbildung oder des Erfahrungsaustausches.
„Insgesamt stellt das Wachstum der Online- und virtuellen Drogenmärkte Strafverfolgung und Drogenkontrollpolitik vor große Herausforderungen“, lautet eine zentrale Aussage des Berichts. Bestehende Regulierungsmodelle müssten angepasst werden, um in einem globalen und virtuellen Kontext zu funktionieren.
João Goulão, Vorsitzender des Verwaltungsrates der EMCDDA, zieht folgendes Fazit: „Diese 20. Analyse der europäischen Drogenproblematik macht deutlich, wie viel sich seit der Veröffentlichung des ersten Berichts der EMCDDA im Jahr 1996 geändert und wie sehr die Beobachtungsstelle ihre Kenntnisse in diesem Bereich vertieft hat. Die Drogenproblematik ist inzwischen weitaus komplexer, da viele der in diesem Bericht genannten Substanzen vor zwei Jahrzehnten praktisch unbekannt waren. Die Grenzen zwischen alten und neuen Drogen verschwimmen ebenfalls immer mehr, da neuartige Substanzen zunehmend kontrollierte Drogen nachahmen. Dieser jährliche Einblick in die Drogenproblematik in Europa bildet eine wertvolle Grundlage für fundierte Diskussionen über die aktuelle Drogenpolitik. Außerdem vermittelt er wichtige Erkenntnisse im Hinblick auf politische Strategien, die in der Zukunft benötigt werden.“
Das vollständige Informationspaket „Europäischer Drogenbericht 2015“ ist erhältlich unter www.emcdda.europa.eu/edr2015.
Lissabon: European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA), 86 S., kostenloser Download
Was sind die neuesten Trends in Bezug auf die Drogenmärkte und welche Faktoren liegen ihnen zugrunde? Was sind die neuesten Entwicklungen bei der Drogenprävention, -therapie und -politik? Wie viele neue Drogen wurden in Europa im letzten Jahr entdeckt und was sind die Folgen für die Konsumenten dieser Drogen? Diese und weitere Fragen werden von der EU-Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) in ihrem jährlichen Informationspaket zur Drogensituation in Europa untersucht.
Kernstück des mehrsprachigen, multimedialen Informationspakets ist der „Europäische Drogenbericht 2015. Tendenzen und Entwicklungen“, eine hochrangige Analyse der neuesten Entwicklungen in den 28 Mitgliedstaaten sowie in der Türkei und in Norwegen. In dem Bericht, der in gedruckter Form sowie online in 24 Sprachen verfügbar ist, werden folgende Themen untersucht: Drogenangebot und Drogenmarkt, Drogenkonsum und drogenbedingte Probleme sowie gesundheits- und sozialpolitische Maßnahmen zur Bewältigung der Drogenproblematik.
Begleitend zu dem Bericht werden online die interaktiven Artikel Drogenperspektiven (Perspectives on drugs/PODs) veröffentlicht, die nähere Einblicke in spezielle Themen im Drogenbereich bieten. Die diesjährigen vier Schwerpunktthemen sind: Missbrauch von Benzodiazepinen unter stark gefährdeten Drogenkonsumenten, psychosoziale Interventionen, Drogenkonsumräume und Heroinhandelsrouten. Ergänzt wird das Informationspaket durch das Statistisches Bulletin 2015 (Statistical bulletin), das die vollständigen europäischen Daten zur Stützung des Berichts enthält, sowie die Länderübersichten (Country overviews) mit nationalen Daten und Analysen. Eine elektronische Veröffentlichung mit interaktiven Karten und Grafiken ist auf Englisch verfügbar.
Im Mai hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung den Drogen- und Suchtbericht 2015 vorgestellt. Der in neuem Layout gestaltete Bericht stellt die aktuellen Daten und Fakten sowie die Entwicklungen der Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung im Jahr 2014 dar.
Erstmals lag in 2014 die Raucherquote bei Kindern und Jugendlichen unter zehn Prozent, und auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen aufgrund von Alkoholvergiftungen ging zurück. Die Zahl der Drogentoten ist in 2014 moderat angestiegen. Bei einigen illegalen Substanzen gab es negative Entwicklungen. So nimmt die Verbreitung von Crystal Meth zu. Auch der erstauffällige Konsum von Amphetaminen stieg zuletzt wieder an. Die Nachfrage nach Beratung und Behandlung aufgrund von Cannabiskonsum steigt. Zudem bedrohen Neue Psychoaktive Substanzen, häufig direkt über das Internet bestellt, die Gesundheit der Konsumenten.
Marlene Mortler: „Über die Gefahren der E-Zigaretten und E-Shishas, insbesondere für Kinder und Jugendliche, werden wir weiter aufklären. Wir haben zudem eine Reihe von Modellprojekten für die Prävention im Bereich Crystal Meth angestoßen und das Thema Glücksspielsucht in den Fokus genommen. Neue Suchtformen wie z. B. Computerspiel- und Internetabhängigkeit nehmen wir ebenso ernsthaft in den Blick. Ich will mehr Aufklärung und den Betroffenen passgenaue Hilfen anbieten. Bei allen Überlegungen ist mir wichtig, den Bereich der Prävention weiter zu stärken. In 2014 ist es uns gelungen, 1,5 Millionen Euro zusätzlich für die Drogen- und Suchtprävention bereit zu stellen. Und auch das Präventionsgesetz wird weiteren Schwung in die Drogen- und Suchtpolitik bringen.“
Der Drogen- und Suchtbericht 2015 gibt in Teil A einen Überblick über aktuelle Daten und Fakten zur Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland. Er umfasst zudem erstmals einen Überblick über ausgewählte Bereiche der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Drogenbeauftragten. Der Teil B befasst sich mit den vier Säulen der Drogen- und Suchtpolitik. Der Schwerpunkt liegt auf der Prävention. Es werden u. a. zahlreiche Projekte aus Verbänden, Vereinen und den Ländern vorgestellt. Außerdem kommen Prominente und Betroffene in der Rubrik „Vorgestellt“ zu Wort, die sich gegen Drogen und Sucht engagieren. Daneben gibt es einen Überblick über aktuelle Entwicklungen der internationalen Zusammenarbeit.
Der Drogen- und Suchtbericht erscheint 2015 erstmals in zwei Ausführungen: als gekürzte Printfassung und als ungekürzte Online-Fassung, die über die Internetseite der Drogenbeauftragten abgerufen werden kann. Weitere Informationen und den Drogen- und Suchtbericht 2015 finden Sie hier.
Pressestelle der Bundesdrogenbeauftragten, 21.05.2015
Lengerich: Pabst Science Publishers 2015, 188 S., ISBN 978-3-95853-069-0, EUR 15,00, Download und weitere Informationen unter alternativer-drogenbericht.de
Der Alternative Drogen- und Suchtbericht wird von den drei Bundesverbänden akzept e. V. (Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik), Deutsche AIDS-Hilfe und JES (Junkies, Ehemalige und Substituierte) herausgegeben. Er schafft eine konstruktive Gegenöffentlichkeit zu öffentlichen Verlautbarungen der Drogenpolitik der Bundesregierung. Diese Gegenöffentlichkeit ist notwendig geworden, weil die Bundesregierung die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine verbraucherorientierte, wissenschaftlich fundierte oder systematisch erfahrungsbasierte Drogenpolitik nicht schafft. Gesetzlicher Regelungsbedarf besteht auf allen Gebieten, um Jugend- und Verbraucherschutz zu stärken: Verbot von Werbung für Alkoholika und Tabakprodukte, fehlende Regelungsmechanismen bei elektronischen Dampferzeugnissen, Versorgungslücken in der Substitutionsbehandlung, Verbesserung der Heroinverschreibung, Cannabis als Medizin etc. Die Lücke zwischen dem Wissen über die Wirksamkeit drogenpolitischer Maßnahmen und deren Umsetzung wird immer größer. Wissenschaftliche Erkenntnisse gehen – wenn überhaupt – nur zögerlich in die Drogenpolitik ein. Ziel dieses Alternativen Drogen- und Suchtberichts ist es, den offenkundigen Reformstau in der Drogenpolitik zu thematisieren und Vorschläge für eine Veränderung zu unterbreiten. Die Herausgeber erwarten von der Bundesdrogenpolitik eine verstärkte strategische Steuerung in Drogenfragen auf der Grundlage evidenzbasierten Wissens.
Vom 13. bis 21. Juni informieren bundesweit Freiwillige über das Risiko Alkoholkonsum. Die Wenigsten machen es sich klar: Alkohol ist ein Zellgift, das immer wirkt. Mag der Rausch auch ausbleiben, weil man an Alkohol gewöhnt ist, der Körper verzeiht das Gift nicht. Insgesamt ist Alkohol mitverantwortlich für über 200 Krankheiten. Er schädigt Organe, allen voran Leber und Bauchspeicheldrüse, aber auch Magen und Darm. Er zählt zu den „Top Ten“ der Stoffe, die Krebs auslösen, besonders häufig im Rachenraum, Dickdarm und in der Brust. Und er greift Zellen im Gehirn, im Nervensystem und im Herzkreislaufsystem an.
Grund genug, sich über den eigenen Konsum Gedanken zu machen. Dazu werden tausende Freiwillige während der Aktionswoche Alkohol anregen, und zwar überall, wo sie Menschen erreichen. Selbsthilfegruppen verteilen in Fußgängerzonen Selbsttests und Broschüren, betriebliche Suchtberater/-innen informieren und beraten Mitarbeiter/-innen und Führungskräfte. Beratungsstellen informieren über risikoarmen Konsum, Ärztekammern regen an, Patientinnen und Patienten auf ihren Alkoholkonsum anzusprechen. Hochschulen laden zum Rauschbrillen-Parcours ein, Theologen bereiten mit Selbsthilfegruppen Gottesdienste vor. Rund 1.200 Veranstalter haben ihre Aktionen angemeldet und kostenloses Material für ihre Öffentlichkeitsarbeit bezogen.
Organisatorin der Aktionswoche Alkohol ist die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Bereits zum fünften Mal setzt sie mit dieser Präventionskampagne auf breites bürgerschaftliches Engagement: „Wir gehen auf die Menschen zu“, sagt Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der DHS: „Wir wissen aus der Forschung, dass man schon regelmäßigen Alkoholkonsum so früh wie möglich ansprechen sollte. Ein Gespräch motiviert viele Betroffene, ihren Alkoholkonsum zu verringern oder sogar zu beenden. Damit steigt ihre Lebensqualität und die Chance, gesund alt zu werden.“
Für eine gesunde Lebensweise und die Teilhabe am Arbeitsleben stehen auch die Unterstützer der Aktionswoche Alkohol 2015. Erneut fördern die BARMER GEK und die Deutsche Rentenversicherung Bund die Aktionswoche. Weitere Kooperationspartner sind unter anderen Landesstellen für Suchtfragen sowie regionale Netzwerke der Suchthilfe und Suchtprävention. Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, ist Schirmherrin der Aktionswoche.
Viele weitere Informationen und Hintergründe sind unter www.aktionswoche-alkohol.de abrufbar. Auf der Internetplattform Facebook besteht ein Forum für Diskussion und Austausch.