Vom 18. bis 24. Februar 2024 findet die nächste Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien statt. Sie ist eine Initiative von NACOA Deutschland – Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien e. V.
Etwa jedes fünfte Kind in Deutschland wächst mit einem suchtkranken Elternteil auf, das sind knapp drei Millionen Kinder und Jugendliche. Rund sechs Millionen Erwachsene sind in einer suchtbelasteten Familie großgeworden. Oft bringt dies Vernachlässigung und Gewalt mit sich. Das Stigma und Tabu rund um das Thema Sucht führt zur Isolation dieser Kinder, selbst als Erwachsene sprechen viele nicht über ihre Erfahrungen. Die Aktionswoche trägt die Botschaft „Wir sind Millionen“. Sie soll den Kindern und ihren Familien zeigen, dass sie nicht allein sind, und sie dazu ermutigen, offen über ihre Herausforderungen zu sprechen, Unterstützung zu suchen und den Schatten der elterlichen Sucht zu überwinden.
Diese Botschaft richtet sich auch an die Politik, die bisher zu wenig für Kinder aus suchtbelasteten Familien unternimmt. Obwohl einige Fortschritte erzielt wurden, ist die Unterstützung nach wie vor unzureichend. Die Ampelkoalition hat zu Beginn der Legislaturperiode versprochen, die Situation der Kinder von psychisch- und suchtkranken Eltern zu verbessern. Und tatsächlich ist mit der begonnenen Zusammenführung der Online-Beratungen von KidKit und NACOA auf www.hilfenimnetz.de, dem geplanten Ausbau und der zugesagten Förderung dieses Angebotes durch das Bundesgesundheits- und das Bundesfamilienministerium ein großer und wichtiger Schritt gemacht worden. Weitere konkrete Schritte müssten nun folgen. Doch aktuell droht sogar eine Kürzung der Mittel auf Bundesebene. Geld für Prävention und Gesundheitsförderung ist aber unverzichtbar, um Resilienzen zu stärken, aufzuklären, Stigmata zu überwinden, den Weg zu Hilfen zu erleichtern, ein gesundes Aufwachsen zu fördern und dadurch Sucht und andere psychische Erkrankungen zu vermeiden.
„Wir sind Millionen“ ist ein erneuter Appell an Bund, Länder und Kommunen, ihren Teil dazu zu beizutragen, ein flächendeckendes Netz der Hilfe zu knüpfen, das regelfinanzierte Beratung und Betreuung der betroffenen Kinder und Jugendlichen anbietet. Die riesige Versorgungslücke muss endlich geschlossen werden.
Wie in jedem Jahr soll die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien die politischen Forderungen mit zahlreichen Aktionen unterstreichen. Sie richtet sich mit ihrem großen Angebot an Aktionen zudem an Öffentlichkeit und Medien sowie pädagogische Fachkräfte in Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen.
NACOA lädt alle Einrichtungen, Initiativen und Projekte aus Jugend- und Suchthilfe dazu ein, ihre Veranstaltungen auf der Website der Aktionswoche, coa-aktionswoche.de, zu veröffentlichen.
Die Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung nach §20h Sozialgesetzbuch V finanziert durch die KKH und die GKV.
Quellle: Nacoa, Herbstaufruf COA-Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien 2024, 25.10.2023
Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2023, 202 Seiten, 39,95 €, ISBN 978-3-8497-0497-1
Nichtsuizidale Selbstverletzungen erschrecken und befremden nicht nur Angehörige, sondern auch viele Professionelle. Sie wecken Gefühle von Hilflosigkeit, Schuld und Wut, Traurigkeit und Ekel. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen begegnen dementsprechend nicht selten einer Wand von Unverständnis und Ablehnung, Kritik und Vorwürfen. Dabei ist Selbstverletzung ein Jahrtausende altes, charakteristisch menschliches Verhalten in der Auseinandersetzung mit dem Sinn des Lebens, mit seinen Bedrohungen und Gefahren, mit Unglück und Trauer, mit Mühsal und persönlichem Scheitern.
Ziel des Buches ist es, Menschen, die sich selbst verletzen, mit einer Haltung von Gelassenheit und Akzeptanz, Wertschätzung und Respekt begegnen zu können. Wilhelm Rotthaus vermittelt dazu therapeutische Konzepte für Gespräche mit den Betroffenen und ihren Angehörigen und stellt unterschiedliche Vorgehensweisen mit konkreten Anregungen für die Praxis vor. Nicht zuletzt stellt das Buch Kriterien zur Verfügung, die einen möglichen Übergang von der Selbstverletzung zu einem suizidalen Verhalten anzeigen.
Eine Kindheit im Schatten einer elterlichen Suchtproblematik oder einer anderen psychischen Erkrankung ist gekennzeichnet durch Angst, Unsicherheit und einen Mangel an zuverlässiger emotionaler Zuwendung. Diese gravierenden Belastungen haben vielfach lebenslange negative Auswirkungen auf die Gesundheit, die schulische Bildung und die beruflichen Erfolge. Um das Risiko einer eigenen späteren Erkrankung zu senken und eine angemessene Teilhabe in Bildung und Beruf zu ermöglichen, brauchen die etwa 3,8 Millionen betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland dringend Unterstützung.
Mit dem Kooperationsprojekt „Hilfen im Netz“ greifen die Drogenhilfe Köln und NACOA Deutschland e.V. nach Gesprächen mit der Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Empfehlung Nr. 6 der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Kinder psychisch und suchtkranker Eltern“ (KpkE) auf. Damit machen sie einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Situation der betroffenen Kinder und Familien in ganz Deutschland. Im Kernzeitraum von Oktober 2023 bis Juni 2026 (Vorarbeiten seit Juli 2023) fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) den Ausbau einer wissenschaftlich evaluierten, barrierefreien Online-Plattform, die den Zugang zum Hilfesystem für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene erleichtert. Solch ein uneingeschränkter und niedrigschwelliger Zugang ist von elementarer Bedeutung, wenn Kinder und Jugendliche bei Eltern aufwachsen, die sucht- oder psychisch krank sind, keine Krankheitseinsicht haben oder sich für Hilfen und Unterstützung ihrer Kinder nicht einsetzen wollen oder können.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Kinder, deren Eltern psychisch krank sind oder ein Suchtproblem haben, brauchen niedrigschwellige und unbürokratische Hilfe. ‚Hilfen im Netz‘ von NACOA und KidKit bieten genau diese Unterstützung online und telefonisch an. Zudem bieten sie eine digitale Landkarte, die Hilfeeinrichtungen in allen Bundesländern ausweist, damit Kinder auch wissen, wer ihnen bei Bedarf vor Ort helfen kann. So stärken wir Kinder und Jugendliche aus sucht-, gewalt- und psychisch belasteten Familien und wirken darauf hin, dass sie nachhaltig unterstützt werden.“
Die Grundlage für die Umsetzung wurde bereits 2022/2023 mit einem durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanzierten, fünfmonatigen Auftaktprojekt gelegt. Im Rahmen des Projekts wurde, angeregt durch den Arbeitsstab des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, u. a. eine gemeinsame Landing-Page (hilfenimnetz.de) der Angebote KidKit und NACOA eingerichtet. Darauf aufbauend wird die Plattform nun ausgebaut und bundesweit bekannt gemacht.
Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene aus sucht-, gewalt- und psychisch belasteten Familien sowie Angehörige und Fachkräfte werden langfristig auf hilfenimnetz.de und den verknüpften Websites aktuelle wissenschaftlich fundierte Informationen sowie einen schnellen Zugang zu qualifizierter Online- und Telefonberatung erhalten. Das Angebot der Online-Beratung wird im Laufe des Projektzeitraums bedarfsgerecht, z. B. durch genderspezifische Aspekte, Themen- und Expertenchats, erweitert. Es werden Leitfäden zum einheitlichen Vorgehen bei Kindeswohlgefährdung und suizidalen Ankündigen entwickelt, und die beiden digitalen Landkarten von KidKit und NACOA werden mit PLZ-Recherche nach Hilfeeinrichtungen in allen Bundesländern zusammengeführt. Zusätzlich wird auch die bereits vom BMFSFJ geförderte Kommunikationsplattform COA.KOM weiterentwickelt und um Fortbildungs- und Fallbesprechungsmöglichkeiten ergänzt. Das gesamte Projekt wird extern evaluiert durch das Deutsche Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) der Katholischen Hochschule NRW.
Gemeinsame Pressemitteilung der Drogenhilfe Köln und NACOA Deutschland e.V., 18.10.2023
Mit der schnellen technischen Entwicklung und der starken Verankerung des Internets in unserem Alltag nehmen Internetnutzungsstörungen seit den letzten Jahren kontinuierlich zu. Während der COVID-19-Pandemie hat die Internetnutzung und die Anzahl der damit verbundenen Probleme zudem weiterhin zugenommen. Aufgrund der Folgen für die Betroffenen ist das frühzeitige Erkennen von Internetnutzungsstörungen und die Differenzierung von alltäglichem Nutzungsverhalten von großer Bedeutung.
Um Internetnutzungsstörungen zuverlässig zu erkennen, sind geeignete Screeninginstrumente erforderlich. Bisherige Screeningverfahren neigen zu einer Überpathologisierung des Internetnutzungsverhaltens, u. a. durch Items, die das heutige Nutzungsverhalten nicht mehr angemessen abbilden. Zudem mangelt es an Verfahren, die auf klinischen Diagnosekriterien für Internetnutzungsstörungen basieren.
Deshalb wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekts „Screening für Internet-Nutzungs-Störungen (SCINS)“ ein neues, zeitgemäßes Screeninginstrument für Internetnutzungsstörungen entwickelt: Social Network Use and Gaming Disorder Screening (SNUGS).
Neues Screeninginstrument SNUGS
Das neue Screeninginstrument SNUGS besteht aus sechs Fragen und wurde auf Grundlage der Ergebnisse eines klinischen Interviews entwickelt. Es eignet sich, um Unterformen der Internetnutzungsstörung wie die Computerspielstörung und Sozial-Netzwerke-Nutzungsstörung gleichzeitig zu erheben und dabei getrennt zu betrachten, um so potenziell betroffene Personen zu identifizieren. Es handelt sich dabei also um ein besonders ökonomisches Instrument, das kostenlos für den klinischen Alltag und für wissenschaftliche Studien sowie als Selbstausfüller für Betroffene genutzt werden kann.
Den Fragebogen SNUGS sowie verschiedene Informationen rund um das Thema Internetnutzungsstörungen stellen die Forschenden von der Universität zu Lübeck, die das Instrument entwickelt haben, auf der Webseite www.dia-net.com kostenlos zur Verfügung. Interessierte erhalten dort die Möglichkeit, den Fragebogen SNUGS online aufzufüllen und auswerten zu lassen oder als pdf-Datei zuzüglich einer kurzen Testanweisung herunterzuladen.
Darüber hinaus finden Interessierte auf der Webseite
ein ausführlicheres Diagnostikinstrument,
Beschreibungen zu den Diagnosekriterien der Internetnutzungsstörungen
sowie weitere nützliche Informationen rund um das Thema.
Die Webseite eignet sich gleichermaßen für Fachpersonen wie für Betroffene und deren Angehörige.
Quelle: Mitteilung der Forschungsgruppe S:TEP (Substanzbezogene und verwandte Störungen: Therapie, Epidemiologie und Prävention), Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 5.10.2023
In Deutschland leben derzeit etwa eine Viertelmillion Menschen ohne eigenen Mietvertrag (wohnungslose Geflüchtete nicht miteingerechnet). Wohnungslose Frauen und Männer sind sehr häufig krank: Weit mehr als die Bevölkerung mit Wohnung leiden sie unter Mehrfacherkrankungen verschiedener Art, insbesondere an psychischen Beeinträchtigungen und manifesten Suchterkrankungen. Die Mortalität ist ungleich höher. Ein wohnungsloser Mensch erreicht im Durchschnitt kaum sein 50. Lebensjahr.
Niedrigschwellige Hilfen kümmern sich sowohl in der Suchthilfe als auch in der Wohnungslosenhilfe um Menschen mit Multiproblemlagen. Häufig agieren wesentliche Hilfsdienste von Sucht- und Wohnungslosenhilfe jedoch unverzahnt nebeneinander, statt ihre Kompetenzen zusammenzulegen und gemeinsam Menschen zu helfen, die in prekären Umständen leben. Das zeigt sich teilweise auch in der Stimmung und der gegenseitigen Einschätzung: die Wohnungslosenhilfe verhalte sich co-abhängig und die Suchthilfe lasse Wohnungslose durch zu hochschwellige Angebote außen vor.
Zutreffend ist, dass die Schwerpunkte der Zuständigkeiten und „Aufträge“ in den beiden Hilfesystemen zunächst unterschiedlich sind: Während die Suchthilfe sich um Hilfen für Menschen mit riskantem oder missbräuchlichem Suchtmittelkonsum im Sinne einer bio-psycho-sozialen Erkrankung (vgl. Anerkennung von Alkoholismus als Krankheit im Jahr 1968 durch das Bundessozialgericht) kümmert, stehen bei der Unterstützung wohnungsloser Menschen deren soziale Schwierigkeiten in „besonderen Lebensverhältnissen“ im Vordergrund. Dazu gehören eben insbesondere fehlende Wohnmöglichkeiten. Auch die Durchsetzung von individuellen (sozialen) Rechten wohnungsloser Mensch spielt eine besondere Rolle im Hilfeverständnis der Wohnungslosenhilfe.
Die Schnittmenge der Klientel: wohnungslos UND suchtkrank
Zahlreiche Studien belegen, dass rund 75 Prozent der Menschen in „besonderen Lebensverhältnissen“ mit „sozialen Schwierigkeiten“ suchtkrank und/oder – wenn auch nicht diagnostiziert – seelisch beeinträchtigt sind, oftmals begründet in langjährigen Obdach- bzw. Wohnungslosigkeiten, unterschiedlich ausgeprägter Verwahrlosung und sozialer Verrohung. Dennoch scheint das Thema Abhängigkeitserkrankungen nicht immer die angemessene Berücksichtigung und Bedeutung in den Positionspapieren und Konzepten der Wohnungslosenhilfe zu finden, sieht man von sporadischen Angeboten zum „Kontrollierten Trinken“ ab, die dazu beitragen sollen, die Trinkmengen betroffener wohnungsloser Menschen zu reduzieren.
Herangehensweise der Wohnungslosenhilfe
Der fachliche Fokus in der Wohnungslosenhilfe bezieht sich eher darauf, die „Verarmung und soziale Ausgrenzung wohnungsloser Menschen“ zu verhindern, sowie auf deren „gesellschaftliche Integration“. Das ist absolut nachvollziehbar, wenn man den § 67 SGB XII betrachtet, der von pflichtgemäßer Leistungserbringung zur Überwindung von – durch ausgrenzendes Verhalten geprägten – „sozialen Schwierigkeiten“ bei Personen in normabweichenden „besonderen Lebensverhältnissen“ spricht, sofern jene aus eigener Kraft hierzu nicht in der Lage seien. Weiter geht aus § 67 SGB XII hervor: Sobald die Abhängigkeitserkrankung (eine nach WHO anerkannte seelische Erkrankung) im Vordergrund stünde, fiele die Bearbeitung derselben in die Leistungserbringerschaft der Eingliederungshilfe im SGB IX und damit die Klientel heraus aus der Zuständigkeit der Facheinrichtungen der Wohnungslosenhilfe, was nicht in deren Sinne ist.
Ähnliche „Ausgrenzungstendenzen“ finden sich auch in der Suchthilfe, in deren fachlichem Fokus die Beratung, Begleitung und Behandlung von Menschen mit Substanzkonsumstörungen liegt.
Herangehensweise der Suchthilfe
Sozialarbeiterisch geprägte Suchthilfe beschäftigte sich lange mit ihrer eigenen therapeutischen Qualifizierung für Behandlungsmaßnahmen jeglicher Art und konzentrierte sich lange Zeit auf im weitesten Sinne behandlungswillige Klientel, deren Motivation und Veränderungsbereitschaft durch Lebenskrisen (point of no return) hervorgerufen worden war. Auf der Strecke blieben allerdings häufig die oben beschriebenen Menschen mit ihren mannigfachen Problemstellungen, denn sie sind oft nicht in der Lage, eigenständig Beratungs- und Behandlungseinrichtungen jedweder Art aufzusuchen oder einen Behandlungsplan zu absolvieren. Vielmehr bedarf es hier aufsuchender Arbeit bzw. niedrigschwelliger Suchthilfe, um überhaupt die Bereitschaft zur Annahme suchtspezifischer Hilfen zu entwickeln. Auch fehlt es nicht selten an Kooperationen der Suchthilfe mit angrenzenden Hilfegebieten der Allgemeinen Sozialberatung und/oder der Fachberatung Wohnungslosenhilfe.
Hiermit werden wesentliche Problemkreise deutlich, die eine gesamtgesellschaftliche soziale Herausforderung darstellen.
Aktuelle Entwicklungen in beiden Hilfefeldern
Der oben beschriebenen Situation begegnet die Wohnungslosenhilfe i.d.R. mit breitestmöglicher Erreichbarkeit, niedrigschwelligen Angeboten sowie einer guten Vernetzung mit kommunalen Ämtern (Soziales, Wohnung) und selten mit Blick auf gesundheitliche Belastungen des Einzelnen.
Die Suchthilfe ist schon lang nicht mehr nur auf die Abhängigkeit von einer bestimmten Substanz bezogen, sondern fokussiert den Menschen in aktuellen Lebenssituationen oder betrachtet seinen erlernten Umgang mit gewachsenen belastenden Themen seiner Lebensgeschichte. Hier geht es also nicht mehr um die Frage „Schnaps oder Heroin?“, sondern um soziale Herausforderungen, an denen Menschen zugrunde gehen oder nicht. Dieser Verschiebung wurde in der Suchthilfe vielerorts Rechnung getragen, indem Drogenberatungsstellen, die den Fokus auf Heranwachsende legten, und traditionelle Suchtberatungsstellen, die sich eher Menschen mit „konventionellen“ Alkoholkonsumstörungen widmeten, zusammengelegt wurden. So profitierten beide Angebote voneinander: Die klassisch hochschwellig und therapeutisch ausgerichtete Beratungsstelle wurde um den niedrigschwelligen Ansatz der „Jugend- und Drogenberatung“ mit aufsuchender Sozialarbeit ergänzt. So konnte nun neben der „sprechstundentauglichen Termin-Klientel“ auch die Gruppe der verelendeten Straßenklientel, die der Einladung in Sprechstunden nicht folgen konnte, durch proaktives Aufsuchen im Rahmen der Straßensozialarbeit erreicht werden.
Und hier wurde die große Schnittmenge beider Hilfesysteme – Sucht- und Wohnungslosenhilfe – sichtbar, sind doch viele chronisch Abhängigkeitskranke ebenfalls sozial verelendet, leben ohne eigene Wohnadresse auf der Straße und können ihren Alltag nur noch mithilfe von Suchtmitteln durchstehen.
Möglichkeiten der Zusammenarbeit … von der Wohnungslosenhilfe her gedacht
Menschen, deren Lebensmittelpunkt die Straße oder der Park ist, finden in den Kontaktläden der Wohnungslosenhilfe Ansprechpartner:innen für soziale Fragen, aber auch Ruheräume, Möglichkeiten der Tagesstruktur oder schlicht Grundversorgung wie Essen und Trinken sowie sanitäre Angebote. Orientiert an ihren Lebensumständen hilft dieser Personengruppe die Entwicklung von Angeboten, die auf niedrigschwelligem Niveau beginnen.
Hier geht es vor allem darum, Menschen eine Perspektive zu geben, Selbstwirksamkeitskräfte und Ressourcen zu wecken, bspw. mit niedrigschwelligen Beschäftigungsangeboten, die Rücksicht auf die kräftezehrenden Lebensumstände der Teilnehmenden nehmen. Diese Angebote können einen hoch sinnstiftenden Effekt haben. In diesen niedrigschwelligen Angeboten können die ansonsten verschieden sozialisierten Berufsgruppen der Sucht- und Wohnungslosenhilfe gemeinsam wirken und Unterstützung schaffen.
Möglichkeiten der Zusammenarbeit … von der Suchthilfe her gedacht
Streetwork der Suchthilfe wurzelt historisch in der Drogenhilfe für jugendliche Konsument:innen und hat sich mittlerweile häufig für alle „User-Szenen“ auf den Straßen, in Parks und vor Bahnhöfen etabliert. Niedrigschwellige Hilfen für Konsument:innen von Suchtmitteln (Safer Use, Spritzentausch, Ernährung, Schlafangebote, Tagesstruktur etc.) dienen der existenzsichernden und gesundheitlichen Grundversorgung und damit der Sofort- und Überlebenshilfe. Diese Hilfen, die ohne Voraussetzungen in Anspruch genommen werden können, bieten gleichzeitig einen Zugang zu weiterführenden Angeboten der Suchthilfe und sind damit der Ort des niedrigschwelligsten Zugangs.
Was bisher konkret geschah
2013 formulierte die Caritas-Suchthilfe (CaSu) bereits das Positionspapier „Niedrigschwellige Hilfen für Menschen mit suchtbezogenen Problemlagen“, in dem sie zur Zusammenarbeit von Sucht- und Wohnungslosenhilfe aufrief. Hieran anschließend bildete sich im Auftrag der Vorstände der beiden Bundesarbeitsgemeinschaften CaSu und Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (KAG W) eine paritätisch besetzte Projektgruppe, die sich konkret mit Fragestellungen zur verbesserten Kooperation beider Hilfefelder auseinandersetzte. Ein bisheriges Ergebnis ist ein gemeinsam entwickeltes Diskussionspapier im Jahr 2021 zum „Verständnis der niedrigschwelligen Sucht- und Wohnungslosenhilfe-Angebote der Caritas“. Die Arbeit wird in einer offenen Arbeitsgruppe (AG Sucht- und Wohnungslosenhilfe) fortgeführt.
Im intensiven Austausch dieser gemeinsamen Arbeitsgruppe zu den unterschiedlichen Positionen, Traditionen und Kulturen zweier an sich eng verwandter Arbeitsfelder zeigen sich Synergiemöglichkeiten der Fachdisziplinen, die bisher noch weitgehend ungenutzt geblieben sind.
Ziele
Die grundlegende Empfehlung der Arbeitsgruppe an die beiden Hilfefelder bedeutet für die Wohnungslosenhilfe, Suchtphänomene intensiver handlungsleitend wahrzunehmen, und für die Suchthilfe, ihre klinische Perspektive um die Wahrnehmung der Breite sozialer Lebenssituationen zu erweitern und den Blick über das Familiensystem hinaus auf das gesamte Umfeld zu richten. Für beide Hilfefelder gilt, ihre Angebote vor Ort, stärker als bisher, konzeptionell und strukturell, auf der Grundlage eines gemeinsamen Hilfeverständnisse und einer gemeinsamen „Sprache“ zu vernetzen.
Ergebnisse sollen die Auflösung starrer Positionen im eigenen Feld zugunsten gegenseitiger Unterstützung und ein Gewinn an Perspektiven sein. Enge Zusammenarbeit, gelegentlich auch Fusion, zumindest aber gemeinsame Konzeptionierung von Sucht- und Wohnungslosenhilfe sind unabdingbar.
Wenn das Ziel aller Aktivitäten der Wohlfahrtsverbände in Deutschland die Verbesserung von Lebenslagen gesellschaftlich Benachteiligter ist, so heißt dies bei der Caritas: Not sehen und Handeln. Damit ist die Zielrichtung eindeutig: Zuvorderst stehen Menschen, die sich (noch) nicht selbständig um Beendigung ihrer Notlagen kümmern können. Folglich müssen die in diesem Artikel fokussierten Hilfebedürftigen den Kern aller Bemühungen darstellen.
Über die AG Sucht- und Wohnungslosenhilfe
Seit 2010 beschäftigte sich ein Arbeitskreis der CaSu, bestehend aus Mitgliedern und Vorständen, mit der Problematik „Niedrigschwellige (Sucht-)Hilfen“ und verfasste 2013 ein entsprechendes Positionspapier. Hieraus ergab sich die Initiative, zudem externe Mitstreiter:innen bei der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (KAG-W) für eine Projektgruppe zu finden. Diese Projektgruppe fasste ihre Arbeitsergebnisse 2021 in einem Diskussionspapier zusammen. Schließlich kam es zur zeitlich unbefristeten AG Sucht- und Wohnungslosenhilfe, in der sich zweimal jährlich Praktiker:innen über ihre Erfahrungen austauschen. Geleitet wird diese AG gemeinsam von Jane van Well, Vorstandsmitglied der KAG-W, und Thomas Rasch, Vertreter des CaSu-Rates.
Jane van Well
SKM Köln – Sozialdienst Katholischer Männer e. V.
Große Telegraphenstraße 31
50676 Köln
Jane.vanWell(at)skm-koeln.de
Thomas Rasch
Caritasverband für den Kreis Mettmann e. V.
Johannes-Flintrop-Straße 19
40822 Mettmann
thomas-rasch(at)gmx.de
Angaben zu den Autor:innen:
Jane van Well ist Diplom-Sozialarbeiterin und Kriminalpräventionsfachkraft. Sie leitet beim SKM Köln (Sozialdienst Katholischer Männer e. V.) das Sachgebiet „Niedrigschwellige Hilfen“. Thomas Rasch ist Diplom-Sozialpädagoge und Sozialtherapeut (Integrative Suchttherapie). Bis Frühjahr 2023 verantwortete er als Bereichsleiter in der Geschäftsleitung des Caritasverbandes Mettmann u. a. die Abteilung Rehabilitation „Menschen in Krisen“.
TRIAS Verlag, Stuttgart 2023, 144 Seiten, 19,99 €, ISBN 9783432117256
Traumata sind sehr vielfältig und reichen vom Bindungstrauma bis zur Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Viele werden durch Trigger immer wieder neu aktiviert und machen dadurch den Betroffenen das Leben schwer. Häufig werden traumatisierte Menschen von heftigen Gefühlen wie Angst und Wut überschwemmt. Andere spüren sich gar nicht mehr richtig, greifen gar zu Suchtmitteln oder neigen zu selbstverletzendem Verhalten. Um die Symptome von Traumafolgestörungen zu lindern und mehr Stabilität und innere Ruhe im Alltag zu erreichen, bietet der Trauma-Notfallkoffer:
alles Wissenswerte, um Traumata zu verstehen,
vielfältige Möglichkeiten zur Selbsthilfe und
praktische Übungen und Tipps aus der therapeutischen Praxis.
Die Polizei hat im vergangenen Jahr rund 340.000 Rauschgiftdelikte registriert. Das bedeutet einen Rückgang der Gesamtzahl der Delikte um 5,6 Prozent. Die Anzahl der Rauschgift-Handelsdelikte ist in einem ähnlichen Umfang gesunken – um 6,4 Prozent. Allerdings setzt sich der seit 2017 vorherrschende und besorgniserregende Trend von steigenden Rauschgift-Todesfällen weiter fort: 2022 wurden neun Prozent mehr Rauschgifttote registriert. Damit stieg deren Zahl auf 1.990 Personen an – 90 mehr als im Vorjahr. Die häufigsten Todesursachen bleiben dabei der Konsum von Opiaten, Heroin und Opiat-Substitutionsmitteln.
Trotz der gesunkenen Gesamtzahl der Rauschgiftdelikte gehen die Polizeibehörden von einer hohen und zunehmenden Verfügbarkeit von Betäubungsmitteln sowie einer hohen Nachfrage aus. Darauf deuten nicht nur zahlreiche Großsicherstellungen und die teils erheblich gestiegenen Ernteerträge in den Herkunftsregionen der klassischen Rauschgiftarten hin, sondern auch die wachsenden Produktionskapazitäten illegaler Labore zur Herstellung synthetischer Drogen, die weiterhin eine bedeutende Rolle spielen.
So wird der Amphetamin- und Ecstasy-Markt durch große Produktionskapazitäten in den Niederlanden beliefert. Ein Trend zur europäischen Herstellung ist auch bei Methamphetamin/Crystal Meth zu beobachten. Bei Großsicherstellungen dieser Droge ist zudem Mexiko als Herkunftsland von immer größerer Bedeutung – so wurden erstmals im Jahr 2022 in Deutschland große Mengen Methamphetamin sichergestellt, die nachweislich auf Großlieferungen aus Mexiko zurückzuführen sind.
Im Bereich des Kokain-Handels setzt sich der Trend fort: Seit 2018 steigen die Zahlen stetig. Erst Anfang Oktober dieses Jahres kam es zu Festnahmen von Mitgliedern einer Tätergruppierung, die hunderte Kilogramm Kokain nach Deutschland geschmuggelt haben soll. Darüber hinaus gab es vor allem in Seehäfen große Kokain-Sicherstellungsmengen. In den Niederlanden und Belgien beobachten die Sicherheitsbehörden zudem, dass sich das Gewaltpotenzial gerade bei den Tätergruppierungen, die im Schmuggel von Kokain von Südamerika nach Europa tätig sind, deutlich erhöht. In beiden Staaten wird dieser Entwicklung mit verstärkten polizeilichen Maßnahmen begegnet, so dass die Gefahr einer Verdrängung der Kokaineinfuhren auf deutsche Seehäfen besteht.
BKA-Präsident Holger Münch:
„Wir beobachten im Bereich der Rauschgiftkriminalität in Europa eine Infiltration der großen Häfen und die Anwendung von Gewalt durch die Organisierte Kriminalität zur Behauptung von Vormachtstellungen. Neben Gegenmaßnahmen an den Seehäfen in Deutschland und Europa, die mittlerweile unter Mitwirkung aller relevanten Akteure initiiert wurden, ist die internationale Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein unserer Bekämpfungsstrategie – insbesondere auch mit den südamerikanischen Herkunfts- und Transitstaaten von Kokain. Der international organisierte Rauschgifthandel ist nach wie vor ein Hauptbetätigungsfeld der Organisierten Kriminalität, mit dem beträchtliche Gewinne erzielt werden, die häufig in den legalen Wirtschaftskreislauf eingebracht werden und so großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichten. Im Bundeskriminalamt führen wir daher Ermittlungsverfahren gegen führende Köpfe der organsierten Rauschgiftkriminalität – sogenannte High-Value-Targets – und bauen unsere Kompetenzen im Bereich der Finanzermittlungen aus, um illegale Gewinne konsequent abzuschöpfen.“
Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht und Drogenfragen:
„Nachrichten, dass immer mehr Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums sterben, sind für mich immer aufs Neue schockierend. Und sie alarmieren mich, in meinen Anstrengungen um eine neu ausgerichtete Drogenpolitik nicht nachzulassen. Stärken, schützen, helfen sind hierfür meine Handlungsstränge. Rund zehn Millionen Menschen sind süchtig in Deutschland. Damit sind wir alle beim Thema Sucht gefordert. Denn Sucht ist eine Krankheit. Deshalb stehe ich für eine Politik ohne Scheuklappen, die für die Menschen arbeitet und mehr in Prävention als auf die bloße Kraft von Verboten setzt. Ich stehe für eine Politik, die anerkennt, dass Menschen aus vielfältigen Gründen konsumieren und dass wir die Risiken dieses Konsums so klein wie möglich halten müssen, und für eine Politik, die niemanden abstempelt oder aufgibt, sondern ernsthaft und vorbehaltlos Hilfe anbietet. Die ersten Schritte auf dem Weg dahin hat die Ampelregierung gemacht: etwa mit der bundesweiten Möglichkeit für Drug-Checking, dem Modellprojekt zur Fentanyl-Testung und der gestarteten kontrollierten Cannabisfreigabe.“
In einem gemeinsamen Ermittlungskomplex der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Eingreifreserve – und des Bundeskriminalamts (BKA) erfolgten am 11. Oktober in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zahlreiche Festnahmen und Durchsuchungen wegen des Verdachts des bandenmäßigen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Die Maßnahmen richteten sich gegen mutmaßliche Beteiligte eines internationalen Netzwerks, das sich Anfang des Jahres 2020 zusammengeschlossen haben soll, um Kokain im dreistelligen Kilogrammbereich im Rhein-Main-Gebiet und im angrenzenden europäischen Ausland zu vertreiben.
Die Einsatzmaßnahmen erfolgten in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität in Split/Kroatien und den kroatischen Polizeibehörden, die ein paralleles Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßliche Tätergruppierung führen.
In Deutschland waren unter der Leitung des BKA mehr als 300 Beamtinnen und Beamte des BKA, der Bundespolizei einschließlich der Spezialkräfte der Bundespolizei, der Zollfahndung sowie der hessischen, rheinland-pfälzischen und baden-württembergischen Landespolizei an den Maßnahmen beteiligt.
Bei dem gemeinsamen Vorgehen, das auch Maßnahmen in Kroatien und Polen beinhaltete, wurden rund 30 Objekte im In- und Ausland durchsucht und acht Haftbefehle vollstreckt, davon sechs in Deutschland.
Die Beschuldigten sind zwischen 31 und 65 Jahre alt. Sie besitzen die kroatische, serbische, bulgarische, nordmazedonische, montenegrinische, russische, österreichische, irakische, deutsch-marokkanische und deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Ermittlungen basieren auf der Auswertung von Kommunikation, die die Beschuldigten hochkonspirativ über den Krypto-Anbieter SkyECC führten. Die Beschuldigten sollen im Jahr 2020 mehrere hundert Kilogramm Kokain von Großhändlern aus Norddeutschland bzw. dem Benelux-Raum bezogen und diese überwiegend im Rhein-Main-Gebiet und dem angrenzenden europäischen Ausland vertrieben haben. Zu diesem Zweck sollen sie sich eines Netzwerkes von Kurierfahrern und Bunkerverwaltern bedient haben. Die von den Kurierfahrern eingesetzten Fahrzeuge sollen mit professionellen Schmuggelverstecken ausgestattet gewesen sein. Das umgesetzte Kokain und die erzielten Bargelderlöse sollen in mehreren Bunkerwohnungen im Frankfurter Stadtgebiet aufbewahrt worden sein.
Auch im Jahr 2023 soll die Gruppierung weiter mit Betäubungsmitteln gehandelt haben. Am 19.09.2023 wurde ein Kurier, welcher der Gruppierung zugerechnet wird, bei der Rückfahrt aus Belgien im Rahmen einer Zollkontrolle festgenommen.
Bei der Durchsuchung der rund 30 Objekte im In- und Ausland wurden zahlreiche elektronische Datenträger und Unterlagen sichergestellt. Mehrere Kraftfahrzeuge, bei denen der Verdacht besteht, dass sie über professionelle Schmuggelverstecke verfügen, wurden zur näheren Untersuchung auf Polizeidienststellen verbracht.
Im Zuge der Maßnahmen vom 11. Oktober wird ein Vermögensarrest vollstreckt, der zu der Sicherung von Vermögenswerten in Höhe von 1,6 Millionen Euro führt.
Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und des Bundeskriminalamtes, 11.10.2023
Dr. Johannes Nießen wurde am 4. Oktober 2023 zum Errichtungsbeauftragten des neuen Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) ernannt. In dieser Funktion wird er ab sofort auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) leiten. Am 5. Oktober wurde er von Dr. Antje Draheim, Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Ingo Behnel, Leiter Zentralabteilung, Europa und Internationales, und Dr. Ute Teichert, Leiterin Abteilung Öffentliche Gesundheit, den Mitarbeitenden der BZgA am Dienstort in Köln vorgestellt. Der promovierte Bevölkerungsmediziner leitete zuletzt das Gesundheitsamt Köln.
Dr. Johannes Nießen, Leiter der BZgA: „Mit dem Aufbau des neuen Bundesinstituts verbessern wir die Prävention, die Gesundheitskompetenz und den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Gleichzeitig stärken wir die Forschung und Kommunikation zu nicht übertragbaren Krankheiten. Das BIPAM ist zentraler Ansprechpartner und vernetzt Akteurinnen und Akteure auf Ebene von Bund, Ländern und Kommunen aus der Wissenschaft, Praxis und Politik.“
Das neu zu errichtende Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) wird sich mit der Vermeidung nicht übertragbarer Erkrankungen wie Krebs, Demenz und koronare Herzerkrankungen befassen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Menschen zu steigern, ihre Lebenserwartung zu verlängern und die Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem zu reduzieren. Dazu sollen Daten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung erhoben und ausgewertet werden, um zielgruppenspezifische Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Eine weitere Aufgabe wird die Vernetzung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sein. Die Forschung auf dem Gebiet der nicht übertragbaren Krankheiten soll dazu beitragen, individuelle Risiken und soziale Gesundheitsfaktoren zu erkennen und zu bewerten.
Johannes Nießen wurde 2021 in den Corona-Expertenrat der Bundesregierung einberufen. Zudem ist Nießen seit 2022 Vorsitzender des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD).
Pressemitteilung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 5.10.2023