Autor: Simone Schwarzer

  • Atemkraft

    Übersetzung ins Deutsche: Cornelia Schlicht
    Schattauer/Klett Cotta-Verlag, Stuttgart 2025, 340 Seiten, 40,00 €, ISBN 978-3-608-40162-2

    Kann Atmen unser Bewusstsein verändern? Für Breathwork-Praktizierende weltweit lautet die Antwort seit Langem: ja. Eine kurzzeitige Veränderung des Atemrhythmus kann Kindheitserinnerungen wieder aufleben lassen, mentale Bilder vor Augen zaubern, Traumaverarbeitung unterstützen oder spirituelle Erfahrungen auslösen.

    Psychologie und Neurowissenschaft haben gerade erst begonnen, die Wirkungen und Mechanismen von Breathwork zu erkunden – mit faszinierenden Ergebnissen. Die Kurzzeit- wie auch Langzeiteffekte von Breathwork scheinen in vieler Hinsicht denen einer psychedelischen Erfahrung zu ähneln – innere Farbenspiele ohne LSD, mystische Begegnungen ohne magische Pilze und psychologische Heilungserlebnisse ohne MDMA. Dieses Buch betrachtet Breathwork aus den Blickwinkeln der Wissenschaft, des traditionellen Wissens und der heutigen Praxis. Durch welche neuronalen Mechanismen wirkt Breathwork? Worauf müssen Praktizierende und Begleiter achten? Vor allem ermutigt dieses Buch, Breathwork selbst zu erleben und eigene Begegnungen mit sich selbst „unter der Oberfläche“ zu sammeln.

  • Warum bin ich hier?

    Warum wohne ich nicht bei meinen Eltern? Für viele Kinder und Jugendliche in Wohngruppen oder Heimen ist diese Frage prägend – und oft schmerzhaft unbeantwortet. Ein neues Handbuch gibt Fachkräften in der Jugendhilfe ein Programm zur strukturierten Biografiearbeit an die Hand, das jungen Menschen hilft, die eigene Geschichte zu verstehen. Co-Autorin ist Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

    Das Programm „Ankommen“ ist eine Gruppenintervention für junge Menschen in stationären Jugendhilfeeinrichtungen. Ziel ist es, insbesondere Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren Raum zu geben, ihre Geschichte zu reflektieren, Brüche zu verstehen und ein Stück mehr bei sich selbst und in der Jugendhilfeeinrichtung „anzukommen“. Entwickelt und evaluiert wurde es von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Ulm in enger Zusammenarbeit mit Partnern in der Jugendhilfe. Zum Team gehört auch Professorin Elisa Pfeiffer, die bis 2024 am Uniklinikum Ulm als leitende Psychologin tätig war und bis heute die dortige Arbeitsgruppe „Psychotraumatologie im Kindes- und Jugendalter“ leitet.

    Viele Kinder und Jugendliche in Heimen haben traumatische Erfahrungen gemacht: Gewalt, Vernachlässigung, Bindungsabbrüche. „Gleichzeitig wissen viele Jugendliche gar nicht genau, warum sie nicht mehr bei ihrer Familie leben“, erklärt Elisa Pfeiffer. „Biografiearbeit hilft ihnen ihre Geschichte zu verstehen, mit Loyalitätskonflikten und Schamgefühlen umzugehen und sich als handlungsfähige Person mit einer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu erleben.“

    Schwerpunkt: der Übergang von zu Hause in die Einrichtung

    In acht Sitzungen werden zunächst Informationen vermittelt, beispielsweise zu Kinderrechten und dem formalen Prozess der Fremdunterbringung, sowie Strategien im Umgang mit den eigenen Gefühlen und Stress. Im Zentrum des Programms steht aber die Biografiearbeit, in der die Jugendlichen sich mit ihrem bisherigen Leben und insbesondere ihren ersten Tagen in der Einrichtung auseinandersetzen. „Diese Kinder und Jugendlichen haben oft so viel erlebt, das reicht für ein ganzes Leben und wäre zu viel für diese Sitzungen“, erklärt Psychotherapeutin Pfeiffer. „Wir betrachten daher gezielt den Übergang von zu Hause in die Einrichtung: Was habe ich in den ersten Tagen erlebt? Und was habe ich gefühlt?“ Konkret thematisiert werden mögliche Loyalitätskonflikte gegenüber der Herkunftsfamilie und Stigmatisierungen, beispielsweise erarbeiten die Teilnehmenden eine persönliche „Coverstory“ als Antwort auf die Frage, warum sie nicht bei ihren Eltern wohnen.

    Austausch mit Gleichaltrigen in der Gruppe

    „Ankommen“ ist keine Therapie, sondern ein pädagogisches Gruppenprogramm, das von Mitarbeitenden der Jugendhilfe selbst durchgeführt wird. „Es war uns wichtig, dass diese Intervention niedrigschwellig ist. So müssen die Kinder nirgends extra hinkommen und kennen die Fachkräfte vor Ort, die das Programm durchführen, bereits gut und haben Vertrauen“, erklärt Elisa Pfeiffer. Trotz begrenzter zeitlicher Ressourcen haben die beteiligten Fachkräfte bislang sehr positiv auf diesen Ansatz reagiert: „Viele gestalten die Gruppenarbeit über die Anleitungen in unserem Handbuch hinaus mit eigenen Ideen und Ritualen und sind unglaublich motiviert.“

    Ein wichtiger Baustein des Konzepts ist zudem der Austausch mit Gleichaltrigen in der Gruppe, wie sich in der Evaluation zeigte. Viele Jugendliche berichteten, dass sie nach der Teilnahme auch im Alltag offener über ihre Probleme sprechen konnten. Das Gruppensetting vermittle den Jugendlichen ein Gefühl von „Normalisierung“ und gegenseitiger Unterstützung, betont Elisa Pfeiffer.

    Selbstwertgefühl und Erleben von Selbstwirksamkeit

    Die Pilotstudie mit 115 Jugendlichen in 18 stationären Jugendhilfeeinrichtungen in Süddeutschland zeigt insgesamt vielversprechende Ergebnisse: Besonders Teilnehmende mit niedrigem Selbstwert und hoher psychischer Belastung profitierten. Ihr Selbstwertgefühl und ihr Erleben von Selbstwirksamkeit verbesserten sich signifikant, zugleich nahmen Symptome für Depression und posttraumatische Belastungsstörung ab. „Das Programm stärkt das Vertrauen der Teilnehmenden in sich selbst und hilft ihnen auch schwierige Aspekte der eigenen Biografie einzuordnen“, resümiert Pfeiffer.

    Sehr nachvollziehbar ist also, dass viele der am Projekt beteiligten Einrichtungen das Programm mittlerweile fest in ihren Strukturen etabliert haben und regelmäßig anbieten. Das Autorenteam hofft, dass „Ankommen“ über das Handbuch deutlich weiterverbreitet wird. Neben der Ausgabe für Jugendliche von 12 bis 17 Jahren gibt es inzwischen auch eine Kinderversion für 7- bis 11-Jährige. Beide Manuale sind als E-Book kostenlos verfügbar und können ohne zusätzliche Schulung genutzt werden, eine vorbereitende Fortbildung wird aber empfohlen. Gefördert wurde das Projekt von der Baden-Württemberg Stiftung.

    Originalpublikation:
    ANKOMMEN – Biografiebezogene Gruppenintervention für Jugendliche zum Umgang mit der eigenen Fremdunterbringung

    ANKOMMEN KIDS – Anpassung der Intervention für Kinder zwischen 7 und 11 Jahren

    Pressemitteilung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, 7.8.2025

  • Warnung: gefälschte Oxycodon-Tabletten

    Das NEWS-Projekt (National Early Warning System) des IFT hat eine Warnung zu gefälschten Oxycodon-Tabletten herausgegeben:

    Im April dieses Jahres wurde bereits eine europäische Warnmeldung zu gefälschten Oxycodon-Tabletten veröffentlicht. Die in Finnland, Schweden, Island und der Schweiz entdeckten Tabletten enthielten Substanzen aus der Stoffgruppe der Nitazene. Bei Nitazenen handelt es sich um in der Regel hochpotente synthetische Opioide.

    Nun veröffentlichte die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege eine ähnliche Warnmeldung. Demnach wurden in Berlin einige Hundert gefälschte Oxycodon-Tabletten sichergestellt. Die Tabletten enthalten nicht (wie angegeben) den bekannten Wirkstoff Oxycodon, sondern auch hier das hochpotente synthetische Opioid N,N-Dimethyl-Etonitazen, das unter das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) fällt.

    Hintergrund:

    • Es wurden mehrere Hundert Tabletten in Berlin sichergestellt.
    • Die betroffenen Tabletten sind bereits beim Drug-Checking-Projekt in Berlin aufgetaucht.
    • Es besteht der Verdacht, dass zudem ein Postversand mit BtM betrieben wurde, so dass die Verbreitung dieser Tabletten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur den Berliner Markt betrifft.

    Gesundheitsrisiken:

    N,N-Dimethyl-Etonitazen ist nochmal deutlich potenter als Fentanyl, wobei Fentanyl schon eine ca. 100-fache Potenz im Vergleich zu Morphin hat. Damit bergen diese neuen synthetischen Opioide ein extrem hohes Risiko für Atemdepressionen, Überdosierungen und Todesfälle – insbesondere bei Menschen ohne Opioid-Toleranz oder bei nicht erwarteter Wirkstoffstärke.

    Empfehlungen:

    • Bitte informieren Sie Ihre Zielgruppe über die aktuelle Gefährdung.
    • Weisen Sie insbesondere opioidkonsumierende Menschen auf die potenziell tödliche Wirkung dieser Substanzen hin.
    • Bei Zweifeln an der Echtheit von Arzneimitteln sollte auf keinen Fall ein Konsum erfolgen.

    Quelle: Mitteilung des NEWS-Projektes, 5.8.2025

  • Zwei Jahre Bürgergeld in der Praxis

    Ausgabe 1/2025 – Archiv für Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit
    Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau 2025, 96 Seiten, 18,20 €, ISBN 978-3-7841-3784-1

    Dieses Heft erläutert die Neuregelungen im Bürgergeld-Gesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat. Die Umsetzung von Kooperationsplan, Schlichtungsverfahren, ganzheitlicher Betreuung, Karenzzeit bei den Kosten der Unterkunft, Förderung der beruflichen Weiterbildung und Leistungsminderungen wird dargestellt. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen wird erörtert, ob die Ziele erreicht wurden und welche weiteren Reformen erforderlich sind.

  • Externe Suchtberatung in Haft

    „Ich wollte nicht zurück auf die Straße.“ Als Danilo (Name geändert) in die Justizvollzugsanstalt kam, war er am Ende seiner Kräfte. Mit Anfang 30 blickte er bereits auf eine langjährige Suchtmittelkarriere zurück – und auf ein Leben zwischen Entzug, Haft und Hoffnungslosigkeit. In der externe Suchtberatung von Condrobs traf er zum ersten Mal auf jemanden, der ihn nicht nur als Fallnummer sah. „Bei Condrobs wurde ich nicht verurteilt, sondern verstanden.“ Mit dieser Unterstützung konnte er beginnen, sich weiterzuentwickeln. Nach der Haft ging es für ihn in ein betreutes Wohnprojekt. Heute lebt Danilo in einer kleinen Wohnung, hat Kontakt zu seiner Schwester aufgenommen und plant eine Umschulung im sozialen Bereich. Doch Angebote wie dieses stehen jetzt auf der Kippe.

    Drohende Finanzierungslücke gefährdet Hilfe für suchtkranke Inhaftierte

    Die Mittel für externe Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten sind nicht ausreichend. Pro Vollzeitstelle müssen die Träger im Jahr 10.000 Euro Eigenmittel aufwenden. Für Träger wie Condrobs bedeutet das: Ein bewährtes Hilfsangebot mit enormer gesellschaftlicher Wirkung droht wegzufallen.

    Jede*r dritte Inhaftierte ist von einer Suchterkrankung betroffen, bei weiblichen Gefangenen sind die Zahlen sogar noch höher. Sucht ist nicht Ursache, sondern Symptom vieler biografischer Brüche und häufig Teil eines Teufelskreises aus Armut, Ausgrenzung, Gewalt und psychischer Belastung. Gerade in Haft könnten diese Muster durchbrochen werden. Doch dafür braucht es spezialisierte, unabhängige Fachkräfte.

    Einsparungen auf Kosten der Betroffenen und der Gesellschaft

    Die Externe Suchtberatung in Haft ist weit mehr als ein Gesprächsangebot: Sie bietet einen geschützten Raum, fern von den strikten Regeln der Anstalt, fern von Misstrauen und dem Machtgefälle zwischen Gefangenen und Vollzug. Für viele ist sie der einzige Ort, an dem sie über ihren Konsum, über erlittene Traumata, über ihre Angst vor Rückfällen oder die Qualen eines Entzugs sprechen können, ohne Angst vor Sanktionen haben zu müssen.

    Die Externe Suchtberatung baut wichtige Brücken in ein Leben nach der Haft. Sie öffnet Wege zu Therapien, sichert Zugänge zu Substitutionsprogrammen oder hilft dabei, nach der Entlassung eine stabile Wohnsituation zu finden. All das sind entscheidende Schritte, um Rückfälle zu verhindern und neue Perspektiven zu schaffen.

    In der Realität erhalten jedoch zu wenig Inhaftierte Zugang zu Substitution oder Therapieplätzen. Dabei ist die Wirksamkeit gut belegt – medizinisch, sozial und auch wirtschaftlich. Es geht um Schutz vor Infektionskrankheiten, um die Vermeidung von Rückfällen, um echte Kriminalitätsprävention. Wer hier spart, spart an der falschen Stelle und ignoriert nicht nur klare wissenschaftliche Fakten, sondern auch die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber Menschen, die einen zweiten Anlauf verdienen.

    Resozialisierung braucht Verlässlichkeit

    Ein funktionierender Übergang aus der Haft gelingt nur mit Kontinuität. Ohne vorbereitete Krankenversicherung, Therapieanbindung oder Wohnperspektive bleiben viele nach der Entlassung sich selbst überlassen. Mit fatalen Folgen. Für Menschen, die substituiert werden oder psychiatrische Unterstützung brauchen, ist das Risiko eines Rückfalls in Beschaffungskriminalität oder gar einer tödlichen Überdosierung besonders hoch.

    Unser Appell an die Bayerische Staatsregierung: Stellen Sie die Finanzierung der externen Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten dauerhaft sicher!

    Haft darf kein blinder Fleck der Sucht- und Gesundheitspolitik sein. Jeder Mensch hat ein Recht auf Behandlung, auch hinter Gittern. Und jede Investition in eine wirksame Resozialisierung lohnt sich doppelt: menschlich und gesellschaftlich.

    Unterstützung

    Petition Gefängnis ohne Perspektive? Externe Suchtberatung in Gefahr!

    Pressestelle von Condrobs e.V., München, 30.7.2025

  • Cannabis miniguide: update

    Cannabis remains the most widely used illicit drug in Europe. Our updated miniguide explores key health and social risks associated with its use, alongside evidence-based approaches to prevention, treatment and harm reduction across Europe. This update comes at a time of significant change, with new cannabis products emerging, patterns of use shifting and regulations undergoing reform.

    Cannabis: health and social responses

    This miniguide is one of a larger set, which together comprise Health and social responses to drug problems: a European guide. It provides an overview of the most important aspects to consider when planning or delivering health and social responses to cannabis-related problems, and reviews the availability and effectiveness of the responses. It also considers implications for policy and practice.
    Last update: 25 July 2025.

    Quelle: Newsletter Drugnet Europe: July 2025, 30.7.2025

  • Damit das Verlangen nicht zur Straftat wird

    Missbrauchsabbildungen im Netz nehmen rasant zu, so auch ihre Nutzung. Dem hat sich das EU-Präventionsprojekt STOP-CSAM unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit einer neuartigen therapeutischen Chat-Intervention gestellt. STOP-CSAM steht für: Scalable Technology for Online Prevention of Child Sexual Abuse & Child Abuse Materials. Anonym und kostenfrei können Menschen, bei denen ein Risiko vorliegt, in Interaktion mit geschulten Therapeut:innen treten. Das Tool hat sich als erfolgreich erwiesen. Darauf aufbauend führt ein Folgeprojekt das Chat-Angebot auf einer Selbsthilfe-Plattform fort und baut die Prävention weiter aus.

    Das Projekt STOP-CSAM

    Nach messbaren Erfolgen des therapeutischen Chat-Angebotes verstärken Forschende der Charité die Hilfe für Personen, die ein sexuelles Interesse an Kindern haben. Sie sollen dabei unterstützt werden, strafbares Verhalten zu unterlassen und gesunde Bewältigungsstrategien hinsichtlich ihrer Präferenzbesonderheiten zu entwickeln. Das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt STOP-CSAM startete vor knapp zwei Jahren mit dem Ziel, dem Missbrauch von Kindern durch sexualisierte Abbildungen präventiv zu begegnen. Potenzielle Täter und Täterinnen wurden bei der Suche nach Bildern im Netz angesprochen und an eine Online-Intervention weitergeleitet. Dort konnten sie Termine für einen interaktiven Chat, geführt von qualifizierten Therapeut:innen, vereinbaren, der in unterschiedlichen Sprachen angeboten wird.

    Dem Projektteam ist es gelungen, die bislang weltweit größte Gruppe von Personen durch eine solche gezielte Intervention zu erreichen. Insgesamt 5.029 Betroffene reagierten auf das therapeutische Angebot, 180 nahmen an jeweils vier Chat-Sitzungen teil, ein Teil von ihnen meldete sich zusätzlich für zwei Booster-Sitzungen an. Zwar lag die Abbrecherquote erwartungsgemäß hoch – etwa jede:r Zweite verließ die Studie vorzeitig – doch führte die Chat-Intervention bei den verbliebenen Teilnehmenden nachweislich zu einer Reduktion der Nutzung von Missbrauchsabbildungen, heißt es im jetzt veröffentlichten Abschlussbericht.

    Sinkende Nutzungsdauer und -intensität

    „Anhand der begleitenden Fragebögen konnten wir feststellen, dass sich nach den anonymen Online-Therapiesitzungen die Nutzungsdauer von Missbrauchsabbildungen im Schnitt um die Hälfte reduziert hat, auch waren die danach konsumierten Bilder weniger drastisch im Inhalt“, sagt Projektleiter Prof. Klaus Beier, Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité. „Das ist ein Erfolg, da jede Reduktion des Konsums bedeutet, dass weniger Straftaten begangen werden und realer Schaden an Kindern verhindert wird.“ Die dokumentierten, anonymen Chat-Verläufe wurden auch qualitativ ausgewertet. Dabei beobachteten die Forschenden ein kreislaufartiges Muster aus Gefühlen und dem Konsum von Missbrauchsabbildungen, ähnlich wie es von Suchterkrankungen bekannt ist.

    Start des Folgeprojekts TD-CHAT

    Aufbauend auf den Erkenntnissen von STOP-CSAM konnte inzwischen die Troubled Desire Selbsthilfe- und Chat-Studie TD-CHAT beginnen. Sie prüft mit wissenschaftlichen Methoden das Gesamtkonzept der Informations- und Selbsthilfe-Plattform Troubled Desire. Betroffene finden hier mehrsprachige und niedrigschwellig zugängliche Selbsthilfe-Anleitungen. Auch kostenfreie und anonyme Chat-Sitzungen in einem geschützten digitalen Raum mit geschulten Therapeut:innen unter Schweigepflicht werden angeboten.

    TD-CHAT setzt den Weg von STOP-CSAM fort und trägt dazu bei, das erfolgreiche Präventionsangebot weiter auszubauen. Wie das Vorgängerprojekt leistet auch TD-CHAT weltweit einen Beitrag zur Prävention, in deren Zentrum potenzielle Täter und Täterinnen stehen. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Konsum von Missbrauchsabbildungen die Schwelle für Übergriffe in der Realität senkt. Prävention schützt demnach nicht nur Kinder, die auf Abbildungen gelangen, sondern auch potenzielle Opfer von Kindesmissbrauch im täglichen Leben.

    Weitere Informationen:
    Abschlussbericht STOP-CSAM PROJECT
    https://troubled-desire.com

    Pressestelle der Charité – Universitätsmedizin Berlin, 29.7.2025