Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2022, 368 Seiten, 99,99 €, ISBN 9783132429376
Stoffgebundene und Verhaltenssüchte erfolgreich therapieren – dieses praxisorientierte Buch bietet einen Einstieg in die Arbeit der Suchtkrankenversorgung und schafft die Grundlage für eine Spezialisierung in Suchttherapie oder Suchtmedizin. Stoffgebundene sowie nicht-stoffgebundene Abhängigkeiten werden erläutert, wobei der Schwerpunkt auf den häufigsten und stoffgebundenen Süchten liegt. Der erste Teil behandelt die Entstehung und die Diagnostik sowie psychotherapeutische und medikamentöse Verfahren zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen. Im nächsten Teil werden alle wesentlichen stoffgebundenen und Verhaltenssüchte einzeln anhand einer einheitlichen Gliederung vorgestellt – mit Besonderheiten in der Therapie von Jugendlichen.
Diese Neuauflage ist komplett überarbeitet und aktualisiert, sie enthält neue Substanzen und Verfahren und umfassende Informationen zu Verhaltenssüchten. Neben den breiten Einsatzmöglichkeiten im Behandlungsalltag eignet sich das Buch zur Prüfungsvorbereitung auf die Qualifikation „Suchtmedizinische Grundversorgung“.
Der Inhalt des Buches steht auch digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App sind zahlreiche Inhalte auch offline griffbereit.
Katrin Bahr (Condrobs), Beatrix Zurek (Leitung Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München), Burkhard Blienert (Drogenbeauftragter), Frederik Kronthaler (Condrobs), Dr. Niklas Müller (Ministerium) (v.l.n.r.); Fotocredit: Condrobs
Digitale Streetwork ist ein aufstrebendes, sich in der Pionierphase befindendes Arbeitsfeld, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Prinzipien der traditionellen aufsuchenden Arbeit in die digitale Welt zu übertragen, um junge Menschen – insbesondere Suchtmittelkonsumierende –, dort zu erreichen, wo sie sich im digitalen Raum aufhalten, ist eine neue wichtige Aufgabe der Sozialen Arbeit. Rund 200 Teilnehmer:innen waren gespannt, welche Erkenntnisse sie beim „Fachtag Streetwork im Netz“ erwarten würden. Der Fachtag fand am 20.03.2023 in der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern statt und wurde von Condrobs e. V. und dem FachverbandDrogen- und Suchthilfe e. V. (fdr+) veranstaltetet.
Eröffnung
Eingeleitet wurde die gut besuchte Veranstaltung mit Grußworten von Condrobs-Geschäftsführer Frederik Kronthaler, Condrobs-Vorständin Katrin Bahr im Namen des fdr+, dem Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, Dr. Niklas Müller vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und Verena Dietl, 3. Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München (Letztere per Videobotschaft).
Junge Menschen im (post-)digitalen Raum
Dr. Niels Brüggen, Leiter der Abteilung Forschung am JFF-Institut für Medienpädagogik, gab Einblicke in die Welt junger Menschen im (post-)digitalen Raum. Er erklärte, wie Jugendliche digitale Räume nutzen und was in diesen kommuniziert wird. Die Erläuterungen der Funktion von Algorithmen und ihre Bedeutung für die Sichtbarkeit und Wahrnehmung von Inhalten sind für die digital aufsuchende Sozialarbeit wichtige Wissengrundlagen für ihren Auftritt im digitalen Raum. Sowohl Handlungsnotwendigkeiten als auch Perspektiven und Herausforderungen, die sich daraus für die pädagogische Arbeit ergeben, wurden deutlich.
Die Technologie bestimme längst Kommunikation und soziale Interaktion. Junge Menschen informieren sich zunächst über soziale Netzwerke und Plattformen, Medien wie Fernsehen sind weit abgeschlagen. Dabei bestimmen Algorithmen, die vom bisherigem Nutzer:innenverhalten „gefüttert“ sind, welche Informationen aktiv angeboten werden.
Brüggen führte aus, es entstehe eine neue Art von Umgebung, in der junge Menschen interagieren und kommunizieren. Damit Soziale Arbeit und pädagogische Angebote im Netz sichtbar und zugänglich seien, sei ein tieferes Verständnis erforderlich, wie junge Menschen Technologie nutzen und welche Kommunikationsmuster sie haben. Um Angebote zu schaffen, die für die Zielgruppe relevant und ansprechend sind, sei Voraussetzung, Motivationen und Interessen der Zielgruppe zu verstehen.
Condrobs-Projekt Streetwork im Netz – konkrete Umsetzung
Zentraler Inhalt des Fachtags war das Condrobs-Projekt Streetwork im Netz. Die Condrobs-Projektverantwortlichen Svenja Schürmann und Patrick Hey gaben Einblick in die konkrete Umsetzung der digital aufsuchenden Arbeit mit der Zielgruppe suchtmittelkonsumierender und gefährdeter junger Menschen. Die Daten zu Anzahl und Altersstruktur der erreichten jungen Menschen zeigen, dass das digitale Aufsuchen gelingt. Zentral ist die Vermittlung in weiterführende Hilfen.
Die Prinzipien der Streetwork wie Niedrigschwelligkeit, Transparenz und Freiwilligkeit (um nur einige zu nennen) werden konsequent auch in der digitalen Streetwork angewendet. Die angesprochenen User:innen auf den Plattformen schätzen u. a., dass sie sich anonym an die Streetworker:innen wenden können und im Kontakt Wertschätzung statt Stigmatisierung erfahren. Neben der Beratung und Vermittlung in Hilfen gehen die Streetworker:innen auch auf mögliche Konsumrisiken ein und geben Safer-Use-Tipps.
Die aktuelle Finanzierung des Projektes umfasst eine Stelle und läuft im Mai aus. Die immer wieder unzureichenden und befristeten Finanzierungen, mit denen das Condrobs-Projekt seit Projektbeginn 2018 kämpft, erlauben bislang keine größeren Entwicklungsschritte. Insgesamt muss politisch anerkannt werden, dass sich Soziale Arbeit den Aufgabenfeldern im Internet, das als Lebenswelt (junger) Menschen verstanden werden muss, umfassender, strukturiert und mit der erforderlichen Ausstattung widmen muss. Die Ausstattung muss langfristige und strategische Planungen und Umsetzungen ermöglichen. Hierfür sind entsprechende Anpassungen auch in Bezug auf Förderrichtlinien nötig, die bislang längerfristige Förderungen verhindern.
Condrobs-Projekt Streetwork im Netz – Ergebnisse der Begleitforschung der TH Nürnberg
Die Ergebnisse der Begleitforschung zum Condrobs-Projekt Streetwork im Netz präsentierte Prof. Dr. Robert Lehmann, Leiter des Instituts für E-Beratung an der TH Nürnberg, zusammen mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Mara Stieler. Gleich zu Beginn machte er deutlich: „Was Condrobs macht, funktioniert.“
In der Begleitforschung wurden verschiedene qualitative und quantitative Methoden eingesetzt, um Potenziale für die aktive Ansprache im digitalen Raum zu erforschen. Dabei konnten Lehmann und sein Team zentrale Wirkfaktoren im Bereich der digitalen Streetwork identifizieren. Dazu gehört
die Bedeutung der Netzidentität des Streetwork-Teams, um transparent zu sein und Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu schaffen. Weiterhin wurde die Rolle von Gatekeepern, die Zugang zu Foren und Plattformen schaffen und fördern können, erläutert. Dargestellt wurde zudem, wie wichtig angesichts der Schnelllebigkeit des Internets ein kontinuierliches Monitoring ist, um als Streetwork-Team immer auf dem neuesten Stand zu sein und zu wissen, wo und wie ein Zugehen auf die Zielgruppe sinnvoll ist.
Ein sehr zentrales Ergebnis der Begleitforschung ist, dass Streetwork im Netz junge Menschen erreicht, die bislang von den bestehenden Versorgungsstrukturen nicht erreicht wurden oder die sich vom Hilfesystem abgewandt haben. Hier baut Streetwork im Netz Brücken, um frühzeitige Hilfen zu ermöglichen. Die Ergebnisse der Studie zeigen eine hohe Zufriedenheit mit der Art der Ansprache und Beratung durch die Condrobs-Streetworker:innen. Die Empfehlung aus der Begleitstudie ist daher, Angebote mit den als wichtig und wirksam ermittelten Standards strukturiert und langfristig zu fördern.
Ein gelungener Austausch
Nach einer Pause wurden weitere Projekte vorgestellt, die aufsuchend im Netz arbeiten. Behandelt wurden dabei Themen wie Hate Speech, radikale und extremistische Narrative auf Social-Media-Plattformen sowie aufsuchende Beratungsarbeit in den sozialen Medien für zugewanderte Frauen.
In der Plenumsdiskussion wurden offene Fragen, künftige Handlungsempfehlungen und noch zu bewältigende Herausforderungen diskutiert. Alle Projekte, die beim Fachtag vorgestellt wurden, haben gemein, dass sie Neuland betreten haben und mit befristeten Fördergeldern ausgestattet sind. Die Wirksamkeit und Innovation der Projekte ist gegeben und wird allgemein anerkannt und geschätzt, dennoch fehlen längerfristige und breit gedachte Perspektiven für Verstetigungen sowie Ressourcen für Weiterentwicklungen und Ausbau. Hier sind Politik und Verwaltung gefragt, Lösungen zu finden. Soziale Arbeit muss zwingend ergänzend zu bestehenden analogen Versorgungsstrukturen breit aufgestellt in den digitalen Räumen aufsuchend Bedarfe identifizieren und Hilfeangebote machen.
Über Condrobs
Condrobs e. V. ist ein überkonfessioneller Träger mit vielfältigen sozialen Hilfsangeboten in ganz Bayern. Das Angebot umfasst innovative Projekte und Einrichtungen der Prävention, Sucht- und Wohnungslosenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe sowie Migrationsarbeit. Weitere Informationen unter www.condrobs.de
Für Jugendliche ist Social Media das Kommunikationsmittel der Wahl. Eine neue Auswertung mit Daten des Nationalen Bildungspanels zu den Kompetenzen im Bereich der digitalen Medien (ICT-Kompetenzen, Information and Communication Technologies) von 15- bis 18-Jährigen hat jetzt überraschende Erkenntnisse geliefert: Aktivitäten wie Chatten oder das Teilen von Bildern und Videos wirken sich nicht positiv auf die Kompetenzen beim Umgang mit digitalen Kommunikations- und Informationstechnologien aus. Im Gegenteil kann eine zu intensive Nutzung sozial-interaktiver Dienste sogar zu insgesamt geringeren digitalen Kompetenzen bei den Jugendlichen führen.
Beim Hausaufgaben machen oder Vokabeltraining schnell nebenbei eine Chatnachricht beantworten, ein Video teilen oder ein Selfie hochladen – Jugendliche nutzen soziale Medien häufig zur Unterhaltung, Zerstreuung und Ablenkung. Und genau dieses Verhaltensmuster kann sich negativ auf ihre Fähigkeiten auswirken, digitale Kommunikationsmedien zielgerichtet und fachkundig zu nutzen – zum Beispiel zur Recherche und bei der Bewertung von Suchergebnissen. Die Autoren des jetzt veröffentlichten Berichts, Dr. Timo Gnambs vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe und Dr. Martin Senkbeil vom IPN Kiel, sprechen hier von dem Gegensatz zwischen sozial-interaktiven und instrumentellen Nutzungsmotiven. Während die Nutzung digitaler Medien zur Unterhaltung und zum sozialen Austausch wenig anspruchsvoll ist, zahlt dagegen etwa die gezielte Informationssuche bei einer Online-Recherche direkt auf die Fähigkeiten der jungen Erwachsenen ein, souverän mit digitalen Informationstechnologien umzugehen. Bildungsforschende nennen das die ICT-Kompetenzen. Diese zählen heute neben Schreiben, Lesen und Rechnen zu den Schlüsselqualifikationen.
Nebenbei-Nutzung schadet
Doch es sind nicht nur die wenig anspruchsvollen Aktivitäten, die schlecht für die Verbesserung der ICT-Kompetenzen sind. Als problematisch beurteilt Dr. Martin Senkbeil die Gewohnheit der Nebenbei-Nutzung: „Soziale Online-Medien werden von den Jugendlichen häufig parallel zu schulischen Aufgaben genutzt. Dieses Multitasking beeinträchtigt jedoch Verstehens- und Lernprozesse und im Ergebnis sehen wir insgesamt geringere ICT-Kompetenzen“, so der Forscher des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN). Gemeinsam mit Mit-Autor Dr. Timo Gnambs fordert Senkbeil deshalb, dass die Vermittlung anspruchsvoller informationsbezogener Fertigkeiten standardmäßig in den fachbezogenen Unterricht integriert werden sollte. Schülerinnen und Schüler sollen beispielsweise lernen, wie sie gezielt Informationen mit einer Online-Recherche suchen, diese beurteilen, weiterverarbeiten und präsentieren und so ihre Fähigkeiten im komplexen Denken und Problemlösen trainieren.
Mädchen und Jungen gleich kompetent
Gnambs und Senkbeil haben bei ihrer Untersuchung der repräsentativen Stichprobe von 15- bis 18-jährigen Jugendlichen in Deutschland (mehr als 14.000 Personen, die am Nationalen Bildungspanel teilnehmen) auch einen Blick auf die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen geworfen. Ihr Ergebnis: Entgegen der weitläufig verbreiteten Annahme unterscheiden sich die Geschlechter kaum in ihren ICT-Kompetenzen. Allerdings schätzen männliche Jugendliche ihre eigenen Fähigkeiten systematisch höher ein. Die Forscher vermuten deshalb, dass Frauen technologiebasierte Berufsfelder und Ausbildungen eher deshalb meiden, weil sie in Bezug auf ihre Kompetenzen weniger Selbstvertrauen haben. Da sich die Unterschiede in der Selbsteinschätzung in Jugendalter schon stark verfestigt haben, rät Gnambs zu frühzeitigen Fördermaßnahmen bereits in der Kindheit: „Frühe Förderung kann zu mehr Chancengleichheit in späteren Lebensjahren beitragen und die Entwicklung tatsächlicher Unterschiede bei den ICT-Kompetenzen verringern.“
Alle Ergebnisse der Auswertung finden sich im vollständigen Bericht „Wie entwickeln sich ICT Kompetenzen im Jugendalter?“ der Reihe NEPS Forschung kompakt. Dieser steht auf https://www.lifbi.de/Transferberichte zum Download bereit und ist unter https://doi.org/10.5157/NEPS:FK01:1.0 dauerhaft verfügbar.
Originalpublikation:
Gnambs, T, & Senkbeil, M. (2023) Wie entwickeln sich ICT Kompetenzen im Jugendalter? (NEPS Forschung kompakt No. 1), Nationales Bildungspanel, Leibniz-Institut für Bildungsverläufe. https://doi.org/10.5157/NEPS:FK01:1.0
Über das NEPS und die Transferberichtsreihe
Das Nationale Bildungspanel (NEPS) besteht aus sieben großen Teilstudien, den sogenannten Startkohorten. Diese umfassen insgesamt mehr als 70.000 getestete und befragte Personen von der Geburt über Ausbildungs- und Erwerbsphase bis hinein in die Nacherwerbsphase sowie 50.000 zusätzlich befragte Personen aus deren Umfeld, etwa Eltern und pädagogisches Fachpersonal. Die Stichproben der Startkohorten wurden repräsentativ für ganz Deutschland gezogen. Die so erhobenen Daten werden anonymisiert und Bildungsforschenden weltweit zugänglich gemacht. Expertinnen und Experten aus 13 renommierten Forschungsinstituten arbeiten gemeinsam im deutschlandweiten NEPS-Netzwerk zusammen. Die Federführung liegt am LIfBi in Bamberg. Die Transferreihe NEPS Forschung kompakt – Aktuelle Auswertungen aus dem Nationalen Bildungspanel erscheint mehrmals im Jahr mit zentralen Forschungsergebnissen aus dem NEPS. Die Reihe wird vom NEPS-Netzwerkausschuss herausgegeben und von diesem verantwortet.
Pressestelle des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe, 31.3.2023
Dass Toxine in Tabakrauch die DNA verändern können, ist bekannt – bisher allerdings nicht, an welchen Stellen des Erbguts sie dies tun. Ein neuer Ansatz von Forschenden der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) bringt hier Klarheit. In Zukunft könnte man damit die Sicherheit vieler chemischer Stoffe einfacher als bisher bestimmen.
Chemische Verbindungen aus Tabakrauch verändern die DNA von Lungenzellen so, dass längerfristig Krebs entstehen kann. Forschende der ETH Zürich haben solche Veränderungen nun zum ersten Mal genau lokalisieren können. Ihre Resultate sind eindeutig: Das von ihnen in Zellkulturexperimenten bestimmte Muster der DNA-Veränderungen stimmt mit bekannten Mutationen bei Lungenkrebs überein.
Diese Ergebnisse sind zwar nicht die ersten, die den Zusammenhang von Zigarettenrauchen und Lungenkrebs aufzeigen – diese ursächliche Beziehung ist schon längst erwiesen. Doch erst jetzt konnten die Wissenschaftler:innen unter der Leitung von Shana Sturla, Professorin für Toxikologie an der ETH Zürich, mit ihrer neuen Methode kartieren, welche DNA-Bausteine dabei genau verändert werden. Mit dem gewählten Ansatz sollen dereinst auch die Auswirkungen anderer Giftstoffe auf die Zellen bestimmt werden können – und dies verhältnismäßig einfach in der Petrischale und mit molekularbiologischen Analysen. Bislang mussten solche toxikologischen Untersuchungen in Versuchstieren gemacht werden.
In der nun in der Fachzeitschrift ACS Central Science veröffentlichten Studie fokussierten sich die Forschenden auf eine bestimmte chemische Verbindung: Benzopyren. Diese entsteht unter anderem beim Verbrennen von Tabak. Gelangt die Verbindung in den menschlichen Körper, wird sie von diesem zu ganz bestimmten Stoffwechselprodukten umgewandelt, die schon seit Längerem für ihre Giftigkeit bekannt sind. Die Wissenschaftler:innen nutzten diese Benzopyren-Abbauprodukte und gaben sie für ihre Untersuchungen zu Lungenzellen, die sie in Petrischalen kultivierten.
Veränderungen als Vorstufe von Mutationen
Schon länger bekannt ist, dass Benzopyren-Abbauprodukte mit dem DNA-Baustein Guanin (dem G unter den oft mit A, C, T und G abgekürzten Bausteinen) reagieren und diesen verändern (alkylieren). Zwar gibt es in den Zellen Reparaturmechanismen, welche diese Veränderung rückgängig machen können, allerdings greifen diese nicht in allen Fällen. Teilt sich eine Zelle, ohne dass zuvor die Alkylierung rückgängig gemacht worden ist, kommt es an dieser Stelle zu einer DNA-Mutation, und von diesen Mutationen können einige Krebs verursachen. Bekannt ist ebenfalls, dass die krebserzeugende Wirkung von Zigarettenrauch zu einem großen Teil auf die Benzopyren-Abbauprodukte zurückzuführen ist.
Die ETH-Forschenden wollten nun bestimmen, welche Guanine auf der DNA von den Benzopyren-Abbauprodukten vorrangig verändert werden, und insbesondere welche dieser Veränderungen auch langfristig bestehen bleiben. Dazu benutzen sie Antikörper, welche sich spezifisch an veränderte Guanine heften. Mehrere Methoden halfen den Forschenden, diese Stellen anschließend zu kartieren. Bei einer dieser Methoden kopieren die Wissenschaftler:innen die DNA-Stränge ähnlich wie bei einer PCR-Reaktion. Gelangt die Kopiermaschinerie zu einem veränderten Guanin, wird sie blockiert, und der Kopiervorgang bricht ab. Mittels anschließender DNA-Sequenzierung können die Forschenden bestimmen, wo dieser Abbruch erfolgte – und somit auf den Ort der DNA-Veränderung schließen.
Breite Palette von Chemikalien untersuchen
Die Alkylierung von Guanin ist nur eine von unzähligen Möglichkeiten, wie Giftstoffe die DNA verändern können. Die Forschenden planen nun, ihren Ansatz so anzupassen, dass damit in Zukunft auch andere DNA-Veränderungen kartiert werden können – mit zahlreichen Anwendungen: Es wäre damit möglich, bei einer breiten Palette chemischer Verbindungen mit einfachen Zellkulturexperimenten das Risiko, Krebs zu verursachen, vorherzusagen. Ebenso könnte man untersuchen, welche Zelltypen und welche individuellen Erbanlagen für DNA-Veränderungen und somit für eine krebsverursachende Entartung besonders empfänglich sind.
„Hat man einmal verstanden, welche Chemikalien welche DNA-Veränderungen hervorrufen, wird man auch den umgekehrten Weg gehen können und bei bekannten Genomveränderungen Aussagen dazu machen können, welche Giftstoffe mit großer Wahrscheinlichkeit zu diesen beigetragen haben“, erklärt Sturla.
Außerdem können solche Tests in der Grundlagenforschung verwendet werden, um herauszufinden wie die charakteristischen Mutationsmuster in Krebszellen überhaupt zustande kommen. Schließlich denkt Sturla daran, mit dem Ansatz nicht nur chemische Giftstoffe zu untersuchen, sondern auch DNA-Veränderungen, die durch Umwelteinflüsse, durch Ernährung oder normale Zellalterung hervorgerufen werden.
Für diese Studie arbeiteten die ETH-Wissenschaftler:innen mit solchen des Tabakkonzerns Philip Morris zusammen. Der Konzern beteiligte sich auch an der Finanzierung der Forschung. Weitere Fördergelder für diese Studie stammten vom Schweizerischen Nationalfonds.
Originalpublikation:
Jiang Y, Mingard C, Huber SM, Takhaveev V, McKeague M, Kizaki S, Schneider M, Ziegler N, Hürlimann V, Hoeng J, Sierro N, Ivanov NV, Sturla SJ: Quantification and Mapping of Alkylation in the Human Genome Reveal Single Nucleotide Resolution Precursors of Mutational Signatures. ACS Central Science, 22. März 2023. https://doi.org/10.1021/acscentsci.2c01100
Wer schon mal eine Nacht schlecht oder gar nicht geschlafen hat, weiß, wie sehr sich der Schlafmangel auf die Konzentration am nächsten Tag auswirken kann. Forschende am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund haben untersucht, wie genau sich dieser Schlafentzug auf die Leistung des Gehirns auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich nicht nur die Aktivität des Gehirns verändert, sondern auch die Verbindungsstärken zwischen den Nervenzellen beeinflusst werden. Beides wirkt sich maßgeblich auf die Gedächtnisleistung und das Arbeitsgedächtnis aus.
Ausreichend Schlaf ist essenziell für eine optimale Leistung am Tag. Der Schlafmangel beeinträchtigt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Gedächtnisleistung und Lernprozesse. Um neue Gedächtnisinhalte zu speichern, werden im Gehirn Verbindungen zwischen Nervenzellen verstärkt oder abgeschwächt. Diese Verbindung wird auch als Neuroplastizität bezeichnet. Während des Nachtschlafs werden wichtige Verbindungen verstärkt und unwichtige wieder abgeschwächt.
Bei einem Schlafmangel fällt diese Abschwächung aus. Die kortikale Erregbarkeit ist dauerhaft erhöht, was zu einer Beeinträchtigung der Signalübertragung führt. Neue, äußere Reize und Informationen können daher nur schlecht oder gar nicht verarbeitet werden und das Lernen fällt schwerer. Durch die erhöhte, kortikale Erregbarkeit wird die Neuroplastizität gestört. Das bedeutet, dass die Überaktivierung des Gehirns eine Neuvernetzung der Synapsen erschwert.
Optimale Erregbarkeit des Gehirns könnte Erkrankungen vorbeugen
Dabei gibt es jedoch einen Unterschied zwischen kompletten Schlafentzug und dem Arbeiten gegen die persönlich bevorzugten Schlaf- und Wachphasen (Chronotyp). Bei letzterem sind die Aktivität des Gehirns und die Neuroplastizität verringert. Beim Schlafentzug ist die Hirnaktivität aber erhöht. Insbesondere bei anspruchsvollen Tätigkeiten kann das Arbeiten im Einklang mit dem eigenen Chronotyp die Arbeitsleistung verbessern.
Da die Dynamik der Plastizität und der Aktivität des Gehirns vom Schlaf abhängig ist, könnte dieser eine Rolle bei der Vorbeugung von Erkrankungen mit kognitiven Defiziten spielen. Beispiele für solche Erkrankungen sind Demenzen, bei denen häufig Schlafstörungen vorliegen, und schwere Depressionen. Bei Depressionen besteht eine verminderte Hirnaktivierung und Neuroplastizität, die durch einen therapeutischen Schlafentzug, der eine etablierte antidepressive Maßnahme ist, kompensiert werden könnte.
Originalpublikation:
Salehinejad, M. A., Ghanavati, E., Reinders, J., Hengstler, J. G., Kuo, M.-F., Nitsche, M. A., Sleep-dependent upscaled excitability, saturated neuroplasticity, and modulated cognition in the human brain. Sleep-dependent upscaled excitability, saturated neuroplasticity, and modulated cognition in the human brain eLife 11:e69308 (2022). https://doi.org/10.7554/eLife.69308
Pressestelle des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, 6.2.2023
Autorinnen: Margarete Malzer-Gertz, Cornelia Gloger, Claritta Martin, Helga Luger-Schreiner
Beltz Verlag, Weinheim 2023, 233 Seiten mit E-Book inside und Arbeitsmaterial, 46,00 €, ISBN 978-3-621-28944-3
Eine gelingende Selbstfürsorge geht über einen ausgiebigen Spaziergang oder die „schöne Tasse Tee“ hinaus: Vor allem durch das Erfahren von Mitgefühl, Akzeptanz und Selbstmitgefühl kann ein persönliches Gleichgewicht erreicht werden, das beim Bewältigen von psychischen Erkrankungen und Problemen bedeutsam ist.
Störungs- und therapieschulenübergreifend: Der Therapie-Tools-Band stellt zahlreiche Übungen und Hilfestellungen für Klient:innen und Therapeut:innen zusammen, die zu einer verbesserten Selbstfürsorge beitragen. Einzusetzen sind die Meditationen, Kreativ- und Körperübungen primär bei Depressivität, Angst, Scham, Schmerz, Trauma und Selbstabwertung. Das Buch bietet über 50 Arbeits- und Informationsblätter sowie Audio- und Videodateien zur Unterstützung der Übungspraxis.
Aus dem Inhalt:
Wohlwollen, Zugewandtheit, inneres Lächeln
Im Einklang mit den eigenen Werten leben
Innere Kinder und Innere Kritiker
Genießen, Auskosten und Dankbarkeit
Scham
Chronische Krankheiten und Schmerzen
Wut
Selbstfürsorge bei Empathie- und Fürsorgemüdigkeit
Depressionen, chronische Erschöpfung, Ängste: Der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen erreichte 2022 einen neuen Höchststand. Mit 301 Fehltagen je 100 Versicherte lagen die Fehlzeiten wegen dieser Erkrankungen um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren. Das zeigt der aktuelle Psychreport der DAK-Gesundheit auf Basis der Krankschreibungen von 2,4 Millionen DAK-versicherten Beschäftigten. Im Vergleich zum Vorjahr hatten junge Berufstätige den stärksten Anstieg mit 24 Prozent bei den 25- bis 29-jährigen Frauen und 29 Prozent bei den gleichaltrigen Männern. Die mit Abstand meisten Krankschreibungen gab es im Gesundheitswesen.
„Der neue Höchststand bei den psychischen Erkrankungen ist besorgniserregend, weil zunehmend auch junge Erwachsene betroffen sind und im Job ausfallen“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Stressreiche Phasen – auch während der Pandemie – haben für sie das Risiko erhöht, etwa an einer Depression zu erkranken. Wir müssen Fragen der seelischen Gesundheit am Arbeitsplatz noch mehr Beachtung schenken, insbesondere, wenn es um Auszubildende und junge Beschäftigte geht.“ Diese seien erst am Anfang ihres Berufslebens und dürften nicht Gefahr laufen, eines Tages verfrüht ausgebrannt zu sein und aussteigen zu müssen.
Über alle Altersgruppen hinweg waren auch 2022 Depressionen der wichtigste Krankschreibungsgrund mit 118 Fehltagen je 100 Versicherte. Auf Platz zwei kamen Belastungs- und Anpassungsstörungen mit 77 Tagen. Sie hatten mit einem Plus von 12,4 Prozent den stärksten Zuwachs. Auf andere neurotische Störungen wie zum Beispiel chronische Erschöpfung entfielen 34 Fehltage je 100 Versicherte und auf Angststörungen 23 Tage.
Ältere Beschäftigten haben auch bei psychischen Erkrankungen mehr Fehlzeiten als jüngere. Für 2022 zeigen sich jedoch bei jüngeren die deutlichsten Zuwächse: Besonders auffällig ist bei den Männern die Altersgruppe zwischen 24 und 29 Jahre mit 29 Prozent mehr Fehltagen. Bei weiblichen Beschäftigten gab es im gleichen Alter einen Zuwachs von 24 Prozent. Die 20- bis 24-Jährigen hatten ebenfalls fast ein Viertel mehr Fehltage als gleichaltrige Frauen im Vorjahr.
Gesundheitswesen hat die meisten Ausfälle
Wegen psychischer Probleme hatte erneut das Gesundheitswesen die meisten Ausfälle, gefolgt von der öffentlichen Verwaltung. Diese Branchen sind die einzigen, die sehr deutlich über dem Durchschnitt liegen, und zwar um 44 beziehungsweise 20 Prozent. Mit Blick auf die Berufe fällt auf: Beschäftigte, die sich in ihrem beruflichen Alltag um das Wohlbefinden anderer Menschen kümmern, sind psychisch am meisten belastet. Erzieher, Sozialpädagogen und Theologinnen haben zwei Drittel mehr Fehltage wegen psychischer Erkrankungen als andere, 2022 bezogen auf 100 Versicherte 494 Tage. Altenpflegekräfte gehören mit 480 Fehltagen je 100 Versicherte ebenfalls zu denjenigen, die besonders betroffen sind.
Einfluss der neuen elektronischen Meldung der Krankschreibungen
Der erneute Anstieg bei den Fehltagen hängt nach Ansicht der DAK-Gesundheit zum Teil auch mit der neuen elektronischen Meldung der Krankschreibungen zusammen. Seit Anfang 2022 gehen Krankmeldungen von den Arztpraxen direkt an die Krankenkassen und müssen nicht mehr von den Versicherten selbst eingereicht werden. Durch die sogenannte eAU tauchen nun auch Krankheitsfälle in der Statistik auf, die in der Vergangenheit nicht erfasst wurden, weil die gelben Zettel bei den Versicherten liegenblieben. „Wir haben in der aktuellen Statistik 31 Prozent mehr Krankschreibungen von sehr kurzer Dauer. Vermutlich hatten wir bisher insbesondere bei Menschen eine Untererfassung, die nur wenige Tage bei einem Fall erkrankt sind“, sagt Andreas Storm.
Resilienz stärken
Firmen und Arbeitgeber sollten sich vor diesem Hintergrund verstärkt mit Fragen der psychischen Gesundheit ihrer Belegschaft beschäftigen. Im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) geht es dabei zunehmend um die sogenannte Resilienz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch der gesamten Organisation. Resilienz wird von Fachleuten als „Immunsystem der Psyche“ bezeichnet und meint unter anderem die Fähigkeit, trotz Stress handlungsfähig und gesund zu bleiben. Das geht nur mit den passenden Rahmenbedingungen in der Organisation. Die DAK-Gesundheit unterstützt Unternehmen im BGM und bietet eine kostenfreie Resilienzberatung mit Vorträgen, Seminaren und Workshops an. Informationen gibt es bei der BGM-Hotline der Kasse unter der Rufnummer 040 325 325 720. Hintergrundwissen zum BGM unter: www.dak.de/bgm
Für den aktuellen Psychreport wertete das Berliner IGES Institut Daten von rund 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten aus ganz Deutschland aus.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 16.03.2023 die Detailregelungen beschlossen, die zukünftig bei der ärztlichen Verordnung von medizinischem Cannabis als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gelten.
Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA: „Wir haben Regelungen beschlossen, die keine zusätzlichen Anforderungen an die Verordnung von medizinischem Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten stellen, die über die gesetzlich zwingenden und für den G-BA verbindlichen gesetzlichen Verordnungsvoraussetzungen hinausgehen. Damit wollen wir die Patientenversorgung mit dieser zusätzlichen Therapieoption bei schweren Erkrankungen im Bedarfsfall sicherstellen. Die gefundenen Regelungen für die Verordnung von medizinischem Cannabis schöpfen den vom Gesetzgeber in § 31 Absatz 6 SGB V dem G-BA gegebenen Handlungsrahmen voll aus und sind ein fachlich ausgewogener und in der Versorgungspraxis sehr gut gangbarer Weg, um eine gute und rechtssichere Versorgung von Patientinnen und Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung sicherzustellen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte hier zwischen dem Bestreben, schwerkranken Menschen mit einer zusätzlichen Therapieoption zu helfen, und der notwendigen Arzneimitteltherapiesicherheit abzuwägen. Denn die betroffenen Cannabisprodukte sind zum Teil gar nicht – bzw. nicht für den hier geregelten Einsatz – als Arzneimittel zugelassen und dementsprechend auch in keinem Zulassungsverfahren auf Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität geprüft worden. Deshalb hat auch der Gesetzgeber einen Genehmigungsvorbehalt statuiert, den der Gemeinsame Bundesausschuss umsetzt.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Nur die Erstverordnung von Cannabis sowie ein grundlegender Therapiewechsel bedürfen der Genehmigung durch die Krankenkassen. Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder der Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Form bedürfen keiner erneuten Genehmigung. Sofern eine Genehmigung für eine Therapie mit Cannabis bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelungen des G-BA erteilt worden ist, gilt diese auch weiterhin.
Die Erstgenehmigung darf von den Krankenkassen nur in begründeten Ausnahmefällen versagt werden.
Cannabis-Verordnungen im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedürfen grundsätzlich keiner Genehmigung.
Im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV) oder bei Beginn einer Cannabistherapie bereits während einer stationären Behandlung besteht zwar eine Genehmigungspflicht, die Prüffrist der Krankenkassen beträgt hier aber nur drei Tage.
Es gibt keinen Facharztvorbehalt für die Verordnung von medizinischem Cannabis, das heißt alle Ärztinnen und Ärzte sind verordnungsbefugt. Dies ist vor allem für die Versorgung von Patientinnen und Patienten in der AAPV und der SAPV von erheblicher Bedeutung, weil hier Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner große Teile der Patientenversorgung sicherstellen.
Ich bin mir sicher, dass mit dem Verzicht auf erneute Genehmigungen von Folgeverordnungen und im Rahmen der SAPV, mit einer Verordnungsbefugnis für alle Ärztinnen und Ärzte und mit dem auch im Gesetz angelegten verkürzten Prüfverfahren nach stationärer Behandlung und in der AAPV nicht nur der gesetzgeberische Wille umgesetzt worden ist, sondern auch eine im Bedarfsfall zeitnahe und bedarfsgerechte Versorgung von Patientinnen und Patienten mit medizinischem Cannabis ermöglicht wird.
Hier hat uns bei der Entscheidungsfindung auch das mit sehr vielen Fachgesellschaften, Expertinnen und Experten und sonstigen Beteiligten durchgeführte Stellungnahmeverfahren Erkenntnisse gebracht, die sich in wichtigen Regelungen des heutigen Beschlusses niederschlagen.“
Der Beschluss wird in Kürze auf der Website des G-BA veröffentlicht. Er tritt in Kraft, wenn das Bundesministerium für Gesundheit ihn rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.
Hintergrund: Regelungsauftrag des G-BA zu Cannabisarzneimitteln
Mit dem Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften, das am 10. März 2017 in Kraft getreten ist, wurde § 31 Absatz 6 SGB V ergänzt: Seitdem haben Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität sowie auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon.
Zudem hatte der Gesetzgeber festgelegt, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte von 2017 bis 2022 eine Begleiterhebung zum Einsatz von Cannabis durchführt und der G-BA auf dieser Grundlage das Nähere zum zukünftigen Leistungsanspruch regelt. Die Ergebnisse der Begleiterhebung erhielt der G-BA im Sommer 2022.