Autor: Simone Schwarzer

  • Fachlexikon der Sozialen Arbeit – 9. Auflage

    Nomos Verlag, Baden-Baden 2022, 9., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, 1.100 Seiten, 49,00 €, ISBN 978-3-8487-7131-8, auch als E-Book erhältlich; Sonderpreis für Mitglieder des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. 39,00 €

    Das gesamte Fachwissen für die Soziale Arbeit: Das Fachlexikon ist das Standardwerk für Studium, Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit. Die 9. Auflage umfasst rund 1.500 Stichwörter, deren Auswahl sich an den Bedürfnissen der Sozialen Arbeit orientiert. 664 Autorinnen und Autoren informieren über den aktuellen Stand der Entwicklungen und Diskurse in der Sozialen Arbeit, der Sozialpolitik, im Sozialrecht und in den Bezugswissenschaften – übersichtlich, kompakt und zuverlässig.

    Die Neuauflage

    • wurde vollständig überarbeitet
    • bezieht die neueren fachlichen Entwicklungen, wissenschaftlichen Diskurse und gesellschaftlichen Phänomene ein
    • berücksichtigt aktuelle Gesetzesreformen
    • ermöglicht erste Orientierung und Aneignung von Grundlagenwissen ebenso wie eine vertiefte Recherche
    • bietet Sicherheit durch die fachliche Expertise der Autorinnen und Autoren
  • Wodka, Benzos & Co: Gefährliche Mischung für Jugendliche

    In der Schweiz sind seit 2018 mindestens 33 Jugendliche an so genanntem Mischkonsum gestorben. Mischkonsum heißt, die Jugendlichen nehmen zwei oder mehr psychoaktive Substanzen gleichzeitig ein. Der damit verbundenen Gefahren sind sie sich oft nicht bewusst, und Angebote, um die Risiken zu mindern, nutzen sie kaum, wie erste Resultate einer Studie des Schweizer Instituts für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF) und der Universität Zürich (UZH) belegen.

    Mischkonsum insbesondere von Alkohol und Cannabis ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kein Randphänomen. Auch wenn bereits diese Kombination Risiken birgt, z. B. eine höhere Unfallgefahr, sind andere Formen des Mischkonsums gefährlicher. So waren die seit 2018 verzeichneten Todesfälle von Jugendlichen mutmaßlich auf den Konsum von mehreren Medikamenten bzw. von Medikamenten in Kombination mit Alkohol zurückzuführen. Bei den Medikamenten waren insbesondere Benzodiazepine (vor allem Xanax®), codeinhaltige Hustenmittel sowie weitere opioidhaltige Medikamente zentral.

    Online-Befragung von Jugendlichen

    In der Schweiz fehlt es bislang an fundierten Daten zum Mischkonsum von jungen Menschen. Das Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF), ein assoziiertes Institut der Universität Zürich, will diese Lücke mit einer noch laufenden Studie schließen. Unter der Leitung von Corina Salis Gross wird untersucht, welche Substanzen junge Menschen kombinieren, was die Motive und die Kontexte ihres Mischkonsums sind und welche Risikominderungsstrategien sie einsetzen. Zur Klärung dieser Fragen werden 14- bis 20-Jährige mit regelmäßigem Mischkonsum online befragt. Ergänzend dazu führen die Forschenden Fokusgruppen mit Teenagern sowie Workshops mit Fachpersonen durch.

    Oft mangelhaft oder gar nicht informiert

    Nach Aussage der Fachpersonen sind sich die Jugendlichen der Risiken des Mischkonsums oftmals nicht bewusst. Dies deckt sich mit deren eigenen Aussagen, dass ihr Mischkonsum häufig spontan erfolge und dadurch die Zeit fehle, sich vor dem Konsum ausgiebig zu informieren. Ebenso scheinen sich einige Teenager als gut informiert wahrzunehmen, obwohl die von ihnen genannten Informationsquellen wie YouTube nicht immer bzw. nicht nur sachliche Informationen vermitteln.

    Kombination von mehr als zwei Substanzen ist verbreitet

    Fachorganisationen raten Konsumierenden, generell auf den Mischkonsum zu verzichten, da die Wechselwirkungen zwischen den eingenommenen Substanzen schwer abschätzbar und daher hoch riskant sind. Mit zunehmender Anzahl an eingenommenen Substanzen steigt das Risiko für solche Wechselwirkungen. Zwischenauswertungen der Online-Befragung zeigen aber, dass die Kombination von mehr als zwei Substanzen keine Seltenheit ist. So gab gut die Hälfte der Teilnehmenden an, bei ihrem häufigsten Mischkonsum mehr als zwei Substanzen gleichzeitig zu kombinieren. Auch Beruhigungs- und Schlafmittel bzw. starke Schmerz- und Hustenmittel werden oft zusammen mit mehr als zwei Substanzen konsumiert.

    Substanzen aus dem Schwarzmarkt werden kaum getestet

    Um das Risiko zu vermindern, empfehlen Fachorganisationen, Substanzen vom Schwarzmarkt zu testen. Doch für die jungen Menschen sind solche Drug Checkings mit verschiedenen Hindernissen verbunden. Dazu gehört, dass viele dieser Angebote erst ab 18 Jahren genutzt werden können, nur in einigen Städten vorliegen und beschränkte Öffnungszeiten haben (z. B. wöchentlich am Abend). Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten empfinden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zudem eine Testung in der Regel als unnötig, wenn diese in so genannte Blister verpackt sind. Die Medikamente werden als sicher und sauber wahrgenommen, obwohl auch solche scheinbar regulär verpackten Medikamente verunreinigt sein können, wenn sie auf dem Schwarzmarkt erworben wurden.

    Angst vor repressiven Konsequenzen kann zur Unterlassung von Hilfe führen

    Zwar gaben drei Viertel der bisherigen Studienteilnehmenden an, zu wissen, was bei einem Notfall nach einem Mischkonsum zu tun ist (z. B. 144 anrufen). Ebenso gingen rund drei Fünftel der Befragten davon aus, dass sie einen Notfall, etwa eine Überdosierung, erkennen würden. Allerdings erwähnten einige Fachpersonen, dass Jugendliche aufgrund ihrer Angst vor Blaulichtorganisationen teilweise auch in kritischen Situationen darauf verzichten, Hilfe zu holen. Dazu gehört etwa die Angst vor repressiven Konsequenzen und die Befürchtung, Kosten übernehmen zu müssen (z. B. für den Sanitätstransport). Dass oftmals alle Personen einer Peergroup intoxikiert sind, kann das korrekte und zeitnahe Reagieren in einem Notfall ebenfalls erschweren.

    Mischkonsum zur Gefühlsregulation

    Die bisherigen Teilnehmenden der Online-Umfrage kombinieren Substanzen meist deshalb, weil es Spaß macht und es sich gut anfühlt. Einige Jugendliche mischen Substanzen auch, weil es ihnen hilft, lockerer und weniger schüchtern zu sein, und weil es Ängste oder andere negative Gefühle lindert. Gerade dieser Mischkonsum zur Gefühlsregulation wird von einigen Fachpersonen als problematisch eingestuft. Entsprechend haben Jugendliche und junge Erwachsene, die den Mischkonsum zur Selbstmedikation einsetzen, Mühe, ihren Konsum zu reduzieren. Gerade für diese Jugendlichen ist es wichtig, dass sie Zugang zu professioneller Hilfe erhalten.

    Die geschilderten vorläufigen Studienergebnisse geben wichtige Hinweise darauf, welche Aspekte bei Interventionen im Bereich Prävention, Schadensminderung sowie Beratung und Therapie prioritär berücksichtigt werden müssen. Bevor solche Interventionen konzipiert werden, sind jedoch noch mehr Daten zum Mischkonsum nötig. Insgesamt sollen bis Ende des Jahres mindestens 100 weitere Personen im Alter von 14 bis 20 Jahren mit regelmäßigem Mischkonsum den anonymen Online-Fragebogen ausfüllen.

    Weitere Informationen:
    https://survey.suchtforschung.ch/index.php/579776?lang=de-informal
    https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2022/Mischkonsum.html

    Pressestelle der Universität Zürich, 27.10.2022

  • Arbeitsintensität

    Autorinnen: Anika Schulz-Dadaczynski, Nicole Stab, Andrea Lohmann-Haislah, Gisa Junghanns
    Hogrefe Verlag, Göttingen 2022, 140 Seiten, 26,95 €, ISBN 9783801729776, auch als E-Book erhältlich

    Der Begriff Arbeitsintensität beschreibt einen Belastungsfaktor, dessen Relevanz angesichts aktueller Trends wie zunehmende Digitalisierung, Beschleunigung und Komplexität in der globalen Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung gewinnt. Bei hoher Arbeitsintensität handelt es sich um eine Arbeitsanforderung, die von Beschäftigten vielfach als psychisch beanspruchend erlebt und in der betrieblichen Praxis mit Begriffen wie Zeitdruck, Leistungsdruck und Stress umschrieben wird.

    Dieser Band fasst die langjährige qualitative und quantitative Forschung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zum Thema Arbeitsintensität zusammen und leitet auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse Empfehlungen für die betriebliche Praxis ab. Eingegangen wird dabei auf die Verbreitung, die Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen von hoher Arbeitsintensität und Informationsüberflutung am Arbeitsplatz. Zudem werden Möglichkeiten der betrieblichen Gestaltung hoher Arbeitsintensität und eines guten Umgangs mit diesem Belastungsfaktor am Arbeitsplatz aufgezeigt.

  • Den Feierabend zurückerobern

    Dass die Gedanken auch nach Feierabend um die Arbeit kreisen, hält viele Menschen vom Einschlafen ab. Wie sich digitale Technologien und mobile Arbeit auf das Wohlbefinden auswirken, erforscht Prof. Dr. Marcel Kern, Leiter der Arbeitsgruppe Arbeit und Gesundheit an der Ruhr-Universität Bochum in Kooperation mit dem Team um Prof. Dr. Sandra Ohly von der Universität Kassel. Der Bochumer Forscher entwickelt Strategien, die Menschen helfen, den Stress durch die Arbeit zu reduzieren. Über seine Ergebnisse berichtet „Rubin“, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum.

    „Es gibt viel Forschung dazu, dass die Nutzung digitaler Technologien erschöpft“, sagt Marcel Kern. Oft wird angenommen, dass Menschen aufgrund der digitalen Erreichbarkeit nicht von der Arbeit abschalten können. Aber liegt das wirklich an den digitalen Medien per se? Das wollten Marcel Kern, Clara Heißler und Sandra Ohly herausfinden. An fünf aufeinanderfolgenden Tagen ließen sie Beschäftigte aus unterschiedlichen Wirtschaftsunternehmen dreimal täglich einen Fragebogen ausfüllen. Wie viele Stunden wurde das Handy für die Arbeit genutzt? Gab es bei Feierabend noch viele unerledigte Aufgaben? Wie gut konnte abends abgeschaltet werden? 340 Personen beantworteten diese und viele weitere Fragen.

    Das Ergebnis: Der Stress entstand nicht durch die reine Nutzung der digitalen Technik, sondern vor allem dann, wenn ein Berg an unerledigten Aufgaben wartete, der eine Nutzung der Technik erforderte. Um sinnvolle Gegenmaßnahmen empfehlen zu können, ist es für die Forschenden wichtig zu unterscheiden, ob Menschen nicht abschalten können, weil sie das Handy nutzen, oder ob sie zum Handy greifen, weil sie nicht abschalten können. Letzteres scheint der Fall zu sein.

    Mehr Zufriedenheit nach Führungskräfte-Schulung

    Wie Marcel Kern in weiteren Befragungen herausfand, kommt das Gefühl, auch nach Feierabend erreichbar sein zu müssen, in der Regel durch das Verhalten der Führungskräfte zustande. Die Mitarbeitenden orientieren sich an dem, was die Führungskräfte tun. Und wenn diese spät abends noch Mails verschicken, erzeugt das im restlichen Team den Eindruck, ebenfalls reagieren zu müssen. In einer Studie – erneut in Kooperation mit dem Kasseler Team von Sandra Ohly – untersuchte Marcel Kern, wie man gegensteuern kann.

    23 Führungskräfte eines Wirtschaftsunternehmens nahmen an einem Training teil. In diesem sensibilisierten die Forschenden sie dafür, wie das eigene Verhalten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beeinflussen kann. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfahlen beispielsweise, feste Vereinbarungen zur Erreichbarkeit mit dem Team zu treffen. Oder auch zu erklären, warum eine Führungskraft spät abends noch E-Mails versendet – zum Beispiel, weil es so für sie leichter mit den Pflichten in der Kinderbetreuung zu vereinbaren ist.

    Vor und nach dem Training befragten die Forschenden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Führungskräfte: Wann glaubten sie, für ihr Unternehmen erreichbar sein zu müssen? Konnten sie abends abschalten? Wie gestresst waren sie von der Arbeit? „Die Ergebnisse waren eindeutig“, resümiert Marcel Kern. „Einige Zeit nach der Intervention fühlten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich besser. Die Führungskräfte waren davon überrascht. Ihnen war gar nicht bewusst gewesen, wie sich ihr Verhalten ausgewirkt hatte.“

    Weitere Studien zu mobiler Arbeit und E-Mail-Overload

    In weiteren Studien hat Marcel Kern mit seinen Kooperationspartnerinnen zur Informationsflut von E-Mails und den Auswirkungen von mobiler Arbeit geforscht. Die Ergebnisse sowie Tipps für entspannteres Arbeiten und leichteres Abschalten finden Sie ausführlichen Beitrag im Wissenschaftsmagazin „Rubin“ mit dem Schwerpunkt „Arbeitswelt im Wandel“.

    Originalpublikationen:

    • Clara Heissler, Marcel Kern, Sandra Ohly: When thinking about work makes employees reach for their devices: A longitudinal autoregressive diary study, in: Journal of Business and Psychology, 2022, DOI: 10.1007/s10869-021-09781-0
    • Marcel Kern: Raubt uns das Homeoffice die Energie und Erholung? Eine Längsschnittstudie auf Tagesebene, 52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Hildesheim, Deutschland, 2022

    Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum, 22.09.2022

  • Kontrollierte Abgabe von Cannabis

    Am 26.10.2022 stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das „Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“ vor. Darüber informiert das Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Homepage mit folgender Meldung:

    Das Bundeskabinett hat Eckpunkte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken beschlossen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat das Eckpunktepapier der Bundesregierung vorgestellt: „Die Drogenpolitik muss erneuert werden. Wir wollen den Cannabis-Konsum unter Gesundheitsaspekten reformieren.“

    Die Einführung einer kontrollierten Abgabe von Genusscannabis an Erwachsene verfolgt das Ziel, zu einem verbesserten Jugendschutz und Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsumenten sowie zur Eindämmung des Schwarzmarktes beizutragen.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: „Wir sind nun in einer Phase, wo wir prüfen, ob die Grundlage, die wir mit dem Eckpunktpapier geschaffen haben, auch international tragfähig ist. Daher legen wir der Europäischen Kommission die Eckpunkte zur Prüfung mit dem geltenden Völker- und Europarecht vor.“

    Das Eckpunktepapier entstand im intensiven Austausch mit Expertinnen und Experten sowie Interessengruppen im Rahmen eines vorgeschalteten Konsultationsprozesses unter der Leitung des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Bei der Umsetzung des Koalitionsvorhabens berücksichtigt die Bundesregierung dessen völker- und europarechtlichen Rahmen. Sie wird dazu u. a. bezüglich der bestehenden völkerrechtlichen Abkommen eine Interpretationserklärung abgeben und den Gesetzentwurf im Rahmen einer Notifizierung bei der EU-Kommission vorlegen.

    Die wichtigsten geplanten gesetzlichen Regelungen zur Cannabis-Legalisierung

    • Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) werden künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft.
    • Die Produktion, die Lieferung und der Vertrieb werden innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens zugelassen.
    • Der Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum werden straffrei ermöglicht.
    • Privater Eigenanbau wird in begrenztem Umfang erlaubt.
    • Laufende Ermittlungs- und Strafverfahren sollen zu dann nicht mehr strafbaren Handlungen beendet werden.
    • Der Vertrieb darf mit Alterskontrolle in lizenzierten Fachgeschäften und ggf. Apotheken erfolgen.
    • Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt.
    • Es werden Vorgaben festgelegt, um die Qualität und Reinheit sicherzustellen.
    • Als Mindestaltersgrenze für Verkauf und Erwerb wird die Vollendung des 18. Lebensjahres festgelegt (ggfs. mit einer Obergrenze für den THC-Gehalt bis zum 21. Lebensjahr).
    • Es ist die Einführung einer besonderen Verbrauchssteuer („Cannabissteuer“) vorgesehen.
    • Die cannabisbezogene Aufklärungs- und Präventionsarbeit sowie zielgruppenspezifische Beratungs- und Behandlungsangebote werden weiterentwickelt.

    Einzelheiten zu allen geplanten Inhalten finden Sie im Eckpunktepapier der Bundesregierung zur kontrollierten Abgabe von Cannabis.

    Download Eckpunktepapier

    Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ 

  • Sensibler Umgang mit Wortwahl und Bildsprache

    Für Suchterkrankungen herrscht in der Gesellschaft kaum Verständnis: Das Thema ist stark tabuisiert, Menschen mit Suchterkrankungen werden stigmatisiert. Deshalb haben Forschende der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig zusammen mit dem Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover sowie dem Aktionsbündnis Seelische Gesundheit einen Medienleitfaden erarbeitet, um Vorurteile zu reduzieren. Wie dieser zu einer sachlichen sowie diskriminierungsfreien Berichterstattung beitragen soll, erklärt im Interview Projektleiter Georg Schomerus, Professor für Psychiatrie der Universität Leipzig.

    Prof. Schomerus, welche Abhängigkeitserkrankungen sind in Deutschland am stärksten verbreitet und sollten in den Medien besonders sensibel behandelt werden?

    Suchtmittel sind bei uns alltäglich. Insbesondere Alkohol wird in Deutschland in großen Mengen konsumiert, jeder Mensch über 15 Jahre nimmt im Durchschnitt über zehn Liter reinen Alkohol im Jahr zu sich. Dabei sind die Grenzen zur Suchterkrankung fließend, etwa zehn Prozent der Männer und sieben Prozent der Frauen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Abhängigkeit. Die negativen Gesundheitsfolgen fangen aber viel früher an. Neben dem Risiko für Unfälle unter Alkoholeinfluss ist Alkohol eine wichtige Ursache für sehr viele Krankheiten: nicht nur die sprichwörtliche Leberschädigung, sondern auch Schlaganfälle, Herzinfarkte und Krebserkrankungen. Es ist dabei häufig so, dass man mit dem Finger auf Menschen mit einer Suchterkrankung zeigt, aber den eigenen problematischen Konsum tabuisiert. Das liegt an der enormen Stigmatisierung von Suchterkrankungen. Niemand möchte zu dieser Gruppe gehören, über die es so viele negative Vorurteile gibt. Und da liegt es nahe, das eigene Konsumverhalten auch vor sich selbst schön zu reden.

    Das Bild, das die Öffentlichkeit von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen hat, ist auch von Darstellungen in den Medien geprägt. Wie können Journalist:innen in ihrer Berichterstattung am besten helfen, Vorurteile abzubauen?

    Ein sensibler Umgang mit Wortwahl und Bildsprache ist wichtig. Es muss zunächst einmal der Respekt vor den Menschen gewahrt bleiben, die dargestellt werden. Das ist eigentlich absolut selbstverständlich, aber die Berichterstattung über Suchtkrankheiten sieht leider oft ganz anders aus, und das ist nicht akzeptabel. Eine Medienanalyse unserer Projektpartner in Hannover hat gezeigt: Eine Berichterstattung, die Suchterkrankungen vor allem im Kontext von Kriminalität, Kontrollverlust und persönlicher Schwäche darstellt, zeichnet ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit und liefert einen Nährboden für Stigmatisierung. Wir lesen viel zu wenig über Recovery, über Wege aus der Sucht, über Menschen, die mit großen Schwierigkeiten fertig geworden sind. Menschen, die eine Suchterkrankung überwunden haben, sind Helden. Sie sind Vorbilder – aber sie sind kaum zu sehen, weil es so schwierig ist, über diese Erfahrungen zu sprechen, wenn man befürchten muss, dafür abgestempelt und ausgegrenzt zu werden. Eine Berichterstattung, die Behandlung und Hilfe beschreibt, die zeigt, dass Suchtkrankheiten gut behandelbar sind und dass es viele Menschen gibt, die das geschafft haben – so eine Berichterstattung kann Menschen ermutigen, selbst Hilfe zu suchen.

    Wie kann Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen geholfen werden?

    Da gibt es ganz viele verschiedene Wege. Suchtberatungsstellen sind ein wichtige Anlaufstelle, oder die Hausärzt:innen. Eine wichtige Frage ist dabei, was wir überhaupt unter erfolgreicher Behandlung verstehen. Oft ist damit Abstinenz gemeint, und das ist sicher auch das allerbeste Ergebnis. Aber häufig ist auch eine Reduktion des Konsums schon ein ganz wichtiger Schritt zu mehr Lebensqualität und weniger Gesundheitsrisiken, gerade bei Menschen mit hohem Alkoholkonsum. Je weniger, desto besser, und jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein Erfolg.

    Vor allem die sozialen Medien sind ein Minenfeld für bereits erkrankte oder Hilfe suchende Menschen. Ist Ihr an der Medizinischen Fakultät entwickelter Leitfaden auch eine Unterstützung, um in diesem Bereich der Stigmatisierung entgegenzuwirken?

    Der Leitfaden ist ein Modell dafür, wie man auch in anderen Kontexten über Sucht und Substanzkonsum sprechen kann, ohne Stigmatisierung, auch in den sozialen Medien. Wir müssen über Substanzkonsum sprechen, ohne die Probleme und Risiken zu verdrängen und ohne auf die Betroffenen herabzuschauen und sie auszugrenzen. Denn Ausgrenzung löst Suchtprobleme nicht, sondern verstärkt sie.

    Link zum Leitfaden

    Pressestelle der Universität Leipzig, 13.10.2022

  • Die arabische Welt verstehen

    Springer Fachmedien Wiesbaden 2022, 295 Seiten, 24,99 €, ISBN 978-3-658-26408-6, auch als E-Book erhältlich

    Dieser Leitfaden schlägt eine Brücke zur arabischen Welt. Kulturelle Prägungen, Debatten über Stolpersteine der Verständigung, gegenseitige Erwartungshaltungen sowie historische Fakten werden ausführlich behandelt. Ein ausgezeichneter Ratgeber für Interessierte an den arabischen Regionen, der zugleich Studierenden arabischer Fachgebiete sowie Menschen, die sich in der Integrationsarbeit engagieren, wertvolles Praxis- und Hintergrundwissen bietet: Für ein lohnendes Miteinander. Der Inhalt

    • Arabische Welt, Arabien, Middle East, Naher Osten?
    • Eine Brücke zwischen den Kulturen
    • Fallbeispiele typischer Herausforderungen – die westliche Perspektive
    • Stolpersteine der Verständigung
    • Umgang in Konfliktsituationen
    • Zusammenarbeit mit Menschen aus der arabischen Welt
    • Daten, Fakten und Ressourcen
  • Digitale Beratungsplattform DigiSucht ist gestartet

    Seit 17. Oktober ist die länder- und trägerübergreifende digitale Beratungsplattform DigiSucht unter https://www.suchtberatung.digital/ erreichbar. DigiSucht ist ein umfassendes niedrigschwelliges Angebot für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen sowie deren Angehörige. Ratsuchende können sich auf der DigiSucht-Plattform mit ihrem Anliegen in einem geschützten und anonymen Rahmen an qualifizierte Suchtberater:innen wenden. Die Kontaktaufnahme kann entweder per Textnachricht oder über eine direkte Terminbuchung für einen Austausch per Videochat oder Messenger (Textchat) erfolgen. Auch hybride Beratungskonzepte aus digitaler und analoger Beratung vor Ort (so genanntes Blended Counseling) sind umsetzbar.

    Das Beratungsangebot von DigiSucht ist direkt über den Internetbrowser sowie auf allen üblichen Endgeräten (Smartphone, Tablet, Laptop) nutzbar. Es wird keine App oder anderweitige Software benötigt. Umgesetzt wird die digitale Beratung zunächst von fast 90 Fachkräften in über 40 Suchtberatungsstellen aus 14 Bundesländern. Pro Bundesland sind vorerst drei Modellberatungsstellen beteiligt. Im Laufe des Jahres 2023 sollen weitere Suchtberatungsstellen an die Plattform angeschlossen werden.

    Die Administration und Organisation von DigiSucht auf Landesebene erfolgt durch die Landeskoordinierungsstellen, die von den zuständigen Landesministerien benannt wurden. Mehr Informationen für Fachkräfte zur Umsetzung von DigiSucht in Ihrem Bundesland erhalten Sie auf der Website Ihrer Landeskoordinierungsstelle:

    • Baden-Württemberg: Landesstelle für Suchtfragen der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg
    • Bayern: Bayerisches Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG) sowie Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe
    • Berlin: Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
    • Brandenburg: Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen
    • Bremen: Bremische Landesstelle für Suchtfragen
    • Hamburg: Freie und Hansestadt Hamburg Sozialbehörde – Amt für Gesundheit
    • Hessen: Hessische Landesstelle für Suchtfragen
    • Mecklenburg-Vorpommern: Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen
    • Niedersachsen: Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen
    • Nordrhein-Westfalen: Suchtkooperation NRW
    • Rheinland-Pfalz: Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz sowie Landesstelle für Suchtfragen Rheinland-Pfalz
    • Sachsen: Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren
    • Sachsen-Anhalt: Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt
    • Thüringen: Thüringer Landesstelle für Suchtfragen

    Quellen: Websites der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen und der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen, 17.10.2022

  • Entwicklung der psychischen Gesundheit während der COVID-19-Pandemie

    Das Robert Koch-Institut untersucht im Verlauf der COVID-19-Pandemie die Entwicklung verschiedener Merkmale psychischer Gesundheit bei Erwachsenen in Deutschland. Nun haben RKI-Forschende dazu neue Ergebnisse veröffentlicht. „Als nationales Public-Health-Institut erhebt das RKI vielfältige Daten, mit denen die Gesundheit der Bevölkerung umfassend eingeschätzt werden kann“, sagt Lothar H. Wieler, Präsident des RKI. Die Auswirkungen der Pandemie spielen dabei eine wichtige Rolle. „Durch die RKI-Daten lassen sich Trends frühzeitig erkennen und Handlungsbedarf für Forschung, Praxis und Politik identifizieren“, unterstreicht Wieler.

    Berichtet werden Ergebnisse zu drei Indikatoren: depressive Symptome, Angstsymptome und subjektive psychische Gesundheit.

    Depressive Symptome (Interessenverlust und Niedergeschlagenheit) gingen in der Zeit der ersten COVID-19-Welle und im Sommer 2020 gegenüber demselben Zeitraum im Jahr 2019 zunächst zurück, von Herbst 2020 bis Frühjahr 2021 und von Ende 2021 bis Frühjahr 2022 nahmen sie deutlich zu. Eine auffällige Symptombelastung über dem Schwellenwert lag im Zeitraum März bis September 2019 bei elf Prozent der Bevölkerung vor. In den ersten Pandemiemonaten – zwischen März und September 2020 – sank der Anteil der Betroffenen auf etwa neun Prozent. Der Anteil stieg auf 13 Prozent im gleichen Zeitraum 2021 und auf 17 Prozent im Zeitraum März bis Juni 2022.

    Auf eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit weisen auch Ergebnisse zu Angstsymptomen (Ängstlichkeit und unkontrollierbare Sorgen) und subjektiver psychischer Gesundheit hin. Im Zeitraum März bis September 2021 gaben sieben Prozent der Bevölkerung eine auffällige Belastung durch Angstsymptome an, im Zeitraum März bis Juni 2022 waren es elf Prozent. Zeitgleich sank der Anteil derjenigen, die ihre allgemeine psychische Gesundheit als „sehr gut“ oder „ausgezeichnet“ einschätzen, von 44 Prozent auf 40 Prozent. Diese Entwicklungen zeigen den Bedarf nach weiterer Beobachtung, auch um eine mögliche Reversibilität der Trends einschätzen zu können.

    Die Ergebnisse wurden in einem Preprint auf dem Dokumentenserver medrxiv veröffentlicht, sind also noch nicht von unabhängigen Gutachtern bewertet. Die Daten stammen aus Telefoninterviews mit monatlich ca. 1.000 Erwachsenen (2019-2021), aktuell mit monatlich ca. 3.000 Erwachsenen (2022). Die Interviews wurden im Rahmen der GEDA-Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ und der COVIMO-Studie durchgeführt. Neben einer Frage zur selbsteingeschätzten psychischen Gesundheit wurden Screening-Fragen eingesetzt, die ggf. auf einen Abklärungsbedarf psychischer Symptome hinweisen können. Es ist nicht möglich, damit die Häufigkeit psychischer Störungen zu bestimmen, da die Messinstrumente keine Diagnosestellung erlauben.

    In der Studie werden diese Ergebnisse in den zeitlichen Kontext der Phasen der COVID-19-Pandemie gesetzt. Im Beobachtungszeitraum (April 2019 bis Juni 2022) ist mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ein weiterer akuter Stressor auf Bevölkerungsebene hinzugekommen. Außerdem tragen möglicherweise komplexe Effekte weiterer kollektiver Krisen wie der Klimakrise sowie saisonale Schwankungen und langjährige Trends zu den Entwicklungen bei. Ob ein zeitlicher Zusammenhang zwischen diesen Stressoren und der Entwicklung der psychischen Gesundheit auch ursächlich zu verstehen ist, kann anhand der Studie nicht bewertet werden. Ziel der Analysen war es, Veränderungen im Sinne eines Frühwarnsystems über eine visuelle Darstellung zeitlicher Trends möglichst sensitiv zu entdecken. Diese Hinweise auf eine sich verschlechternde psychische Gesundheit konnten auch statistisch nachgewiesen werden.

    Die aktuellen Ergebnisse sind neben dem Preprint auch in einem Faktenblatt auf der RKI-Internetseite zusammengefasst. Zukünftig sollen die Ergebnisse auch in einem Dashboard verfügbar sein.

    Pressestelle des Robert Koch-Instituts, 11.10.2022