Autor: Simone Schwarzer

  • Imaginäre Körperreisen

    Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2021, 303 Seiten, 34,95 €, ISBN 978-3-8497-0375-2

    Das Buch zeigt, wie imaginäre Körperreisen über Trance-Induktionen in den eigenen Körper führen. Dabei entstehen Bilder, die ganz individuell sind und bei der Genesung helfen. So können schulmedizinische Therapien wirkungsvoll unterstützt werden – besonders auch bei Kindern und Jugendlichen. Imaginäre Körperreisen lassen sich gut in die Behandlung von Angststörungen, Depressionen, chronischen Schmerzen, Entzündungen und psychosomatischen Beschwerden integrieren. Die Ärztin und Hypnotherapeutin Sabine Fruth vermittelt die Methode mit allen Grundlagen und viel Praxisbezug.

  • Neue Studie mittels Abwasseranalyse

    Die Ergebnisse des größten europäischen Projekts im Bereich Abwasseranalyse „Abwasseranalyse und Drogen – eine europäische städteübergreifende Studie“ liegen jetzt für das Jahr 2021 vor. Die Studie wird von der europaweiten SCORE-Gruppe in Zusammenarbeit mit der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) veröffentlicht. Im Rahmen des Projekts wurden Abwasser in 75 europäischen Städten aus 25 Ländern (23 EU, Türkei und Norwegen) analysiert, um Aufschluss über das Drogenverhalten ihrer Einwohner zu gewinnen. Dies ist die höchste Zahl von Ländern, die bislang teilgenommen haben, trotz der anhaltenden COVID-19-Pandemie im betreffenden Studienzeitraum. Die SCORE-Gruppe führt seit 2011 jährliche Studien zur Abwasserüberwachung durch. Damals nahmen erst 19 Städte aus zehn Ländern teil.

    Von Barcelona bis Limassol und von Oslo bis Porto wurden im Rahmen der Studie täglich Abwasserproben in den Einzugsgebieten von Klärwerken über einen Zeitraum von einer Woche zwischen März und Mai 2021 analysiert. Das Abwasser von etwa 45 Millionen Menschen wurde auf Spuren von vier illegalen Stimulanzien (Kokain, Amphetamin, Methamphetamin, MDMA/Ecstasy) sowie Cannabis untersucht.

    Die aktuelle Studie weist auf einen Anstieg bei vier der fünf untersuchten Drogen hin. MDMA war die einzige Droge, bei der in den meisten untersuchten Städten ein Rückgang zu verzeichnen war. Bemerkenswert in dieser jüngsten Datenerhebungsrunde ist, dass die Drogen gleichmäßig an allen Studienorten gemeldet wurden, wobei alle fünf Substanzen in fast allen teilnehmenden Städten gefunden wurden. Dies ist ein Unterschied zu den Vorjahren, in denen vielfältigere geografische Muster beobachtet wurden. Die jüngsten Daten zeigen, dass Kokain zwar nach wie vor in west- und südeuropäischen Städten am stärksten verbreitet ist, jedoch zunehmend auch in osteuropäischen Städten vorkommt. Auch Methamphetamin, das ursprünglich auf Tschechien und die Slowakei konzentriert war, findet sich jetzt in Städten in ganz Europa.

    Alexis Goosdeel, Direktor der EMCDDAt: „Die Ergebnisse zeigen sowohl einen Anstieg als auch eine Ausbreitung der meisten untersuchten Substanzen, was auf ein weit verbreitetes und komplexes Drogenproblem zurückzuführen ist. In den letzten zehn Jahren hat sich die Abwasseranalyse von einer experimentellen Technik zu einem bewährten Instrument zur Überwachung des illegalen Drogenkonsums in Europa entwickelt. In dieser jüngsten Studie zeichnet sich das künftige Potenzial der Abwasserforschung ab, das von der Identifizierung neuer psychoaktiver Substanzen und der Evaluierung von Maßnahmen bis hin zu Programmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Verbesserung der Vorsorge und Maßnahmen reicht.“

    Wichtigste Ergebnisse 2021

    Kokain: Kokainrückstände im Abwasser waren in west- und südeuropäischen Städten nach wie vor am höchsten (insbesondere in Belgien, den Niederlanden und Spanien), aber auch in den meisten osteuropäischen Städten wurden Spuren gefunden, bei denen sich ein Anstieg zeigte. Im Jahr 2021 verzeichnete mehr als die Hälfte der Städte einen Anstieg der Kokainrückstände im Vergleich zu den Daten für 2020 (32 der 58 Städte, aus denen Daten für beide Jahre vorliegen). Im Rahmen des kürzlich durchgeführten europäischen Abwasserprojekts EUSEME wurden auch Crack-Rückstände in allen der 13 beteiligten europäischen Städte gefunden, die höchsten Belastungen traten in Amsterdam und Antwerpen auf.

    Methamphetamin

    Diese Droge ist traditionell auf Tschechien und die Slowakei konzentriert und wird nun in Belgien, Zypern, Ostdeutschland, Spanien, der Türkei und mehreren nordeuropäischen Ländern (z. B. Dänemark, Litauen, Finnland und Norwegen) nachgewiesen. Von den 58 Städten, aus denen Daten für 2021 und 2020 vorliegen, meldete etwa die Hälfte (27) einen Anstieg der Rückstände. (Im Gegensatz zu den anderen drei Stimulanzien waren die Rückstände an den meisten Orten sehr gering bis vernachlässigbar).

    Amphetamin

    Bei den Amphetaminrückständen unterschieden sich die Städte nach wie vor sehr, wobei die höchsten Belastungen in Städten im Norden und Osten Europas (Schweden, Belgien, Niederlande und Finnland) und deutlich niedrigere Konzentrationen in Städten im Süden gemeldet wurden. Doch auch hier meldete mehr als die Hälfte (28 von 55) der Städte, aus denen Daten für 2021 und 2020 vorliegen, einen Anstieg der Rückstände.

    Cannabis

    Die höchsten Konzentrationen des Cannabismetaboliten (THC-COOH) wurden in west- und südeuropäischen Städten festgestellt, insbesondere in Kroatien, Tschechien, Spanien, den Niederlanden, Slowenien und Portugal. Der Konsum scheint von den COVID-19-Lockdowns weniger betroffen zu sein als andere Drogen. 2021 meldete fast die Hälfte der Städte (13 von 31), die Cannabismetaboliten analysierten, einen Anstieg der Cannabisbelastung.

    MDMA

    In den meisten untersuchten Städten war dies die einzige Droge, bei der die Rückstände zurückgingen. Fast zwei Drittel der Städte, aus denen Daten für 2021 und 2020 vorliegen (38 von 58), meldeten für 2021 einen Rückgang der Belastung, möglicherweise aufgrund der Schließung von Nachtclubs während der COVID-19-Pandemie, in denen diese Droge häufig konsumiert wird. Die höchsten MDMA-Rückstände wurden in Städten in Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und Norwegen gefunden.

    Städtische Variationen

    Die Studie zeigte Unterschiede zwischen Städten innerhalb eines Landes auf, die teilweise auf ihre unterschiedlichen sozialen und demografischen Merkmale (Altersverteilung, Universitäten, Nachtleben) zurückzuführen sind. In den meisten Ländern mit mehreren Studienstandorten waren die Rückstände bei drei der Stimulanzien in Großstädten höher als in kleineren Ortschaften. Bei Amphetamin und Cannabis wurden keine derartigen Unterschiede festgestellt. Siebzehn der Länder, die 2021 an der Datenerhebung teilnahmen, nahmen mit zwei oder mehr Studienstandorten teil.

    Wöchentliche Muster

    Mit der Abwasseranalyse können wöchentliche Muster des Drogenkonsums festgestellt werden. Mehr als drei Viertel der Städte wiesen am Wochenende (Freitag–Montag) höhere Rückstände der typischen Freizeitdrogen Kokain und MDMA auf als an Wochentagen, obwohl ein Großteil der Nachtleben-Veranstaltungen in Europa im Jahr 2021 noch immer geschlossen war. Dagegen waren die Rückstände der anderen drei Drogen gleichmäßiger über die gesamte Woche verteilt.

    Interaktive Funktionen

    Die aktuelle Studie beinhaltet eine innovative interaktive Karte, die es den Benutzern ermöglicht, geografische und zeitliche Muster zu betrachten und die Ergebnisse nach Stadt und Droge heranzuzoomen. Im Einklang mit der Verpflichtung der EMCDDA, Daten zugänglich zu machen, können alle Quellentabellen hinter dem Tool von Forschern, Datenjournalisten oder allen, die daran interessiert sind, die Daten bei ihrer Arbeit zu verwenden, problemlos heruntergeladen werden.

    Anmerkung: Die Proben aus 2021 wurden möglicherweise während der COVID-19-Beschränkungen erhoben, die sich auf die Verfügbarkeit und die Konsummuster von Drogen ausgewirkt haben könnten.

    Pressestelle der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA), 17.3.2022

  • Alkohol und Pandemie in der Schweiz

    Entgegen allen Befürchtungen haben die Pandemie und die Schutzmaßnahmen den Alkoholkonsum in der Allgemeinbevölkerung nur wenig verändert. Eine Untersuchung von Sucht Schweiz im Auftrag des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) zeigt nebst einem leichten Rückgang der durchschnittlich konsumierten Menge auch Veränderungen bei besonders gefährdeten Gruppen. Insgesamt gilt, dass jene, die mehr Alkohol konsumierten, oft mehr Freizeit oder Stress als Grund nennen.

    Sucht Schweiz hat im Auftrag des BAZG die Veränderungen der Trinkgewohnheiten im Zuge der COVID-19-Maßnahmen untersucht. In einer repräsentativen Befragung wurden im Sommer 2021 rund 2.000 Personen ab dem Alter von 15 Jahren zu ihrem Alkoholkonsum und den Alkoholkäufen befragt. Im Fokus stand der Zeitraum zwölf Monate vor und nach Einführung der Schutzmaßnahmen Mitte März 2020.

    Der Konsum hat um monatlich 2,6 Standardgetränke pro konsumierende Person abgenommen. Das entspricht einem Rückgang von 7,7 Prozent in der Allgemeinbevölkerung. Beim Rauschtrinken ist etwa eine Gelegenheit monatlich weniger zu beobachten, was einem Rückgang von 17 Prozent gleichkommt. Dies dürfte in erster Linie mit der zeitweiligen Einschränkung bei privaten Treffen, der Schließung von Gastronomiebetrieben oder mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten zu tun haben. „Während die meisten Menschen ihren Konsum nur wenig verändert haben, ist bei gefährdeten Gruppen eine Polarisierung des Verhaltens zu beobachten. Einige reduzierten ihren Konsum eher, während andere mehr tranken“, erklärt Florian Labhart, Forscher bei Sucht Schweiz.

    Veränderungen beim Konsum daheim

    Beim Trinken zu Hause haben nach eigener Wahrnehmung 16 Prozent der Befragten ihren Konsum ein wenig oder stark reduziert, dagegen 17 Prozent ein wenig oder stark erhöht. Die Zahlen sind für Männer und Frauen vergleichbar. Die Konsumerhöhung lässt sich im Wesentlichen bei Jugendlichen und jungen Erwachsen (bis zu einem Alter von 44 Jahren) beobachten, während der Konsum bei den älteren Altersgruppen eher rückgängig war. Wie zu erwarten, nahm der Konsum im Ausgang (Restaurants, Bars) insgesamt ab.

    Erhöhung bei den Alkoholimporten

    Die Menschen haben im Zuge der Pandemie insgesamt etwas weniger Alkohol gekauft und auch im Ausland weniger eingekauft. Dafür erhöhten sich die Alkoholimporte der Schweiz im Jahr 2020 um fast 30 Prozent im Vergleich zu 2019, wie die Einfuhrstatistik des BAZG zeigt.

    Gründe für die Konsumentwicklungen

    Als Grund für einen erhöhten Alkoholkonsum werden in erster Linie das Vergnügen, mehr Freizeit in Ermangelung anderer Aktivitäten, erhöhter Stress, Langeweile oder Bewältigung bei deprimierten Verstimmungen genannt. Die Konsumreduktion wird in erster Linie mit dem Fehlen geselliger Gelegenheiten oder gesundheitlichen Aspekten begründet.

    Auch in der Pandemie: Konsum bei jungen Menschen

    Die allgemein leicht rückläufige Tendenz ist bei beiden Geschlechtern, aber vor allem in den Altersgruppen ab 25 Jahren zu beobachten. Bei den 15- bis 24-Jährigen zeigt sich trotz eines Anstiegs der Abstinenzzahlen eine erhöhte Trinkmenge bei den Konsumierenden. Diese Entwicklung dürfte im Wesentlichen auf eine altersbedingte Sozialisation in den Alkoholkonsum zurückzuführen sein.

    Gefährdete Gruppen unterstützen

    Obwohl das Trinkverhalten in der Allgemeinbevölkerung leicht zurückging, gibt es verschiedene Risikogruppen. Sie trinken Alkohol, um sich bei Niedergeschlagenheit, schlechter Stimmung oder bei Problemen zu entlasten. Es sind dies insbesondere Menschen, deren wirtschaftliche Situation sich verschlechtert hat, die Angst vor COVID-19 haben und Eltern von Kleinkindern. Auch wenn sich die Lage in den letzten Wochen in vielen Bereichen wieder normalisiert hat, bleibt es wichtig, die Entwicklung im Auge zu behalten. Das Ziel ist, gefährdete Gruppen zu unterstützen und im Falle einer erneuten Krisensituation zu schützen.

    Originalpublikation:
    Changements des habitudes de consommation et d’achat d’alcool durant la première année de la crise du COVID-19 et facteurs de risque associés (mit deutscher Zusammenfassung)

    Pressestelle von Sucht Schweiz, 17.3.2022

  • Psychotherapie der Zukunft: Studium und Weiterbildung

    Psychotherapie der Zukunft: Studium und Weiterbildung

    Thomas Hempel
    Dr. Clemens Veltrup

    Seit 1999 gibt es in der Bundesrepublik das „Psychotherapeutengesetz (PsychThG)“, welches u. a. die Voraussetzungen für die Approbation als „Psychologische Psychotherapeutin“ bzw. „Psychologischer Psychotherapeut“ regelt. Bisher galt, dass in einer mindestens dreijährigen Ausbildung an einem staatlich anerkannten Institut die Qualifikation zur Ausübung eines Heilberufes mittels eines erlernten wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahrens (Verhaltenstherapie, Systemische Psychotherapie, Tiefenpsychologische Psychotherapie, Psychoanalyse) erworben werden konnte. Unter anderem wurde ein praktischer Einsatz in der Psychiatrie oder Psychosomatik im Umfang von insgesamt 1.800 Stunden gefordert, der in der Vergangenheit zumeist nur sehr gering vergütet worden ist. Erst seit 2020 besteht die Verpflichtung der Ausbildungsstätten, 1.000 Euro bei einer Vollzeittätigkeit zu vergüten. Diese Ausbildungsform wird es parallel zur neuen Weiterbildung bis 2032 geben.

    Die neue Weiterbildung der Psychotherapeut:innen

    Am 1. September 2020 ist ein neues Psychotherapeutengesetz in Kraft getreten, welches zu einer grundsätzlich neuen Form der Approbation zur Psychotherapeutin bzw. zum Psychotherapeuten führt und eine Weiterbildung zu Fachpsychotherapeut:innen beinhaltet. Es wird damit eine strukturelle Angleichung an die Weiterbildung der Ärzt:innen realisiert werden.

    Voraussetzung für die Ausbildung zur / zum Fachpsychotherapeut:in ist ein Hochschulabschluss (Master) für alle zukünftigen Psychotherapeut:innen. Das Studium („Klinische Psychologie und Psychotherapie“) ist praxisorientiert, speziell an der psychotherapeutischen Arbeit ausgerichtet und befähigt zur Berufstätigkeit. Die Dauer der Weiterbildung beträgt bei einer Vollzeittätigkeit mindestens fünf Jahre.

    Um für die Weiterbildung zugelassen zu werden, ist das Bestehen der staatlichen Approbationsprüfung notwendig, welche sich nach dem erfolgreichen Masterabschluss anschließt. Die Weiterbildung wird an verschiedenen Weiterbildungsstätten, die aus dem stationären, ambulanten oder institutionellen Bereich psychotherapeutischer Versorgung kommen, durchgeführt.

    Zur ambulanten Versorgung gehören insbesondere Weiterbildungs- und Hochschulambulanzen sowie Praxen. Die stationäre Versorgung umfasst insbesondere (teil-)stationäre Einrichtungen der Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie sowie in vollem Umfang auch stationäre Einrichtungen der medizinischen Suchtrehabilitation. Zum institutionellen Bereich gehören insbesondere Einrichtungen der Jugendhilfe, der somatischen Rehabilitation, des Justiz- und Maßregelvollzugs, der Behindertenhilfe, der Sozialpsychiatrie, der Sozialpädiatrie, der Gemeindepsychiatrie, des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der psychosozialen Fachberatungsstellen und -dienste sowie der Suchthilfe.

    Die Weiterbildung findet in hauptberuflicher Beschäftigung statt, somit gehören Theorievermittlung, Supervision und Selbsterfahrung zu dieser hauptberuflichen Tätigkeit und finden während der Arbeitszeit statt. Sie sind deshalb auch vom Arbeit- oder Dienstgeber zu bezahlen.

    In der Weiterbildungsordnung wird zwischen Gebiets- und Bereichsweiterbildung unterschieden.

    • Die Gebietsweiterbildung unterscheidet die Qualifikation zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen einerseits und für die Behandlung von Erwachsenen andererseits. Hinzugekommen ist das Gebiet „Neuropsychologische Psychotherapie“ für alle Altersgruppen.
    • Die Bereichsweiterbildung setzt auf der Gebietsweiterbildung auf und dient der Spezialisierung, bei der eingehende und besondere Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in einem bestimmten Weiterbildungsbereich gesammelt werden (z. B. „Sozialmedizin“). Weiterbildungsabsolvent:innen erhalten einen so genannten ankündigungsfähigen Titel, auch als Zusatzbezeichnung bekannt, d. h., diese Qualifikation darf z. B. im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden.

    Download der Muster-Weiterbildungsordnung für Psychotherapeut:innen

    Perspektiven für die Suchthilfe

    Im Zusammenhang mit der neuen Weiterbildung ist die Frage der Finanzierung noch weitgehend ungeklärt. Es ist auch spannend, wie sich die Leistungsträger (also die Krankenkassen und Rentenversicherungsträger) zu dieser neuen Form der Weiterbildung stellen werden. Im Rahmen der neuen Personalrichtlinie für die Bereiche der psychiatrischen und psychosomatischen Akutbehandlung im Sinne des SGB V ist die Gruppe der Fachpsychotherapeut:innen schon aufgenommen worden. Im Rahmen der medizinischen Rehabilitation gibt es in den Stellenplänen diese Berufsgruppe noch nicht.

    Auf jeden Fall wird sich die psychotherapeutische Versorgung in der Zukunft deutlich ändern. Aus heutiger Sicht könnte das ein Gewinn für die Suchthilfe werden. Dieser besteht v. a. darin, dass, wie bereits beschrieben, die gesamte stationäre (zweijährige) Weiterbildungsphase in der medizinischen Suchtrehabilitation absolviert werden kann und nicht, wie bislang im Rahmen der Ausbildung als psychologische:r Psychotherapeut:in, nur 600 von insgesamt 2.400 Stunden. Auch können die Weiterbildungskandidat:innen mindestens ein Jahr einer Tätigkeit im Rahmen der Suchthilfe (von der Primär- bis zur Tertiärprävention) anerkannt bekommen. So könnte sich bei entsprechender Zustimmung der regionalen Rentenversicherungsträger die psychotherapeutische Arbeit in der ambulanten und stationären medizinischen Rehabilitation deutlich verbessern. Des Weiteren wird zukünftig durch die Bereichsweiterbildung „Sozialmedizin“ die Bedeutung der Fachpsychotherapeut:innen in der medizinischen Rehabilitation gestärkt. Dieses Curriculum ist quasi identisch mit der jetzigen Weiterbildung, die allerdings nur Ärzt:innen zum Tragen dieser Zusatzbezeichnung berechtigt. Mit der neuropsychologischen Psychotherapie kann zukünftig auch Menschen mit Störungen durch psychotrope Substanzen, bei denen kognitive Beeinträchtigungen entstanden sind, wirkungsvoll geholfen werden.

    Handlungsempfehlungen für die Fachkliniken

    Welche Handlungsempfehlungen lassen sich aus den beschriebenen Neuerungen insbesondere für die Fachkliniken der medizinischen Suchtrehabilitation ableiten?

    1. Die Anerkennung der Fachklinik als Weiterbildungsstätte sollte bei der zuständigen Psychotherapeutenkammer nach Verabschiedung der Weiterbildungsordnungen (vermutlich bis Ende 2022) beantragt werden.
    2. Geeignete psychologische Psychotherapeut:innen sollten ihre Ermächtigung zur Weiterbildung bei der zuständigen Psychotherapeutenkammer beantragen.
    3. Auf der Grundlage der Weiterbildungsordnung sollte ein Weiterbildungscurriculum unter Umständen auch in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Suchtrehabilitation erarbeitet werden.
    4. Es sollten Kooperationsverträge mit den infrage kommenden psychologischen Fachbereichen der Universitäten für Bachelor- und Masterstudierende abgeschlossen werden.
    5. Es sollten Weiterbildungsverträge vorbereitet werden.
    Kontakt:

    Dr. Clemens Veltrup
    veltrup@fachklinik-freudenholm-ruhleben.de

    Angaben zu den Autoren:

    Dr. Clemens Veltrup, Dipl.-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut, ist Leitender Therapeut der Fachklinik Freudenholm-Ruhleben, Schellhorn, und Geschäftsbereichsleiter „Suchthilfe“ im Landesverein für Innere Mission in Schleswig-Holstein. Er ist Präsident der Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Suchthilfe e. V..
    Thomas Hempel, Facharzt für Psychiatrie, Zusatzbezeichnungen Psychotherapie und Sozialmedizin, ist Geschäftsführer und gesamtärztlicher Leiter der Therapiehilfe gGmbH. Er ist Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Suchthilfe e. V.

  • Online-Befragung unter Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen

    Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (KJPP) des Universitätsklinikums Ulm (UKU) führt eine Online-Befragung bei Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen durch, um deren Erfahrungen im Umgang mit Patient:innen mit extremistischer Einstellung zu sammeln. Aus den Ergebnissen werden Angebote abgeleitet, die Qualifikation, Weiterbildung und Vernetzung der Fachkräfte verbessern sollen.

    Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen haben während einer Behandlung oder Therapie immer wieder Kontakt zu Patient:innen und Angehörigen, die eine extremistische Einstellung vertreten. Dieses Thema ist für die Forschenden der KJPP aktueller denn je. „Viele Menschen fühlen sich beispielweise im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie von extremistischen Gruppen angesprochen“, weiß Dr. Thea Rau, Forschungsgruppenleiterin und Projektleiterin an der KJPP. „Psychische Erkrankungen sind unter radikalisierten Personen aber grundsätzlich nicht stärker verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung. Wenn jedoch psychische Erkrankungen mit extremistischer Einstellung zusammentreffen, kann daraus eine höhere Gewaltbereitschaft resultieren, zum Beispiel bei einer paranoiden Schizophrenie oder bestimmten Persönlichkeitsstörungen“, so Dr. Rau weiter.

    Zudem gehen mit Radikalisierungsprozessen häufig erhebliche psychische Belastungen einher, die oftmals auch behandlungsbedürftig sind. Um Fachkräfte im Umgang mit diesen Patient:innen besser unterstützen zu können, hat die KJPP nun ein neues Projekt ins Leben gerufen. Fachkräfte haben dabei die Möglichkeit, an einer deutschlandweiten Online-Befragung teilzunehmen. Dabei stehen ihre Erfahrungen mit Patient:innen mit extremistischer Einstellung und deren Angehörigen sowie der Schulungsbedarf zu diesem Thema im Fokus. Auch Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen, die keinen Kontakt mit solchen Personengruppen haben, können an der Befragung teilnehmen.

    Hier geht es zur Umfrage

    Die Ergebnisse der anonymen Befragung bilden die Grundlage, um anschließend passgenaue Angebote für Fachkräfte in medizinischen Berufen zu gestalten. So soll etwa ein E-Learning-Programm entwickelt werden, das Fachkräfte im Umgang mit extremistischen Einstellungen von Patient:innen und Angehörigen weiterbildet und qualifiziert.

    „Unser Ziel ist es, mehr Sicherheit bei der Behandlung solcher Patientinnen und Patienten und im Umgang mit deren Angehörigen zu vermitteln. Darüber hinaus möchten wir Angehörige von Heilberufen noch besser in die Netzwerkarbeit einbinden“, erklärt PD Dr. Marc Allroggen, der zusammen mit Dr. Rau die Forschungsgruppe leitet. „Ein Netzwerk zur Extremismus-Prävention gibt es bereits, vor allem aus Fachberatungsstellen zur Deradikalisierung und den Sicherheitsbehörden“, so Dr. Allroggen weiter. „Von diesem Austausch und der qualifizierten Weiterbildung profitieren nicht nur die Fachkräfte und die Betroffenen, sondern letztendlich die gesamte Gesellschaft.“

    Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.

    Pressestelle des Universitätsklinikums Ulm, 10.03.2022

  • Corona-Pandemie: Auswirkungen auf Ernährungs- und Bewegungsverhalten bei Studierenden

    Die angesichts der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen hatten Auswirkungen auf den Lebensstil vieler Studierender – bei vielen in positiver, bei manchen jedoch auch in negativer Hinsicht. Das zeigte bereits eine 2020 durchgeführte Befragung der Universität Hohenheim in Stuttgart. Ein Jahr später wiederholten die Forschenden die Untersuchung. Nun liegen die Ergebnisse vor: Bei den meisten Änderungen des Lebensstils gibt es im Vergleich zum vorhergehenden Jahr keine wesentlichen Unterschiede. Deutlich zugenommen haben allerdings die Sorgen – sowohl um die psychische als auch um die körperliche Gesundheit.

    Während der Corona-Pandemie hat sich der Alltag fast aller Menschen drastisch verändert. So auch für Studierende an Hochschulen und Universitäten. Doch welche Auswirkungen auf ihren Lebensstil hatte das plötzliche Wegfallen von universitären Veranstaltungen und gemeinsamen Aktivitäten mit den Studienkolleg:innen? Dieser Frage ging das Team von Prof. Nanette Ströbele-Benschop vom Institut für Ernährungsmedizin erstmals im Sommer 2020 in einer Online-Umfrage unter den Studierenden der Universität Hohenheim nach.

    Im Sommer 2021 wiederholte das Team von Prof. Ströbele-Benschop die Umfrage und wertete die Daten von mehr als 900 Studierenden aus, wovon die meisten zwischen 21 und 26 Jahre alt waren. Dabei interessierten sich die Forschenden vor allem für die Lebensstilfaktoren Ernährung, Bewegung, Sport, Alkohol- und Tabakkonsum sowie die psychischen Belastungen durch die individuelle Corona-Situation.

    Insgesamt zeigten die Daten eine Fortsetzung des Trends von 2020: „Es gibt offensichtlich sehr unterschiedliche Strategien, wie Studierende auf die Pandemie-Maßnahmen reagieren“, fasst Prof. Ströbele-Benschop zusammen. „Die einen scheinen die Umstände positiv zu nutzen und Ernährung sowie Bewegung bewusster in den Alltag integrieren zu können. Bei anderen scheinen hingegen die täglichen Sorgen und der Verlust von Strukturen zu weiteren negativen Auswirkungen zu führen.“

    Gestiegene Besorgnis steht auch im Zusammenhang mit Lebensstilfaktoren

    Im Vergleich zu der Umfrage von 2020 ist die Besorgnis der Studierenden um die eigene körperliche und psychische Gesundheit gestiegen. „Wir sehen also, dass die Studierenden nach zwei Jahren Pandemie noch beeinträchtigter gerade hinsichtlich ihrer psychischen Gesundheit sind als noch ein Jahr zuvor. Das ist besorgniserregend“, so Prof. Ströbele-Benschop. Dabei gehe die gestiegene Besorgnis einher mit einer schlechteren Schlafqualität, weniger Sport und genereller Bewegung, deutlich selteneren gemeinsamen Essen mit Freunden, aber auch einem höherem Verzehr von Süßigkeiten.

    Häufig mehr Gemüse und Salat sowie Fleischalternativen

    Bereits die im Jahr 2020 durchgeführte Umfrage zeigte, dass der Lockdown bei einem Teil der Studierenden zu positiven Veränderungen ihres Lebensstils führte: Sie bereiteten ihre Mahlzeiten öfter selbst frisch zu und probierten dabei häufiger neue Rezepte aus. Auch 2021 verbrachte über die Hälfte der Studierenden mehr Zeit beim Kochen mit frischen Zutaten, allerdings nahmen die Bestellungen bei Lieferdiensten fast genauso häufig zu.

    Die Studierenden verzehrten vermehrt Obst und Gemüse und reduzierten ihren Fleischkonsum noch weiter. Stattdessen kamen häufiger Fleischalternativen auf den Tisch. Prof. Ströbele-Benschop schränkt jedoch ein: „Wie stark bei den Veränderungen des Lebensmittelverzehrs die Pandemie einen Einfluss hatte, kann durch die Umfrage nicht gesagt werden. Zum Beispiel sinkt in der Bevölkerung der Fleischverzehr generell und Fleischalternativen werden immer beliebter.“

    Gewichtsveränderungen bei rund der Hälfte der Befragten und weniger Sport

    Bemerkenswert ist aus Sicht der Forschenden zudem, dass die Gewichtsveränderungen seit Beginn der Pandemie gleichgeblieben sind. Wie schon in der vorhergehenden Befragung gaben ca. 24 Prozent an, dass sie abgenommen hätten, 27 Prozent berichteten über eine Gewichtszunahme und 49 Prozent über keine Veränderung.

    Hatten bei vielen Studierenden im ersten Lockdown noch sportliche Aktivitäten an Bedeutung gewonnen, zeigen die aktuellen Daten jedoch, dass ein größerer Prozentanteil der Studierenden im Jahr 2021 weniger Sport getrieben hat als vor der Pandemie: Ihr Anteil stieg von etwas über 27 Prozent im Jahr 2020 auf jetzt 39 Prozent.

    Pressestelle der Universität Hohenheim, 10.3.2022

  • Eindämmung der Werbung für Online-Glücksspiele und Sportwetten gefordert

    Seit 1. Juli 2021 regelt der Glücksspielstaatsvertrag 2021 das deutsche Glücksspielrecht neu. Neben der Zulassung von Online-Glücksspielen wurden auch die Vorgaben für die Werbung für Glücksspiele abgemildert. Werbung für Glücksspiele ist mittlerweile omnipräsent im Alltag sichtbar. Dies führt zu einer Verharmlosung und Normalisierung von Glücksspielen in der Gesellschaft. Im Sinne des Jugend-, Spieler- und Verbraucherschutzes ist dies eine Fehlentwicklung. Aus diesem Grund haben die Länderkoordinator:innen Glücksspielsucht von Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Thüringen das gemeinsame Positionspapier „Suchtfachliche Position zur Werbung für Online-Glücksspiele und Sportwetten gemäß Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021)“ entwickelt.

    Das Positionspapier stellt die kritisch zu sehenden Entwicklungen im Bereich der Glücksspielwerbung dar und weist auf dringliche Handlungs- und Nachbesserungsbedarfe hin. Mit dem vorliegenden Papier möchten die beteiligten Länderkoordinator:innen Glücksspielsucht zur Diskussion und zur fachlichen Einschätzung von Glücksspielwerbung beitragen.

    Aus der im ersten Teil dargestellten Ausgangslage folgern die Autor:innen folgende neun konkrete Handlungsbedarfe, die zur Eindämmung der unerwünschten Folgen von Glücksspielwerbung in Deutschland nötig sind:

    1. Verbot von Sponsoring und Dachmarkenwerbung
    2. Ausweitung zeitlicher und örtlicher Werbebeschränkungen
    3. Ausweitung des Werbeverbots mit Testimonials
    4. Verbot von Vorteilen
    5. Verbot von Affiliate-Marketing
    6. Werbeverbot über Video-Sharing- und Messengerdienste, Social Media-Angebote sowie Onlinedienste mit Streaming-Feature
    7. Werbeverbot für simuliertes Glücksspiel
    8. Ausweitung der werbebezogenen Bußgeldvorschriften und konsequenter Vollzug
    9. Erweiterte Werbevorschriften in der Erlaubniserteilung

    Die einzelnen Maßnahmen werden im Positionspapier ausführlich erläutert. Es steht oben zum Download bereit.