Kategorie: Kurzmeldungen

  • Suchtprobleme und Arbeitslosigkeit

    Rund 87 % der Menschen in Deutschland sind über eine gesetzliche Krankenversicherung (GKV) versichert. Innerhalb der GKV ist die AOK mit über 24 Millionen Versicherten die größte Krankenkassenart. 15 Millionen dieser Versicherten sind zwischen 18 und 64 Jahre alt. Mit einer Analyse von Routinedaten dieser 15 Millionen AOK-Versicherten im erwerbsfähigen Alter haben Henkel und Schröder (2015) Zusammenhänge zwischen Suchtproblemen und dem Erwerbsstatus untersucht.

    Dazu verknüpften sie die Daten zum Erwerbsstatus der 18-bis 64-Jährigen Versicherten aus den Jahren 2007 bis 2012 mit den suchtspezifischen Diagnosedaten, die der AOK von Arztpraxen, Krankenhäusern und anderen ambulanten, stationären und teilstationären medizinischen Behandlungseinrichtungen übermittelt wurden. Um den Zusammenhang zwischen aktuellem Erwerbsstatus und Suchtdiagnosen möglichst zeitnah abzubilden, wurden die Daten quartalsweise aufbereitet. Im untersuchten Zeitraum von sechs Jahren ergab das knapp 173 Millionen Quartalsfälle. Ausgeschlossen wurden Daten von Versicherten, die nicht erwerbsfähig oder aus anderen Gründen weder erwerbstätig noch arbeitslos waren.

    Anhand der Routinedaten der Krankenkasse konnte zwischen den Beziehern von Arbeitslosengeld I (ALG-I nach SGB III) und Arbeitslosengeld II (ALG-II nach SGB II, „Hartz-IV“) sowie den sozialgesetzlich versicherten Erwerbstätigen unterschieden werden. Die Suchtdiagnosen werden im Gesundheitssystem nach ICD-10 erhoben, wobei für die Studie die ICD-10-Diagnosen F10 bis F19 und F50 (Essstörungen) sowie F63.0 (pathologisches Glücksspiel) berücksichtigt wurden. Vergleicht man die drei Gruppen miteinander, so findet man für die ALG-II-Beziehenden eine Belastung mit mindestens einer Suchtdiagnose von 10,2 Prozent. Das Ergebnis ist mehr als doppelt so hoch wie die Belastung mit mindestens einer Suchtdiagnose der sozialversicherten Erwerbstätigen mit 3,7 Prozent. Die ALG-I-Beziehenden liegen mit 6,3 Prozent deutlich über den Erwerbstätigen, aber auch deutlich unter den ALG-II-Beziehenden. Der größte Teil der Diagnosen entfällt dabei auf die Abhängigkeit von Alkohol und Tabak. Betrachtet man nur die alkoholspezifischen F10-Diagnosen, so sind die Unterschiede noch größer: Mit 1,9 Prozent ist der Anteil der Alkoholdiagnosen bei den ALG-I-Beziehenden mehr als doppelt so hoch wie bei den Erwerbstätigen mit 0,8 Prozent. Bei den ALG-II-Beziehenden liegt der Anteil der Alkoholdiagnosen mit 4,2 Prozent mehr als fünfmal so hoch wie bei den Erwerbstätigen und mehr als doppelt so hoch wie bei den ALG-I-Beziehenden. Noch deutlicher wird die Differenz bei den Opioid-Diagnosen: Hier haben 0,1 Prozent der Erwerbstätigen und 0,2 Prozent der ALG-I-Beziehenden, aber 1,1 Prozent der ALG-II-Beziehenden eine entsprechende F11-Diagnose.

    Die nach Erwerbsstatus unterschiedliche Belastung lässt sich für Männer und Frauen zeigen, ebenso für unterschiedliche Altersgruppen. Der Anteil der Alkohol- und Tabakdiagnosen ist bei Männern im ALG-II-Bezug zwischen 50 und 64 Jahren am höchsten, der Anteil der Opioid-Diagnosen bei Männern zwischen 30 und 49. Der Anteil der Essstörungsdiagnosen ist bei Frauen zwischen 18 und 29 Jahren am höchsten, wobei etwa doppelt so viele Diagnosen (1 Prozent) für arbeitslose Frauen im Vergleich zu erwerbstätigen Frauen (0,5 Prozent) gestellt wurden. Zwischen ALG-II-Bezieherinnen und ALG-I-Bezieherinnen zeigen sich hingegen keine Unterschiede.

    Aus diesen Daten lassen sich keine Rückschlüsse über exakte Prävalenzen einzelner Suchtprobleme ziehen, da hier im Wesentlichen Diagnosen analysiert worden sind, die mit behandlungsbedürftigen (Folge-)Erkrankungen einhergehen. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb die Daten zum pathologischen Spielen in dieser Studie eher niedrig liegen. Wohl aber weisen die Daten auf unterschiedliche Belastungen von Erwerbstätigen und ALG-I-Beziehenden sowie ALG-II-Beziehenden hin.

    Interessant ist ein Vergleich mit Daten aus der Deutschen Suchthilfestatistik zu Arbeitslosigkeit und Sucht. Hierzu haben Kipke u. a. (2015) eine Sonderauswertung der Deutschen Suchthilfestatistik aus den Jahren 2007 bis 2011 vorgelegt. Danach hat sich der Anteil der Arbeitslosen in den ambulanten und stationären Einrichtungen der Suchthilfe zwischen 2007 und 2011 nur wenig verändert und lag über alle Diagnosen 2011 in den ambulanten Einrichtungen bei 39,1 Prozent und in den stationären Einrichtungen bei 48,5 Prozent. Demnach werden in den ambulanten Suchthilfeeinrichtungen mehr Erwerbstätige als Arbeitslose und in den stationären Suchthilfeeinrichtungen etwa gleich viele Erwerbstätige und Arbeitslose behandelt. Am höchsten war der Anteil der Arbeitslosen in der Hauptdiagnosegruppe Opioide mit knapp 60 Prozent in ambulanten Einrichtungen und knapp 65 Prozent in stationären Einrichtungen. Bei den Arbeitslosen handelt es sich überwiegend (mehr als 80 Prozent) um ALG-II-Beziehende.

    Wenn also im SGB-II-Bereich besonders viele Menschen mit Suchtproblemen anzutreffen sind, dann sind die Einrichtungen der Bundesagentur für Arbeit und insbesondere die Jobcenter – neben den Einrichtungen der medizinischen Versorgung – ein wichtiger Ort für Screening, Früherkennung, Frühintervention und Weitervermittlung in suchtspezifische Hilfen. Die in §16a SGB II vorgesehene Suchtberatung als kommunale Eingliederungsleistung findet offensichtlich nach wie vor nur in einem kleinen Teil der Fälle statt. Wie Henkel und Zemlin (2013) gezeigt haben, ist die angesichts der Prävalenzen sehr geringe Zahl der Vermittlungen in Suchtberatung seit 2010 sogar rückläufig. Alle Studien stimmen deshalb in der Forderung überein, dass die Schnittstelle zwischen Jobcenter und Suchthilfe besser überbrückt, die Kooperation zwischen Jobcentern und Suchthilfe dringend ausgebaut und die Möglichkeiten des § 16a SGB II besser genutzt werden müssen.

    Quelle: HLS Forschungsbrief 42/Dezember 2015
    Hessische Landesstelle für Suchtfragen, 04.12.2015

    Literatur:
    • Henkel, D. & Schröder, H. (2015): Suchtdiagnoseraten von Hartz-IV-Beziehenden in der medizinischen Versorgung im Vergleich zu ALG-I-Arbeitslosen und Erwerbstätigen: eine Auswertung der Leistungsdaten aller AOK-Versicherten der Jahre 2007–20012. Suchttherapie 3-2015, 15, 129–135.
    • Kipke, I., et al. (2015): Arbeitslosigkeit und Sucht. SUCHT 2-2015, 61, 81–93.
    • Henkel, D. & Zemlin, U. (2013): Suchtkranke im SGB II: Vermittlungen an die Suchthilfe durch Jobcenter und Integration in Arbeit – eine kritische Bilanz. SUCHT 5-2013, 59, 279–286.
  • „Internetsucht im Kinderzimmer“

    Foto: DAK-Gesundheit
    Foto: DAK-Gesundheit

    Intensive Computernutzung führt in vielen deutschen Familien zu Problemen. Jedes fünfte Kind reagiert ruhelos und gereizt auf Online-Einschränkungen. Elf Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben mehrfach erfolglos versucht, ihre Internetnutzung in den Griff zu bekommen. Oft geben Eltern ihren Kindern keine Regeln zum Umgang mit Laptop oder Smartphone. Das zeigt die neue Studie der DAK-Gesundheit und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen zur Internetsucht im Kinderzimmer.  Krankenkasse und Institut starten jetzt eine Aufklärungskampagne.

    Für die repräsentative Untersuchung hat das Forsa-Institut 1.000 Mütter und Väter umfassend zum Internet- und Computergebrauch ihrer 12- bis 17-jährigen Kinder befragt. Es ist die erste Eltern-Studie, die neben der Dauer und der Art der Internetnutzung auch mögliche krankhafte Folgen für die Jungen und Mädchen untersucht. Hauptergebnisse der DAK-Studie: Laut der Hälfte der befragten Eltern bleibt das Kind länger online als vorgenommen. 22 Prozent der 12- bis 17-Jährigen fühlen sich ruhelos, launisch oder gereizt, wenn sie ihre Internetnutzung reduzieren sollen. Etwa jedes zehnte Kind nutzt das Internet, um vor Problemen zu fliehen. Bei elf Prozent der Befragten hat das Kind mehrfach erfolglose Versuche unternommen, seine Internetnutzung in den Griff zu bekommen. Bei sieben Prozent der Kinder gefährdet die Onlinewelt eine wichtige Beziehung oder eine Bildungschance, wobei die Jungen doppelt so häufig betroffen sind.

    Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung: „Das Internet bietet Kindern und Jugendlichen große Möglichkeiten und Chancen. Gleichwohl dürfen die Risiken nicht unterschätzt werden. Experten gehen davon aus, dass in Deutschland bereits bis zu einer Million Menschen onlinesüchtig sind. Die Vermittlung einer frühen Medienkompetenz ist der entscheidende Schlüssel zur Prävention gesundheitsschädlicher Auswirkungen des Internetgebrauchs und der Computernutzung. Die aktuellen Zahlen geben uns brauchbare Anregungen und wichtige Hinweise für die Präventionsarbeit. Das Thema Onlinesucht habe ich zu meinem Schwerpunktthema in 2016 gemacht.“

    „Die aktuelle Befragung macht deutlich, dass Suchtgefährdung auch im Kinderzimmer besteht“, erklärt Professor Dr. Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).  „Die Daten deuten darauf hin, dass etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland unter krankhaften Folgen ihrer Internetnutzung leiden.“

    Laut Studie der DAK-Gesundheit haben die Kinder im Durchschnitt im Alter ab zwölf Jahren begonnen, das Internet selbstständig zu nutzen. Bei etwa einem Zehntel der befragten Eltern waren die Jungen und Mädchen aber jünger als zehn Jahre. Häufig vereinbaren Eltern mit ihren Kindern keine Regeln für den Umgang mit dem Computer:

    • 71 Prozent der Eltern haben keine Regeln, an welchen Orten ihr Kind das Internet nutzen darf.
    • 51 Prozent der Eltern haben keine Regeln, wie lange ihr Kind das Internet nutzen darf.
    • 32 Prozent der Eltern haben keine Regeln, welche Inhalte ihr Kind im Internet nutzen darf.

    Auch wenn es Regeln zur Internetnutzung gab, so wurden diese nur von 42 Prozent der befragten Eltern auch „voll und ganz“ umgesetzt.

    Nach der Befragung schätzen die Eltern die private Internetnutzung der Kinder an einem normalen Werktag auf rund zweieinhalb Stunden. Am Wochenende steigt die verbrachte Zeit im Durchschnitt auf vier Stunden an. 20 Prozent der Jungen und Mädchen sind am Samstag oder Sonntag sechs Stunden und mehr am Computer. Während Jungen die meiste Zeit mit Online-Spielen verbringen, nutzen die Mädchen das Internet für das so genannte Chatten. In jeder dritten Familie sorgt die Internetnutzung manchmal bis sehr häufig für Streit. Dies ist vor allem bei Kindern im Alter zwischen zwölf und 13 Jahren der Fall.

    „Unsere Studie zeigt, dass bei vielen Eltern offenbar eine große Verunsicherung bei der Internetnutzung ihrer Kinder herrscht“, sagt Herbert Rebscher, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Wir nehmen die Ergebnisse zum Anlass, um die Prävention beim Thema Internetsucht zu verstärken und den Betroffenen neue Hilfsangebote aufzuzeigen.“ Die Krankenkasse finanziert neue Aufklärungsbroschüren, die Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte gezielt über das Thema Internet- und Computersucht informieren. Herausgegeben werden die Hefte mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Beispielen und einem Selbsttest vom Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum  Hamburg-Eppendorf. Weitere Informationen gibt es auch im Internet unter www.computersuchthilfe.info oder unter www.dak.de/internetsucht.

    Pressestelle der DAK-Gesundheit, 30.11.2015

  • Prävention von Medienabhängigkeit

    FVM_LogoDie Studie „Internetsucht im Kinderzimmer“ der DAK unterstreicht ein weiteres Mal die Notwendigkeit einer umfassenden, nachhaltigen und qualifizierten Präventionsarbeit für den Bereich der jugendlichen bzw. familiären Mediennutzung. Ein exzessives Agieren im virtuellen Raum kann zu massiven innerfamiliären Kommunikationsproblemen, zu Entwicklungsverzögerungen und sozialem Rückzug führen.

    Die Aktivitäten der Bundesregierung zeigen, dass sie den Themen Suchtprävention und Sicherung eines gesunden Aufwachsens in einer digitalisierten Gesellschaft besondere Bedeutung beimisst. So wurde im Sommer 2015 ein Präventionsgesetz verabschiedet, welches als Gesundheitsziele u. a. die Entwicklung von Lebenskompetenz sowie adäquate Bewegung und Ernährung benennt (§20 Abs. 3). Das Erreichen dieser Ziele wird durch einen exzessiven Mediengebrauch gefährdet. Im Oktober 2015 wurde die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Computerspielsucht und Internetabhängigkeit“ durch den Drogen- und Suchtrat beschlossen, welche konkrete Empfehlungen zur Hilfe und Prävention erarbeiten soll. Gleichzeitig stellt die Kinderkommission des Deutschen Bundestages die gesellschaftliche Notwendigkeit der Prävention von Medienabhängigkeit fest.

    lets-play[1]Das Bundesministerium für Gesundheit förderte den Methodenreader „Let´s play – Methoden zur Prävention von Medienabhängigkeit“, welcher 2013 vom Fachverband Medienabhängigkeit e. V. (FVM) herausgegeben wurde (erschienen bei Pabst Science Publishers). Präventionsfachkräfte verschrifteten die erprobten Methoden und achteten auf eine effektive und übersichtliche Darstellung, die durch Arbeitsmaterialien ergänzt wird. Auf diese Weise kann jedes interessierte Elternteil, jede/r Pädagoge/in oder Sozialarbeiter/in einen spielerischen Austausch über Standpunkte anregen, ein Forschungs- oder Entwicklungslabor kreieren, ein Medientabu-Spiel gemeinsam selbst entwickeln oder Glücksgefühlaspekte thematisieren. Diese Präventionsbroschüre enthält einen kurzen Einführungsteil und vor allem Anregungen für die Altersgruppe der 12- bis 16-Jährigen. Sie kann als effiziente Grundlage für eine intensive und kontinuierliche Präventionsarbeit im Bereich der Internetabhängigkeit und Computerspielsucht dienen.

    Vorstand des Fachverbands Medienabhängigkeit e. V., 30.11.2015

  • Sucht als Krankheit ernst nehmen

    Im Rahmen ihres jährlichen Psychiatriekongresses (25. bis 28. November 2015) stellte die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) dieses Jahr u. a. das Thema Suchterkrankungen besonders in den Fokus. Dazu veröffentlichte sie folgende Stellungnahme:

    Suchtkranke haben in Deutschland nach wie vor mit großen Vorurteilen zu kämpfen. Viele Betroffene versuchen ihre Sucht zu verbergen und verzichten dadurch auf eine frühzeitige Hilfe. Neben dem gesellschaftlichen Stigma stoßen sie zusätzlich auf Barrieren im Gesundheitswesen. Auf dem DGPPN Kongress in Berlin fordern Suchtexperten deshalb heute einen offenen Umgang mit Abhängigkeitserkrankungen und passgenaue Versorgungsangebote für Betroffene.

    Sucht ist eine schwerwiegende Krankheit. Bei ihrer Entstehung spielen biologische, genetische, psychische und soziale Faktoren eine wichtige Rolle. „Eine Suchterkrankung basiert auf einer Fehlsteuerung des Belohnungssystems im Gehirn. Suchtmittel aktivieren verschiedene Botenstoffe, die zum Beispiel Wohlbefinden oder Euphorie auslösen. Dadurch lernt das Gehirn relativ schnell, ein bestimmtes Suchtmittel als positiven Reiz wahrzunehmen. Fehlt dieser Reiz, empfindet es eine Art Belohnungsdefizit – mit der Folge, dass der unkontrollierte Wunsch nach dem Suchtmittel entsteht. Sucht ist also keine Charakterschwäche, sondern eine Krankheit, die im Gehirn nachgewiesen werden kann“, erläutert Prof. Falk Kiefer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.

    Obwohl sich die Ursachen und Mechanismen von Suchterkrankungen heute wissenschaftlich erklären lassen, sind suchtkranke Menschen gesellschaftlich immer noch stark stigmatisiert. Sie erleben immer wieder Diskriminierung – zum Beispiel bei der Suche nach Arbeit und Wohnung. Rund 36 Prozent der Bevölkerung halten Sucht für eine selbstverschuldete Krankheit. Die Folge: Suchterkrankungen werden von den Betroffenen und ihrem sozialen Umfeld totgeschwiegen. Therapeutische Interventionen erfolgen daher oft erst in einem sehr späten Stadium der Abhängigkeit.

    „Doch auch das Gesundheitswesen ist noch nicht ausreichend für Abhängigkeitserkrankungen sensibilisiert. Vor allem in der primärmedizinischen Versorgung ist der Grad an Awareness verbesserungsfähig, gleichzeitig ist auch zu wenig Zeit für Diagnostik und Behandlungsplanung vorgesehen. Die kurative Therapie, die Entzugsbehandlung, die vorwiegend in spezialisierten Abteilungen der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie stattfindet, wird durch Eingriffe der Kostenträger – etwa in Bezug auf Behandlungsdauer und Therapieziele – noch nicht voll ausgeschöpft. Die gesetzlich geregelten Zuständigkeiten befördern keine leistungsfähige Vernetzungen mit dem Suchthilfesystem. Hilfeleistungen werden den Betroffenen noch zu wenig differenziert angeboten. So erhalten zum Beispiel nur rund 10 Prozent der Alkoholabhängigen pro Jahr eine rehabilitative Behandlung. Das standardmäßige Screening von Abhängigkeitserkrankungen ist in der ambulanten und stationären Versorgung immer noch nicht Realität. In der Therapie werden zwar gute Resultate erzielt, doch die öffentliche Meinung setzt Therapieerfolg meistens mit Abstinenz als Erfolgskriterium gleich und übersieht, dass diese Therapieziel aus unterschiedlichsten Gründen nicht für alle Suchtkranke geeignet ist“, stellt Dr. Heribert Fleischmann fest, stv. Leiter des DGPPN-Fachreferates für Abhängigkeitserkrankungen und Vorsitzender der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).

    Durch Ausgrenzung der Patienten und Defizite in der Versorgung entsteht für die Betroffenen und deren Familien viel Leid. Hinzu kommen hohe Folgekosten für die Gesellschaft. „Wir müssen Suchterkrankungen qualifiziert in das Gesundheitssystem integrieren und neben einem verbesserten Behandlungszugang auch einen nahtlosen Übergang in die Nachsorge sicherstellen. So genannte Stepped Care-Modelle könnten hier zukunftsweisend sein. Gleichzeitig müssen wir Suchterkrankungen noch stärker thematisieren. Dabei sind alle Berufsgruppen gefordert, die mit Suchtkranken in Kontakt kommen – und dies schon sehr frühzeitig. Durch gezieltes Fragen – zum Beispiel beim Hausarzt – lassen sich ein riskanter Konsum oder eine Abhängigkeit frühzeitig eruieren und Gegenmaßnahmen oder die Überweisung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie einleiten. Ein offensiver Umgang mit der Erkrankung trägt längerfristig auch zu deren Entstigmatisierung bei“, so DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth.

     Pressestelle der DGPPN, 27.11.2015

  • E-Zigaretten und E-Shishas

    Foto©tunedin – Fotolia.com
    Foto©tunedin – Fotolia.com

    Die Bundesregierung hat am 4. November den von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig vorgelegten Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas beschlossen. Der Gesetzentwurf dehnt die Abgabe- und Konsumverbote des Jugendschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes für Tabakwaren auf E-Zigaretten und E-Shishas aus. Zudem wird sichergestellt, dass die Abgabeverbote von Tabakwaren, E-Zigaretten und E-Shishas an Kinder und Jugendliche auch im Wege des Versandhandels gelten.

    „E-Zigaretten und E-Shishas gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen“, stellt Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig klar. „Mit den neuen Regelungen schaffen wir Bewusstsein dafür, dass der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas keineswegs harmlos ist. Wir wollen verhindern, dass eine neue Kultur des Rauchens unter Kindern und Jugendlichen um sich greift“, begründet Manuela Schwesig ihre Gesetzesinitiative.

    E-Zigaretten und E-Shishas gelten bei vielen Kindern und Jugendlichen als cool und angesagt. So hat nach einer aktuellen Auswertung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bereits jede fünfte Person in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen schon einmal eine E-Shisha probiert und jede siebte in dieser Altersgruppe eine E-Zigarette. 11,3 Prozent dieser Altersgruppe haben bereits eine E-Shisha oder eine E-Zigarette konsumiert, ohne jemals eine Tabakzigarette geraucht zu haben.

    Mit den elektronischen Inhalationsprodukten werden Flüssigkeiten, so genannte Liquids, verdampft und der dabei entstehende Nebel inhaliert. Aromastoffe verleihen dem Dampf den jeweiligen Geschmack. Es gibt nikotinhaltige und nikotinfreie Lösungen. Die Produkte haben oftmals den Ruf als gesündere Alternative zum Tabakrauchen und wirken aufgrund von Geschmacksrichtungen wie Schokolade und diverse Fruchtsorten als harmlos und auf Kinder und Jugendliche attraktiv.

    Harmlos sind E-Zigaretten und E-Shishas jedoch nicht. Nachdem die gesundheitlichen Risiken des Suchtstoffs und Nervengifts Nikotin wie physische Abhängigkeit und Herz-Kreislauferkrankungen seit längerem bekannt sind, haben Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Deutschen Krebsforschungszentrums die gesundheitlichen Risiken des Konsums von nikotinfreien E-Shishas und E- Zigaretten belegt. Darüber hinaus kann der vermeintlich harmlose anfängliche Gebrauch von nikotinfreien E-Zigaretten dazu verleiten, neue Reize zu suchen und auf nikotinhaltige elektronische Zigaretten oder herkömmliche Zigaretten umzusteigen.

    Weitere Informationen und den Gesetzentwurf finden Sie unter http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles,did=220260.html

    Pressestelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 04.11.2015

  • Einstellungen zur Alkoholabhängigkeit im professionellen Hilfesektor

    Alkohol hat in Teilen Deutschlands und in der gesamten Alkohol- und Werbebranche einen Ruf als ‚nationales Kulturgut‘. Er ist aus dem deutschen Alltag kaum wegzudenken. Doch trotz des extrem weitverbreiteten Konsums und seiner weitgehenden Akzeptanz lehnt ein großer Teil der Bevölkerung Menschen mit Alkoholproblemen ab. Das bleibt nicht ohne Folgen: Das ‚Tabu Sucht‘ hält Betroffene und ihr soziales Umfeld viel zu oft zurück, ihre Probleme offen auszusprechen und Hilfe zu suchen. Einstellungen haben auch Einfluss auf die Arbeit der professionellen Helfer/-innen. Doch leider liegen nur wenige Studien vor, wie Mitarbeitende aus Suchthilfe, Medizin oder Arbeitsvermittlung denken und fühlen, wenn sie mit Menschen mit Alkoholproblemen arbeiten. Eine Untersuchung per Online-Befragung soll hierzu Aufschluss geben.

    Der Fragebogen ist Teil einer von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) unterstützten Dissertation am Fachbereich Psychologie der Universität Hildesheim. Angesprochene Zielgruppen sind Mitarbeitende aus den Bereichen Suchthilfe, Medizin und Arbeitsvermittlung. Ziel ist es, die Hilfeangebote für Menschen mit Alkoholproblemen zu verbessern. Selbstverständlich werden die Daten anonym behandelt.

    Die DHS würde sich über eine Teilnahme an der Online-Befragung sehr freuen. Rückfragen beantwortet gerne Christina Rummel (rummel@dhs.de, Tel. 02381/90 15 24).

    Den Online-Fragebogen finden Sie hier: https://www.soscisurvey.de/einstellungen-hilfesektor/

    Pressestelle der DHS, 23.11.2015

  • Neue Schätzung zu HIV/AIDS in Deutschland

    Epidemiologisches Bulletin 45-2015 CoverIn Deutschland leben rund 83.400 Menschen mit HIV oder AIDS. Etwa 480 HIV-Infizierte sind 2014 gestorben. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen im Jahr 2014 wird auf 3.200 geschätzt und bleibt damit gegenüber 2013 unverändert. Das hat die neue Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) ergeben, die im Hinblick auf den Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember im Epidemiologischen Bulletin 45/2015 veröffentlicht ist. Der Anteil der Infizierten, die Medikamente gegen das Virus einnehmen und damit in der Regel kaum noch infektiös sind, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. „Dieser positive Effekt und die bisherigen Präventionsanstrengungen haben aber bislang nicht ausgereicht, die Zahl der Neuinfektionen zu verringern“, kommentiert Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, die neuen Schätzzahlen. Die Schätzungen sind online auch für alle Bundesländer verfügbar.

    Bezogen auf das inländische Infektionsgeschehen sind Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), mit geschätzten 53.800 derzeit lebenden Infizierten nach wie vor die Hauptbetroffenengruppe. Die Zahl der Neuinfektionen bei MSM ist in den letzten zehn Jahren nur ganz leicht zurückgegangen. Nach den Modellierungsergebnissen gibt es derzeit ca. 10.500 Menschen, die sich auf heterosexuellem Wege in Deutschland mit HIV infiziert haben. Die Zahl der Neuinfektionen steigt in dieser Gruppe eher leicht an, und HIV wird häufiger als in anderen Gruppen erst spät diagnostiziert. Geringeres Risikobewusstsein trägt in dieser Gruppe zu geringerer Testhäufigkeit, niedrigeren Testfrequenzen und späteren HIV-Diagnosen bei. Ärzte sollten daher beim Auftreten so genannter HIV-Indikatorerkrankungen auch bei als heterosexuell eingeordneten Patienten vermehrt an die Möglichkeit einer HIV-Infektion denken und einen Test empfehlen.

    Geschätzte 13.200 der 83.400 Menschen mit HIV/AIDS wissen noch nichts von ihrer Infektion. Eine schnellere und frühere Diagnose von HIV-Infektionen trägt dazu bei, die mit Spätdiagnosen verbundene höhere Sterblichkeit und höheren Behandlungskosten zu verringern; zudem kann sie auch präventive Effekte haben, weil weniger Infektionen unbeabsichtigt weitergegeben werden. Dafür sollten in den Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Infektionsrisiko (MSM und injizierende Drogenkonsumenten) der Anteil der Getesteten und die Frequenz der Testung spürbar gesteigert werden. Barrieren für eine Testung müssen erkannt und abgebaut werden.

    Auch die Furcht vor Stigmatisierung spielt eine Rolle, obwohl in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten bereits einiges erreicht worden ist. Eine aktuelle europäische Vergleichsstudie mit Beteiligung des Robert Koch-Instituts fand heraus, dass bei Männern, die Sex mit Männern haben, in Ländern mit höheren Levels der Stigmatisierung der Anteil diagnostizierter HIV-Infektionen geringer und das Sexualverhalten riskanter ist.

    Die Schätzung der Zahl der HIV-Neuinfektionen erfolgt in jedem Jahr neu. Durch zusätzliche Daten und Informationen sowie durch Anpassung der Methodik können sich die Ergebnisse der Berechnungen von Jahr zu Jahr verändern und liefern jedes Jahr eine aktualisierte Einschätzung des gesamten bisherigen Verlaufs der Epidemie. Die jeweils angegebenen Zahlenwerte können daher nicht direkt mit früher publizierten Schätzungen verglichen werden. Die geschätzten Neuinfektionen sind nicht zu verwechseln mit den beim RKI gemeldeten Neudiagnosen. Da HIV über viele Jahre keine auffälligen Beschwerden verursacht, kann der Infektionszeitpunkt länger zurückliegen.

    Weitere Informationen, u. a. Daten für die einzelnen Bundesländer, finden Sie unter www.rki.de > Infektionskrankheiten A-Z > HIV/AIDS

    Pressestelle des Robert Koch-Instituts, 09.11.2015

  • Jahrestagung der Drogenbeauftragten zu „Crystal Meth“

    Im Allianz Forum am Brandenburger Tor. Bild: paulhahn@t-online.de
    Im Allianz Forum am Brandenburger Tor. Bild: paulhahn@t-online.de

    Am 6. November 2015 fand unter dem Titel „Methamphetaminkonsum (‚Crystal Meth‘), seine Folgen und Antworten für die Praxis“ in Berlin die Jahrestagung der Drogenbeauftragten statt. Über 450 Fachleute aus allen Bereichen der Suchthilfe, aus Forschung, Politik und nicht zuletzt aus den Reihen der Polizei nahmen teil. Mit Experten aus den USA, Australien und Großbritannien wurden Erfahrungen zum Umgang mit der Aufputschdroge „Crystal Meth“ ausgetauscht.

    Marlene Mortler: „Als ich mein Amt als neue Drogenbeauftragte zu Beginn des Jahres 2014 antrat, wurde ich in meinem Wahlkreis längst mit dem Problem Crystal Meth konfrontiert. In ersten Gesprächen mit Suchtexperten auf Bundesebene wurde jedoch auch deutlich, dass diese Problematik tatsächlich noch nicht über die deutsch-tschechische Grenzregion hinaus gelangt war. Zwar sehen wir noch kein Überschwappen einer großen Welle auf das restliche Bundesgebiet, gleichwohl breitet sich Crystal Meth insbesondere in Großstädten aus. Ich habe mir daher bereits früh vorgenommen, auf die Risiken einer Ausweitung des Konsums aufmerksam zu machen.“

    Was muss in der Prävention und in der Behandlung getan werden? Wie können wir von internationalen Erfahrungen lernen? Über diese Fragen diskutierten die Expertinnen und Experten auf der Jahrestagung. Der Drogenbeauftragten war es gelungen, für das Jahr 2015 zusätzlich eine halbe Million Euro aus dem Bundeshaushalt für die Prävention in Bezug auf Crystal Meth zur Verfügung zu stellen. Hiermit konnten eine Reihe von Projekten zur Prävention und frühzeitigen Behandlung gefördert werden. Deren erste Ergebnisse wurden auf der Jahrestagung vorgestellt. So wurden beispielsweise die Bundesärztekammer und das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) gebeten, eine Expertengruppe einzurichten, um einen Leitfaden für medizinische und psychosoziale Behandlung einer Methamphetaminabhängigeit nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Evidenz zu erarbeiten.

    Marlene Mortler: „Die zentrale Botschaft der Tagung war: Eine Methamphetaminabhängigkeit ist behandelbar! Es gibt inzwischen psychotherapeutische Behandlungsmodule, die den betroffenen Menschen helfen, einen erfolgreichen Weg aus der Sucht aufzuzeigen, trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge. Nutzen wir die Chancen, diese gefährliche Droge wirksam zu bekämpfen und ihre gesundheitsschädlichen Wirkungen zu behandeln.“

    Die Präsentationen aller Vorträge und Arbeitsgruppen stehen auf der Homepage der Drogenbeauftragten zum Download bereit.

    Pressestelle der Bundesdrogenbeauftragten, 12.11.2015

  • Krankenhausdiagnosestatistik für das Jahr 2014

    Destatis LogoIm Jahr 2014 wurden 22.391 Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 19 Jahren aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs stationär in einem Krankenhaus behandelt. Wie das Statistische Bundesamt Wiesbaden (Destatis) weiter mitteilt, waren das 3,8 Prozent weniger als 2013. Bezogen auf 100.000 Einwohner dieser Altersklasse sank ihre Anzahl gegenüber 2013 von 296 auf 285 (-3,4 Prozent). Dabei ging der entsprechende Wert bei Mädchen und jungen Frauen um 3,3 Prozent zurück (auf 244 Fälle je 100.000 Einwohner), bei Jungen und jungen Männern verringerte er sich um 3,5 Prozent (auf 324 Fälle je 100.000 Einwohner). 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die wegen akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt werden mussten, waren noch keine 18 Jahre alt.

    Diese Daten stammen aus der Krankenhausdiagnosestatistik für das Jahr 2014. Demnach wurden insgesamt rund 19,6 Millionen Patientinnen und Patienten vollstationär in einem Krankenhaus behandelt. Die Herzinsuffizienz war mit 432.893 Fällen der häufigste Grund für einen stationären Krankenhausaufenthalt. An zweiter Stelle lagen mit 340.500 Fällen psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, worunter auch der akute Alkoholmissbrauch fällt. Danach folgte die Herzerkrankung Vorhofflimmern und Vorhofflattern mit 289.791 Fällen. Zu den häufigsten Hauptdiagnosen nach Geschlecht siehe die Tabellen 1 und 2.

    Tabelle 1: Die 15 häufigsten Hauptdiagnosen bei Männern. Quelle: Statistisches Bundesamt
    Tabelle 1: Die 15 häufigsten Hauptdiagnosen bei Männern. Quelle: Statistisches Bundesamt
    Tabelle 2: Die 15 häufigsten Hauptdiagnosen bei Frauen. Quelle: Statistisches Bundesamt
    Tabelle 2: Die 15 häufigsten Hauptdiagnosen bei Frauen. Quelle: Statistisches Bundesamt

    In den 19,6 Millionen vollstationären Patienten waren 53 Prozent weiblich und 47 Prozent männlich. Das Durchschnittsalter der Behandelten lag bei 55 Jahren. Bezogen auf 100.000 Einwohner gab es 2014 insgesamt 24.118 Behandlungsfälle, das waren 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr (23.749 Fälle). Weitere Informationen aus der Krankenhausstatistik finden sich auf den Internetseiten des Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de > Zahlen & Fakten > Gesellschaft & Staat > Gesundheit > Krankenhäuser.

    Pressestelle des Statistischen Bundesamtes, 12.11.2015

  • Kinostart des Films „Alki Alki“

    Filmplakat „Alki Alki“
    Filmplakat „Alki Alki“

    Am 12. November 2015 war Kinostart des Films „Alki Alki“. Die Deutsche Film- und Medienbewertung hat ihn mit dem „Prädikat besonders wertvoll“ ausgezeichnet. Zur Premiere am 10. November im Kino der Berliner Kulturbrauerei war die Drogenbeauftragte der Bundesregierung persönlich anwesend und hielt eine Begrüßungslaudatio. Der Film ist zugleich Projekt des Monats der Drogenbeauftragten.

    Aus der Jury-Begründung der Deutschen Film- und Medienbewertung zur Auszeichnung mit dem „Prädikat besonders wertvoll“:

    „Axel Ranisch nennt seinen Film, für den er als ‚Spielleiter‘ verantwortlich zeichnet, eine Tragikomödie. Doch eigentlich ist seine Geschichte eines verzweifelten Alkoholikers vor allem ein Drama mit tragischen und gelegentlichen ironischen Momenten. Tobias Zach ist Bauingenieur und führt zusammen mit seinem Freund Thomas ein Architekturbüro. Er hat eine Frau und drei Kinder. Eigentlich könnte alles wunderbar sein, wenn da nicht „Flasche“ wäre, das Alter Ego von Tobias, die manifestierte Alkoholsucht. Flasche ist der ständige Begleiter von Tobias und lässt ihn nicht eine Sekunde allein. Er verführt Tobias immer wieder aufs Neue zum Trinken. Tobias gleitet tiefer und tiefer in seinen Alkoholismus, verliert den Boden unter den Füßen, kann sich gegen alle vernünftigen Argumente und trotz seiner Liebe zu seiner Frau und den Kindern nicht von seiner Sucht befreien. Als Tobias am Tiefpunkt angekommen ist, willigt er in eine Therapie ein. Aber auch hier lässt ihn Flasche nicht allein und flüstert ihm ständig Versuchungen ins Ohr, die Tobias trotz verzweifelter Gegenwehr nicht überhören kann.

    Axel Ranischs konsequentes Porträt eines Trinkers, den Heiko Pinkowski als eine Mischung aus gutmütigem Tanzbär und Schwächling gibt, besticht durch seine stringente Dramaturgie. […] Tobias bewegt sich längst nicht mehr nur auf einer realen Ebene. Nicht nur Flasche, den er in seinem Dasein akzeptiert und der kein ‚weißer Hase‘ ist, verleiht dem Film einen Hauch von Surrealität und absurdem Humor. Tobias verliert oft seine Beziehung zur Wirklichkeit, da er sie meist nur noch durch den Zerrspiegel des Alkohols wahrnimmt. Diese einzelnen Stufen eines fast unaufhaltsamen Abstiegs zeigt der Film in dramatischen Details und erspart dem Zuschauer nichts. Und dennoch ist dies kein Film der Hoffnungslosigkeit, sondern immer wieder auch die Schilderung von zwischenmenschlicher Wärme, von Nähe und von Menschenwürde, die Tobias selbst in den düstersten Augenblicken der Geschichte nie ganz verliert.

    Darin liegt die besondere Stärke des Films, dem man anmerkt, dass der ‚Spielleiter‘ seine Figuren mag und nicht der Lächerlichkeit preisgibt. […] Die Eindringlichkeit der Darstellung dieses Schicksals und die Originalität der Interpretation haben, so der Bewertungsausschuss, das höchste Prädikat verdient.“

    Pressestelle der Bundesdrogenbeauftragten, 10.11.2015