Kategorie: Kurzmeldungen

  • Mangelnde Empathie kann Internetsucht begünstigen

    Professor Christian Montag, Foto©Eberhardt/Uni Ulm
    Professor Christian Montag, Foto©Eberhardt/Uni Ulm

    Um sie herum stapeln sich Pizzakartons und Berge schmutziger Wäsche: Menschen, die abhängig vom Internet sind, vernachlässigen oft ihre Arbeit und Gesundheit oder ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Häufig sind es Jugendliche, die Facebook, Twitter und Youtube verfallen – und das weltweit. Besonders betroffen scheinen asiatische Länder zu sein. Psychologen aus Ulm und Bonn haben jetzt in Deutschland und China untersucht, ob Persönlichkeitseigenschaften wie mangelnde Empathie eine Internetabhängigkeit begünstigen können und ob dieser Effekt kulturell bedingt ist. Ihre Erkenntnisse veröffentlichen sie jetzt im „Asian Journal of Psychiatry“.

    Bei immer mehr Menschen stellen Wissenschaftler einen problematischen Umgang mit dem Internet, auch Internetsucht genannt, fest. Betroffene schieben zu erledigende Aufgaben aus Beruf und Privatleben auf, gefährden durch schlechte Ernährung und Bewegungsmangel ihre Gesundheit oder meiden zwischenmenschliche Kontakte, um in sozialen Netzwerken oder Online-Spielen aktiv zu sein. „Mir sind Fälle bekannt, bei denen Jugendliche ihre Ausbildung wegen des Internets ‚verdaddelt‘ haben“, berichtet Professor Christian Montag, Leiter der Abteilung für Molekulare Psychologie an der Uni Ulm und Senior-Autor der Studie. Es ist nach wie vor nicht endgültig geklärt, warum manche Menschen und besonders Jugendliche anfälliger für die Onlineabhängigkeit sind als andere. Zudem lässt sich das Phänomen weltweit beobachten: „Problematische Internetnutzung tritt vor allem in asiatischen Ländern auf. In Südkorea sind sogar Menschen gestorben, nachdem sie beispielsweise mehrfach 50 Stunden ohne Unterbrechung online ‚gezockt‘ haben“, sagt Heisenberg-Professor Montag. „Aber auch in westlichen Kulturkreisen nimmt das Problem zu.“ Gemeinsam mit Psychologen der Uni Bonn hat der Ulmer Molekularpsychologe deshalb in Deutschland und China 640 Studierende zu ihren Internetgewohnheiten und Empathie befragt.

    „Mitgefühl empfinden zu können, ist eine wichtige Fähigkeit, um erfolgreich mit anderen Menschen zu interagieren“, erläutert Erstautor und Empathie-Forscher Martin Melchers, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie an der Uni Bonn. „Jemandem, der lieber im Internet unterwegs ist, als sich in einem Café mit anderen zu treffen, fällt es wahrscheinlich auch schwerer, sich in andere hineinzuversetzen.“ Mit ihrer Studie verknüpfen die Wissenschaftler Internetsucht- und Empathieforschung, Themen, die – in einer Fragestellung zusammengefasst – bislang kaum untersucht worden sind. Auch der kulturelle Aspekt habe bisher wenig Beachtung gefunden, so die Autoren.

    Die Studierenden wurden unter anderem danach gefragt, wie gut sie Gemütszustände ihrer Mitmenschen einschätzen und deren Reaktionen vorhersagen können. Im Internetsucht-Fragebogen machten die Teilnehmer Angaben dazu, ob sie beispielsweise verheimlichen, wie lange sie im Internet sind oder was sie online machen. Die Selbstauskünfte der Studierenden zeigten dabei eines deutlich: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zum Mitgefühl und problematischer Internetnutzung. Erstaunt hat die Forscher, wie robust die Ergebnisse sind: „Der Zusammenhang zwischen geringer Empathie und übermäßiger Onlineaktivität tritt unabhängig von Alter, Kultur und Geschlecht auf. Denn obwohl sich die Stichproben hinsichtlich Alter und Geschlechtsverteilung signifikant unterscheiden, ist der Effekt auch nach Bereinigung der Ausgangsunterschiede durchgängig vorhanden“, sagt Melchers. Dies sei allerdings ein Henne-Ei-Problem, ergänzt Montag. „Senkt übermäßige Nutzung von Online-Medien die Empathiefähigkeit oder führt andersherum mangelndes Mitgefühl zu Internetsucht?“ Die aktuelle Studie kann diese Frage nicht final beantworten. Sie liefert allerdings Hinweise, dass Persönlichkeitseigenschaften wie mangelnde Empathie die Triebfeder für Internetsucht sein könnten. Diese formen sich über Jahre hinweg und ändern sich nicht kurzfristig.

    Angesichts negativer Auswirkungen von Onlineübernutzung wie soziale Isolation, gesundheitliche Risiken und mögliche Arbeitsplatzverluste sehen die Forscher die dringende Notwendigkeit, dass die generalisierte Internetsucht als zunehmendes Problem und in Zukunft möglicherweise sogar als eigenständige Diagnose anerkannt wird. Generalisiert bedeutet, so die Autoren, dass Betroffene sich mit Inhalten beschäftigen, die wie Facebook und Twitter nur online möglich sind. Bisher ist nur die spezifische Onlinespielsucht als „Emerging Disorder“ klassifiziert worden. Das heißt, dass das Problem als sich neu abzeichnendes Störungsbild bereits akzeptiert ist, es aber die Kriterien für eine anerkannte Diagnose noch nicht erfüllt. Spezifische Abhängigkeiten beziehen sich auf Onlineaktivitäten, die auch ohne Internet auftreten können. Dazu zählen Glücksspiel- oder Pornografiesucht. Die Einstufung als offizielle Diagnose ist wichtig, weil Psychiater und Psychologen nur dann entsprechende Behandlungen und Therapien der Krankenkasse als Leistungen in Rechnung stellen können.

    Die vollständige Studie wurde hier veröffentlicht: Melchers, M., Li, M., Chen, Y., Zhang, W., Montag, C., Low empathy is associated with problematic use of the Internet: Empirical evidence from China and Germany. Asian J. Psychiatry (2015), DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.ajp.2015.06.019

    Pressestelle der Universität Ulm, 29.09.2015

  • Generation Y wird häufig falsch eingeschätzt

    kienbaum_institut_ism_studie_absolventen_08_2015[1]_Seite_01Traumtänzer, die keine Lust auf eine große Karriere haben und am liebsten eine Auszeit nach der anderen nehmen – über die Generation Y wurde schon viel geschrieben und diskutiert. Doch eine Studie des Kienbaum Institut@ISM für Leadership und Transformation beweist, dass Klischees über die Generation Y an der Realität vorbeigehen. Im Rahmen der Studie wurden rund 600 Hochschulabsolventen zu ihren Zielen, Wertvorstellungen und Erwartungen für das Arbeitsleben befragt. Die Ergebnisse zeigen: Die Generation Y präsentiert sich heterogen und setzt sich aus vier verschiedenen Typen zusammen: den Erlebnisorientierten, den Ambitionierten, den Orientierungssuchenden und den klassisch Karriereorientierten.

    Karriereorientierte und Ambitionierte gehören danach zu den Berufseinsteigern, bei denen Arbeitgeber mit klassischen Karriereangeboten punkten können: Für sie hat Karriere und beruflicher Erfolg nach wie vor einen hohen Stellenwert, der Leistungswille ist sehr ausgeprägt. Beide Typen eigenen sich auch für führende Rollen. Sie machen rund 58 Prozent der aktuellen Absolventen aus. Erlebnisorientierte (29 Prozent) und Orientierungssuchende (13 Prozent) gehören dagegen zu den Berufseinsteigern, für die die Erwerbstätigkeit derzeit keinen großen Stellenwert in der Lebensplanung einräumt und die keine Führungsposition anstreben. Die Studie zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Typen auf und gibt Empfehlungen, was Unternehmen zur bestmöglichen Ansprache und Förderung der vier Typen tun können.

    • Die Gruppe der Karriereorientierten weist eine hohe Übereinstimmung zum klassischen Bild des ehrgeizigen Berufseinsteigers auf: Das wichtigste Ziel im Leben sind Karriere und Erfolg. Familie, Freunde und Gesundheit haben für den Karriereorientierten zwar auch eine hohe Bedeutung, dennoch hat für ihn die berufliche Weiterentwicklung höchste Priorität. Sein Traum: Eine gut bezahlte Stelle als Führungskraft. Auf dem Weg nach oben motivieren ihn regelmäßiges Lob und Anerkennung von seinem Vorgesetzten. In dieser Gruppe gibt es deutlich mehr Männer als Frauen. Insgesamt zählt jeder fünfte Befragte dazu.
    • Die Ambitionierten möchten alles und das möglichst gleichzeitig: Erfolg und Karriere spielen eine große Rolle, aber Familie und Freunde sollen nicht vernachlässigt werden. Um beides möglichst gut miteinander zu vereinbaren, sind sie bereit, hart zu arbeiten. Die Anforderungen an den zukünftigen Arbeitgeber sind eine Aussicht auf ausreichend Karrieremöglichkeiten und vielfältige Aufgabenanforderungen, aber auch eine kollegiale Arbeitsatmosphäre und eine gute Work-Life-Balance. Um seine Leistung einschätzen zu können und um sich zu verbessern, ist ihnen ein regelmäßiges Feedback wichtig. Die Ambitionierten stellen mit 38 Prozent die größte Gruppe innerhalb der Absolventen dar, Männer und Frauen sind gleichermaßen vertreten.
    • Für Erlebnisorientierte stehen Familie und Freunde an erster Stelle der Werteskala. Sie sind immer wieder auf der Suche nach Abwechslung, die sie am liebsten mit ihrem privaten Umfeld erleben. Dabei ist das Bedürfnis nach Harmonie stark ausgeprägt. Von ihrem zukünftigen Arbeitgeber erwarten Erlebnisorientierte die Möglichkeit zur Weiterbildung sowie eine abwechslungsreiche Tätigkeit in kollegialer Arbeitsatmosphäre mit flachen Hierarchien. Das Streben nach einer großen Karriere ist bei dem Erlebnisorientierten gering ausgeprägt. Wichtiger ist ihm eine gute Work-Life-Balance. Jeder Dritte Absolvent (29 Prozent) zählt zu diesem Typus, darunter mehr Frauen als Männer.
    • Orientierungssuchende, immerhin 13 Prozent in der Umfrage, stellen Arbeitgeber vor die größte Herausforderung: Die eigene Gesundheit sowie Familie und Freunde sind für diese Gruppe am Wichtigsten. Dabei sind sie noch unschlüssig über Werte und Ziele im Leben. Viele Dinge sind gleichzeitig wichtig, aber es fällt ihnen schwer, zu priorisieren und ein Ziel zu fokussieren. Von ihrem Wunscharbeitgeber erhoffen sich Orientierungssuchende klare Zielvorgaben und Weiterbildungsmöglichkeiten, um die eigenen Ziele herauszufinden. Zudem ist es dieser Gruppe wichtig, sich mit der Arbeit zu identifizieren ohne Verantwortung übernehmen zu müssen. Zu dem Typ des Orientierungssuchenden zählen Männer und Frauen gleichermaßen.

    „Die Ergebnisse zeigen, dass Arbeitgeber differenzierte Aussagen über ihre Leistungen und Inhalte parat haben sollten“, so Prof. Dr. Julia Frohne, die Leiterin der Studie und Akademische Direktorin des Kienbaum Institut@ISM. „Sinnvoll ist, wenn Unternehmen sich Gedanken machen, welche Absolventen zu ihnen passen und welche Bestandteile ihres Angebotes sie ihnen gegenüber hervorheben wollen. Das sind je nach Typus unterschiedliche Themen, beispielsweise Karrieremöglichkeiten, Arbeitsklima, Eigenverantwortung oder Abwechslung.“

    So kann zum Beispiel gerade der Orientierungssuchende ein interessanter Kandidat für Arbeitgeber mit umfangreichen Traineeprogrammen sein, die es ermöglichen, zunächst viele verschiedene Unternehmensbereiche kennenzulernen. Karriereorientierte sind interessant für internationale Konzerne sowie Berufe mit Schichtarbeit oder hoher Reisetätigkeit, da diese bereit sind, für die Karriere auch Abstriche im Privatleben zu machen. Erlebnisorientierte dürften sich in dynamischen Märkten und bei Start-ups wohlfühlen. Tröstlich für Arbeitgeber ist aber auch, dass die größte Gruppe, immerhin jeder vierte Absolvent, nach wie vor eine hohe Motivation mitbringt, Karriere und Familie miteinander zu vereinbaren und sich damit für nahezu alle Branchen und Geschäftsbereiche eignet.

    Die Studie „Absolventen 2015 unter die Lupe genommen: Ziele, Wertvorstellungen und Karriereorientierung der Generation Y“ wurde im November 2014 durchgeführt. Dafür wurden 601 Studierende unterschiedlicher Studiengänge befragt. Die Studie steht hier zum Download zur Verfügung.

    Pressestelle der International School of Management, 07.09.2015

  • Bundeswettbewerb „Vorbildliche Strategien zur kommunalen Suchtprävention“

    wettbewerb-suchtpraeventionDie Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung gaben am 22. September den Startschuss für die siebte Runde des Bundeswettbewerbs „Vorbildliche Strategien zur kommunalen Suchtprävention“. Bei dem vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) betreuten Wettbewerb stehen dieses Mal innovative Maßnahmen und Projekte im Vordergrund. Für die Gewinner gibt es ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 60.000 Euro. Zusätzlich lobt der GKV-Spitzenverband einen Sonderpreis von 10.000 Euro zum Thema „Mitwirkung von Krankenkassen bei innovativen kommunalen Aktivitäten zur Suchtprävention“ aus. Einsendeschluss für die Beiträge ist der 15. Januar 2016. Die Preisverleihung findet im Juni 2016 in Berlin statt. Mit dem Bundeswettbewerb sollen innovative Maßnahmen und Projekte zur kommunalen Suchtprävention gerade auch angesichts neuer Substanzen (u. a. Crystal Meth) und Konsumformen bundesweit bekannt gemacht werden. Es geht darum, die Städte, Gemeinden und Landkreise auszuzeichnen, die Modelle entwickelt haben, die in ihren Erfolgen übertragbar sind. Diese neuen Ideen zu suchtpräventiven Aktivitäten sollen als gute Beispiele für andere Kommunen dienen.

    Die mögliche Bandbreite für innovative suchtpräventive Maßnahmen und Projekte vor Ort ist groß. Für den Wettbewerb sind Maßnahmen und Projekte geeignet, die geschlechts- und kultursensibel ausgerichtet sind, die neue Zugangswege zu Zielgruppen nutzen oder Maßnahmen, die bislang wenig im Fokus von Prävention stehende Suchtstoffe wie Crystal Meth und neue psychoaktive Substanzen („Legal Highs“) in den Blick nehmen. Innovativ können auch suchtpräventive Aktivitäten sein, die bislang wenig angesprochene Zielgruppen einbeziehen oder mit neuen Partnern zusammenarbeiten. Die Wettbewerbsbeiträge können unterschiedliche Zielgruppen (z. B. Jugendliche, junge Erwachsene, ältere Menschen, sozial benachteiligte Personen) und unterschiedliche Lebenswelten und Einrichtungen (z. B. Kitas, Schulen, Betriebe, Senioreneinrichtungen, den Stadtteil) in den Blick nehmen.

    Eingeladen zur Teilnahme sind alle deutschen Städte, Gemeinden und Kreise. Teilnahmeberechtigt sind außerdem Kommunalverbände sowie die Träger der kommunalen Selbstverwaltung in den Stadtstaaten. Präventionsaktivitäten Dritter (z. B. Krankenkassen, Träger des ÖPNV, Veranstalter, Schulen) können nur als Bestandteil der Bewerbung einer Kommune berücksichtigt werden. Das mit der Betreuung des Wettbewerbs beauftragte Deutsche Institut für Urbanistik hat für die Laufzeit des Wettbewerbs ein Wettbewerbsbüro eingerichtet. Alle Kontaktdaten, Informationen zum Wettbewerb sowie die Bewerbungsunterlagen stehen auch im Internet zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie hier.

    Pressestelle des Deutschen Instituts für Urbanistik, 22.09.2015

  • Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

    Neue Studienergebnisse der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Cannabiskonsum junger Menschen in Deutschland dokumentieren einen Anstieg des Cannabiskonsums. So gaben 17,7 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. Im Jahr 2008 waren es noch 11,6 Prozent. Der Anteil derer, die regelmäßig konsumieren (mehr als zehnmal in den letzten zwölf Monaten), ist in dieser Altersgruppe von 3,1 Prozent im Jahr 2008 auf aktuell 4,6 Prozent angestiegen.

    Marlene Mortler: „Der Konsum von Cannabis kann gerade für Jugendliche und junge Erwachsene zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen. Besonders riskant ist ein regelmäßiger Konsum. Ich sehe insbesondere mit Sorge, dass in der Altersgruppe der 12- bis 25-Jährigen die Zahl derer, die regelmäßig Cannabis konsumieren, von 2,3 Prozent auf 3,5 Prozent angestiegen ist. Offenbar wirkt sich die Gesundheitsgefahren verharmlosende Argumentation der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis bereits negativ aus. Statt einer verantwortungslos die Gefahren des Cannabiskonsums verklärenden Darstellung braucht es neben den bestehenden gesetzlichen Regelungen daher mehr denn je fachlich fundierte Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken, die gerade für Kinder und Jugendliche mit dem Konsum des illegalen Rauschmittels einhergehen. Hier setzen wir an. Zu einem wirksamen Kinder- und Jugendschutz gehört richtige Aufklärung ebenso dazu wie gesetzliche Regelungen.“

    Besonders deutlich ist der Anstieg des Cannabiskonsums in der Gruppe der 18- bis 25-jährigen Männer. Während 2008 noch jeder siebte junge Mann (14,8 Prozent) angab, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben, ist es aktuell jeder vierte (23,9 Prozent). Auch bei den 18- bis 25-jährigen Frauen ist ein Anstieg von 8,3 Prozent (2008) auf 11,2 Prozent (2014) zu verzeichnen. Ebenso geben mehr 12- bis 17-jährige Jugendliche an, in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumiert zu haben. Waren es 2011 noch 4,6 Prozent, sind es aktuell 7,7 Prozent (2014).

    Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA erläutert: „Die gegenwärtige Zunahme des Cannabiskonsums bei jungen Menschen ist aus gesundheitlicher Sicht eine bedenkliche Entwicklung. Den aktuellen Forschungsergebnissen zufolge leidet die Hirnleistungsfähigkeit mit zunehmender Dauer und Intensität des Konsums von Cannabis. Umfangreiche Präventionsangebote sind deshalb unverzichtbar, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und junge Menschen davon zu überzeugen, gar nicht erst mit dem Konsum von Cannabis anzufangen.“

    Die neue BZgA-Studie „Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2014“ belegt auch eine gestiegene Verbreitung des regelmäßigen Cannabiskonsums. So hat sich der Anteil der 18- bis 25-jährigen Männer, die in den letzten zwölf Monaten mehr als zehnmal Cannabis konsumiert haben, von 4,7 Prozent im Jahr 2011 auf aktuell 7,1 Prozent erhöht.

    Um junge drogenaffine Menschen zu erreichen, informiert die BZgA auf www.drugcom.de rund um das Thema Cannabis und zu weiteren illegalen Drogen. Besucher können sich mit persönlichen Fragen rund um Cannabis in einem Chat an ein Beratungsteam wenden. Das Angebot umfasst einen „Cannabis Check“. In diesem Selbsttest können Nutzer ihren Cannabiskonsum mit der Beantwortung von 24 Fragen einschätzen lassen und eine auf ihr Konsummuster und ihr Risikoprofil zugeschnittene Ausstiegsempfehlung erhalten. Diejenigen, die ihren Cannabiskonsum beenden oder reduzieren wollen, können am Online-Ausstiegsprogramm „Quit the Shit“ teilnehmen – ein auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtetes anonymes Beratungsangebot.

    Für die Studie „Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2014“ wurden im Zeitraum Mai bis August 2014 insgesamt 7.000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12-25 Jahren befragt.

    Ein Infoblatt mit den zentralen Studienergebnissen des Berichts finden Sie hier.
    Die komplette Studie finden Sie hier.

    Pressestelle der BZgA, 15.09.2015

  • Von wegen Partnerschaftlichkeit

    Frauen in einer festen Partnerschaft sind in allen westlichen Industriestaaten seltener und mit weniger Stunden erwerbstätig als ihre Männer. In Deutschland ist die Aufteilung von Erwerbsarbeit in Paarbeziehungen besonders ungleich verteilt, wie eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigt, in der die Arbeitszeitunterschiede in Paarbeziehungen in 27 Ländern untersucht wurden. In Deutschland beträgt der Arbeitszeitunterschied zwischen Männern und Frauen 16 Stunden pro Woche, in Slowenien nur drei Stunden.

    Geschlechtsspezifische Unterschiede in puncto Arbeitsmarktpartizipation und Arbeitszeiten von Frauen bestehen fast überall. Allerdings sind sie in manchen Ländern stärker ausgeprägt als in anderen. Erwerbsarbeit wird vor allem dann weniger egalitär aufgeteilt, wenn die Partnerin einen Beruf mit niedrigerem Status ausübt als ihr Partner und wenn das Paar Kinder hat. Der durchschnittliche Arbeitszeitunterschied innerhalb von Partnerschaften erhöht sich mit jedem Kind um fast sechs Stunden.

    Ob die partnerschaftliche Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit gelingt, die in der modernen Familienpolitik als erstrebenswert gilt, hängt stark von den politischen und institutionellen Voraussetzungen ab, wie die beiden Forscherinnen Lena Hipp (WZB) und Katrin Leuze (Universität Hannover) zeigen. Arbeitszeitunterschiede zwischen Partnern fallen in den Ländern geringer aus, in denen das Einkommen individuell besteuert wird und Kinderbetreuung gut ausgebaut ist, Männer und Frauen ähnliche Stundenlöhne für gleiche Arbeit bekommen und egalitäre Geschlechternormen vorherrschen.

    Ein Vorzeigeland in dieser Hinsicht ist Schweden. Die durchschnittliche Arbeitszeitdifferenz zwischen Männern und Frauen, die in einer Beziehung leben, liegt dort bei rund sechs Stunden pro Woche. In Schweden, wo die Erwerbseinkommen individuell besteuert werden, unterscheiden sich die Arbeitszeitdifferenzen zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren nicht. Anders sieht es in Deutschland mit seinem System des Ehegattensplittings aus: Hier ist der Arbeitszeitunterschied bei verheirateten Paaren um rund fünf Stunden höher als bei nicht verheirateten Paaren.

    Die Berechnungen basieren auf Daten der Europäischen Arbeitskräfteerhebung (EU LFS) und des Current Population Survey (CPS) aus dem Jahr 2011. Weitere Informationen finden Sie hier.

    Der Beitrag „Von wegen Partnerschaftlichkeit. Erwerbsarbeit ist bei den meisten Paaren in Europa und den USA ungleich verteilt“ ist in der Vierteljahreszeitschrift WZB-Mitteilungen erschienen. Die Studie wird außerdem unter dem Titel „Institutionelle Determinanten einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbsarbeit in Europa und den USA“ in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie veröffentlicht (Jg, 67, H. 4).

    Pressestelle des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, 09.09.2015

  • Neuer Direktor der EMCDDA

    Alexis Goosdeel
    Alexis Goosdeel

    Alexis Goosdeel (Belgien) wurde am 10. September zum neuen Direktor der in Lissabon ansässigen Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) gewählt. Nach einem öffentlichen Einstellungsverfahren führte der Verwaltungsrat der Agentur Gespräche mit drei Bewerbern, die sich um die Stelle beworben hatten und im Juli von der Europäischen Kommission in die engere Auswahl gezogen wurden. Alexis Goosdeel wurde in einer geheimen Abstimmung mit einer Mehrheit von mehr als Zweidrittel der Stimmen gewählt. Vor seiner offiziellen Ernennung durch den Verwaltungsrat ist es obligatorisch, dass der neue Direktor vor dem Europäischen Parlament eine Erklärung abgibt und Fragen der Mitglieder des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) beantwortet. Es wird erwartet, dass Alexis Goosdeel (55) die Stelle am 1. Januar 2016 übernehmen wird. Er tritt die Nachfolge von Wolfgang Götz (Deutschland) an, der die Agentur seit 1. Mai 2005 leitet und noch bis zum Jahresende im Amt bleiben wird.

    Alexis Goosdeel ist in die EMCDDA 1999 als Projektleiter eingetreten und war in dieser Eigenschaft im Bereich EU-Erweiterung und internationale Zusammenarbeit tätig. Seit 2005 ist er Leiter des Referats „Reitox und internationale Beziehungen“ der Agentur. In dieser Eigenschaft spielte er eine zentrale Rolle im Rahmen der Koordinierung eines Netzwerkes von 30 nationalen Drogenbeobachtungszentren, der Vorbereitung der EU-Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländer auf die Mitgliedschaft bei der EMCDDA, bei der Vorbereitung der zukünftigen Zusammenarbeit mit den Nachbarländern der EU sowie der Pflege der Beziehungen zu den Ländern außerhalb der Union (Zentralasien, Russland, Lateinamerika).

    Einen Großteil seiner 30-jährigen Laufbahn verbrachte er im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Er besitzt einen Masterabschluss im Bereich klinische Psychologie sowie einen Spezialabschluss in höherem Management. Er beherrscht sechs Sprachen fließend: Französisch (Muttersprache), Englisch, Spanisch, Griechisch, Portugiesisch und Niederländisch.

    Pressestelle der EMCDDA, 10.09.2015

  • Welche Rolle spielt das Internet für die Entwicklung Jugendlicher?

    Wohl kein Medium prägt Kinder und Jugendliche in der heutigen Zeit stärker als das Internet. Videoblogger und YouTuber sind die neuen Stars in den Kinderzimmern und verdrängen das Fernsehen in seiner Rolle als unangefochtenes Unterhaltungsmedium Nummer eins. Facebook, Twitter und WhatsApp stellen zunehmend die soziale Kommandozentrale des Alltagslebens dar und haben sich für viele Jugendliche zu einer festen Konstante in der Kommunikation mit der Peergruppe entwickelt. Diese neuen Möglichkeiten der interaktiven Online-Kommunikation haben das Leben und die Erfahrungswelt von Kindern und Jugendlichen auf vielfältige Weise verändert und bereichert: Nie war es für Heranwachsende einfacher, ihren Wissenshunger zu stillen oder sich auch die entlegensten Teile der Welt über das Internet zu erschließen. Das Netz eröffnet bisher ungekannte Möglichkeiten der Pflege von Freundschaften und des Austauschs mit Gleichaltrigen. Die Selbstdarstellung im Internet leistet einen wichtigen Beitrag zur Identitätsarbeit und Aushandlung der eigenen Einstellungen und Weltsicht.

    Diesem positiven Potenzial des Internets stehen allerdings zahlreiche Gefahren und Risiken entgegen, etwa die Konfrontation mit Pornografie und Gewalt oder Cybermobbing und Aggression im Netz. Statt freier Identitätsentfaltung drohen durch verzerrte Vorbilder im Internet möglicherweise negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Jugendlichen, etwa in Form von übersteigerten Körperidealen oder unkritischem Umgang mit Drogen und Alkohol. Verlieren Jugendliche die Kontrolle über die eigene Internetnutzung, drohen Abhängigkeit, Isolation und der Einbruch schulischer Leistung.

    Wie Kinder und Jugendliche diese Gratwanderung aus Chancen und Risiken der „Always-On“-Gesellschaft bewältigen und welche Wirkungen das Internet auf ihre Persönlichkeitsentwicklung, ihre psychologische Gesundheit und ihr Wohlbefinden hat, ist in vielen Punkten noch völlig unklar. Diesen Fragen widmet sich ein aktuelles Forschungsprojekt des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). In einer repräsentativen Studie mit mehr als 3.000 Schülerinnen und Schülern der 5. und 10. Klassen an rund 30 Schulen in Rheinland-Pfalz werden die Effekte der Internetnutzung im Längsschnitt untersucht und die Teilnehmer über einen Zeitraum von 24 Monaten insgesamt dreimal befragt. Beteiligt an der Durchführung der Studie sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Publizistik, der Arbeitsgemeinschaft Medienpädagogik und der Ambulanz für Spielsucht der Klinik für Psychosomatische Medizin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Damit bündelt das Projekt die umfassende – in Mainz einzigartig vertretene – Expertise zu diesem hochaktuellen Thema.

    „Die Studie bietet uns die faszinierende Chance, eine Kohorte von Jugendlichen über zwei Jahre zu begleiten und den Stellenwert des Internets in der spannenden Phase der Adoleszenz zu erforschen“, erklärt Prof. Dr. Birgit Stark, Sprecherin des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz. „Wir erhoffen uns durch die Daten einen bisher einmaligen Einblick in das Zusammenspiel der Internetnutzung und der psychologischen und persönlichen Entwicklung von Jugendlichen.“

    Schon die Ergebnisse einer früheren Repräsentativbefragung des Forschungsschwerpunkts aus dem Frühjahr 2014 verdeutlichen die zentrale Rolle des Internets im Leben der Deutschen. Damals wurden 2.572 Personen im Alter zwischen 14 und 95 Jahren zu ihren Erfahrungen mit dem Internet befragt. „Die Ergebnisse unserer repräsentativen Vorstudie zeigen deutlich, dass viele Nutzerinnen und Nutzer das Internet insgesamt als Bereicherung des Lebens wahrnehmen, gleichzeitig aber Themen wie digitaler Stress und der wachsende Zwang zur ständigen Verfügbarkeit für einen zunehmenden Teil der Bevölkerung eine Belastung darstellen. Unsere nun laufende Längsschnittstudie wird interessante Antworten auf die Frage liefern, wie junge Nutzer, die ganz selbstverständlich mit dem Internet aufwachsen, mit diesen Herausforderungen umgehen“, so Prof. Stark. Die erste Welle der Datenerhebung läuft derzeit, mit detaillierten Ergebnissen ist im Herbst 2015 zu rechnen.

    Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier.

    Pressestelle der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 31.08.2015

  • Für einen besseren Übergang von Haft in Reha

    Die Landesjustizverwaltungen und die Träger der Deutschen Rentenversicherung haben eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Die Kooperationsvereinbarung betrifft Gefangene, die Versicherte der Deutschen Rentenversicherung sind und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker beantragen. Mit der Vereinbarung wird die Zusammenarbeit zwischen den Kooperationspartnern bei der Vermittlung dieser Gefangenen in Entwöhnungsbehandlungen im Anschluss an die Haftzeit geregelt. Es sind Aussagen zu Maßnahmen der Vorbereitung während der Haft, zum Austausch von Informationen und zum Verfahren enthalten.

    Gefangene standen bisher vor dem Problem, dass die Rentenversicherungsträger die Entwöhnungsbehandlung erst bewilligen dürfen, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über die Entlassung auf Bewährung vorliegt, während die Gerichte wiederum oftmals eine Kostenzusage zur Voraussetzung für eine Entlassung auf Bewährung machten. Gemeinsam haben die Landesjustizverwaltungen und die Rentenversicherungsträger mit der abgeschlossenen Vereinbarung dieses Problem gelöst. Künftig wird in diesen Fällen bei Vorliegen der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen mit der Ablehnung eine befristete Zusicherung erteilt.

    Mit der Unterzeichnung durch die Vereinbarungspartner ist die Kooperationsvereinbarung nunmehr in Kraft getreten. Mit dem Abschluss der Vereinbarung ist es gelungen, eine trägerübergreifende Lösung für die Betroffenen zu finden und einen nahtlosen Übergang in die Entwöhnungsbehandlung zu ermöglichen.

    Die Kooperationsvereinbarung steht zum Download auf der Website der Deutschen Rentenversicherung zur Verfügung.

    Deutsche Rentenversicherung, 21.07.2015

  • Wohlfühlen kann man lernen!

    Glückstrainer Dipl.-Psych. Tobias Rahm. Foto©privat
    Glückstrainer Dipl.-Psych. Tobias Rahm. Foto©privat

    Für Tobias Rahm vom Institut für Pädagogische Psychologie (IPP) der Technischen Universität Braunschweig ist Glück nicht nur eine Frage von „sich gut fühlen“. Denn Forschungsergebnisse, so der Diplompsychologe, zeigten beeindruckend deutlich, dass glückliche Menschen kreativer, produktiver und gesünder seien, besser Probleme lösten, schneller lernten und sogar länger lebten. „Das ist gut für das gelingende Leben des Einzelnen und mindestens ebenso gut für die ganze Gesellschaft“, erklärt der Glückstrainer und ergänzt: „Wir haben deutlich mehr Spielraum, unser Erleben und Verhalten zu beeinflussen, als uns im normalen Alltag bewusst ist.“

    Im Rahmen eines Forschungsprojektes, das am IPP unter der Leitung von Prof. Dr. Elke Heise durchgeführt wird, untersucht Rahm, wie man Menschen mit möglichst wenig Aufwand dazu anleiten kann, ihr Glücksempfinden nachhaltig zu steigern. Ein wichtiger Bestandteil seines Glückstrainings beruht auf der „Broaden-and-Build Theory of Positive Emotions“ der amerikanischen Psychologin Barbara Fredrickson. Tobias Rahm fasst die Grundzüge zusammen: „Je häufiger wir Momente mit positiven Emotionen erleben, desto häufiger probieren wir Neues aus und desto häufiger verbinden wir uns mit anderen Menschen. Das führt dazu, dass unsere Fähigkeiten und unsere sozialen Bindungen wachsen, und das wiederum führt dazu, dass wir mehr Erfolge haben und unser Leben als sinnvoll und gelingend wahrnehmen. Das Ganze ist also eine sich selbst verstärkende Aufwärtsspirale.“ Das Glückstraining konnte bereits erfolgreich in der Praxis erprobt werden und wird nun weiterentwickelt. „Nachdem wir in einer sehr ausführlichen Trainingsvariante mit Studierenden auch nach drei Monaten Effekte messen konnten, testen wir jetzt eine Kompaktversion für die Normalbevölkerung“, erläutert der Forscher.

    Ziel seines Forschungsprojekts ist es, zu prüfen, ob es mit einem solchen Kurz-Training gelingen kann, Menschen nachhaltig glücklicher zu machen. Gerade Menschen mit hoher psychischer Belastung im Beruf könnten von einem höheren Glücksempfinden besonders profitieren. „Deswegen werden wir im nächsten Schritt eine spezielle Version für Lehrerinnen und Lehrer entwickeln“, erläutert Rahm und führt aus: „Eine Verbesserung des Wohlbefindens sollte bei den Lehrkräften sowohl zur Steigerung der psychischen Abwehrkräfte – zum Beispiel als Prävention gegen Burn-Out –, als auch zur Verbesserung der beruflichen Leistung beitragen. Forschungsergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass es beim Wohlbefinden einen Ausstrahlungseffekt gibt, so dass auch gleich die Schülerinnen und Schüler profitieren würden.“ Denn positive Emotionen, so der Glücksforscher abschließend, seien für die meisten Lernprozesse der beste „Dünger“ für das Gehirn.

    Technische Universität Braunschweig, 09.07.2015

  • DGPM: Alleinerziehende nicht alleinlassen

    Cover wir2-Flyer_2-seitig[1]Jedes fünfte Kind wächst bei nur einem Elternteil auf – 90 Prozent davon bei der Mutter. In einem aktuellen Memorandum weisen Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) gemeinsam mit anderen Vertretern der „Kooperation für nachhaltige Präventionsforschung“ darauf hin, dass sozial bedingte Ungleichheiten zu gesundheitlichen Belastungen führen können. Die Mediziner fordern, dem gezielt vorzubeugen. Präventionsprogramme müssten besser koordiniert und finanziert werden, so die DGPM.

    Mütter, die das „wir2 – Bindungstraining für Alleinerziehende“ durchlaufen haben, sind bereits nach den 20 wöchentlichen Sitzungen deutlich optimistischer und selbstbewusster – und das nachhaltig. „Dieses gesteigerte Wohlbefinden überträgt sich auch auf die Kinder und beugt Belastungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten vor“, erläutert Professor Dr. med. Matthias Franz, der das Programm entwickelt hat und zusammen mit der „Walter Blüchert Stiftung“ an der bundesweiten Verbreitung des Programms arbeitet. In dem Training lernen Mütter beispielsweise, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen, Konflikte mit dem Partner von der Elternverantwortung zu trennen und alltägliche Stresssituationen zu bewältigen.

    Beispielhaft ist dieses Programm auch für die Forderungen, die Vertreter der „Kooperation für nachhaltige Präventionsforschung“ im Rahmen eines Memorandums stellen. „Um eine nachhaltige Präventions- und Gesundheitsförderung zu ermöglichen, empfehlen wir auf der Grundlage des gerade verabschiedeten Präventionsgesetzes eine engere Zusammenarbeit verschiedener Politikfelder, um gezielt auf gesellschaftliche Herausforderungen reagieren zu können“, sagt Professor Franz, Leiter des Klinischen Instituts für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Investitionen in wirksame Präventionsprogramme hätten eine hohe gesellschaftliche Rendite. Neben dem demografischen Wandel und den zunehmenden Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen sind es auch soziale Ungleichheiten, die zur Herausforderung für unser Gesundheitssystem werden.

    „Das Bindungstraining wir2 für Alleinerziehende ist ein gutes Beispiel dafür, wie kostengünstig und effektiv Prävention betrieben werden kann“, sagt auch Professor Dr. med. Harald Gündel, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ulm. Die DGPM befürworte solche Angebote und halte den Gesetzgeber dringend dazu an, Prävention psychischer Störungen stärker zu fördern.

    Das Memorandum „Prävention und Gesundheitsförderung nachhaltig stärken: Herausforderungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene“ wurde in Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, Praktikern und Experten aus Praxis- und Politikfeldern erstellt. Sieben konkrete Empfehlungen stehen am Ende des Papiers, unter anderem nach ressortübergreifenden rechtlichen Regelungen und einem nationalen Kompetenzzentrum zur Entwicklung und Sicherung der Prävention und Gesundheitsförderung. „Zentrale Botschaft ist, dass Prävention dann effektiv sein kann, wenn sie auf einer langfristigen Strategie basiert und politikfeldübergreifend gestaltet ist“, erläutert Professor Franz, der an der Ausarbeitung des Memorandums beteiligt war. Das Memorandum ist in der Zeitschrift „Gesundheitswesen“ erschienen (2015; 77(05): 382-388, DOI: 10.1055/s-0035-1549949).

    Medizin-Kommunikation, 13.08.2015