Kategorie: Kurzmeldungen

  • Angehenden Ärzten drohen Depression und Burnout

    Medizin gilt als eines der Fächer, in dem die Studierenden besonders gefordert werden. Das bleibt nicht ohne Folgen: Dramatisch viele Medizinstudierende zeigen schon im Grundstudium Symptome von stressbedingten Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Das belegen aktuelle Studien von Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Die Forscher vermitteln aber auch Strategien, wie die Studierenden schon frühzeitig lernen können, stressbedingten Risikofaktoren vorzubeugen.

    „Uns ist aufgefallen, dass unsere Studierenden in Sprechstunden mit ihren Dozenten über die Jahre mehr und mehr von Stress und Prüfungsangst berichteten“, sagen die Leiter der Studie, Prof. Dr. Michael Scholz vom Institut für Anatomie der FAU und Dr. Pascal Burger von der psychiatrischen und psychotherapeutischen Spezialklinik Meissenberg im schweizerischen Zug. Deshalb haben die FAU-Forscher in ihrer Studie mehrere Jahrgänge von Medizinstudierenden vom Start an der Universität bis zum ersten Staatsexamen am Ende des vierten Semesters untersucht. Dazu haben die Studierenden Fragebögen zu verschiedenen Aspekten ihrer mentalen Befindlichkeit ausgefüllt, die anschließend wissenschaftlich ausgewertet wurden.

    Das Ergebnis: Zu Beginn des Studiums entspricht der Gesundheitszustand der angehenden Mediziner dem der Normalbevölkerung. Mit steigender Semesterzahl nehmen jedoch Depressivität, Ängstlichkeit und Burnout-Beschwerden deutlich zu. Am Ende des zweiten Studienjahres war die Zahl der zumindest leicht depressiven Studierenden fast doppelt so hoch wie bei den Studienanfängern. Gleichzeitig waren immer weniger Studierende in der Lage, Abstand zu den Belastungen des Studiums zu gewinnen, lernten zum Beispiel Tage und Wochen am Stück ohne große Pausen, und liefen dadurch vermehrt Gefahr auszubrennen. Je ausgeprägter dieses Lernverhalten war, desto ausgeprägter waren Stresssymptome der Studierenden.

    Die Schlussfolgerung der Erlanger Forscher: „Wer angehenden Ärzten beibringt, die Gesundheit von Patienten zu steuern, muss ihnen auch beibringen, den eigenen Stress zu managen.“ Schließlich müssen sich Mediziner bereits von Anfang an im Studium und auch später im Beruf großen psychischen Belastungen stellen. Wie wirkungsvoll bestimmte Stressbewältigungstechniken sind, haben die FAU-Mediziner in einer weiteren Studie untersucht. Dabei erhielten Studierende im Rahmen eines Wahlfaches Einführungen in die Anwendung von Entspannungstechniken wie zum Beispiel Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung. Ziel war es, den Studierenden diese Techniken so beizubringen, dass sie sie selbstständig und regelmäßig anwenden können. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die mentale Befindlichkeit der Teilnehmer besserte sich nach Kursabschluss deutlich.

    „Obwohl an unseren Studien nur Studierende der Universität Erlangen-Nürnberg teilgenommen haben, sind unsere Ergebnisse auch auf andere Universitäten übertragbar, zumal internationale und an anderen deutschen Hochschulstandorten durchgeführte Studien durchaus vergleichbare Resultate erbrachten“, erklärt Prof. Scholz. Aufgrund ihrer Ergebnisse planen die Forscher, ein Wahlfach zum Erlernen von Entspannungstechniken zur Stressbewältigung für Medizinstudierende ab dem nächsten Wintersemester regelmäßig anzubieten.

    Pressestelle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 26.06.2015

  • Relaunch von www.reha-recht.de

    Reha und Recht ScreenshotDas Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht präsentiert sich auf www.reha-recht.de seit Mai 2015 in frischem Design, mit neuer Struktur und verbesserten Such- und Filterfunktionen. Nutzerinnen und Nutzer können sich damit besser auf der Webseite orientieren, schneller die gewünschten Inhalte finden und sich noch leichter am interdisziplinären Austausch beteiligen. Diesem Ziel dienen auch neue Elemente der Webseite wie ein interaktives Glossar und der erweiterte Diskussionsbereich.

    Das Diskussionsforum ist ein Onlineportal mit einem umfassenden Themenspektrum zum Rehabilitations- und Teilhaberecht (s. a. KONTUREN, 10.04.2015). Es hat den Anspruch, eine verlässliche Informationsquelle für die Rechtsprechung, Wissenschaft und Praxis und für Menschen mit Behinderungen zu sein, und unterstützt die Vernetzung der unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure. Im Mittelpunkt stehen dabei die Auslegung und Anwendung des Reha- und Teilhaberechts. Ziel ist es, Impulse für die Fortentwicklung des Rechts zur Förderung der umfassenden Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu geben.

    Der Relaunch erhöht die Nutzerfreundlichkeit des Diskussionsforums und verbessert die Möglichkeit zum interaktiven Austausch. Die entsprechenden Portalbereiche sind auf der neu gestalteten Startseite übersichtlich angeordnet:

    • Fachbeiträge: Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis veröffentlichen hier fachlich fundierte Aufsätze, die kommentiert werden können.
    • Diskussionen: Diskussionen zu ausgewählten Themen finden im moderierten Online-Forum „Fragen-Meinungen-Antworten“ statt. Alle Interessierten können sich dazu mit ihren Fragen und Erfahrungen einbringen. Neu hinzugekommen ist ein Bereich für den themenoffenen Austausch.
    • Infothek: Nutzerinnen und Nutzer finden hier Hintergrundinformationen und Materialien wie Stellungnahmen und Positionspapiere, Regelungen und Gesetzesentwürfe sowie relevante Links aus Recht und Praxis der Rehabilitation und Teilhabe.

    Neues Element ist ein interaktives Glossar zur Klärung bzw. Diskussion reha-rechtlicher Fachbegriffe, das unter Beteiligung fachlich interessierter Nutzerinnen und Nutzer sukzessive ausgebaut werden kann.

    Das Diskussionsforum bietet vielfältige Zugänge zu den Inhalten: die thematische Sortierung von Beiträgen, die Möglichkeit, nach Stichworten zu suchen, sowie erweiterte Suchfunktionen. Mit dem optimierten Design lässt sich die Webseite per Tablet oder Smartphone ebenso gut nutzen wie mit dem Computer. So kann man auch von unterwegs die Kommentarfunktion nutzen oder online mitdiskutieren. Angepasst an das Design der Website, wird auch der Newsletter in Kürze in Optik und Struktur überarbeitet erscheinen.

    www.reha-recht.de ist das Onlineportal für die Anwendung und Weiterentwicklung des Rehabilitations- und Teilhaberechts. Die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) wirbt als Trägerin dieses Angebots für eine breite fachliche Beteiligung am reha-rechtlichen Diskurs und lädt alle Interessierten zum interaktiven Austausch und zur Vernetzung ein. Fachjuristen, Praktiker bei Rehabilitationsträgern, in Unternehmen, Einrichtungen und Beratungsstellen, Mediziner sowie die Organisationen der Menschen mit Behinderungen sind aufgerufen, das Portal zu nutzen und mit eigenen Beiträgen am Diskussionsprozess mitzuwirken.

    Pressestelle der DVfR, Mai 2015

  • E-Shishas bei Jugendlichen weit verbreitet

    Foto©Bundesdrogenbeauftragte
    Im Jahr 2014 rauchten 9,7 Prozent der 12- bis 17-Jährigen – ein historischer Tiefstand. Foto©Bundesdrogenbeauftragte

    E-Shishas und E-Zigaretten sind in den Lebenswelten von Jugendlichen präsent. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Danach kennen neun von zehn Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren E-Zigaretten, 15 Prozent haben sie schon einmal ausprobiert. E-Shishas sind 73 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen ein Begriff. 21 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben sie schon mindestens einmal konsumiert. E-Shishas, die meist bunt bedruckt und in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Mango, Apfel oder Bubble Gum erhältlich sind, spielen bei Jugendlichen somit eine größere Rolle als E-Zigaretten. Es greifen häufiger männliche Jugendliche zu E-Shishas im Vergleich zu gleichaltrigen Mädchen. Seit dem Jahr 2012 sind sowohl die Bekanntheit als auch das Ausprobieren von E-Zigaretten unter Jugendlichen gestiegen. Die Verbreitung von E-Shishas ist in der aktuellen Befragung zum ersten Mal erhoben worden, deshalb liegen hier keine Vergleichswerte vor.

    „Rauchen ist mehr und mehr out. Die aktuellen Daten der BZgA-Studie zeigen jedoch auch, dass bunte, peppige E-Shishas und E-Zigaretten eine große Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche ausüben und diesen positiven Trend umkehren können“, kommentiert die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, die Befragungsergebnisse. Sie bekräftigt ihre Forderung nach einem Verbot der Produkte: „Es war daher richtig, dass ich das Thema frühzeitig angesprochen habe. Meine Forderung, das Abgabe- und Rauchverbot im Jugendschutzgesetz, das aktuell nur für Tabakwaren gilt, auf alle elektronischen Produkte auszuweiten, hat die Bundesfamilienministerin aufgegriffen und bereits eine entsprechende Änderung des Jugendschutzgesetzes angekündigt. E-Zigaretten und E-Shishas sind alles andere als harmlos. Gerade die zum Teil kaum bekannten inhaltlichen Zusatzstoffe bergen große gesundheitliche Gefahren. Selbst krebserregende Inhaltsstoffe wurden in entsprechenden Produkten nachgewiesen.“

    Die Zahl der Jugendlichen in Deutschland, die Tabakzigaretten rauchen, ist dagegen weiter gesunken. Im Jahr 2001 rauchten 27,5 Prozent der 12- bis 17-Jährigen, aktuell sind es 9,7 Prozent – ein historischer Tiefstand. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen in dieser Altersgruppe, die noch nie in ihrem Leben geraucht haben, stieg im gleichen Zeitraum von 40,5 Prozent auf den bisherigen Höchstwert von 75,3 Prozent an.

    „Diese Zahlen sind ein Beleg für nachhaltige Präventionserfolge bei Jugendlichen. Der Trend zum Nichtrauchen ist ungebrochen“, sagt Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA. „Trotz dieser erfreulichen Entwicklung ist das zunehmende Ausprobieren von E-Shishas und E-Zigaretten bei den Jüngeren für uns Anlass zur Besorgnis. In Deutschland gibt es rund 500.000 Jugendliche, die noch nie eine Tabakzigarette geraucht, aber bereits E-Produkte konsumiert haben. Das Ausprobieren der elektrischen Produkte birgt die Gefahr des Einstiegs zum Rauchen von Tabak. Auch aus diesem Grund gehören diese Produkte nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen.“

    Die BZgA erhebt seit 1973 Daten zum Rauchverhalten von Jugendlichen und kann dadurch in diesem Bereich langfristige Entwicklungen und Trends überblicken. In der Erhebung von 2014 wurden im Rahmen einer erweiterten Telefonstichprobe erstmals auch Befragte über ihr Mobiltelefon kontaktiert, da zunehmend mehr Personen mobil erreichbar sind und sich damit die Repräsentativität der Befragung verbessern kann. Die so ermittelte Raucherquote für 12- bis 17-jährige Jugendliche ist mit 12,1 Prozent etwas höher als im Festnetz (9,7 Prozent), bestätigt aber ebenfalls den deutlichen Rückgang seit 2001. Aus Gründen der Vergleichbarkeit werden für die Darstellung der Trends im Rauchverhalten weiterhin die Festnetzstichproben zugrunde gelegt. Mehr zu den methodischen Rahmenbedingungen der Studie sowie weitere Befragungsergebnisse finden Sie hier.

    Pressestellen der Bundesdrogenbeauftragten und der BZgA, 28.05.2015

  • Rehabilitation von Suchtkranken: extrem erfolgreich, chronisch unterfinanziert

    Beim Spitzengespräch in Stuttgart: Vertreter der DRV Baden-Württemberg und von Suchtklinik-Trägern. Foto©DRV Baden-Württemberg
    Beim Spitzengespräch in Stuttgart: Vertreter der DRV Baden-Württemberg und von Suchtklinik-Trägern. Foto©DRV Baden-Württemberg

    Die Rehabilitation von Suchtkranken ist für betroffene Menschen die bestmögliche Behandlung und auch aus volkswirtschaftlicher Sicht extrem erfolgreich. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg sieht dennoch Behandlungsplätze bedroht. In einem Spitzengespräch zwischen der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und den Trägern von Suchtkliniken in Stuttgart wurde erneut festgestellt, was in Fachkreisen schon lange bekannt ist: Die Rehabilitation von Suchtkranken ist äußerst erfolgreich.

    Das belegen Daten eindrucksvoll: So bleiben beispielsweise rund zwei Drittel der alkoholabhängigen Patientinnen und Patienten nach der Behandlung abstinent. Die Daten der Rentenversicherung bestätigen die Behandlungserfolge: Etwa 85 Prozent der behandelten Personen stehen nach der Therapie wieder im Erwerbsleben und zahlen Sozialversicherungsbeiträge.

    Damit ist die abstinenzorientierte medizinische Rehabilitation die erfolgreichste Therapieform für Suchtkranke. Für andere Behandlungsformen liegen noch keine entsprechenden Wirksamkeitsnachweise vor. Daher empfehlen auch die gerade erschienenen Leitlinien für Alkoholabhängigkeit eine psychotherapeutisch orientierte Entwöhnungsbehandlung, wie sie erfolgreich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation angeboten wird.

    Die Gesprächspartner in Stuttgart sehen indes das Erfolgsmodell gefährdet: Zum einen finden in den letzten Jahren immer weniger betroffene Menschen den Weg in die Suchtrehabilitation. Über die Gründe sind sich die Experten noch nicht im Klaren. Gemeinsam soll das nun analysiert werden, Verbesserungsmaßnahmen stehen an. Die Suchtberatung müsse ausgebaut, das Antrags- und Bewilligungsverfahren vereinfacht werden. Wichtig sei auch, unterstreicht Hubert Seiter, Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, die Arbeitswelt für das Thema Sucht zu sensibilisieren und die guten Erfolge dort zu vermitteln.

    Zudem droht dem Versorgungssystem das Geld auszugehen, beklagt Seiter. Die Rentenversicherung darf aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht so viel Geld für medizinische Rehabilitation ausgeben, wie sie für erforderlich hält: Das Reha-Budget und die Suchtbehandlung im Besonderen ist vom Gesetzgeber gedeckelt. Als Ausweg bleibt nur, die Ablehnungsquote generell zu erhöhen oder die Behandlungskosten zu drücken. Diese Unterfinanzierung führte in den letzten Jahren zu einem Investitionsstau in den Kliniken. Qualitätssichernde Sanierungen konnten nicht vorgenommen werden, Rentenchef Seiter kritisiert diese Situation schon seit langem: „Es ist inzwischen allen Fachleuten bekannt, dass die Reha generell unterfinanziert ist. Aber uns sind leider die Hände gebunden, solange unser Reha-Budget gedeckelt ist“, betont er. Er halte es für dramatisch, wenn dadurch Kliniken schließen müssten und „wir den betroffenen Versicherten zukünftig nicht mehr genügend Behandlungsplätze zur Verfügung stellen können.“ Sein Rat an die Politik: „Jetzt mehr in die Reha, auch Sucht-Reha, zu investieren. Das rechnet sich langfristig mehrfach.“

    Seiter fordert eine deutliche Steigerung oder den Wegfall des „Reha-Deckels“. Die Kostenkritiker fordert er auf, eine medizinische Komplettlösung in Deutschland zu nennen, „bei der die Gesamtkosten, also auch Bau- und Investitionskosten, mit täglich durchschnittlich rund 120 Euro Kosten für eine Behandlung finanziert werden.“

    Pressestelle der DRV Baden-Württemberg, 19.06.2015

  • Aktionswoche „Alkohol? Weniger ist besser!“

    AWA_2015_Logo_quadratisch_RGB_480px_72dpiVom 13. bis 21. Juni informieren bundesweit Freiwillige über das Risiko Alkoholkonsum. Die Wenigsten machen es sich klar: Alkohol ist ein Zellgift, das immer wirkt. Mag der Rausch auch ausbleiben, weil man an Alkohol gewöhnt ist, der Körper verzeiht das Gift nicht. Insgesamt ist Alkohol mitverantwortlich für über 200 Krankheiten. Er schädigt Organe, allen voran Leber und Bauchspeicheldrüse, aber auch Magen und Darm. Er zählt zu den „Top Ten“ der Stoffe, die Krebs auslösen, besonders häufig im Rachenraum, Dickdarm und in der Brust. Und er greift Zellen im Gehirn, im Nervensystem und im Herzkreislaufsystem an.

    Grund genug, sich über den eigenen Konsum Gedanken zu machen. Dazu werden tausende Freiwillige während der Aktionswoche Alkohol anregen, und zwar überall, wo sie Menschen erreichen. Selbsthilfegruppen verteilen in Fußgängerzonen Selbsttests und Broschüren, betriebliche Suchtberater/-innen informieren und beraten Mitarbeiter/-innen und Führungskräfte. Beratungsstellen informieren über risikoarmen Konsum, Ärztekammern regen an, Patientinnen und Patienten auf ihren Alkoholkonsum anzusprechen. Hochschulen laden zum Rauschbrillen-Parcours ein, Theologen bereiten mit Selbsthilfegruppen Gottesdienste vor. Rund 1.200 Veranstalter haben ihre Aktionen angemeldet und kostenloses Material für ihre Öffentlichkeitsarbeit bezogen.

    Organisatorin der Aktionswoche Alkohol ist die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Bereits zum fünften Mal setzt sie mit dieser Präventionskampagne auf breites bürgerschaftliches Engagement: „Wir gehen auf die Menschen zu“, sagt Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der DHS: „Wir wissen aus der Forschung, dass man schon regelmäßigen Alkoholkonsum so früh wie möglich ansprechen sollte. Ein Gespräch motiviert viele Betroffene, ihren Alkoholkonsum zu verringern oder sogar zu beenden. Damit steigt ihre Lebensqualität und die Chance, gesund alt zu werden.“

    Für eine gesunde Lebensweise und die Teilhabe am Arbeitsleben stehen auch die Unterstützer der Aktionswoche Alkohol 2015. Erneut fördern die BARMER GEK und die Deutsche Rentenversicherung Bund die Aktionswoche. Weitere Kooperationspartner sind unter anderen Landesstellen für Suchtfragen sowie regionale Netzwerke der Suchthilfe und Suchtprävention. Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, ist Schirmherrin der Aktionswoche.

    Viele weitere Informationen und Hintergründe sind unter www.aktionswoche-alkohol.de abrufbar. Auf der Internetplattform Facebook besteht ein Forum für Diskussion und Austausch.

    Pressestelle der DHS, 10.06.2015

  • Konsequenter Spielerschutz

    Die Spielersperre stellt eine wirksame Maßnahme des Spielerschutzes dar. Sie wird in Deutschland allerdings nur unzureichend geregelt, umgesetzt und kontrolliert. Gerade im Glücksspielbereich mit dem größten Spielsuchtpotenzial – den Spielhallen mit Geldspielautomaten – ist die Spielersperre am schlechtesten reguliert: zu kompliziert, zu unkontrolliert oder überhaupt nicht gesetzlich festgeschrieben. Dass es auch besser geht, zeigt das Bundesland Hessen. Die Einführung eines konsequenten Spielerschutzes führte dort innerhalb von acht Monaten zu einem Umsatzrückgang der Spielhallen von 26 Prozent. Daher fordert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ein bundeseinheitliches, sektorenübergreifendes Spielersperrsystem zum Schutz der von Spielsucht Betroffenen.

    Studien im In- und Ausland belegen, dass Spielersperren pathologische Glücksspieler wirksam schützen können. Leider kommen die Spielbanken ihrer Verpflichtung zur Sperre von Spielsuchtgefährdeten (Fremdsperre) bisher nur sehr zögerlich nach. Die deutsche Sperrdatenbank im Spielbank- und Lotteriebereich enthielt Ende 2013 insgesamt 27.334 Sperrsätze, davon entfielen allerdings 95,4 Prozent auf die Spielbanken. Völlig unzureichend ist die Spielersperre in Bezug auf Geldspielautomaten und Spielhallen, obwohl Spielsüchtige aus diesem Glücksspielbereich seit Jahren die mit Abstand größte Gruppe (75 Prozent) in den Suchtberatungsstellen bilden.

    In einigen Bundesländern wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gibt es überhaupt keine gesetzlich vorgeschriebene Sperroption. In Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt müssen gefährdete Spielerinnen und Spieler für jede einzelne Spielhallenkonzession einen Sperrantrag einreichen. Kontrollen in Bremen haben zudem gezeigt, dass 87 Prozent der Testpersonen in der Spielhalle, für die sie gesperrt waren, problemlos weiterspielen konnten. Wie es vorbildlich geregelt werden kann, zeigt das Bundesland Hessen. Dort hat die Landesregierung mit OASIS (Onlineabfrage Spielerinformationssystem) im Mai 2014 ein verbindliches landesweites Sperrsystem eingeführt. In den ersten acht Monaten haben in Hessen 7.600 Personen eine Sperre beantragt, verbunden mit einem Umsatzrückgang auf Seiten der Spielhallenbetreiber von 26 Prozent.

    Glücksspielanbieter stehen grundsätzlich vor der Herausforderung, das Spannungsverhältnis zwischen ökonomischen Interessen auf der einen Seite und hinreichendem Spielerschutz auf der anderen Seite aufzulösen. Da Spielsüchtige zu einem Großteil der Einnahmen in Spielstätten beitragen (nach internationalen Studien bis zu 56 Prozent), dürfte diese Gratwanderung mitunter auf Kosten des Spielerschutzes gehen. Zumal der zu erwartende Nachteil für die Spielstätten in Form von Lizenzentzug oder Geldstrafe aufgrund der kaum durchgeführten Kontrollen wenig bedrohlich erscheint. Hier ist die öffentliche Hand gefordert, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben konsequent zu überwachen, da dies nachweislich die Befolgung der Vorschriften erhöht.

    Neben stärkeren Kontrollen, die letztlich auch dem Schutz gesetzeskonformer Anbieter dienen, ist ein bundeseinheitliches, sektorenübergreifendes Spielersperrsystem zu fordern. Es ist notwendig, die vorhandene bundesweite Sperrdatei der Spielbanken und Lotteriegesellschaften mit der Datei für Spielhallen und (künftig) für Wettbüros zu verknüpfen, um das Potenzial dieser Maßnahme des Spielerschutzes effektiv zu nutzen.

    Pressestelle der DHS, 13.05.2015

  • Nächtliches Alkoholverkaufsverbot wirkt

    Infolge des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots in Baden-Württemberg ist die Zahl der alkoholbedingten Krankenhausaufenthalte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen um sieben Prozent gesunken. Bei älteren Erwachsenen hat die im Jahr 2010 in Kraft getretene Regelung hingegen keine Auswirkungen. Das haben Forscher des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) erstmals herausgefunden.

    „Das so genannte Komasaufen unter Jugendlichen ist für die Betroffenen mit hohen Gesundheitsrisiken verbunden und gesellschaftlich ein Problem. Wenn dies durch den erschwerten Zugang zu Alkohol reduziert werden kann, ist ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot auch für andere Bundesländer ein interessanter politischer Ansatz“, sagen die beiden Studienautoren Thomas Siedler vom HCHE und Jan Marcus vom DIW Berlin.

    Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich die alkoholbedingten Krankenhausaufenthalte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland innerhalb von nicht einmal zehn Jahren (2002 bis 2010) mehr als verdoppelt. Im März 2010 reagierte Baden-Württemberg mit einem Alkoholverkaufsverbot: Zwischen 22 und 5 Uhr gehen dort seitdem an Tankstellen, Supermärkten und Kiosken keinerlei alkoholische Getränke mehr über die Ladentheke. Lediglich in Restaurants und Bars ist der Ausschank von Alkohol weiter erlaubt.

    Die Forscher aus Berlin und Hamburg konnten nun erstmals zeigen, dass dieses nächtliche Alkoholverkaufsverbot wirkt – wenn auch nicht übermäßig stark: Bei den 15- bis 19-Jährigen und bei den 20- bis 24-Jährigen sind die alkoholbedingen Krankenhauseinlieferungen seit Beginn des Verkaufsverbots jeweils um etwa sieben Prozent gesunken – am stärksten bei jüngeren Männern. Zudem wurden infolge des Verkaufsverbots weniger Personen aufgrund von Körperverletzungen in Krankenhäuser eingeliefert. „Baden-Württemberg konnte sich damit dem allgemeinen Trend widersetzen“, so Jan Marcus vom DIW Berlin. „Während die alkoholbedingten Krankenhauseinlieferungen in den anderen Bundesländern anstiegen, erzielte Baden-Württemberg durch das nächtliche Alkoholverkaufsverbot bereits kurzfristig eine Stagnation.“ Allein in den ersten 22 Monaten nach Inkrafttreten konnten über 700 alkoholbedingte Krankenhauseinlieferungen in Baden-Württemberg vermieden werden.

    „Jugendliche kaufen seltener Alkohol auf Vorrat und haben in der Regel weniger Geld zur Verfügung, so dass sie Alkohol öfter in Supermärkten und Tankstellen kaufen als Erwachsene, die einfacher auf Kneipen und Restaurants ausweichen können“, erklärt Siedler. Daher entfalte das nächtliche Alkohol-verkaufsverbot seine Wirkung nur bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Bei den älteren Erwachsenen ab 25 Jahren stellen die Forscher dagegen keine signifikante Reaktion fest. Marcus: „Hier spielen auch ein höheres Einkommen und eine eigene Wohnung eine Rolle. Der Alkoholkonsum findet geplanter und weniger in der Öffentlichkeit statt.“

    Die groß angelegte Studie von HCHE und DIW Berlin hat erstmals die kurzfristigen gesundheitlichen Effekte des Alkoholverkaufsverbots in Baden-Württemberg untersucht. Die Forscher werteten dafür eine 70-Prozent-Stichprobe aller Krankenhauseinlieferungen in Deutschland für die Jahre 2007 bis 2011 aus (Krankenhausdiagnosestatistik). Alleine für das Jahr 2011 analysierten die Forscher Daten von 13 Millionen Krankenhausaufenthalten. Durch den Vergleich mit anderen Bundesländern konnten sie generelle Veränderungen im Alkoholkonsum herausrechnen und auch wirtschaftliche und demografische Veränderungen in den einzelnen Bundesländern berücksichtigen.

    Pressestelle der Universität Hamburg, 10.02.2015

  • Selbsthilfeportal „Breaking Meth“

    Breaking Meth LogoDas Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS) hat ein Selbsthilfeportal für Menschen mit Methamphetamin-Erfahrung entwickelt. Dieses wurde im März 2015 in Betrieb genommen. Es richtet sich an bereits abstinente ehemalige Konsumierende sowie an Konsumierende, die Abstinenz erst erreichen möchten. Betroffene können sich unter breaking-meth.de anonym registrieren, benötigt wird lediglich eine gültige E-Mail-Adresse. In einem geschlossenen Mitgliederbereich werden mehrere virtuelle Diskussionsräume bereitgestellt, um spezifischen Anforderungen und unterschiedlichen Zielgruppen gerecht zu werden. Es wird davon ausgegangen, dass eine anfängliche Unterstützung der Nutzer durch das Hilfesystem notwendig ist. Die Moderation erfolgt durch das Peer-basierte Projekt „Drug Scouts“ der SZL Suchtzentrum gGmbH aus Leipzig.

    Breaking Meth TriggerwarnungZiel des Modellprojektes und der formativen Begleitforschung ist es, ein passgenaues onlinebasiertes Selbsthilfeangebot zu erstellen. Basierend auf aktuellen internationalen Erkenntnissen und empirischen Befunden aus Deutschland wurden eine Reihe von zielgruppenspezifischen Anforderungen definiert und entsprechende Strategien und Funktionen entwickelt. Während der Evaluationsphase werden diese Funktionen auf ihre Eignung und Akzeptanz bei unterschiedlichen Zielgruppen getestet sowie ggf. weiterentwickelt. So wurde eine spezielle Funktion umgesetzt, um so genannten Trigger-Effekten durch unkontrollierte Konfrontation mit bestimmten Nutzerbeiträgen entgegenzuwirken. Dies soll insbesondere dem Schutz von Menschen mit Traumatisierungen dienen (beispielsweise bei Schilderungen von Gewalterfahrungen), aber auch dem möglichen Auftreten von Suchtdruck entgegenwirken.

    Breaking Meth Diskussionsraeume

    Im Mittelpunkt der begleitenden Forschung stehen Potenziale der Suchtselbsthilfe im Internet. So soll anhand von Mitgliederbefragungen ermittelt werden, ob und inwieweit Menschen mit Methamphetamin-Problematik von der Nutzung profitieren, welche Faktoren hierfür bedeutsam sind und welche Risiken es zu beachten gilt. Die Befragungen decken z. B. folgende Themenbereiche ab: Konsumbiografien, die Nutzung zusätzlicher Hilfsangebote, die subjektive Bewertung in Bezug auf die Erreichung der eigenen Ziele sowie wahrgenommene Effekte. Um Anforderungen für den Weiterbetrieb des Portals und für eine zukünftige Implementierung von ähnlichen Angeboten auch für andere Substanzgruppen zu ermitteln, wird die Begleitforschung auch Fragestellungen zu technischen Aspekten, zum Datenschutz und zu geeigneten Beurteilungskriterien für Online-Angebote umfassen. Erkenntnisse hieraus könnten Hinweise auf mögliche Schulungsbedarfe für Betroffene sowie konkrete Ansatzpunkte für zukünftige edukative Maßnahmen liefern.

    „Darf ich meinem Therapeuten überhaupt sagen, dass ich parallel zur Therapie in einem Online-Portal aktiv bin, und darf ich dort auftretende Konflikte oder kritische Einschätzungen mit zu meiner Behandlung in die Therapiesitzung bringen?“ Solche und ähnliche Themen konnten im Bereich von Selbsthilfeforen für Traumabetroffene empirisch bestätigt werden. Die wahrscheinlich auch im Suchtbereich stark verbreitete komplementäre Nutzung von Online-Angeboten und der fragmentarische Forschungsstand hierzu lassen es als besonders wichtig erscheinen, das Nutzungsverhalten bei Online-Foren durch Betroffene besser zu verstehen. Aus diesem Grund werden im Forschungsprojekt auch mögliche Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen der Nutzung des Hilfesystems und der Selbsthilfe im Internet betrachtet und analysiert.

    BMGDas Portal wird zunächst als vom Bundesministerium für Gesundheit gefördertes Modellprojekt und Forschungsvorhaben betrieben. Unter breaking-meth.de/info finden Sie Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und Informationsmaterial für Therapeuten und Einrichtungen.

    Sascha Milin, ZIS Hamburg, 15.05.2015

  • Aufklärung zu Essstörungen intensivieren

    Weight obsession. Slim woman silhouette inside a balance.Essstörungen wie Magersucht oder Essbrechsucht sind schwerwiegende psychische Erkrankungen mit starken Auswirkungen auf die psychosoziale und körperliche Entwicklung. Sie verlaufen oftmals chronisch und können für die Betroffenen lebensgefährlich werden. Trotzdem wird in der Öffentlichkeit auch heute noch häufig ein ungesundes und unerreichbares Körperbild propagiert. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) fordert deshalb einen verantwortungsvolleren Umgang mit dem Thema.

    Kennzeichnend für eine Essstörung ist, dass Nahrung, Essen oder Hungern das Leben der Betroffenen bestimmen. In vielen Fällen ist eine Körperbildstörung ein zentrales Symptom der Erkrankung – insbesondere bei der Magersucht und der Essbrechsucht. Das Krankheitsbild tritt bei Mädchen bzw. Frauen vielfach häufiger auf als bei Jungen bzw. Männern. Essstörungen nehmen oftmals einen schwerwiegenden Verlauf: Die Magersucht ist unter allen psychischen Erkrankungen diejenige mit der höchsten Mortalität.

    Ganz aktuell weist eine Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) auf die Bedeutung medialer Bilderwelten auf die Entwicklung von Essstörungen hin. Fast ein Drittel der 241 befragten Menschen, die aktuell an einer Essstörung leiden, gab an, dass die Sendung „Germany‘s Next Topmodel“ einen starken Einfluss auf ihre eigene Essstörung hatte. „Diese Daten sind alarmierend. Die Sendeformate propagieren ein Schönheitsideal, das wir als wissenschaftliche Fachgesellschaft sehr kritisch sehen. Die hier gezeigten Körper spiegeln nicht die Realität wider. Gerade Jugendliche, die sich noch in der Pubertät befinden, können dadurch stark verunsichert werden“, erklärt DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth.

    Essstörungen und insbesondere die Magersucht gehen bei den Betroffenen meist mit dem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit und insbesondere der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper einher. Die Folge sind ausgeprägte negative Gefühle und häufig auch Depressivität. Die Konfrontation mit einem ‚perfekten‘ weiblichen Körper in den Medien und der Werbung kann diese Unzufriedenheit und die damit verbundenen negativen Gefühle verstärken. Der ständige Vergleich mit einem Schlankheitsideal, dem in der Realität nur sehr wenige Frauen entsprechen, kann der Auslöser für eine Diät sein, was wiederum ein sehr häufiger Einstieg in eine Essstörung ist.

    Die DGPPN fordert deshalb eine konsequente Aufklärung über das Krankheitsbild Essstörung und einen verantwortungsvolleren Umgang mit dem in der Öffentlichkeit gezeigten Körperideal. „Um insbesondere junge Menschen zu schützen, braucht es dringend mehr Vielfalt in den medialen Bilderwelten. Gleichzeitig müssen wir noch breiter und intensiver über die Gefahren von Essstörungen aufklären“, so Dr. Hauth weiter.

    Pressestelle der DGPPN, 12.05.2015

  • E-Dampfen keine gesunde Alternative zum Rauchen

    Elektrische Zigaretten können die Schleimhäute in Mund und Rachen schädigen. Auch eine krebsauslösende Wirkung ist nicht auszuschließen. Das zeigt eine Studie, die Experten auf der 86. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC) in Berlin vorstellten. Die Experten warnen davor, den Konsum von E-Zigaretten als unschädlichen Ersatz für herkömmliche Zigaretten zu verharmlosen. Sie bezweifeln auch, dass die „Dampfer“ zur Tabakentwöhnung geeignet sind.

    Vor allem bei Jugendlichen werden elektrische Zigaretten immer beliebter. Mehr als zwei Millionen Deutsche sollen schon einmal eine E-Zigarette probiert haben. Die meisten aus Neugierde, andere in dem Bestreben, sich von ihrer Tabaksucht zu befreien. Die Hersteller bewerben das „Dampfen“ als gesündere Alternative, da die Geräte mit dem Heizdraht keinen Tabak verbrennen und somit keine krebsauslösenden Stoffe entstünden. Als unbedenklich gelten auch die Liquids: Die flüssigen Trägerstoffe des Nikotins werden in den E-Zigaretten auf 65 bis 120 Grad erhitzt. Die Industrie verweist darauf, dass die Liquids Propylenglycol (als E 1520) und Glycerin (als E 422) zugelassene Zusatzstoffe für Lebensmittel sind. „Die Unbedenklichkeit gilt allerdings nur für Nahrungsmittel, die zum Verzehr gedacht sind“, wendet Prof. Dr. Martin Canis ein, kommissarischer Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Universität Göttingen. Die Inhalation der Dämpfe umfasse dies jedoch nicht. „Durch die Erhitzung können neue chemische Substanzen entstehen“, sagt der Experte: „Außerdem enthalten die Liquids neben den Trägersubstanzen häufig noch Aromen wie Schokolade, Frucht oder Kaffee, die den Geschmack verbessern sollen und ebenfalls eingeatmet werden.“

    Tatsächlich gebe es bereits Berichte über Reizungen der Atemwege oder auch allergische Reaktionen, so Prof. Canis im Vorfeld der Tagung der DGHNO KHC. Forscher aus Göttingen, Mainz und München haben jetzt erstmals untersucht, wie Liquide aus E-Zigaretten auf die gesunde Mundschleimhaut wirken. Dafür setzten sie Zellen aus der Schleimhaut des Mundes oder des Rachens an fünf Tagen für jeweils zwei Stunden den Liquiden aus. Dr. Christian Welz von der Göttinger Uni-Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und seine Mitarbeiter verwendeten dabei Liquids mit verschiedenen Frucht- und Tabakaromen. Abschließend bewerteten sie den Anteil lebender Zellen und die Schäden an der Erbsubstanz einzelner Zellen.

    „Für jedes getestete Liquid wurde eine eindeutige Minderung der Zellvitalität und eine Zunahme der DNA-Schädigungen gefunden“, berichtet Prof. Canis. Im Vergleich verschiedener Geschmacksrichtungen zeigten Liquide mit Fruchtaromen eine höhere Zell- und Genotoxizität als Liquide mit Tabakaroma. Die Studienergebnisse belegen laut Prof. Canis zwar nicht hinreichend, dass E-Zigaretten Krebs auslösen. Sie seien jedoch ein erster Hinweis, der einer weiteren Klärung bedürfe. „Die Auswirkungen mögen deutlich geringer sein als bei gerauchten Zigaretten“, sagt der HNO-Experte. „Dennoch stellen die Ergebnisse die Unbedenklichkeit des Konsums von E-Zigaretten klar in Frage.“

    Der Experte weist zudem darauf hin, dass der Wirkstoff Nikotin in den E-Zigaretten wie bei herkömmlichen Zigaretten süchtig macht. Außerdem könnten die E-Zigaretten über einen deutlich längeren Zeitraum als herkömmliche Zigaretten am Stück konsumiert werden. Prof. Canis bezweifelt deshalb, dass E-Zigaretten ein Hilfsmittel zur Tabakentwöhnung sind. Wer sich von der Sucht befreien wolle, sollte auf die etablierten Mittel wie Nikotin-Kaugummis oder -Pflaster zurückgreifen. Der Experte begrüßt die geplante Novellierung des Jugendschutzgesetzes, die den Verkauf von E-Zigaretten an Kinder und Jugendliche verbieten und damit auch deren Konsum verhindern will.

    Pressestelle der DGHNO KHC, 12.05.2015