Kategorie: Kurzmeldungen

  • fdr+ fakten: „Neue Psychoaktive Substanzen. Research Chemicals, Legal Highs und Methamphetamin“

    fdr+_2farbigDie Idee stammt von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) und ist so einfach wie bestechend: Informationen zu einem bestimmten Thema der Suchthilfe werden in einem kompakten Text zusammengefasst und können so handlich und konzentriert weiterverwendet werden. Kurz gesagt: Alle Fakten auf einem Blatt Papier. Beim fdr+ (Fachverband Drogen- und Suchthilfe e. V.) ist das die Reihe fdr+fakten. Neu erschienen ist in dieser Reihe im Dezember 2014 der Beitrag „Neue psychoaktive Substanzen. Research Chemicals, Legal Highs und Methamphetamin“. Natürlich sind nicht alle „neuen psychoaktiven Substanzen“ neu, aber Nachfrage und Konsummuster verändern die Suchthilfe. Informationen zu Stoffen, Herkunft, Konsumformen und Wirkungen, aber auch zu Prävention und Hilfe stehen an vielen Stellen, vor allem im Internet. Sie zu finden erfordert eine zeitintensive Recherche. Für die neue Ausgabe der fdr+fakten wurde Wichtiges zusammengetragen und Quellen werden genannt. Die fdr+fakten „Neue Psychoaktive Substanzen“ finden Sie hier.

    fdr-online.info #35, 12.12.2014

  • „Erste Hilfe“ für Crystal-Konsumenten

    Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) startete im November ein spezielles Online-Beratungsangebot zu Crystal. Im Rahmen einer bundesweiten Chat-Sprechstunde finden Crystal-Konsumierende und ihre Angehörigen unkompliziert und anonym Hilfe auf dem BZgA-Onlineportal www.drugcom.de. Der Chat ist eine Ergänzung zum bestehenden Informationsangebot der BZgA zu Crystal auf www.drugcom.de.

    Der Konsum von kristallinem Methamphetamin – auch Crystal genannt – hat nach Angaben von Drogenberatungsstellen zumindest in Teilen Deutschlands zugenommen. Insbesondere in den Grenzregionen zu Tschechien deuten ein Anstieg der vom Zoll beschlagnahmten Crystal-Menge sowie vermehrte Inanspruchnahme von Drogenberatungsangeboten zu Crystal auf eine zunehmende Verbreitung hin. Noch ist nicht erkennbar, ob es sich hierbei um einen bundesweiten Trend handelt, da bislang keine aussagekräftigen repräsentativen Zahlen zum Konsum von Methamphetamin vorliegen.

    Nach Angaben der Suchthilfestatistik ist der Anteil der Personen, die wegen ihres Crystal-Konsums eine Beratungsstelle in Sachsen aufgesucht haben, allein von 2010 auf 2011 um 30 Prozent gestiegen. In Bayern zeigt sich für die letzten Jahre eine ähnliche Entwicklung.

    Anlässlich der Ausweitung des Beratungsangebots von www.drugcom.de erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. „Erfahrungsgemäß nimmt nur ein Teil der Betroffenen die Hilfe von Beratungsstellen in Anspruch bzw. nutzt diese erst dann, wenn sich bereits eine Abhängigkeit verfestigt hat. Um Betroffenen frühzeitig professionelle Hilfe zu bieten, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Chat-Beratung auf www.drugcom.de ausgeweitet und bietet nun Crystal-Konsumierenden und ihren Angehörigen Rat und Unterstützung.“

    Die bundesweite Chat-Beratung ergänzt die Hilfe vor Ort. Durch Wahl eines anonymen Benutzernamens kommen Betroffene direkt in Kontakt mit den professionellen Beraterinnen und Beratern. Crystal-Konsumenten und ihre Angehörigen finden Rat bei allen Fragen rund um die Substanz. Bei Bedarf werden Betroffene an Beratungsstellen vor Ort weitergeleitet und erhalten Informationen über weitere Hilfemöglichkeiten.

    Das Chat-Angebot steht ab sofort wochentags von 15 bis 17 Uhr zur Verfügung. Außerhalb der Sprechzeiten können Anfragen über ein geschütztes Webformular an das Beratungsteam gesendet werden. Ausführliche Informationen über Risiken und Wirkung von Crystal bietet die BZgA auf ihrem Internetportal zu Sucht und Drogen www.drugcom.de.

    Pressestelle der BZgA, 12.11.2014

  • Entschließung des Bundesrates – Präventive und repressive Maßnahmen von Bund und Ländern gegen den Crystal-Konsum

    Der Bundesrat hat in seiner 924. Sitzung am 11. Juli 2014 folgende Entschließung gefasst:

    I. Der Bundesrat stellt fest:

    Der Bundesrat blickt mit großer Sorge auf die zunehmende Verbreitung der Droge Crystal (Methamphetamin). Nach Angaben der Polizeilichen Kriminalstatistik sind die entsprechenden Betäubungsmitteldelikte im Zeitraum von 2008 bis 2012 bundesweit massiv angestiegen. Besonders deutlich stellt sich die Lageentwicklung in den an die Tschechische Republik angrenzenden Ländern dar. In Sachsen stiegen die Rauschgiftdelikte seit dem Jahr 2009 um 65,1 Prozent an. Dieser Anstieg ist maßgeblich auf das Anwachsen crystalbezogener Straftaten zurückzuführen (+ 287,5 Prozent).

    Analog zur Entwicklung des Fallaufkommens sind sowohl die Sicherstellungsmengen als auch die Anzahl der Sicherstellungen von Crystal in den vergangenen Jahren angestiegen. Die zunehmende Verfügbarkeit von Crystal zeigt sich auch in der Steigerung der Beratungs- und Behandlungsnachfrage in den Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe für den Bereich der Stimulanzien. Lag der Hilfebedarf 2009 in den ambulanten Einrichtungen der Suchthilfe bundesweit bei 2,4 Prozent, war 2012 ein Beratungsbedarf von 4,6 Prozent für die ambulanten Einrichtungen festzustellen. Für Sachsen ist eine Zunahme des Hilfebedarfs im gleichen Zeitraum von 5,4 Prozent auf 17,7 Prozent dokumentiert.

    Da in Deutschland gehandeltes und konsumiertes Methamphetamin zumeist in den östlichen Nachbarländern hergestellt wird, kommt der Kooperation der Polizei- und Justizbehörden mit den Behörden dieser Staaten sowie der Intensivierung polizeilicher Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen, vor allem in grenznahen Gebieten, bei der Bekämpfung der Crystal-Kriminalität besondere Bedeutung zu.

    Erfahrungen belegen, dass eine hohe Verfügbarkeit von Drogen auch zu einer höheren Häufigkeit des Konsums beiträgt. Zur Bekämpfung des „Phänomens Crystal“ bedarf es deshalb Maßnahmen, die sowohl die Repression als auch die Bereiche der Prävention und der Suchtkrankenhilfe umfassen und auf eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zielen. Im Sinne der Wirksamkeit ist ein länderübergreifender Ansatz angezeigt.

    II. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf:

    • die polizeilichen Kräfte mit den Ländern abzustimmen und in diesem Zusammenhang die Kontrolltätigkeit der Bundespolizei und des Zolls – insbesondere im Bereich der Grenzen zur Tschechischen Republik – zur Verstärkung der Bekämpfung der mit dem Crystalhandel und -konsum einhergehenden Betäubungsmittelkriminalität über ihr bisheriges Engagement hinaus im Interesse der Erhöhung des Verfolgungsdrucks zu intensivieren.
    • bundesweite Untersuchungen zur Häufigkeit des Drogenkonsums in der Bevölkerung (z. B. „Epidemiologischer Suchtsurvey“) um Aussagen zur Verbreitung des Konsums von Methamphetamin zu erweitern.
    • länderübergreifend Präventionsmaßnahmen zu initiieren und zu unterstützen, die hinsichtlich ihrer Zielrichtung und Wirksamkeit zu evaluieren sind. Hierzu gehört z. B. auch die Bündelung von Informationen. In die Überlegungen zur Stärkung der präventiven Maßnahmen sind auch die Erfahrungen und Hinweise ehemaliger Konsumenten von Methamphetamin einzubeziehen. […]

    Den vollständigen Text der Beschließung finden Sie hier.

    fdr-Berichte, 29.10.2014

  • Verbot für „Legal Highs“

    Der Bundesrat hat Ende November 2014 der 28. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften zugestimmt. Mit ihr werden weitere 32 neue psychoaktive Substanzen (NPS), so genannte „Legal Highs“, nach Maßgabe des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) verboten. Bei den mit der jetzt verabschiedeten Verordnung verbotenen Substanzen handelt es sich um synthetische Cannabinoide und Cathinone. Der Umgang mit ihnen ist zukünftig strafbar. Der Missbrauch dieser gefährlichen Stoffe soll durch die Neuregelung eingedämmt werden. Hierdurch wird die Gesundheit geschützt, und die notwendige Strafverfolgung des illegalen Umgangs mit diesen Substanzen wird erleichtert.

    Die Unterstellung dieser NPS trägt auch einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 10. Juli 2014 Rechnung. Der EuGH hatte entschieden, dass bestimmte NPS nicht dem Arzneimittelbegriff des Arzneimittelgesetzes (AMG) unterliegen. Ihr Inverkehrbringen kann seitdem nicht mehr nach dem AMG strafrechtlich verfolgt werden. Für die jetzt neu dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellten NPS ist hingegen eine Strafverfolgung möglich.

    Mit der 28. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften werden außerdem die Regelungen zum Substitutionsregister angepasst, um geänderten Erfordernissen der praktischen Anwendung sowie dem Datenschutz Rechnung zu tragen. Dadurch sollen die Ziele des Substitutionsregisters mit geringerem Aufwand in höherer Qualität erreicht sowie die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs verbessert werden.

    Außerdem wird mit der Festschreibung einer Höchstverschreibungsmenge für das Betäubungsmittel Lisdexamfetamindimesilat die Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Hinblick auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit diesem Arzneimittel gestärkt.

    Pressestelle der Bundesdrogenbeauftragten, 28.11.2014

  • Alkohol- und Tabakabhängigkeit:
    S3-Leitlinien erschienen

    Logo AWMFAlkohol- und Tabakabhängigkeit sind in Deutschland die schwerwiegendsten Suchterkrankungen. Jedes Jahr sterben etwa 74.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Rund 110.000 Todesfälle sind auf das Rauchen zurückzuführen. Die Anfang Februar in Berlin vorgestellten S3-Leitlinien „Alkohol“ und „Tabak“ wollen die Qualität der Diagnostik und Behandlung von Menschen mit schädlichem und abhängigem Alkohol- und Tabakkonsum nachhaltig verbessern. Sie bündeln das aktuell vorhandene Forschungswissen und leiten daraus evidenzbasierte Empfehlungen für die Prävention, Diagnose und Behandlung ab. Dabei konzentrieren sie sich bei der Alkoholabhängigkeit nicht nur auf die Erkrankten selbst, sondern auch auf deren Angehörige.

    Die neuen Leitlinien richten sich an alle Berufsgruppen, die betroffene Patienten behandeln. Sie entstanden in einem vierjährigen Entwicklungsprozess im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlich Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF). Die Federführung lag bei der DGPPN und der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht). In die Entwicklung waren insgesamt mehr als 50 Fachgesellschaften, Berufsverbände und Gesundheitsorganisationen sowie über 60 ausgewiesene Suchtexperten involviert. Dabei fanden durch die intensive Beteiligung von Selbsthilfe- und Angehörigenverbänden auch die Präferenzen der Patienten Gehör.

    Die S3-Leitlinien „Alkohol“ und „Tabak“ sind im AWMF-Register online unter nachstehenden Links erschienen:

    Pressestelle der DGPPN, 03.02.2015

  • KIDKIT – Kampagne für Kinder und Jugendliche mit suchtkranken Eltern

    kidkit_plakat_mädchen_neu2In Deutschland lebt jedes sechste Kind in einer Familie mit einem Suchtproblem, insgesamt sind 2,6 Millionen Kinder und Jugendliche betroffen. Allein in Köln sind es ca. 17.000 Kinder! Hauptverursacher ist die Alkoholabhängigkeit, aber auch Medikamenten‐, Drogen‐ oder Spielsucht sind weit verbreitet. Seit dem 9. Februar 2015 findet in Köln eine deutschlandweit bislang einmalige Kampagne statt. Mit Plakaten in Straßenbahnen, an zentralen Plätzen und in 300 Schulen wird für Hilfsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche geworben. Auf den Plakaten steht unter dem Slogan „Süchtige Eltern? Du bist nicht allein!“ die Internetadresse www.kidkit.koeln, die zu dem anonymen online‐Beratungsangebot für betroffene Kinder führt. Des Weiteren wird auf die Rufnummer von Mikado 0178‐55 55 845 hingewiesen, die für ein persönliches Gespräch oder eine Nachricht gewählt werden kann. Mikado bietet auch Gruppenangebote für Kinder und Jugendliche aus Suchtfamilien an.

    Auf Initiative der Cornelius Stiftung haben sich die Drogenhilfe Köln, das Deutsche Institut für Sucht‐ und Präventionsforschung, Koala e. V. und der Sozialdienst katholischer Männer zusammengetan und ein Netzwerk entwickelt, das den betroffenen Kindern und Jugendlichen helfen will. „Wir wollen mit den Plakaten das Tabuthema Sucht in die Öffentlichkeit bringen. Wichtigstes Ziel ist, möglichst vielen betroffenen Kindern zu helfen, denn sie leiden unter Angst‐ und Schamgefühlen, Vereinsamung und Gewaltsituationen“, so Karen Zimmer, Vorstand der Cornelius Stiftung. Das Unternehmen JCDecaux trägt durch sein Sponsoring bei der Außenwerbung wesentlich zur öffentlichen Wahrnehmung bei.

    Der Schirmherr der Cornelius Stiftung, Oberbürgermeister Jürgen Roters, gibt Zuspruch: „ Es ist wichtig, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass sie nicht allein sind und es professionelle und leicht zugängliche Hilfen für sie gibt.“ Auch FC‐Profi Kevin McKenna unterstützt die Aktion: „Als Fußballprofi und Vater weiß ich, dass Alkohol und Drogen im Leben nichts zu suchen haben. Daher kann ich den betroffenen Kindern und Jugendlichen suchtkranker Eltern nur sagen: Habt den Mut und nutzt die Angebote! Es ist nur ein Anruf oder eine Mail, und euch kann professionell geholfen werden.“ ­ Und: „Es ist gut für Köln, dass es solche Angebote gibt. Daher mache ich gerne auf diese wichtige Kampagne aufmerksam und hoffe, dass viele betroffene Kinder, aber auch die Eltern den Mut haben, sich zu melden!“ Der Start der Kampagne steht in Verbindung mit der bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien, die vom 8. bis zum 14. Februar stattgefunden hat.

    Pressestelle der Cornelius Stiftung, 09.02.2015

  • Drogenbeauftragte beruft neuen nationalen Drogen- und Suchtrat

    Mitglieder des Drogen- und Suchtrates. Foto©Bundesdrogenbeauftragte
    Mitglieder des Drogen- und Suchtrates. Foto©Bundesdrogenbeauftragte

    Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat am 1. Dezember 2014 in Berlin den Drogen- und Suchtrat neu berufen. Das Beratungsgremium hat seine Arbeit aufgenommen und wird in regelmäßigen Abständen tagen, um die Arbeit der Bundesregierung im Bereich Drogen und Sucht zu unterstützen.

    Der nationale Drogen- und Suchtrat setzt sich aus Vertretern der Bundesressorts, der Ministerfachkonferenzen der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Bundesagentur für Arbeit, der Spitzenverbände der Krankenkassen sowie Akteuren aus der Suchthilfe, der Suchtprävention und -forschung zusammen.

    Marlene Mortler: „Der Drogen- und Suchtrat ist ein hochrangiges Expertengremium, auf dessen Expertise niemand verzichten kann. Mit der Neuberufung will ich diese gute Tradition fortführen. Der Drogen- und Suchtrat soll mich bei der Ausübung meines Amtes beraten und mir als beratendes Gremium in der Ausgestaltung der nationalen Drogen- und Suchtpolitik zur Seite stehen.“

    Der Drogen- und Suchtrat hat zunächst zwei Arbeitsgruppen berufen, die Empfehlungen zu den Themen „Suchtprävention in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen“ und „Teilhabe und Verbleib im Arbeitsleben“ bearbeiten werden. Sie sollen dem Drogen- und Suchtrat konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Themenbereiche bis zum Jahr 2015 vorlegen. Für seine Arbeit hat sich der Drogen- und Suchtrat eine Geschäftsordnung gegeben. Die Geschäftsordnung und weitere Informationen zur Arbeit der Drogenbeauftragten finden Sie hier.

    Pressestelle der Bundesdrogenbeauftragten, 02.12.2014

  • Nalmefen bei Alkoholabhängigkeit: Zusatznutzen ist nicht belegt

    Nalmefen (Handelsname Selincro) ist seit Februar 2013 für Personen mit Alkoholabhängigkeit zugelassen, die akut viel Alkohol trinken, aber keine körperlichen Entzugserscheinungen haben und keinen sofortigen Entzug benötigen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einer Dossierbewertung überprüft, ob der Wirkstoff bei dieser Patientengruppe gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet.

    Ein solcher Zusatznutzen ist demnach nicht belegt: Der Hersteller legt in seinem Dossier ausschließlich Daten für einen indirekten Vergleich mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie Naltrexon vor, die jedoch ungeeignet sind. Patienten und Behandlungsziele unterscheiden sich in sechs von sieben Studien zu Naltrexon grundlegend von denen in den Nalmefen-Studien. In der siebten Studie wurde Naltrexon zeitweise nicht zulassungskonform eingesetzt und für relevante Zeiträume in der Studie fehlen Auswertungen.

    Nalmefen ist für Personen mit Alkoholabhängigkeit zugelassen, die keine körperlichen Entzugserscheinungen haben und keinen sofortigen Entzug benötigen. Der Wirkstoff kommt für Personen infrage, die ihren akut hohen Alkoholkonsum (ca. drei Flaschen Bier bei Männern, ca. zwei Flaschen Bier bei Frauen) reduzieren möchten, das aber innerhalb von zwei Wochen nicht aus eigenem Antrieb schaffen. Nalmefen beeinflusst die Freisetzung von Botenstoffen im Gehirn und soll so das Verlangen nach Alkohol dämpfen und bei alkoholkranken Männern und Frauen die Trinkmenge verringern. Gemäß Zulassung wird der Wirkstoff mit psychosozialer Unterstützung eingesetzt, beispielsweise kombiniert mit einer Beratung, einer Verhaltens- oder Psychotherapie.

    Für das Anwendungsgebiet von Nalmefen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Naltrexon als zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt. Dabei war die Arzneimittel-Richtlinie zu berücksichtigen, die die Anwendung von Nalmefen bei alkoholkranken Männern und Frauen vorsieht, die zu einer Abstinenztherapie hingeführt werden sollen, aber noch auf einen Therapieplatz warten müssen.

    Weil keine direkt vergleichenden Studien von Nalmefen gegenüber Naltrexon vorliegen, führt der Hersteller in seinem Dossier einen adjustierten indirekten Vergleich an. Er schließt insgesamt elf Studien ein, bei denen der Wirkstoff jeweils mit einem Scheinmedikament (Placebo) verglichen wird. Das Placebo dient damit als so genannter Brückenkomparator.

    Vier Studien untersuchten die Wirkung von Nalmefen im Vergleich zu Placebo bei Alkoholabhängigen mit dem Ziel, den Alkoholkonsum zu reduzieren. Der Hersteller legt Auswertungen derjenigen Studienteilnehmer vor, die bis zum Studienstart weiterhin Alkohol auf mindestens hohem Risikoniveau tranken. Diese Patienten entsprechen der Fragestellung und die Daten wären grundsätzlich für einen indirekten Vergleich verwertbar.

    Sieben Studien haben die Wirkung von Naltrexon im Vergleich zu Placebo untersucht, in sechs davon waren allerdings Abstinenz und Rückfallprophylaxe die Behandlungsziele. Eingeschlossen waren in diese sechs Studien ausschließlich Patientinnen und Patienten, die vor Studienbeginn bereits mehrere Tage abstinent waren, also keinen Alkohol mehr tranken. Diese Patienten entsprechen allerdings nicht der Fragestellung für die Nutzenbewertung, die nun gerade Patienten betrachtet, die akut auf einem hohen Risikoniveau Alkohol trinken.

    Ein Vergleich der Nalmefen-Patienten, die akut einen hohen Alkoholkonsum haben, mit den bereits abstinenten Naltrexon-Patienten ist auch mit Blick auf Outcomes wie eine Änderung des Trinkverhaltens nicht sinnvoll interpretierbar. So liefern diese Studien keine geeigneten Daten für den indirekten Vergleich von Nalmefen mit Naltrexon.

    Die siebte Naltrexon-Studie ist nicht relevant, weil der Wirkstoff nicht über den gesamten Studienzeitraum zulassungsgemäß angewendet wurde und keine geeigneten Ergebnisse vorliegen. Damit liegen aus den sieben Naltrexon-Studien keine geeigneten Daten für den indirekten Vergleich vor und das Fazit des IQWiG lautet: Ein Zusatznutzen für Nalmefen ist nicht belegt.

    Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

    Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt diese Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

    Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach § 35a SGB V als auch zur Bewertung von Nalmefen zu finden. Weitere Informationen finden Sie unter www.iqwig.de.

    Pressestelle des IQWiG, 01.12.2014

  • Medikamentenabhängige schwangere Frauen, Mütter und ihre Kinder

    BELLA_DONNA_Flyer-S1Die Landeskoordinierungsstelle Frauen und Sucht NRW, BELLA DONNA, führt seit Juni 2014 das Projekt „Medikamentenabhängige schwangere Frauen, Mütter und ihre Kinder“ durch. Es wird vom Gesundheitsministerium NRW (MGEPA) für drei Jahre gefördert.

    Zurzeit befinden sich die Beteiligten noch auf Spurensuche: Wo überall sind betroffene Frauen zu finden? Gibt es Konzepte, gibt es Angebote? Viel mehr als Vermutungen und Ahnungen darüber bestehen nicht – ein Nebel, den die Initiatorinnen des Projektes gerne lichten möchten.

    Dazu laden sie Praktikerinnen und Praktiker ein, die mit den komplexen Themen „Schwangerschaft und Konsum von Psychopharmaka“ bzw. „Auffälligkeiten bei Neugeborenen und Kindern aufgrund der Einnahme von psychoaktiv wirksamen Medikamenten während der Schwangerschaft“ in ihrem beruflichen Umfeld zu tun haben. Diese Erfahrungen sollen in einer moderierten Gesprächsrunde zusammengetragen und ausgetauscht werden.

    Mit dem Projekt sind folgende Zielsetzungen verbunden:

    • Aufbereitung des nationalen und internationalen Kenntnisstandes bezogen auf die Situation von medikamentenabhängigen schwangeren Frauen, Müttern und Kindern in diesen Lebenssituationen
    • Erhebung und Bündelung des Expertinnen- und Expertenwissens
    • Entwicklung von Kooperationen zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen
    • Nutzung der Erkenntnisse zur Entwicklung adäquater Angebote zur verbesserten Erreichbarkeit der Zielgruppen
    • Entwicklung von Qualifizierungsangeboten und Arbeitshilfen

    Alle, die Interesse haben, das Projekt mit ihrem Wissen und ihren Anregungen zu unterstützen und andere Fachleute zu treffen, sind herzlich willkommen.
    Weitere Informationen finden Sie hier.

    Kontakt:
    Beate Schröder
    Landeskoordinierungsstelle Frauen und Sucht NRW
    BELLA DONNA
    Kopstadtplatz 24-25
    45127 Essen
    info@belladonna-essen.de
    Tel. 0201/85 199 436

    Simone Schwarzer/Redaktion, 24.11.2014

  • Kreuzbund-Website: Hilfe auch für Englisch-, Polnisch- oder Russischsprechende

    Der Kreuzbund, der mitgliederstärkste Suchtselbsthilfeverband für Suchtkranke und Angehörige im Bereich der freien Wohlfahrtspflege, hat wesentliche Inhalte seiner Website ins Englische, Polnische und Russische übersetzt. Mit einem Klick auf die entsprechende Landesflagge auf www.kreuzbund.de finden englisch-, polnisch- oder russischsprechende Hilfesuchende und Interessierte Informationen in ihrer Sprache. – Die Übersetzung wurde ermöglicht aus Projektfördermitteln des AOK-Bundesverbandes im Jahr 2014.

    Das Internet bietet vielfältige Chancen für eine erfolgreiche Kommunikation mit Menschen, die wir mit traditionellen Kommunikationsmitteln nicht erreichen können. Der Anteil der Suchtkranken ist insbesondere bei Einwanderern aus Polen und Russland relativ hoch, doch leider kommen nur wenige der Betroffenen in der deutschen Suchthilfe an. Vor allem männliche Migranten sind durch ihre soziokulturelle Entwurzelung besonders gefährdet, eine Sucht zu entwickeln. Außerdem ist bei Menschen mit Migrationshintergrund aus verschiedenen Gründen die Hemmschwelle deutlich größer, fachlich-professionelle Hilfen in Anspruch zu nehmen. Die Sucht-Selbsthilfe stellt in diesem Zusammenhang ein deutlich niedrigschwelligeres Angebot dar.

    Die Internetseite des Kreuzbundes hat monatlich über 4.000 Besucher/-innen. 20 Prozent von ihnen greifen direkt auf www.kreuzbund.de zu. Über 40 Prozent kommen von Suchmaschinen wie Google. Am häufigsten wird die Seite „Hilfe in meiner Nähe“ aufgerufen; hier können Nutzer/-innen eine Gruppe in ihrem Wohnortbereich finden. Die Nutzer/-innen stammen aus allen fünf Kontinenten.

    Heinz-Josef Janßen, Kreuzbund-Bundesgeschäftsführer, 06.11.2014