Kategorie: Kurzmeldungen

  • Zahl der Drogentoten in Deutschland weiter angestiegen

    Mehr Menschen sterben auch in Deutschland durch ihren Drogenkonsum. 2023 hat das Bundeskriminalamt 2.227 drogenbedingte Todesfälle registriert – etwa doppelt so viele wie vor zehn Jahren und rund zwölf Prozent mehr als im Vorjahr (1.990 Fälle). Darunter waren 1.844 Männer und 383 Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren und ist somit weiter angestiegen.

    Bei 1.479 der Verstorbenen wurde ein Mischkonsum verschiedener illegaler Substanzen festgestellt. Das sind 34 Prozent mehr als 2022. Auch wenn nicht immer die genaue Todesursächlichkeit bewiesen werden konnte, war nach den von den Landeskriminalämtern gesammelten Zahlen bei 712 Todesfällen Heroin im Spiel. Damit ist Heroin zwar immer noch die am häufigsten mit Todesfällen verbundene Substanz, aber das mit leicht rückläufiger Tendenz (Vorjahr: 749). Deutliche Anstiege wurden hingegen bei Todesfällen im Zusammenhang mit Kokain und Crack (610 statt 507) sowie Opiat-Substitutionsmitteln festgestellt (654 statt 528). Auch die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Metamphetaminkonsum liegt signifikant höher als im Vorjahr (122 statt 47 Fälle). Von den 2.227 erfassten durch Drogenkonsum gestorbenen Menschen wurden in den Bundesländern 1.167 obduziert und in 882 Fällen toxikologische Gutachten erstellt.

    Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, schätzt die Lage als „sehr ernst“ ein. „Mit 2.227 Drogentoten haben wir die höchste Zahl, die je registriert wurde. Und ich befürchte, dass es in der Realität noch mehr Drogentodesfälle gibt – wir haben viel zu wenige toxikologische Gutachten und Obduktionen. Für mich ist diese Situation extrem schmerzhaft. Hinter den blanken Zahlen verbirgt sich unendliches Leid für die Betroffenen, ihre Familien, das ganze Umfeld.“

    Was sich an den Zahlen zeigt, ist, dass der Mischkonsum auch in Deutschland zu einem immer größeren Problem wird: Immer mehr Drogenkonsumenten nehmen verschiedene Drogen nebeneinander. Global geht der Trend zu preiswerteren und stärker wirksamen  Opioiden und Stimulanzien, die von global agierenden Kartellen in die Märkte gedrückt werden. Gleichzeitig steigt das Angebot an Kokain in Deutschland und Europa stark an.

    „Deswegen müssen wir jetzt die Präventions-, Beratungs- und Hilfesysteme fit machen“, macht der Bundesdrogenbeauftragte sehr deutlich. „Wir wissen ja, was zu tun ist! Wir brauchen ganz konkrete Fortschritte bei der Prävention und soziale Hilfe vor Ort und spezifische Angebote, insbesondere auch für Crack- und, wie die Zahlen zeigen, für Metamphetaminkonsumierende. Wir müssen gerade Jugendliche früh und konsequent unterstützen und dürfen suchterkrankte Menschen nicht einfach abschreiben.“

    Was unter niedrigschwelliger und umfassender Hilfe zu verstehen ist, verrät ein Blick in Drogenkonsumräume wie die Berliner Birkenstube der vista gGmbH, wo die diesjährigen Zahlen vorgestellt wurden.

    Nina Pritszens, Geschäftsführerin vista gGmbH: „Drogenkonsumräume erreichen drogengebrauchende Menschen in Notlagen, die auf kaum einem anderen Wege erreicht und versorgt werden. Die Angebote reichen von lebenspraktischen Hilfen und Aufenthaltsmöglichkeit bis hin zu Beratung und medizinischer Erstversorgung. Besonders wichtig sind hier die Möglichkeiten, im geschützten Rahmen mitgebrachte Substanzen konsumieren zu können, im Drogennotfall unmittelbar medizinische Hilfe zu erhalten und so Todesfälle zu verhindern. Wir brauchen dringend einen flächendeckenden Ausbau von Drogenkonsumräumen im gesamten Bundesgebiet. Gleichzeitig müssen wir Drug-Checking, nachdem vor gut einem Jahr dafür die Rechtsgrundlage im Bundestag geschaffen worden ist, auf- und ausbauen und für Menschen, die ein hohes Mortalitätsrisiko aufweisen, zugänglich zu machen.“

    Christina Rummel, Geschäftsführerin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), schätzt ein: „Suchthilfe rettet Leben und ist wichtiger denn je! Doch insbesondere die Suchtberatung steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Erste Ergebnisse einer deutschlandweiten Befragung der DHS zeigen, dass Dreiviertel der öffentlich finanzierten Suchtberatungsstellen ihre Kosten in diesem Jahr nicht decken können. Die Konsequenzen sind fatal: Beratungsangebote werden eingeschränkt oder die Dienste komplett gestrichen. Hilfsbedürftige Menschen mit Suchterkrankungen können somit nicht mehr adäquat versorgt werden. Wir dürfen Menschen mit diesem Leid nicht allein lassen. Es braucht endlich eine stabile Finanzierung der Suchtberatung.“

    Download Übersicht über die Rauschgift-Todesfälle 2023

    Pressestelle des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, 29.5.2024

  • Psychotherapie mit WhatsApp

    Warum hat sie dieses seltsame Emoji in ihrer WhatsApp an mich verwendet? Warum schreibt er in seiner Mail so unfreundlich? Nachrichten, bei denen man nicht so recht weiß, wie man sie einordnen soll, kennt wahrscheinlich jeder. Die richtige Reaktion darauf zu finden, ist oft schwer. In einer besonderen Gruppentherapie formulieren Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen gemeinsam eine Antwort auf solche Nachrichten. Diese innovative Art der Gruppentherapie gibt es seit wenigen Jahren.

    Gemeinsam mit Psychologinnen und Psychologen hat die Sprachwissenschaftlerin JProf. Dr. Susanne Kabatnik die Gespräche innerhalb der Gruppentherapie linguistisch untersucht. Mit ihrer Analyse unterstützt die Juniorprofessorin für Digital Humanities der Universität Trier die psychologische Forschung dabei, Erkenntnisse über die Wirkungsweise von psychotherapeutischen Gesprächen zu gewinnen. Anders gesagt, geht es darum besser zu verstehen, wie Worte in der Psychotherapie wirken. Die Forschungsergebnisse von Susanne Kabatnik sind kürzlich in der Fachzeitschrift „Frontiers in Psychology“ erschienen.

    „Sprache ist in der Psychotherapie wie ein Medikament. Durch Gespräche werden Veränderungen in den Ansichten und Denkweisen der Patientinnen und Patienten angestoßen“, erklärt Susanne Kabatnik den Zusammenhang der Sprachwissenschaften mit dem ursprünglich psychologischen Forschungsgebiet.

    Die Untersuchung der Trierer Sprachwissenschaftlerin beruht auf fast 15 Stunden Videomaterial, das bei Gruppentherapie-Sitzungen mit depressiven Patientinnen und Patienten in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München aufgenommen wurde. Für ihre Analyse der Gespräche hat sie diese äußerst präzise verschriftlicht. „Es kommt hier wirklich auf Details an: Jedes schwere Zwischenatmen, jede Pause und auch das Nicht-Gesagte können eine Bedeutung haben“, beschreibt Kabatnik die Sisyphusarbeit der Transkription.

    Doch wie kann man sich den Ablauf einer solchen Gruppentherapie vorstellen? In jeder Sitzung bringt ein Teilnehmender eine Nachricht oder einen Chat mit, der die Person verunsichert oder gekränkt hat. Beispielsweise erhielt eine Patientin eine Mail von einem Professor, in der er sie gleichgültig mit „Liebe WieAuchImmer“ angeschrieben hat. Nach dem Vorlesen der Nachricht erfolgt eine Positionierung: Die Teilnehmenden bewerten die Nachricht und das schlechte Verhalten des Professors und stellen sich hinter die Empfängerin der Nachricht. Unter Moderation der gruppenleitenden Psychotherapeutin formulieren die Teilnehmenden eine Antwort auf die Mail. Eine Patientin beschreibt das Verhalten des Professors als ekelig und argumentiert, dass man sich bei der Wahl der Antwortformulierungen nicht auf sein Niveau herabbegeben dürfe. Durch das gemeinsame Diskutieren und Formulieren wird die Situation nachgespielt und aufgearbeitet. Im Laufe der Gruppentherapie-Sitzung wird so nicht nur neues Wissen generiert, sondern es verändert sich auch die Haltung zu dem Problem – der Konflikt erscheint nicht mehr so schwierig und ausweglos wie zu Beginn.

    „Für mich als Sprachwissenschaftlerin ist es interessant, wie sich die Teilnehmenden ausdrücken. An der verwendeten Sprache kann man zeigen, wie Veränderungsprozesse bei den Patientinnen und Patienten im Laufe der Sitzung angestoßen werden“, sagt Susanne Kabatnik.

    Dieses sprachwissenschaftliche Forschungsfeld lässt die Professorin auch in ihre Lehrveranstaltungen einfließen. Studierende des Bachelors „Sprache, Technologie und“ der Germanistik oder der Digital Humanities an der Universität Trier können in dem Themenfeld auch ihre Abschlussarbeit schreiben. „Viele haben gar nicht auf dem Schirm, dass sich Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler auch mit solchen Themen beschäftigen“, weiß die Trierer Juniorprofessorin.

    Pressestelle der Universität Trier, 14.3.2024

  • Stress in der Kindheit

    Viele psychiatrische Erkrankungen stehen im Zusammenhang mit Stress. Oftmals können negative Erfahrungen in der Kindheit den Umgang mit Stress im weiteren Leben beeinträchtigen. Doch welche biologischen Prozesse finden dabei statt? Eine kürzlich in der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“ erschienene Studie, die Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim durchgeführt haben, beleuchtet dies näher. „Im tieferen Verständnis dieser biologischen Prozesse liegt erhebliches Potenzial, um die Früherkennung von psychiatrischen Erkrankungen beziehungsweise die Prävention zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Dr. Heike Tost, Leiterin der Arbeitsgruppe Systemische Neurowissenschaften in der Psychiatrie (SNiP) am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim.

    DNA-Methylierung des Gens FKBP5 bestimmt

    Die Forschenden des ZI untersuchten die Auswirkungen des Gens FKBP5 auf das Verhalten und die Hirnstruktur von 395 gesunden Proband:innen. Dazu wurden Blutproben genommen, Aufnahmen im Magnetresonanztomographen (MRT) gemacht, und die Teilnehmenden beantworteten über einen Zeitraum von sieben Tagen Fragen zu ihren Gedanken und Gefühlen auf einem Studien-Smartphone (Ecological Momentary Assessment).

    „In den Blutproben bestimmten wir zunächst die DNA-Methylierung des Gens FKBP5. FKBP5 spielt eine wichtige Rolle in der molekularen Regulation von Stress und steht in Verbindung zur Entstehung von stressbedingten Erkrankungen wie der Depression oder der posttraumatischen Belastungsstörung“, erklärt Thomas L. Kremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe SNiP und Erstautor der Studie. Die Methylierung der DNA ist ein regulatorischer Prozess, der die Aktivität von Genen steuert. Sie ist keine genetische Mutation, sondern eine durch Umwelteinflüsse veränderbare Modifikation der Erbsubstanz, die deren Übersetzung in Proteine beeinflusst.

    Hirnvolumenveränderung im präfrontalen Cortex

    „Unsere zentralen Ergebnisse zeigen, dass eine veränderte Methylierung von FKBP5 auf der neurobiologischen Ebene mit Hirnvolumenveränderungen im präfrontalen Cortex einhergeht“, sagt Kremer. Die Studie ergab auch, dass die funktionelle Veränderung des präfrontalen Cortex mit einer tiefer im Gehirn liegenden Struktur, der Amygdala, in Verbindung steht und dass Menschen, bei denen die regulierenden Einflüsse des präfrontalen Cortex auf die Amygdala geringer waren, stärker auf alltäglichen Stress reagierten.

    „Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um die biologischen Grundlagen von Stressverarbeitung und psychiatrischen Erkrankungen zu verstehen“, sagt Dr. Urs Braun, Leiter der Arbeitsgruppe Komplexe Systeme in der Psychiatrie am ZI. „Das langfristige Ziel ist es, durch dieses neurobiologisch fundierte Verständnis innovative Ansätze zur personalisierten Behandlung von psychiatrisch erkrankten Patient:nnen zu entwickeln.“

    Originalpublikation:
    Kremer et al.: Multimodal Associations of FKBP5 Methylation with Emotion-Regulatory Brain Circuits. Biol Psychiatry. 2024 Mar 7:S0006-3223(24)01141-7.
    https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2024.03.003

    Pressestelle des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit, 9.4.2024

  • Drogenersatzstoffe helfen in der Haft

    Die Substitution von heroinabhängigen Gefangenen wirkt sich positiv auf deren Leben im Gefängnis und nach Haftentlassung aus. So erlitten Personen, die in Haft mit medizinischen Drogenersatzstoffen substituiert wurden, seltener Opioid-Rückfälle als nicht Substituierte. Zu diesem Ergebnis kommt eine in dieser Form weltweit einmalige Langzeitstudie, durchgeführt von einem Forschungsteam der Rechtspsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

    Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

    Das Projekt zur Behandlung opioidabhängiger Strafgefangener im bayerischen Strafvollzug (Titel: „Haft bei Opioidabhängigkeit – eine Evaluationsstudie“, kurz: HOpE-Studie) wurde vom Bayerischen Justizministerium mit fast 540.000 Euro gefördert. Hintergrund war die Klage eines Häftlings, der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) rügte, dass die Verweigerung einer Substitutionstherapie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen habe. Die Richter gaben ihm Recht. Der EGMR stellte in seinem Urteil fest, dass eine kategorische Ablehnung einer Substitutionsbehandlung, ohne ärztliche Prüfung des Einzelfalles, gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung (Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention) verstößt (Urteil v. 01.09.2016, Az. 62303/13).

    Die aufgrund der Rechtsprechung steigenden Fälle der Substitutionsbehandlungen waren unter anderem der Anlass für den Freistaat Bayern, eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag zu geben, um die Effekte einer Opioidsubstitution zum Beispiel durch Methadon zu eruieren. Das Forschungsteam um Prof. Dr. Mark Stemmler vom Lehrstuhl für Psychologische Diagnostik, Methodenlehre und Rechtspsychologie untersuchte eine Stichprobe von 247 Gefangenen in bayerischen Haftanstalten und befragte zusätzlich Justizvollzugspersonal. In einer Längsschnittstudie wurden die Opioidabhängigen kurz vor ihrer Entlassung, einen Monat nach der Haftentlassung sowie drei bis sechs und zwölf Monate nach der Entlassung zum Drogen- und Substitutionsgebrauch befragt. Auch wurden Speichelproben ausgewertet sowie Justizpersonal befragt.

    Substitution ist wirksam – auch nach Haftentlassung

    Die Behandlungspraxis mit medizinischen Drogenersatzstoffen während der Haft kann den Forschenden zufolge als wirksam bezeichnet werden. Vermindert wurde nicht nur der Konsum von Opioiden, sondern auch der von illegal erlangten Substitutionsmitteln. Auch verringerte sich durch die Teilnahme an der Substitution die Langeweile in Haft, die als Risikofaktor für Drogenkonsum anzusehen ist.

    Es zeigte sich, dass substituierte im Vergleich zu nicht substituierten Probandinnen und Probanden auch nach der Haftentlassung (drei bis sechs Monate später) weniger illegale Opioide und nicht verschriebene Substitutionsmedikamente konsumierten, sie ein geringeres Craving verspürten und in dieser Zeit auch weniger Betäubungsmitteldelikte begingen als nicht Substituierte.

    Wichtig: ergänzende psychosoziale Maßnahmen

    Die Effekte der Substitution waren zwar auch nach zwölf Monaten in Freiheit zum Teil noch spürbar, jedoch stark reduziert. Aus Sicht der Forschenden besteht daher weiterer Handlungsbedarf: „Die Substitution ist kein Allheilmittel. Die rein medikamentöse Behandlung von opioidabhängigen Strafgefangenen sollte unbedingt fortgeführt, aber auch ergänzt werden. So sollten diese Menschen sowohl in der Haft als auch in Freiheit durch zusätzliche psychosoziale Maßnahmen wie Drogentherapien unterstützt werden“, sagt Prof. Stemmler. Sein Forschungsteam bereitet gerade eine vierte Follow-up-Untersuchung (zwei Jahre nach Haftentlassung) vor.

    Pressestelle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 15.5.2024

  • Umgang mit Crackkonsum in deutschen Städten

    Crack ist seit den 1990er Jahren auf dem deutschen Drogenmarkt bekannt – lange Zeit vor allem lokal begrenzt auf Städte wie etwa Frankfurt am Main. Inzwischen nimmt der Crackkonsum auch in weiteren Großstädten in NRW, Hamburg und Berlin zu. Damit Drogenhilfeeinrichtungen vorbereitet und gerüstet sind, hat die Deutsche Aidshilfe in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Drogenkonsumräume in Deutschland Empfehlungen zum Umgang mit Crackkonsumierenden aus der Praxis für die Praxis erarbeitet. Die zwölfseitige Broschüre ist unter dem Titel „Handreichung zur Anpassung der Angebote in AIDS- und Drogenhilfe für Crack-Konsument*innen“ erschienen. Darin zu finden sind niedrigschwellige Maßnahmen für die Suchthilfe. Die Handreichung enthält sowohl Empfehlungen für die Infektionsprophylaxe als auch zu Tagesruhebetten und Ernährung. Diese Sammlung stellte die Aidshilfe im April zusammen mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen vor.

    Auch der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, sieht Handlungsbedarf wegen des steigenden Crackkonsums:

    „Ich unterstütze Initiativen wie die der Deutschen Aidshilfe. Nur gemeinsam können wir uns frühzeitig um neue Drogenproblemlagen wie den zunehmenden Crackkonsum kümmern. Mittlerweile wissen wir aus vielen Gesprächen mit der Suchthilfe vor Ort, dass wir ein ernsthaftes Crack-Problem in vielen Großstädten in unserem Land haben. Darum müssen wir uns kümmern. Der Crackkonsum ist vor allem ein großstädtisches Phänomen. Was wir brauchen, sind gute Lösungen vor Ort, hier muss nicht jede Kommune das Rad neu erfinden. Es gibt bewährte Angebote wie Drogenkonsumräume oder niedrigschwellige Hilfsangebote und aufsuchende soziale Arbeit. Allerdings müssen diese für Crackkonsumierende modifiziert werden. Um Alternativen zum Crackkonsum in der Öffentlichkeit zu schaffen, sollten zum Beispiel spezielle Expresskonsumplätze in Drogenkonsumräumen eingerichtet werden.“

    Astrid Leicht, Geschäftsführung des Fixpunkt e. V. – der Verein betreibt drei Drogenkonsummobile in Berlin und ist Teil der Bundesarbeitsgemeinschaft -, unterstreicht die große Bedeutung von Harm-Reduction-Maßnahmen für Drogenkonsument:innen und für den öffentlichen Raum: „Ich wünsche mir bessere und vielfältigere Zugänge zur Suchtmedizin und -therapie.“

    Die Deutsche Aidshilfe hat hierzu konkrete Angebote in ihrer Handreichung formuliert. Besonders wichtig: Es geht bei Crackkonsum vor allem um den Schutz der Gesundheit, da Crackabhängige aufgrund von Nahrungs-, Flüssigkeits- und Schlafmangel in extrem kurzer Zeit stark abbauen. Dazu Dirk Schäffer, Referent für Drogen- und Strafvollzug der Deutschen Aidshilfe: „Gesundheit ist das oberste Gebot, sonst ist weitere Hilfe kaum umsetzbar. Wir müssen es gemeinsam schaffen, dass Drogenkonsumräume in Großstädten aller Bundesländer zur Verfügung stehen. Durch Orte für den Konsum können die Konflikte und Belästigungen im öffentlichen Raum abnehmen. Niemandem gefällt es, dass Crack vor dem Hauptbahnhof oder auf dem Marktplatz geraucht wird, aber suchtkranke Menschen müssen sich irgendwo aufhalten dürfen. Die Mitarbeitenden in der Suchthilfe müssen wir besser auf den Umgang mit den enormen psychischen Folgen des Crackkonsums vorbereiten.“

    Die Angebote müssten nun vor Ort aufgesetzt werden, trotz knapper Haushaltslage, sind sich Blienert, Schäffer und Leicht einig. Finanzielle Mittel seien zudem zur weiteren Evaluation und für die Forschung notwendig, etwa zu wirkungsvollen ambulanten und stationären Therapien.

    Gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Aidshilfe und des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, 24.4.2024

  • Wie Altersuhren ticken

    Altersuhren können mit einer hohen Genauigkeit angeben, wie alt ein Mensch aus biologischer Sicht ist. Das biologische Alter kann von dem bekannten Alter, das über den Geburtstag berechnet wird, abweichen und wird von Umwelteinflüssen wie Rauchen oder Ernährung beeinflusst. Die Präzision dieser Altersuhren lässt annehmen, dass der Alterungsprozess entschlüsselt ist. Die Kölner Wissenschaftler David Meyer und Professor Dr. Björn Schumacher am Alternsforschungs-Exzellenzcluster CECAD der Universität zu Köln haben nun herausgefunden, dass die Altersuhren die Zunahme zufälliger Veränderungen in Körperzellen messen. Die Studie „Aging clocks based on accumulating stochastic variation“ wurde in „Nature Aging“ veröffentlicht.

    „Alterung wird von Beschädigungen der Bausteine in unseren Zellen ausgelöst. Wo diese Schäden auftreten, ist weitestgehend zufällig. Unsere Arbeit vereinigt die Genauigkeit von Altersuhren mit der Anhäufung von rein zufällig auftretenden Veränderungen in unseren Zellen“, sagt Professor Schumacher.

    Weniger Kontrolle, mehr Zufälle

    Mit steigendem Alter lässt die Kontrolle der Prozesse in unseren Zellen nach, und so treten mehr zufällige Ereignisse auf. Das lässt sich besonders gut an der Anhäufung zufälliger Veränderungen in der DNA-Methylierung ablesen. Methylierungen sind chemische Veränderungen, die auf die DNA, die Bausteine des Genoms, setzen. Diese Methylierungen werden im Körper präzise geregelt, aber während des gesamten Lebens kommt es zu zufälligen Veränderungen in den Methylierungsmustern. An der Zunahme der Varianz lässt sich dann mit hoher Genauigkeit ablesen, wie alt ein Mensch ist.

    Der Kontrollverlust der Zellen und die Zunahme zufälliger Ereignisse ist nicht nur auf DNA-Methylierung beschränkt. Meyer und Schumacher zeigen, dass auch die Zunahme zufälliger Veränderungen in der Genaktivität als Altersuhr genutzt werden kann. „Im Prinzip ließe sich dies sogar noch viel weiter treiben, und die zufälligen Veränderungen in jedem beliebigen Prozess in der Zelle könnten das Alter vorhersagen“, so Schumacher. Wichtig sei vor allem, ob solche Altersuhren auch den Erfolg von Interventionen, die den Alterungsprozess aufhalten, oder auch schädliche Einflüsse, die das Altern vorantreiben, anzeigen können.

    Die Wissenschaftler konnten in vorhandenen Datensätzen von Methylierungsmustern zeigen, dass Rauchen die zufälligen Veränderungen beim Menschen erhöht und „anti-aging“ Interventionen wie eine niedrigere Kalorienzufuhr bei Mäusen die Zunahme der Variation verringert. Sie zeigten auch, dass die zufälligen Veränderungen sich sogar umkehren lassen durch die Reprogrammierung von Körperzellen zu Stammzellen. Die Wissenschaftler verglichen dazu menschliche Fibroblasten, eine bestimmte Art von Hautzellen, mit induzierten Stammzellen, die aus menschlichen Fibroblasten aus der Haut gewonnen wurden. Durch die Reprogrammierung zu Stammzellen werden die Zellen verjüngt, wobei die hohe Varianz der alten Körperzellen umgekehrt wird zur geringen Varianz junger Stammzellen.

    Aus den Erkenntnissen über den Verlust der Regulation und die Anhäufung rein zufälliger Veränderungen als die treibenden Kräfte des Alterns erhoffen sich Meyer und Schumacher, neue Interventionen zu entwickeln, die ursächlich am Alterungsprozess ansetzen und sogar zur zellulären Verjüngung führen könnten. Solche Interventionen könnten sowohl bei der DNA-Reparatur von zufälligen Beschädigungen als auch bei der verbesserten Kontrolle der Genexpression ansetzen.

    Originalpublikation: https://www.nature.com/articles/s43587-024-00619-x

    Pressestelle der Universität zu Köln, 9.5.2024

  • 18 Jahre Basisdokumentation

    Daten sammeln in der Suchthilfe – wozu eigentlich? Eine spannende Antwort liefert die Broschüre „Basisdokumentation. Erkenntnisse aus 18 Jahren Datenerhebung im bus.“ Seit Ende der 1990er Jahre erfasst der Bundesverband Suchthilfe e. V. (bus.) Daten von Rehabilitand:innen für die Indikation Abhängigkeitserkrankungen. Seit dem Jahr 2005 erstellt er regelmäßig Berichte.

    Dieser reiche Schatz an Daten und Informationen aus 18 Jahren Basisdokumentation wurde nun vom Dokumentationsausschuss des bus. ausgewertet und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Der nun vorliegende Bericht gibt interessante und aussagekräftige Einblicke in die Entwicklung des Verbandes und der Behandlung von Menschen mit Substanzkonsumstörungen und Verhaltenssüchten. Zu Beginn werden die Mitgliedseinrichtungen des bus. und die Entwicklung der Fallzahlen, die in die Auswertung eingeflossen sind, dargestellt. Dabei wird auch auf die entsprechenden Leistungsträger Bezug genommen. Daran anschließend gibt der Bericht einen Überblick über die soziodemografischen Daten wie Alter und Geschlechterverteilung der Rehabilitand:innen, die in den vergangenen 18 Jahren in Mitgliedseinrichtungen des bus. behandelt wurden. Es folgen Angaben über die Behandlungsdauer, die Hauptindikation sowie die Entlassungsart.

    Zum Abschluss wird die Teilhabe als Ziel der medizinischen Rehabilitation in den Blick genommen. Im Fokus steht hier die Entwicklung der Erwerbstätigkeit der Rehabilitand:innen vor dem Hintergrund zahlreicher regionaler und globaler gesellschaftlicher Veränderungen. Hinzu kommen die zunehmenden Bemühungen der Leistungsträger um Stärkung der Erwerbsfähigkeit. Diese Bemühungen führten zu einer Konzentration auf erwerbsbezogene Maßnahmen während der Rehabilitation.

    Die Broschüre „Basisdokumentation. Erkenntnisse aus 18 Jahren Datenerhebung im bus.“ steht auf der Verbands-Website zum Download bereit.

    Redaktion KONTUREN online, 8.5.2024

  • Prävention von Drogentodesfällen

    Die Zahl der Todesfälle durch Rauschgift steigt in Deutschland seit Jahren. Viele Experten sehen im sogenannten Drug-Checking einen Ansatz, um gegenzusteuern. Dabei können Konsumierende mitgebrachte Substanzen legal auf die Inhaltsstoffe prüfen lassen. Der Bundestag erteilte den Bundesländern 2023 die Erlaubnis, entsprechende Modelle für Drug-Checking einzurichten. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) am Klinikum Nürnberg will die Chancen solcher Angebote für Nürnberg nun zusammen mit der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (Ohm) wissenschaftlich untersuchen. Das Förderprogramm DATIpilot (DATI = Deutsche Agentur für Transfer und Innovation) des Bundesforschungsministeriums unterstützt das Vorhaben. Weitere Beteiligte sind die örtliche Suchthilfe und die Hochschule Ansbach.

    Die Studie „Gesundheitsförderung durch Evidenzbasiertes Drug-Checking in Nürnberg – EviDriN“ wird der Frage nachgehen, ob und in welcher Form Drogen-Checks in der örtlichen Szene Leben retten könnten. Die Hochschule Ansbach begleitet „EviDriN“ wissenschaftlich. Ebenso sind die örtlichen Suchthilfeorganisationen mudra e.V. und Lilith e.V. an der Umsetzung beteiligt.

    „Einer der größten Risikofaktoren für einen Drogentod ist der unbekannte Reinheitsgrad des Stoffs“, erläutert Jan Welker, Oberarzt in der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Nürnberg Nord und einer der Initiatoren. „Zu hohe Reinheit oder auch Verunreinigungen werden zur Lebensgefahr, wenn der Konsumierende es falsch einschätzt.“ Der Notfallmediziner hat 2021 das „Nürnberger Modell“ mitbegründet, ein Forschungsnetzwerk für eine verbesserte Versorgung Suchtkranker. Ein Ziel ist dabei die Entlastung von Rettungsdiensten und Kliniken in der Region. Die extrem aufwändige Versorgung von Menschen mit lebensbedrohlichen Drogenvergiftungen beansprucht in Notaufnahmen und Intensivstationen viele Ressourcen, die dann für andere Patienten fehlen.

    Prof. Dr. Christian Ghanem von der Fakultät Sozialwissenschaften der Ohm erläutert: „Eine zweite Zielsetzung von Drug-Checking ist das Monitoring, um einen evidenzbasierten Einblick in konsumierte Substanzen zu bekommen. So können Entwicklungen wie zum Beispiel der aktuelle Anstieg bei risikoreichen synthetischen Cannabinoiden oder Fentanylen erkannt werden. Passgenaue und lebensrettende Maßnahmen der Gesundheitsprävention können so entwickelt werden.“

    Prof. Dr. habil. Sebastian Sauer, Professor für Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt Statistik und Data Science an der Hochschule Ansbach, ergänzt: „Wir als Hochschule Ansbach freuen uns, dass wir Wissenschaft, Medizin und Praxis in diesem Projekt zusammenbringen und unseren Teil für einen Erfolg dieses wichtigen Themas beitragen können.“

    Die Untersuchung zum Drug-Checking erhält im neuen Programm „DATIpilot“ des Bundesforschungsministeriums eine Fördersumme in sechsstelliger Höhe für eineinhalb Jahre. In dem Wettbewerb für innovative Lösungsansätze bei gesellschaftlichen Herausforderungen waren bundesweit 3.000 Bewerbungen aus verschiedensten Disziplinen eingegangen. 150 davon wurden bei regionalen „Pitches“ wegen ihres besonders hohen Innovationspotenzials ausgewählt.

    Beim „Nürnberger Modell – Prävention, Akutversorgung und Nachsorge von Drogennotfällen“ handelt es sich um ein Projekt der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität und des Klinikums Nürnberg mit Hochschulen, Drogenhilfsorganisationen und dem Sozialamt der Stadt Nürnberg. Die Ohm, die Evangelische Hochschule Nürnberg, die Hochschule Ansbach sowie mudra e.V. und Lilith e.V. sind Kooperationspartner. Ziel des 2021 gestarteten „Nürnberger Modells“ ist ein Versorgungssystem für Menschen mit Suchterkrankungen nach pragmatisch-akzeptierenden Kriterien. Seine interdisziplinäre Forschungsgruppe analysiert in Studien die lokale Situation der Drogenabhängigen und entwickelt Maßnahmenbündel für die Vorbeugung und Versorgung von Drogennotfällen.

    Pressestelle der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg, 29.2.2024

  • Lachgas-Trendspotter veröffentlicht

    Das NEWS-Projekt des IFT Institut für Therapieforschung München hat einen Trendspotter zum Thema Lachgas veröffentlicht. Der Bericht hat zum Ziel, für Deutschland weitere Einblicke in den Lachgaskonsum, dessen Konsumformen, Wirkungen sowie Nebenwirkungen zu geben. Hierfür wurden im Zeitraum Februar bis März 2024 Daten von Expert*innen, Gift-Informationszentren, Toxikologien, Kliniken für Neurologie sowie von Lachgaskonsumierenden erhoben. In der Kürze der Zeit war es nicht möglich, bevölkerungsrepräsentative Erhebungen durchzuführen, weshalb anhand der Studie keine statistisch gesicherten Aussagen getroffen werden können. Dennoch gehen die in dieser Studie erhobenen Daten, insbesondere deren Vielfalt an Datenquellen, weit über das hinaus, was über den Lachgaskonsum in Deutschland bisher bekannt war und ist.

    Die wichtigsten Ergebnisse, zitiert aus der Zusammenfassung (S. 26 f.)

    „Unter den insgesamt knapp 200 Teilnehmenden, die mindestens einmal Lachgas konsumiert haben, gaben knapp 60 % an, dies auch in den vergangenen zwölf Monaten getan zu haben, gut 20 % in den vergangenen 30 Tagen. Lediglich vier Leute gaben einen (fast) täglichen Lachgaskonsum an. Knapp jede*r zehnte Befragte hat 100-mal oder noch häufiger Lachgas konsumiert. Die mit großem Abstand häufigste Konsumform ist die Inhalation aus einem mit Lachgas gefüllten Ballon, wobei die Teilnehmenden angaben, an einem durchschnittlichen Konsumtag drei bis fünf Ballons zu konsumieren. Die maximal konsumierte Anzahl Ballons an einem Tag lag bei durchschnittlich vier bis 13 Ballons.

    Lachgaskonsum wird laut der Einschätzung von Expert*innen insbesondere mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen assoziiert, was sich auch im relativ niedrigen Durchschnittsalter (23 bis 24 Jahre) der Teilnehmenden des Online-Fragebogens widerspiegelt. Da das Mindestalter für die Teilnahme an der Studie 16 Jahre war, ist davon auszugehen, dass das Durchschnittsalter eher überschätzt wird. Lachgas scheint darüber hinaus eher im Norden und Westen (insbesondere Nordrhein-Westfalen) eine größere Rolle zu spielen als im Rest der Bundesrepublik. In den meisten Fällen wird Lachgas zu Hause (bei Freunden) oder auf Hauspartys konsumiert und entweder von Freund*innen oder im Supermarkt (vermutlich Sahnekapseln) bezogen. Die am häufigsten genannten Konsummotive sind die positiven Wirkungen des Lachgaskonsums, der Umstand, dass auch Freund*innen und Bekannte Lachgas konsumieren sowie die leichte Verfügbarkeit.

    […] Ergebnisse der Befragungen der Gift-Informationszentren, toxikologischen Institute sowie Kliniken für Neurologie suggerieren, dass Lachgas auch dort jeweils angekommen ist, jedoch keine dominante Rolle einzunehmen scheint. Die Anfang 2024 geäußerte Befürchtung, dass lachgasinduzierter Vitamin-B12-Mangel aktuell ein großes Problem in den Kliniken für Neurologie darstellen könnte, konnte in unseren Befragungen unter den genannten Einrichtungen nicht bestätigt werden und scheint daher eher die Ausnahme denn die Regel in einzelnen Regionen oder Städten Deutschlands zu sein.“

    Quelle:

    Dr. Heiko Bergmann, Regina Kühnl, Anna-Mavie Beil, Magdalena Janz & Franziska Schneider: Lachgas (N20) TRENDSPOTTER, hrsg. v. IFT Institut für Therapieforschung, München 2024

    Der Bericht steht in voller Länge auf der Website des Projekts zum Download bereit: https://mindzone.info/news/trendspotter/

  • SKOLL-Training

    Warum SKOLL und Cannabis?

    Personen mit riskanten Cannabis-Konsummustern fühlen sich oft durch traditionelle Angebote der Suchthilfe nicht angesprochen, da der Wunsch nach Abstinenz für sie zunächst nicht im Vordergrund steht. Das Selbstkontrolltraining SKOLL bietet diesen Personen die Möglichkeit, ihren Konsum kritisch zu hinterfragen und einen eigenen Standpunkt zu ihrem riskanten Konsum zu entwickeln. Die Gruppendynamik fördert eine realistische Selbsteinschätzung und unterstützt die Teilnehmenden auf ihrem Weg zur Stabilisierung, Reduzierung oder Einstellung des Konsums.

    SKOLL kann als Trainingsprogramm für Jugendliche und Erwachsene eingesetzt werden. Es motiviert durch die Stärkung der Zuversicht und Eigenmotivation, ist verhaltensorientiert durch das Aufzeigen neuer Verhaltensweisen und fördert die Eigenverantwortlichkeit. Die themenzentrierten Einheiten bauen aufeinander auf und ermöglichen eine fokussierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsumverhalten.

    SKOLL: Vielseitigkeit im Einsatz

    SKOLL präsentiert sich als ein flexibles Training, das sowohl in digitaler Form (SKOLL.digital) als auch in traditionellen Präsenzformaten angeboten wird. Beide Formate verzeichnen eine hohe Nachfrage. SKOLL.digital ermöglicht es Teilnehmenden, das Training ortsunabhängig zu absolvieren, während die Präsenztreffen den persönlichen Austausch und Support fördern. Bundesweit und in Österreich wird das SKOLL-Training von etwa 800 ausgebildeten Trainerinnen und Trainern in diversen Einrichtungen angeboten.

    Der Beitrag von SKOLL zur Cannabis-Versorgungslandschaft

    Die Evaluation von SKOLL hat ergeben, dass 80 Prozent der Trainings-Teilnehmenden und fast 90 Prozent der Standorte eine verbesserte Ansprache und Einbindung der Zielgruppen durch SKOLL feststellen. Das Training ergänzt bestehende Angebote durch seine präventive Ausrichtung und fördert einen verantwortungsbewussten Umgang mit Cannabiskonsum. In allen Altersgruppen profitieren besonders Menschen, die ihren Konsum präventiv reflektieren und kontrollieren möchten, sowie Personen in frühen Stadien der Abhängigkeitsbiographie oder mit fehlgeschlagenen Therapieversuchen. SKOLL erreicht durch die Öffnung des Abstinenzideals und die Vermittlung von Lebenskompetenzen neue und schwer zugängliche Zielgruppen.

    Die Entwicklung und Umsetzung von SKOLL und SKOLL.digital wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert.

    Fazit

    SKOLL steht als umfassendes Angebot, das sowohl digital als auch in traditionellen Formaten verfügbar ist, an der Spitze der Präventions- und Interventionsarbeit im Bereich Cannabis. Die Anerkennung auf der Grünen Liste für Prävention, die positiven Evaluationsergebnisse und die breite Förderung bestätigen die Wirksamkeit und Bedeutung von SKOLL. Durch kontinuierliche Anpassung und Erweiterung kann SKOLL einen signifikanten Beitrag zur öffentlichen Gesundheit leisten und effektiv auf die Herausforderungen reagieren, die mit der Legalisierung von Cannabis einhergehen.

    Kontakt und weitere Informationen:

    Marina Wawilkin
    SKOLL-Lehrtrainerin
    E-Mail: skoll(at)caritas-os.de
    www.skoll.de

    Marina Wawilkin, 2.5.2024