Kategorie: Kurzmeldungen

  • Wie Stress das Verlangen nach Alkohol beeinflusst

    Stress ist ein bedeutender Auslöser für übermäßigen Alkoholkonsum und Rückfälle bei Personen mit Alkoholabhängigkeit. Doch wie genau wirkt sich Stress auf das Verlangen nach Alkohol aus und welche neurobiologischen Prozesse spielen dabei eine Rolle? Eine neue Studie, veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe von „Biological Psychiatry“, wirft Licht auf diese Fragen und hebt die Rolle der Insula als Schlüsselregion bei der Stressreaktion und dem Alkoholverlangen hervor.

    Die von Forschenden des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim durchgeführte randomisierte, kontrollierte Neuroimaging-Studie hat die Auswirkungen von Stress auf die neuronale Reaktivität auf Alkoholreize und das Suchtverhalten untersucht. Dabei wurden 98 Personen mit Alkoholproblemen untersucht. Die Studie nutzte funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI), um die Gehirnaktivität zu messen, nachdem die Teilnehmenden psychosozialem Stress, körperlichem Belastungsstress oder Kontrollbedingungen ausgesetzt waren. Zudem wurden das Alkoholverlangen und der Spiegel des Stresshormons Cortisol ermittelt. Während einer zwölfmonatigen Nachbeobachtungsphase haben die Forschenden zusätzlich Daten zum Alkoholkonsum erfasst.

    Insula-Aktivierung bei psychosozialem Stress

    Die Ergebnisse zeigten, dass psychosozialer Stress eine erhöhte Aktivierung der linken Insula auslöste, einer Gehirnregion, die mit der Verarbeitung von Belohnungsreizen und emotionalen Reizen verbunden ist. Diese stressinduzierte Aktivierung zeigte sich im Gehirn der Teilnehmenden spezifisch beim Betrachten von Bildern mit Alkohol und nicht bei neutralen Bildern. Zudem korrelierte die Aktivierung in der Insula mit einem verstärkten Alkoholverlangen und einem erhöhten Alkoholkonsum bei den Teilnehmenden. Interessanterweise war diese Sensibilisierung der Insula-Aktivierung nur in der Gruppe, die dem psychosozialen Stress ausgesetzt war, zu beobachten.

    „Diese Ergebnisse unterstreichen den signifikanten Einfluss, den psychosozialer Stress auf neuronale Reaktionen nach Alkoholreizen und das anschließende Suchtverhalten hat“, sagt Privatdozent Dr. Dr. Patrick Bach, Leiter der Arbeitsgruppen Neuroenhancement und Verhaltenssüchte am ZI. Frühere neurowissenschaftliche Studien haben die Insula bereits mit dem Rauchverlangen in Verbindung gebracht. Nun hat sich gezeigt, dass sie auch beim Alkoholverlangen eine zentrale Rolle spielt, insbesondere unter psychosozialen Stressbedingungen.

    Präzisionsmedizinischer Ansatz für stressbedingtes Trinken

    Die neue Studie trägt dazu bei, die neurobiologischen Grundlagen von Alkoholabhängigkeit besser zu verstehen. „Unsere Ergebnisse können für die Entwicklung von neuen Behandlungen interessant sein, insbesondere um einen präzisionsmedizinischen Ansatz für stressbedingtes Trinken zu finden“, sagt Dr. Bach. Das Wissen um die Rolle der Insula könnte auf diese Weise die Entwicklung gezielterer Therapien ermöglichen, die die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen bei stressbedingtem Trinken beeinflussen.

    Originalpublikation:
    Patrick Bach et al.: Stress-Induced Sensitization of Insula Activation Predicts Alcohol Craving and Alcohol Use in Alcohol Use Disorder. Biological Psychiatry, Volume 95, Issue 3, 1 February 2024, Pages 245-255. doi: 10.1016/j.biopsych.2023.08.024

    Pressestelle des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI), 8.2.2024

  • Videospiele: Was kauft mein Kind da?

    Eine neue Ausrüstung für den Charakter, Extraleben für das Level oder Münzen, mit denen der Lieblingsfußballprofi gespielt werden kann – ein schneller Klick, ein kleiner Betrag und die virtuellen Güter für den Spielerfolg sind gekauft. Bis zu einer Milliarde Euro erwirtschaftet die Games-Branche jährlich mit diesen sogenannten Mikrotransaktionen. Wie Kinder damit umgehen und was Eltern und Erziehungsberechtigte darüber wissen, untersuchen Wissenschaftler:innen der Universität Duisburg-Essen und der Universität zu Lübeck. Sie suchen derzeit noch Studienteilnehmende:

    Die Umfrage „Bewertung des elterlichen Wissens über das Videospielverhalten von Kindern und Mikrotransaktionen“ dauert etwa 20 Minuten und ist über folgenden Link erreichbar: https://tinyurl.com/games-study-DEU

    Add-On, DLC, Lootbox – es gibt zahlreiche Angebote, um in Videospielen Geld auszugeben. Meist versprechen sie, das nächste Level schneller zu knacken. Das wissen vor allem diejenigen, die es spielen. Doch was ist mit ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten? Was kaufen die Kinder da und wie oft? Das wollen Dr. Elisa Wegmann, Fachgebiet Allgemeine Psychologie: Kognition, Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR) der Universität Duisburg-Essen (UDE), und Prof. Hans-Jürgen Rumpf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Lübeck, genau wissen.

    Die Studie wird aktuell in 24 Ländern weltweit durchgeführt – geleitet von Universitäten in Kanada, Gibraltar und Ungarn. Sie richtet sich gezielt an Eltern und Erziehungsberechtige von Kindern zwischen fünf und 17 Jahren, die Videospiele spielen oder gespielt haben.

    „Video- und Computerspiele generieren hohe Gewinne und große Umsätze. Mikrotransaktionen leisten mittlerweile dazu einen wichtigen Beitrag. Regulierungen gibt es hierfür so gut wie keine“, erklärt dazu Wegmann. Die Gefahr: Auch wenn die Beträge oft nur klein sind, können sie sich drastisch ansammeln – und das teilweise ohne das Wissen oder die Erlaubnis der Eltern oder Erziehungsberechtigten. „Das Ziel der Studie ist herauszufinden, wie häufig und in welchem Umfang virtuelle Gegenstände in Spielen gekauft werden und ob dies von den Kindern mit oder ohne das Wissen der Eltern oder Erziehungsberechtigten passiert“, so Rumpf. Zusätzlich soll untersucht werden, inwiefern dies das Familienleben beeinflusst.

    Die Ergebnisse der Studie sollen politische Entscheidungsträger:innen und Kinderärzt:innen dabei unterstützen, Richtlinien für die Regulierung von In-Game-Käufen für Kinder und Jugendliche zu erstellen.

    Weitere Informationen: https://www.uni-due.de/kognitionspsychologie/microtransactionstudy

    Pressestelle der Universität Duisburg-Essen, 8.2.2024

  • Gaming oder Gambling – oder beides?

    Der Fachverband Medienabhängigkeit e. V. (FVM) hat am 6.3.2024 eine Stellungnahme zum Thema „Glücksspielelemente in Computerspielen und simuliertes Online-Glücksspiel“ veröffentlicht.

    Die von Forschungsgruppen und vom Fachverband Medienabhängigkeit e. V. bereits seit langem geforderten Schutzmaßnahmen werden nun auch politisch ernsthaft in den Blick genommen und debattiert. Der Fachverband Medienabhängigkeit e. V. unterstützt die Auffassung, digitale Spiele als Kulturgut zu betrachten, jedoch glücksspielartige Inhalte, vor allem simuliertes Online-Glücksspiel, sehr kritisch zu bewerten. Basierend auf dem aktuellen Forschungsstand stellt der Fachverband seit Jahren fest, dass zu wenig politische Entscheidungen getroffen werden, die Regulierungsmaßnahmen einführen, welche die Spiele-Anbieter zu mehr Schutzmaßnahmen verpflichten.

    Der Fachverband Medienabhängigkeit e. V. fordert von der Politik und vom Bundesdrogenbeauftragten, die fachliche Zuständigkeit für die Regulierung von Glücksspielelementen in Computerspielen zu wahren und zukünftig mit geeigneten Expert:innen der Präventionsarbeit den Dialog zu führen. Der Fachverband begrüßt die verschiedenen aktuellen Impulse, Initiativen und Diskussionen zur Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendschutzes und hofft auf die Fortsetzung eines fachlich und konstruktiven Dialogs.

    Die vollständige Stellungnahme steht auf der Website des FVM zum Download zur Verfügung.

    Quelle: FVM-Newsletter 1/2024, 6.3.2024

  • Glücksspiel-Survey 2023 erschienen

    Das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) und die Universität Bremen (Arbeitseinheit Glücksspielforschung) haben am 6. März 2024 die wichtigsten Ergebnisse des Glücksspiel-Surveys 2023 veröffentlicht. Für die Datenerhebungen war die INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung (Berlin) verantwortlich. Gefördert wurde diese Studie vom Deutschen Lotto- und Toto- block.

    „Der Glücksspiel-Survey 2023 soll dazu beigetragen, das Wissen über die Art und Intensität der Teilnahme am Glücksspiel und die damit in Zusammenhang stehenden Probleme weiter zu vertiefen. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchung können Maßnahmen des Spieler- und Jugendschutzes evaluiert und gegebenenfalls verbessert werden“, so der Projektleiter Dr. Jens Kalke vom ISD.

    Die Grundgesamtheit der vorliegenden Studie ist die deutschsprachige Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 70 Jahren. Die Datenerhebung erfolgte in Form eines Mixed-Mode-Designs, welches sowohl telefonische als auch onlinegestützte Befragungen beinhaltete. Zwischen dem 1. August und dem 16. Oktober 2023 wurden insgesamt 12.308 Interviews durchgeführt.

    Nach den Ergebnissen des Glücksspiel-Surveys 2023 haben innerhalb eines Jahres (4. Quartal 2022 bis 3. Quartal 2023) insgesamt 36,5 % der Bevölkerung an mindestens einem Glücksspiel um Geld teilgenommen. Am beliebtesten ist das klassische LOTTO 6aus49. Jede fünfte Person hat während der zurückliegenden zwölf Monate vor der Befragung zumindest einmal einen Spielschein dieser Lotterie erworben (19,8 %). Es folgen der Eurojackpot mit einem Anteil von 13,0 %, die Rubbellose mit 7,6 % sowie die Soziallotterie Aktion Mensch mit 7,3 %.

    Bei 2,4 % der deutschen Bevölkerung im Alter von 18 bis 70 Jahren ist anhand der Kriterien des DSM-5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) eine „Störung durch Glücksspielen“ erkennbar (leichter Schweregrad: 1,0 %, mittlerer Schweregrad: 0,7 %, schwerer Schweregrad: 0,7 %).

    „Die Ergebnisse des Glücksspiel-Surveys 2023 verweisen darauf, dass das Risiko, glücksspielbedingte Probleme zu entwickeln, sich hinsichtlich der Glücksspielformen unterscheidet. Vorrangiges Merkmal riskanter Spielformen ist eine hohe Ereignisfrequenz bzw. rasche Spielabfolge und kurze Zeitspanne zwischen Einsatz und Spielergebnis. Bei der Gestaltung und Etablierung von Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen in Deutschland sollte dies dahingehend Berücksichtigung finden, dass Präventionskonzepte für Glücksspiele mit einem erhöhten Gefährdungspotenzial wie Automatenspiele, Live-Sportwetten und Poker eher restriktiv gestaltet und verhältnispräventiv ausgerichtet werden“, so Prof. Dr. Gerhard Meyer von der Universität Bremen.

    Das soziale Umfeld von Menschen mit glücksspielbezogenen Problemen bildet im Glücksspiel-Survey 2023 einen thematischen Schwerpunkt. Dazu Dr. Sven Buth, Mitautor der Studie: „Glücksspielstörungen stellen nicht nur für die Betroffenen eine erhebliche Einschränkung der Lebensgestaltung und Lebensqualität dar. Auch Angehörige oder engere Freunde/Bekannte sind oftmals selbst erheblichen finanziellen, sozialen und gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt, die mit der Erkrankung der ihnen nahestehenden Person einhergehen. Insbesondere niedrigschwellige Beratungs- und Hilfeangebote sollten daher für diesen Personenkreis verstärkt entwickelt und implementiert werden.“

    Die wichtigsten Ergebnisse des Glücksspiel-Surveys sind im Folgenden zusammengestellt. Der gesamte Bericht steht auf der Website des ISD zum Download zur Verfügung.

    Wichtige Ergebnisse des Glücksspiel-Surveys 2023

    Zielsetzung und Hintergrund

    Mit dem Glücksspiel-Survey soll ein Beitrag geleistet werden, die epidemiologischen Erkenntnisse über die Glücksspielteilnahme und -probleme der bundesdeutschen Bevölkerung weiter zu verbessern. Auf der Grundlage solcher – im Abstand von zwei Jahren erhobenen – Daten können Maßnahmen des Spieler- und Jugendschutzes evaluiert und gegebenenfalls verbessert werden.

    Das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) und die Universität Bremen (Arbeitseinheit Glücksspielforschung) haben die Aufgabe übernommen, die Glücksspiel-Surveys der Jahre 2021, 2023 und 2025 durchzuführen. Für die Datenerhebungen ist die INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung (Berlin) verantwortlich.

    Mit der Durchführung des Glücksspiel-Surveys 2021 war ein methodischer Neustart verbunden. Zum einen gab es eine veränderte Erhebungsmethodik (kombinierte Telefon- und Onlinebefragung), und zum anderen wurde das Erhebungsinstrument zur Bestimmung glücksspielbezogener Probleme (DSM-5) gewechselt. Ein Vergleich mit den bis 2019 durchgeführten Surveys war daher nur eingeschränkt möglich. Die in diesem Bericht dargelegten Ergebnisse lassen nun aber erstmals einen Vergleich von Befunden verschiedener Erhebungen (2021 vs. 2023) zu, welche jeweils auf Basis der veränderten Methodik durchgeführt wurden.

    Der Glücksspiel-Survey wird finanziell vom Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) gefördert. Die Verwertungsrechte liegen ausschließlich bei den an diesem Projekt beteiligten wissenschaftlichen Instituten (ISD-Hamburg und Arbeitseinheit Glücksspielforschung der Universität Bremen).

    Methodik

    Grundgesamtheit der Befragung ist die in der Bundesrepublik Deutschland lebende, Deutsch sprechende Wohnbevölkerung in Privathaushalten im Alter zwischen 16 und 70 Jahren mit mindestens einem Telefonanschluss (Festnetz oder Mobilfunk) bzw. Personen zwischen 16 und 70 Jahren, die in einem der einbezogenen Online-Access-Panel angemeldet sind. Die Interviews wurden im Zeitraum vom 1. August bis 16. Oktober 2023 von der INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung durchgeführt.

    Der Gesamtstichprobenumfang der Erhebung beträgt 12.308 vollständige Interviews, von denen 65,1 % telefonisch (N=8.014) und 34,9 % als Onlinebefragung (N=4.294) durchgeführt wurden.

    Die Ausschöpfung lag für die telefongestützte Erhebung bei 25,8 % und die Antwortrate für die Onlinebefragung bei 17,9 %. Neben der Designgewichtung und der Gewichtung nach soziodemografischen Merkmalen erfolgte zusätzlich noch eine Anpassung hinsichtlich der Erhebungsform. Hierfür sind die Gewichte so berechnet worden, dass die Fallzahlen der telefonischen und onlinegestützten Teilstichproben im gewichteten Datensatz ein Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel aufweisen.

    Das Screening glücksspielbezogener Probleme der erwachsenen Bevölkerung (18 bis 70 Jahre) erfolgte auf Basis der aktuellen Kriterien des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5). Für die Bestimmung eines riskanten Alkoholkonsums in den letzten zwölf Monaten kam der AUDIT-C zur Anwendung, und die psychische Gesundheit der Befragten wurde mit dem Mental Health Inventory-5 (MHI-5) erfasst.

    Glücksspielteilnahme: 12-Monatsprävalenz

    36,5 % der Bevölkerung haben in den letzten zwölf Monaten an mindestens einem Glücksspiel um Geld teilgenommen. Bei den Männern ist dieser Anteil größer als bei den Frauen (40,4 % zu 32,7

    %). Aufgegliedert nach Altersgruppen zeigt sich, dass der Anteil aktuell Glücksspielender mit dem Alter ansteigt, bis auf 41,2 % in der Altersgruppe der 56- bis 70-Jährigen. Der Anteil von Spieler:innen beträgt bei den Personen ohne Migrationshintergrund 38,7 %. Bei denjenigen mit einem Migrationshintergrund ist der entsprechende Wert wesentlich geringer: 29,8 %.

    12,2 % aller Befragten spielen mindestens wöchentlich, 3,6 % zwei- bis dreimal im Monat, 9,8 % einmal im Monat, und weitere 11,0 % nehmen seltener als einmal im Monat an Glücksspielen teil. Ein gutes Viertel aller Befragten praktiziert ausschließlich eine Glücksspielform(-gruppe) (27,2 %). Bei 6,9 % sind es zwei, bei 1,6 % drei und bei 0,9 % vier und mehr verschiedene Glücksspielformen, die parallel gespielt werden.

    17,3 % der Bevölkerung nehmen ausschließlich in stationären Spielstätten an Glücksspielen teil. Etwa jede zehnte Person (10,7 %) spielt ausschließlich Online-Glücksspiele, und 7,8 % bevorzugen eine Kombination aus beiden Settings. Bei allen Zugangswegen ist der Anteilswert bei den Männern größer als bei den Frauen. Das ausschließlich stationäre Glücksspiel findet unter den Älteren eine größere Verbreitung als bei den jüngeren Befragten.

    Wird eine Auswertung nach einzelnen Glücksspielformen vorgenommen, steht an erster Stelle das klassische LOTTO 6aus49. Jede fünfte Person hat daran in den letzten zwölf Monaten zumindest einmal teilgenommen (19,8 %). An zweiter Stelle folgt der Eurojackpot mit einem Anteilswert von 13,0 %. Insgesamt haben 6,9 % der Bevölkerung in den letzten zwölf Monaten an riskanten Glücksspielformen teilgenommen – hierzu zählen das Automatenspiel, die Kasinospiele, die Sportwetten und KENO. Getrennt nach dem Zugang zum Glücksspiel (stationär bzw. onlinegestützt) ergeben sich Anteilswerte von 3,8 % für das Online-Glücksspiel und 4,2 % für den stationären Zugangsweg.

    Riskantes Glücksspiel und glücksspielbezogene Störungen

    Insgesamt 6,1 % aller 18- bis 70-jährigen Befragten erfüllen ein bis drei Kriterien des DSM-5. Bei ihnen ist ein riskantes Spielverhalten nicht auszuschließen.

    Von einer glücksspielbezogenen Störung nach DSM-5 sind 2,4 % der deutschen Bevölkerung im Alter von 18 bis 70 Jahren betroffen. Der Anteil mit einer leichten Störung liegt bei 1,0 %, der mit einer mittleren und einer schweren Störung jeweils bei 0,7 %. Männer weisen mit einem Anteilswert von 3,2 % häufiger eine glücksspielassoziierte Störung auf als Frauen (1,4 %).

    Der jeweilige Anteil von Personen mit einer glücksspielbezogenen Störung ist unter den Spieler:innen einzelner Spielformen unterschiedlich ausgeprägt. Der höchste Anteilswert findet sich unter den Spieler:innen, die an mindestens einer riskanten Spielform teilnehmen (18,8 %).

    Glücksspielprobleme im sozialen Umfeld

    Insgesamt 6,7 % der Bevölkerung kennen aktuell eine oder mehrere Personen in ihrem Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis, für die das Wetten oder Spielen um Geld zu einer Belastung oder einem Problem geworden ist (engeres soziales Umfeld: 3,8 %). 12,0 % der Befragten, die – bezogen auf das zurückliegende Jahr vor der Befragung – Personen mit Glücksspielproblemen in ihrem engeren sozialen Umfeld kennen, aber selbst keine glücksspielbezogene Störung nach DSM-5 aufweisen, haben aufgrund der Glücksspielproblematik der ihnen nahestehenden Person in den letzten zwölf Monaten selbst ein Beratungsangebot in Anspruch genommen.

    Ferner sind erstmals die Belastungen erhoben worden, denen sich Befragte, die selbst von keiner glücksspielbezogenen Störung betroffen sind, aufgrund von Glücksspielproblemen einer Person ihres engeren sozialen Umfelds ausgesetzt sehen. So berichten mehr als ein Fünftel der betroffenen Angehörigen/Freunde von verminderter Leistungsfähigkeit (21,9 %), und jede/r Vierte leidet an Schlafproblemen (26,0 %). Auch stressbedingte gesundheitliche Probleme (wie z. B. Bluthochdruck oder Kopfschmerzen; 15,0 %) und verstärkt auftretende Depressionen (14,5 %) werden genannt.

    Maßnahmen des Jugend- und Spielerschutzes

    Die weit überwiegende Mehrzahl der befragten Personen fühlt sich über die Gefahren des Glücksspielens gut oder sehr gut informiert (80,8 %). Am bekanntesten ist in der Bevölkerung das Teilnahmeverbot für Minderjährige. 86,3 % der Befragten wissen, dass Glücksspiele um Geld für Kinder und Jugendliche in Deutschland nicht erlaubt sind. Aufklärungsmaßnahmen und Suchtwarnhinweise zu den Gefahren des Glücksspiels sind bei 76,5 % bzw. 70,3 % der Befragten bekannt. Der Kenntnisstand zu einem Teil der abgefragten Maßnahmen hat seit 2021 etwas abgenommen, z. B. bei der Möglichkeit, monatliche Einsätze zu limitieren (von 29,3 % auf 25,5 %).

    Neben der Bekanntheit von Spielerschutzmaßnahmen ist auch deren Zustimmung in der Bevölkerung erhoben worden. Den höchsten Anteil positiver Nennungen finden sich beim Glücksspielverbot für Kinder und Jugendliche. Neun von zehn der Befragten sind der Meinung, dass Glücksspiele um Geld erst ab 18 Jahren erlaubt sein sollten (89,5 %). An zweiter Stelle folgt die Aufklärung über die Suchtgefahren des Glücksspiels mit 85,5 %. Fast drei Viertel aller Befragten plädieren für eine Beschränkung der Werbung für Glücksspiele (74,2 %). Im Vergleich zum Glücksspiel-Survey 2021 haben nahezu alle Maßnahmen eine höhere Zustimmung erfahren.

    Vergleich 2021 und 2023

    Abgesehen vom Zuwachs beim Eurojackpot und der deutlichen Steigerung des Anteils der Soziallotterien – welcher größtenteils auf die veränderte Art der Erhebung dieser Spielformen zurückzuführen sein dürfte – wird insgesamt ein relatives stabiles Glücksspielverhalten der bundesdeutschen Bevölkerung im Vergleich zwischen 2021 und 2023 sichtbar. In beiden Jahren steht an erster Stelle das klassische LOTTO 6aus49 mit Prozentwerten von 19,3 % bzw. 19,8 %, gefolgt vom Eurojackpot (2021: 10,7 %; 2023: 13,0 %). Mit Blick auf alle anderen Glücksspielarten liegen in beiden Jahren die Prävalenzwerte jeweils unter einem Anteilswert von 8 %. Statistisch bedeutsame Veränderungen innerhalb der hier betrachteten zwei Jahre sind auf der Ebene der einzelnen Glücksspielformen nur bei den Sportwetten mit festen Quoten und den Online-Automatenspielen zu erkennen. Die Spielteilnahme geht hier jeweils leicht zurück.

    Beim Vergleich der Anteilswerte glücksspielbezogener Störungen (nach DSM-5) zeigen sich zwischen den beiden Erhebungsjahren keine signifikanten Unterschiede. Der Anteil von erwachsenen Personen mit einer Glücksspielstörung beträgt für das Jahr 2021 2,3 %, im Jahr 2023 sind es 2,4 %.

    Empfehlungen für die Praxis

    Die Ergebnisse des Glücksspiel-Surveys 2023 verweisen auf das – auch aus vielen anderen nationalen und internationalen Studien bekannte – unterschiedliche Gefährdungspotenzial der einzelnen Glücksspielformen. Bei der Gestaltung und Etablierung von Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen in Deutschland sollte dies dahingehend Berücksichtigung finden, dass Präventionskonzepte für die riskanten Glücksspiele eher restriktiv gestaltet und verhältnispräventiv ausgerichtet werden.

    Die vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen zudem, dass es auch unter den Teilnehmer:innen von Glücksspielen mit geringem Gefährdungspotential einen nennenswerten Anteil von problematisch Spielenden gibt – auch wenn davon auszugehen ist, dass dafür mehrheitlich andere Glücksspielformen ursächlich waren. Aufklärungsmaterialien und Personalschulungen zur Früherkennung von Spielproblemen sollten daher bei allen Glücksspielformen und Spielsettings Teil eines Maßnahmenpakets zum Schutz vulnerabler Spieler:innen sein.

    Die Befragungsergebnisse verweisen schließlich auf eine leicht abnehmende Kenntnis bei gleichzeitig wachsender Akzeptanz der verschiedenen Maßnahmen des Jugend- und Spielerschutzes in der Bevölkerung. Dieses ambivalente Ergebnis sollte Anlass sein, den Bekanntheitsgrad der Maßnahmen weiter zu verbessern. Dies gilt insbesondere für die Maßnahmen, die sich an problematisch Glücksspielende richten, wie beispielsweise die Möglichkeit der Limitierung von Geldeinsätzen und Selbsttests.

    Gemeinsame Pressemitteilung des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) und der Universität Bremen, 6.3.2024

  • Opioid-Krise in den USA

    Das persönliche Umfeld ist eine der wichtigsten illegalen Bezugsquellen zum Missbrauch opioidhaltiger Schmerzmittel in den USA. Über die Hälfte aller US-Amerikaner:innen, die Schmerzmittel missbrauchen, haben zwischen 2010 und 2019 Medikamente aus dem Freundes- und Familienkreis erhalten, meist, nachdem diese Menschen wegen schwerwiegender Verletzungen oder Operationen die verschriebenen Mittel übrig hatten. Das zeigt eine Studie von ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen, in der europäische und amerikanische Wissenschaftler:innen die Opioid-Epidemie auf Basis von Längsschnittdaten aus den USA beleuchten.

    „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass das persönliche Umfeld nicht nur die Quelle für Medikamente, sondern auch maßgeblich für deren Missbrauch ist. Es sind dringend weitere Präventionsmaßnahmen notwendig, um die Opioid-Epidemie in den USA einzudämmen. Eine stärkere Aufklärung der Jugendlichen über die Risiken von Drogen könnte helfen, beispielsweise mit Kampagnen in TV und Social Media“, sagt Ko-Autorin Effrosyni Adamopoulou, PhD, Wissenschaftlerin in der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“.

    Alte Freundschaften untersucht

    17 Prozent der Bevölkerung zwischen 25 und 34 Jahren in den Vereinigten Staaten missbrauchten 2008 Schmerzmittel. Die Forschenden haben den Einfluss des Freundeskreises untersucht, um zu sehen, wie sich dieser Missbrauch entwickelt. Hier zeigt sich: Ist man mit einer Person befreundet, die in den vergangen zwölf Monaten eine schwere Verletzung oder einen operativen Eingriff hatte, so ist es um sieben Prozentpunkte wahrscheinlicher, selbst Opioide zu missbrauchen.

    Der Gruppeneffekt wirkt sich besonders stark auf Menschen ohne Hochschulabschluss aus. Während die Wahrscheinlichkeit für Menschen mit College-Abschluss um drei Prozentpunkte steigt, nimmt sie für Menschen ohne Abschluss sogar neun Prozentpunkte zu.

    „Wir sehen einen besorgniserregenden Zusammenhang zwischen Freundschaften und dem Missbrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten in den USA. Studien belegen, dass der anfangs leichte Zugang zu Opioiden später zu einer Abhängigkeit von illegalen, aber preislich billigeren Drogen wie Heroin und auch zu Straftaten wie Kindesmissbrauch führen kann. Es entwickelt sich eine Spirale, die das gesamte restliche Leben der Betroffenen massiv negativ beeinflusst“, sagt Adamopoulou.

    Längsschnittdaten seit 1994 ausgewertet

    „Um sicherzustellen, dass die Freundschaft bereits vor dem Medikamentenkonsum bestand, haben wir die Daten von Opioid missbrauchenden Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren und deren besten Freundinnen oder Freunden aus Schulzeiten ausgewertet. Die Freundschaften wurden also mindestens 14 Jahre vor der Untersuchung geschlossen. Die Personen sind demnach nicht wegen der Medikamente in Kontakt zu einander gekommen. Der Medikamentenmissbrauch entstand umgekehrt durch die Freundschaft“, erläutert Adamopoulou die Herangehensweise der Studie.

    Die Untersuchung beruht auf Daten des National Longitudinal Survey of Adolescent Health (Add Health), das seit 1994 Längsschnittdaten zum Gesundheitszustand der US-amerikanischen Bevölkerung erhebt. An der ersten Befragungswelle nahmen über 20.000 Personen teil. Die Forschenden nutzten Daten aus drei Wellen. Die Daten beinhalten unter anderem Informationen zu Demographie, Gesundheit und Elternhaus. Zudem wurden Interviews zu Hause durchgeführt, die unter anderem enge Freundschaften abfragten. Die Freunde und Freundinnen waren ebenfalls Teil der Erhebung, sodass auch die Daten von Freunden und Freundinnen ausgewertet werden können.

    Pressestelle des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, 22.2.2024

  • Gesundheit von Schüler:innen in Deutschland

    Kinder und Jugendliche an deutschen Schulen schätzen ihre Gesundheit größtenteils als gut ein. Allerdings bewegen sich fast alle von ihnen zu wenig, und die gesundheitliche Situation ist stark vom Wohlstand, Alter und Geschlecht abhängig. Das sind einige Ergebnisse der bundesweiten HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children), die am 4. März 2024 in Berlin vorgestellt wurde.

    Die HBSC-Studie ist eine internationale Studie, an der 51 Länder beteiligt sind und die in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt wurde. Alle vier Jahre werden repräsentative Umfragen an Schulen durchgeführt. Die aktuellen Daten für Deutschland hat ein Forschungsverbund unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) und der Universitätsmedizin Halle erhoben.

    Die Wissenschaftler:innen untersuchten Fragestellungen rund um die Themen körperliche Aktivität, Mobbing und Cybermobbing, psychisches Wohlbefinden, Gesundheitskompetenz und gesundheitliche Ungleichheiten. An der jüngsten Erhebung im Jahr 2022 beteiligten sich 6.475 Schüler:innen im Alter von 11 bis 15 Jahren aus ganz Deutschland. Die Ergebnisse sind im Journal of Health Monitoring erschienen.

    Ergebnisse aus der aktuellen Erhebung

    Bewegung und Sport

    • Nur etwa jedes zehnte Mädchen, jeder fünfte Junge sowie jede:r achte der gender-diversen Heranwachsenden erfüllte die Empfehlung der WHO für tägliche Bewegung von mindestens 60 Minuten.
    • Je älter die Befragten waren, desto weniger bewegten sie sich. Während rund 15 Prozent der elfjährigen Mädchen die WHO-Bewegungsempfehlung erreichten, waren es bei den fünfzehnjährigen nur knapp sieben Prozent.
    • Während die körperliche Aktivität von 2009 bis 2022 bei Jungen relativ stabil blieb, nahm diese bei Mädchen insgesamt leicht ab.

    „Wie geht es mir?“: Subjektive Gesundheit und psychosomatische Beschwerden

    • 84 Prozent der Kinder und Jugendlichen berichteten nach Selbsteinschätzung einen guten eigenen Gesundheitszustand und 87 Prozent eine hohe Lebenszufriedenheit. Diese hat sich gegenüber der Erhebung 2017/18 zwar verschlechtert, im Vergleich zu den Erhebungen 2009/10 sowie 2013/14 ist die Lebenszufriedenheit jedoch gestiegen.
    • Es konnte ein kontinuierlicher Anstieg von vielfältigen psychosomatischen Beschwerden wie beispielsweise Bauch- oder Kopfschmerzen, Einschlafprobleme oder Gereiztheit zwischen 2010 und 2022 beobachtet werden.
    • Mädchen, gender-diverse Heranwachsende und ältere Jugendliche berichteten häufiger von einer schlechten Gesundheit, einer niedrigen Lebenszufriedenheit oder multiplen psychosomatischen Beschwerden.

    Mobbing und Cybermobbing

    • Die Häufigkeit von Mobbing in der Schule hat sich seit 2017 kaum verändert, ist aber im Vergleich zu 2009 und 2013 geringer geworden. Allerdings ist der Anteil der von Cybermobbing betroffenen Schüler:innen im Vergleich zu 2017 von vier auf sieben Prozent angestiegen.
    • Über acht Prozent der Schüler:innen berichteten, in der Schule gemobbt zu werden. Etwa drei Prozent – und damit im Durchschnitt eine:r pro Klasse – gaben an, selbst zu mobben. Gender-diverse Schüler:innen sind besonders betroffen – hier berichtete fast jede:r Dritte von Mobbingerfahrungen.

    Gesundheitskompetenz: das Vermögen, mit Gesundheitsinformationen umzugehen

    • Für rund ein Viertel der Schüler:innen lässt sich eine geringe Gesundheitskompetenz ableiten. Die Gesundheitskompetenz hängt stark von den individuellen Umständen wie Geschlecht, Alter, Schulform und familiärem Wohlstand ab.
    • Die Gesundheitskompetenz hat sich zwischen 2017/18 und 2022 kaum verändert.

    Gesundheitliche Ungleichheit: der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Wohlstand oder Geschlecht

    • In Familien mit niedrigem Wohlstand geben 24 Prozent der weiblichen Heranwachsenden eine niedrige Lebenszufriedenheit an. Das ist doppelt so häufig wie bei Schülerinnen mit höherem sozioökonomischen Status. Bei männlichen Heranwachsenden mit niedrigem familiären Wohlstand geben 17 Prozent eine niedrige Lebenszufriedenheit an. Das ist dreimal so häufig wie bei Schülern mit höherem sozioökonomischen Status.
    • Im Vergleich zu 2018 sind die Anteile der Schüler:innen, die eine niedrige Lebenszufriedenheit angaben, leicht gestiegen.
    • Das hohe Niveau der gesundheitlichen Ungleichheiten zwischen Schüler:innen mit unterschiedlichem sozioökonomischem Status hat sich zwischen 2017/18 und 2022 nicht verschärft, ist aber weiterhin auf hohem Niveau.

    „Der Grundstein für die Gesundheit im Erwachsenenalter wird in Kindheit und Jugend gelegt“, sagt Studienleiter Matthias Richter, Professor für Soziale Determinanten der Gesundheit an der TUM. „Unsere Zahlen zeigen leider, dass uns das als Gesellschaft nicht immer gut gelingt. Auch wenn die Kinder und Jugendlichen grundsätzlich zufrieden sind: Dass psychosomatische Beschwerden seit Jahren zunehmen und nur eine Minderheit sich ausreichend bewegt, kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Hier müssen mehr Angebote geschaffen werden, die junge Menschen auch tatsächlich erreichen.“

    „Die Ergebnisse unterstreichen nochmals, dass nicht alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Gesundheitschancen haben. Um Mobbing, gesundheitliche Ungleichheiten und die Häufigkeit psychosomatischer Beschwerden zu reduzieren, braucht es zielgruppenspezifische Maßnahmen, die beispielsweise Schulform, Migrationshintergrund, sozioökonomischen Status, Geschlecht und Alter besonders berücksichtigen. Mädchen, ältere und gender-diverse Heranwachsende sind in vielen Bereichen besonders betroffen“, erklärt Dr. Irene Moor von der Universitätsmedizin Halle. Als stellvertretende Studienleitung koordiniert sie das Vorhaben am Halleschen Institut für Medizinische Soziologie.

    Publikation:
    Die Kinder- und Jugendgesundheitsstudie „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC) der Weltgesundheitsorganisation – Nationale Survey-Ergebnisse 2022 und Trends; https://www.rki.de/jhealthmonit-2024

    Weitere Informationen:

    • Der HBSC-Studienverbund Deutschland umfasst sieben Standorte, die sich jeweils auf unterschiedliche Themenbereiche spezialisiert haben, und wird gemeinsam durch die Technische Universität München (Prof. Dr. Matthias Richter) und die Universitätsmedizin Halle (Dr. Irene Moor) geleitet. Weitere beteiligte Standorte sind die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (Prof. Dr. Ludwig Bilz), das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer), die Pädagogische Hochschule Heidelberg (Prof. Dr. Jens Bucksch), die Universität Tübingen (Prof. Dr. Gorden Sudeck) und die Hochschule Fulda (Prof. Dr. Katharina Rathmann, Prof. Dr. Kevin Dadaczynski).
    • Weitere Informationen zur deutschen HBSC-Studie sind abrufbar unter: www.hbsc-germany.de. Ihren Ursprung hat die internationale HBSC-Studie im Jahr 1982, als sie in Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen wurde (www.hbsc.org). Deutschland ist seit 1992 an dem Forschungsnetzwerk beteiligt.
    • Eine umfassende internationale Einordnung der deutschen HBSC-Studienergebnisse mit anderen teilnehmenden Ländern wird voraussichtlich im Sommer 2024 veröffentlicht.

    Pressestelle der Technischen Universität München, 4.3.2024

  • Gender Gap Arbeitsmarkt 2023 unverändert bei 39 Prozent

    Der Gender Pay Gap (Verdienstlücke pro Stunde) gilt als der zentrale Indikator für Verdienstungleichheit zwischen Frauen und Männern. Diese ist jedoch nicht nur auf Bruttostundenverdienste begrenzt. Auch Phasen der Teilzeitarbeit oder Zeiten ohne Erwerbstätigkeit wirken sich langfristig auf die Verdienste aus.

    Der Gender Gap Arbeitsmarkt als Indikator für erweiterte Verdienstungleichheit betrachtet daher neben der Verdienstlücke pro Stunde (Gender Pay Gap) zusätzlich die Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap).

    Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day mitteilt, lag der Gender Gap Arbeitsmarkt im Jahr 2023 bei 39 % und damit auf dem Niveau des Vorjahres. Langfristig nahm die Verdienstungleichheit ab: Gegenüber dem Jahr 2014 sank der Gender Gap Arbeitsmarkt um sechs Prozentpunkte.

    Hauptursachen für erweiterte Verdienstungleichheit von Frauen

    Der unbereinigte Gender Pay Gap lag im Berichtsjahr 2023 bei 18 %. Das heißt, Frauen verdienten 18 % weniger pro Stunde als Männer. Ausgehend vom unbereinigten Gender Pay Gap lassen sich knapp zwei Drittel der Verdienstlücke durch die für die Analyse zur Verfügung stehenden Merkmale erklären. Demnach ist ein Großteil der Verdienstlücke darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Auch die häufigere Teilzeit geht mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einher. Das verbliebene Drittel des Verdienstunterschieds kann nicht durch die im Schätzmodell verfügbaren Merkmale erklärt werden. Dieser unerklärte Teil entspricht dem bereinigten Gender Pay Gap von 6 %.

    Eine wesentliche Ursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern ist also die höhere Teilzeitquote von Frauen. Während Männer 2023 im Monat 148 Stunden einer bezahlten Arbeit nachgingen, waren es bei Frauen nur 121 Stunden. Damit brachten Frauen 18 % weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf als Männer (Gender Hours Gap).

    Auch in der Erwerbsbeteiligung gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Aktuelle Zahlen zur Erwerbstätigkeit aus dem Jahr 2022 zeigen, dass 73,0 % aller Frauen einer bezahlten Arbeit nachgingen. Bei den Männern waren es 80,5 %. Damit lag der Gender Employment Gap im Jahr 2022 bei 9 %.

    Aus den drei genannten Gender Gaps wird der Gender Gap Arbeitsmarkt berechnet. Je höher der Gender Gap Arbeitsmarkt, desto stärker ist die Verdienstungleichheit auf dem Arbeitsmarkt ausgeprägt. Die einzelnen Gender Gaps geben dabei Aufschluss über strukturelle Ursachen von Verdienstungleichheit. Besonders im Zeitverlauf oder im Vergleich zwischen Regionen lässt der Gender Gap Arbeitsmarkt interessante Einblicke in die verschiedenen Ursachen und Entwicklungen von Verdienstungleichheit zu.

    Verdienstungleichheit geht langfristig zurück

    Im Berichtsjahr 2014 lag der Gender Gap Arbeitsmarkt noch bei 45 %. In den vergangenen Jahren näherten sich die Verdienst- und Beschäftigungssituationen von Frauen und Männern somit einander an. Wie auch 2023 waren die Hauptursachen die geringeren Stundenverdienste (Gender Pay Gap 2014: 22 %) und Arbeitszeiten von Frauen (Gender Hours Gap 2014: 21 %).

    Dass der Gender Gap Arbeitsmarkt kleiner geworden ist, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bruttostundenverdienste der Frauen stärker stiegen als die der Männer. Dies führte zu einem Rückgang des Gender Pay Gap um vier Prozentpunkte, von 22 % auf 18 %. Zusätzlich verringerte sich der Gender Hours Gap um drei Prozentpunkte, von 21 % auf 18 %. Das lag vor allem an einem Rückgang der von Männern geleisteten Arbeitsstunden. Sie sanken von 154 Stunden im Jahr 2014 auf 148 im Jahr 2023. Bei den Frauen blieben die bezahlten Stunden mit 121 im Jahr 2023 nahezu konstant (2014: 122 Stunden).

    Die Erwerbsbeteiligung von Frauen nahm zudem stärker zu als die der Männer. Im Jahr 2014 waren 69,3 % aller Frauen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren erwerbstätig, neun Jahre später waren es 73,0 %. Bei den Männern stieg die Erwerbstätigenquote um knapp drei Prozentpunkte. Der Gender Employment Gap sank damit von 11 % auf 9 %.

    Methodische Hinweise:

    Die Berechnungen von 2014 und 2018 zu den einzelnen Gender Gaps basieren auf der vierjährlichen Verdienststrukturerhebung (VSE), die letztmalig für das Berichtsjahr 2018 durchgeführt und anschließend fortgeschrieben wurde. Ab dem Berichtsjahr 2022 wurde die VSE durch die neue monatliche Verdiensterhebung abgelöst. Die Ergebnisse des Gender Pay Gap und des Gender Gap Arbeitsmarkt basieren auf den Erhebungen eines repräsentativen Monats. Dabei handelt es sich um den April. Die zur Berechnung des Gender Employment Gap verwendeten Erwerbstätigenquoten stammen aus dem Mikrozensus.

    Weitere Informationen:
    https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/03/PD24_083_621.html

    Pressestelle des Statistischen Bundesamts (Destatis), 5.3.2024

  • NEWS-Projekt: Warnmeldung zu HHC

    Das NEWS-Projekt (National Early Warning System) hat eine Warnmeldung zu HHC herausgegeben (siehe auch https://mindzone.info/news/warnmeldungen/). Das in einem Münchner Kiosk erworbene HHC-Produkt „HHC Weblace Miami Vice“ enthielt HHC-P-Acetat (HHC-P-O-Acetat). Dieses HHC-Derivat wurde europaweit bislang nur in Deutschland festgestellt. Die Wirkung der Substanz wurde als „stärker als erwartet“ beschrieben und führte zu einem „Drauf-Gefühl“ und Pupillenweitung.

    MItteilung des News-Projekts, 27.2.2024

    Weitere Informationen zu HHC finden Sie hier:

    Bundesinstitut für Risikobewertung: Hexahydrocannabinol (HHC) in Lebensmitteln: Hinweise auf psychoaktive Wirkungen: Stellungnahme Nr. 044/2023 des BfR vom 5. Oktober 2023. doi:10.17590/20231005-165839-0

    EMCDDA (Hg.): Technical Report. Hexahydrocannabinol (HHC) and related substances, 2023. Verfügbar unter: https://www.emcdda.europa.eu/publications/technical-reports/hhc-and-related-substances_en; abgerufen am 29.2.2024

  • Nach der Pandemie nutzt jedes vierte Kind soziale Medien riskant

    Vorstellung der neuen Studienergebnisse bei der Pressekonferenz: Rüdiger Scharf (Pressesprecher), Andreas Storm (Vorsitzender des DAK-Vorstands), Melanie Eckert (krisenchat.de), Prof. Rainer Thomasius (DZSKJ), Dr. Michael Hubmann (Präsident des BVKJ) (v.l.n.r.)

    Die Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat sich in und nach der Pandemie deutlich verändert. Aktuell nutzen knapp 25 Prozent der Minderjährigen soziale Medien riskant. Das sind hochgerechnet 1,3 Millionen Mädchen und Jungen – dreimal so viele wie im Jahr 2019. Sechs Prozent der 10- bis 17-Jährigen erfüllen derzeit die Kriterien einer pathologischen Nutzung. Hochgerechnet sind dies 360.000 Kinder und Jugendliche – fast doppelt so viele wie vor vier Jahren. Das zeigen aktuelle Ergebnisse einer gemeinsamen Längsschnittuntersuchung der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Diese weltweit einzigartige Studie fragt in bundesweit 1.200 Familien in sechs Wellen die digitale Mediennutzung von Kindern und deren Eltern ab. Während die Probleme bei den sozialen Medien weiter angestiegen sind, gibt es beim Gaming und Streaming auch positive Entwicklungen. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Nutzungszeiten und die Zahl der Minderjährigen, die die Kriterien einer pathologischen Nutzung erfüllen, wieder zurück. DAK-Chef Andreas Storm und Experten fordern mehr Aufklärung über Mediensucht und zusätzliche Präventions- und Hilfeangebote für betroffene Familien.

    Problematische Entwicklung bei Social-Media-Nutzung

    Laut DAK-Studie stieg die Zahl der 10- bis 17-Jährigen mit einer riskanten Social-Media-Nutzung seit 2019 von 8,2 auf 24,5 Prozent. Hochgerechnet waren so im September 2023 rund 1,3 Millionen Minderjährige betroffen. Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit einer pathologischen Nutzung hat sich von 3,2 auf 6,1 Prozent fast verdoppelt, somit waren rund 320.000 Mädchen und Jungen betroffen.

    Laut Mediensucht-Studie von DAK-Gesundheit und UKE Hamburg verbringen Kinder und Jugendliche an einem normalen Wochentag durchschnittlich 150 Minuten in sozialen Netzwerken (2019: 123 Minuten), am Wochenende sind es mit 224 Minuten über dreieinhalb Stunden (2019: 191 Minuten). Die Untersuchung zeigt erstmals auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Minderjährigen. Mädchen und Jungen mit einer problematischen Social-Media-Nutzung berichten häufiger von depressiven Symptomen, mehr Ängsten und einem höheren Stresslevel als unauffällige Nutzerinnen und Nutzer. Ferner zeigen sich Defizite beim Umgang mit Emotionen und beim Thema Achtsamkeit. Die Eltern der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind unzufriedener mit der Kommunikation in den Familien und berichten von einer geringeren Funktionalität als die Vergleichsgruppe.

    „Psychisch belastete Jugendliche neigen oftmals vermehrt zu problematischem Nutzungsverhalten bei sozialen Medien“, sagt Prof. Rainer Thomasius, Studienleiter und Ärztlicher Leiter am Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am UKE Hamburg. „Gleichzeitig führt die übermäßige Nutzung jedoch zu neuen Problemen und erhöhten psychischen Belastungen – es entsteht ein Teufelskreis. Eine exzessive Mediennutzung führt oft zu Kontrollverlust mit weitreichenden Folgen. Da persönliche, familiäre und schulische Ziele in den Hintergrund treten, werden alterstypische Entwicklungsaufgaben nicht angemessen gelöst. Ein Stillstand in der psychosozialen Reifung ist die Folge.“

    Rolle der Eltern

    Nach Einschätzung von Prof. Thomasius kommt den Eltern bei der Steuerung der Mediennutzung ihrer Kinder eine besondere Bedeutung zu. Laut Studie gab jedes vierte bis fünftes Elternteil an, sich Sorgen um die Mediennutzung des Kindes zu machen. Fast jedes dritte Elternteil sieht sich beim Thema nicht als Vorbild. Dabei habe die Medienkompetenz der Eltern und ein gesunder Mediengebrauch starken Einfluss auf das Nutzungsverhalten ihrer Kinder. „Eltern mit einer hohen digitalen erzieherischen Selbstwirksamkeit stellen deutlich häufiger Regeln für medienfreie Zeiten auf“, sagt Prof. Thomasius. „Ferner setzen sie aufgestellte Regeln deutlich konsequenter um.“

    „Die Ergebnisse zeigen leider deutlich, dass die Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland während und nach der Corona-Pandemie erheblich zugenommen hat“, erklärt Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e. V. (BVKJ). „Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um diesem besorgniserregenden Trend entgegenzuwirken. Ich verstehe es als unsere gesellschaftliche Verantwortung, Medienkompetenz zu fördern, präventive Programme zu implementieren und einen bewussten Umgang mit digitalen Medien zu fördern. Ein Mediensuchtscreening in der Kinder- und Jugendarztpraxis kann dabei unterstützen, eine riskante Nutzung von Computerspielen und Social Media frühzeitig zu erkennen.“ Im Rahmen eines Pilotprojekts übernimmt die DAK-Gesundheit die Untersuchungen zur Früherkennung von Mediensucht aktuell in fünf Bundesländern.

    Positive Entwicklungen bei Gaming und Streaming

    Anders als bei der Social-Media-Nutzung zeigen sich beim Gaming sowie beim Streaming positive Entwicklungen: Den Studienergebnissen zufolge verbringen junge Menschen nach der Pandemie wieder etwas weniger Zeit mit digitalen Spielen und Streamingdiensten. Beim Gaming sind die Nutzungszeiten an Werktagen auf durchschnittlich 98 Minuten gesunken (Wochenende: 168 Minuten). Sie liegen damit fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie. Auch beim Streaming gehen die Werte nach einem starken Ausschlag zur Hochphase der Pandemie wieder nach unten: Die durchschnittliche Streamingdauer sank im September 2023 auf 98 Minuten pro Werktag. Zum Vergleich: Im Mai 2021 waren es 170 Minuten.

    Erstmals seit Beginn der Pandemie zeigt sich darüber hinaus ein signifikanter Rückgang der pathologischen Nutzung digitaler Spiele. Mit 4,3 Prozent ist die Prävalenz wieder auf dem Niveau von Mai/Juni 2021. Beim Streaming hat sich der Anteil pathologischer Nutzerinnen und Nutzer im Vergleich zum Vorjahr auf 1,2 Prozent halbiert.

    Hilfeangebote

    Um Betroffene und Angehörige zu unterstützen, bietet die DAK-Gesundheit gemeinsam mit der Mediensuchthilfe Hamburg eine Online-Anlaufstelle Mediensucht an. Auf www.mediensuchthilfe.info erhalten Betroffene und deren Angehörige Informationen und Hilfestellungen rund um die Themen Online-, Gaming- und Social-Media-Sucht. Das kostenlose DAK-Angebot ist offen für Versicherte aller Krankenkassen. Neu ist mit „Res@t“ ein App-basiertes Trainingsprogramm des DZSKJ, das von der DAK-Gesundheit gefördert wird und Versicherten aller Kassen offensteht. Das digitale Programm für Smartphone oder Tablet richtet sich an alle Kinder und Jugendlichen, die digitale Games, Soziale Medien oder Streaming übermäßig und unkontrolliert nutzen. Den Zugang erhalten sie über ihren behandelnden Kinder- und Jugendpsychiater. Weitere Informationen zum neuen Programm gibt es auf: www.uke.de/resat

    Zur Längsschnittstudie

    Die repräsentative Längsschnittstudie zur Mediennutzung im Verlauf der Corona-Pandemie untersucht an rund 1.200 Familien die Häufigkeiten pathologischer und riskanter Gaming- und Social-Media-Nutzung bei Kindern und Jugendlichen nach den neuen ICD-11-Kriterien der WHO und ist damit weltweit einmalig. Die DAK-Gesundheit führte dazu gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in mehreren Wellen Befragungen durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa durch. Dafür wurde eine repräsentative Gruppe von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren mit je einem Elternteil zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt. Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit.

    Download: Problematische Mediennutzung im Kindes- und Jugendalter in der post-pandemischen Phase. Ergebnisbericht 2023. Ausgewählte Ergebnisse der sechsten Erhebungswelle im August/ September 2023

    Pressestelle der DAK-Gesundheit, 27.2.2024

  • Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie kritisieren Cannabis-Entscheidung

    Der Bundestag hat trotz nachdrücklicher Warnungen der Ärzteschaft die Teil-Legalisierung von Cannabis beschlossen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) kritisiert das Gesetz weiterhin. Ihre zentralen Punkte: die zu niedrige Altersgrenze, die zu hohen Mengen und die unzureichenden Mittel für Prävention und Forschung. Die Fachgesellschaft plädiert dafür, dass das Gesetz im Vermittlungsausschuss überarbeitet wird.

    „Mit 18 Jahren ist die Hirnentwicklung noch nicht abgeschlossen. Daher kann der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen große Schäden anrichten, vor allem, wenn er regelmäßig ist“, erläutert die Psychiaterin Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, President Elect der DGPPN. „Die im Gesetz vorgesehene Altersgrenze ist deshalb deutlich zu niedrig.“ Die Fachgesellschaft plädiert daher nachdrücklich für eine Überarbeitung dieses Aspekts. Zudem betont sie, dass die vorgesehenen Mittel und Maßnahmen für die Prävention, die Behandlung und den Jugendschutz bei weitem nicht ausreichen.

    Ebenso kritisiert die DGPPN die erlaubten Mengen. „50 Gramm Cannabis monatlich pro Person haben mit einem sogenannten Freizeitkonsum nichts mehr zu tun. Hier bewegt man sich klar im Bereich eines problematischen Konsums, der mit Abhängigkeiten und vielen weiteren psychischen Störungen einhergeht“, ordnet die Medizinerin Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank ein.

    Als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft fordert die DGPPN darüber hinaus deutlich mehr Ressourcen zur Erforschung der Effekte der Teil-Legalisierung und kritisiert die geplante Begleitforschung als unzureichend. „Wir wissen aus anderen Ländern, dass Entwicklungen mitunter erst nach einigen Jahren sichtbar werden. Im jetzt verabschiedeten Gesetz sind Gelder für die Forschung allerdings nur für vier Jahre vorgesehen“, sagt Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank. „Zudem hätten solche Studien bereits vor der Legalisierung starten müssen. Man muss die Ausgangssituation kennen, um die Auswirkungen auf den Konsum und die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu untersuchen.“

    Die DGPPN plädiert daher eindringlich dafür, dass das Gesetz im Vermittlungsausschuss des Parlaments überarbeitet wird. Denn sollte das Gesetz in der jetzt verabschiedeten Form umgesetzt werden, befürchtet die psychiatrische Fachgesellschaft gravierende Konsequenzen – für Einrichtungen zur Behandlung von Suchterkrankungen ebenso wie für die psychische Gesundheit der Bevölkerung insgesamt.

    Weitere Informationen:
    Stellungnahme vom 02.11.2023
    Positionspapier vom 29.03.2022

    Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN), 23.2.2024