Kategorie: Kurzmeldungen

  • „Hilfen im Netz“ – Online-Plattform für Kinder sucht- und psychisch kranker Eltern

    Eine Kindheit im Schatten einer elterlichen Suchtproblematik oder einer anderen psychischen Erkrankung ist gekennzeichnet durch Angst, Unsicherheit und einen Mangel an zuverlässiger emotionaler Zuwendung. Diese gravierenden Belastungen haben vielfach lebenslange negative Auswirkungen auf die Gesundheit, die schulische Bildung und die beruflichen Erfolge. Um das Risiko einer eigenen späteren Erkrankung zu senken und eine angemessene Teilhabe in Bildung und Beruf zu ermöglichen, brauchen die etwa 3,8 Millionen betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland dringend Unterstützung.

    Mit dem Kooperationsprojekt „Hilfen im Netz“ greifen die Drogenhilfe Köln und NACOA Deutschland e.V. nach Gesprächen mit der Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Empfehlung Nr. 6 der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Kinder psychisch und suchtkranker Eltern“ (KpkE) auf. Damit machen sie einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Situation der betroffenen Kinder und Familien in ganz Deutschland. Im Kernzeitraum von Oktober 2023 bis Juni 2026 (Vorarbeiten seit Juli 2023) fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) den Ausbau einer wissenschaftlich evaluierten, barrierefreien Online-Plattform, die den Zugang zum Hilfesystem für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene erleichtert. Solch ein uneingeschränkter und niedrigschwelliger Zugang ist von elementarer Bedeutung, wenn Kinder und Jugendliche bei Eltern aufwachsen, die sucht- oder psychisch krank sind, keine Krankheitseinsicht haben oder sich für Hilfen und Unterstützung ihrer Kinder nicht einsetzen wollen oder können.

    Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Kinder, deren Eltern psychisch krank sind oder ein Suchtproblem haben, brauchen niedrigschwellige und unbürokratische Hilfe. ‚Hilfen im Netz‘ von NACOA und KidKit bieten genau diese Unterstützung online und telefonisch an. Zudem bieten sie eine digitale Landkarte, die Hilfeeinrichtungen in allen Bundesländern ausweist, damit Kinder auch wissen, wer ihnen bei Bedarf vor Ort helfen kann. So stärken wir Kinder und Jugendliche aus sucht-, gewalt- und psychisch belasteten Familien und wirken darauf hin, dass sie nachhaltig unterstützt werden.“

    Die Grundlage für die Umsetzung wurde bereits 2022/2023 mit einem durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanzierten, fünfmonatigen Auftaktprojekt gelegt. Im Rahmen des Projekts wurde, angeregt durch den Arbeitsstab des Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, u. a. eine gemeinsame Landing-Page (hilfenimnetz.de) der Angebote KidKit und NACOA eingerichtet. Darauf aufbauend wird die Plattform nun ausgebaut und bundesweit bekannt gemacht.

    Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene aus sucht-, gewalt- und psychisch belasteten Familien sowie Angehörige und Fachkräfte werden langfristig auf hilfenimnetz.de und den verknüpften Websites aktuelle wissenschaftlich fundierte Informationen sowie einen schnellen Zugang zu qualifizierter Online- und Telefonberatung erhalten. Das Angebot der Online-Beratung wird im Laufe des Projektzeitraums bedarfsgerecht, z. B. durch genderspezifische Aspekte, Themen- und Expertenchats, erweitert. Es werden Leitfäden zum einheitlichen Vorgehen bei Kindeswohlgefährdung und suizidalen Ankündigen entwickelt, und die beiden digitalen Landkarten von KidKit und NACOA werden mit PLZ-Recherche nach Hilfeeinrichtungen in allen Bundesländern zusammengeführt. Zusätzlich wird auch die bereits vom BMFSFJ geförderte Kommunikationsplattform COA.KOM weiterentwickelt und um Fortbildungs- und Fallbesprechungsmöglichkeiten ergänzt. Das gesamte Projekt wird extern evaluiert durch das Deutsche Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) der Katholischen Hochschule NRW.

    Gemeinsame Pressemitteilung der Drogenhilfe Köln und NACOA Deutschland e.V., 18.10.2023

  • Internetnutzungsstörungen erkennen

    Mit der schnellen technischen Entwicklung und der starken Verankerung des Internets in unserem Alltag nehmen Internetnutzungsstörungen seit den letzten Jahren kontinuierlich zu. Während der COVID-19-Pandemie hat die Internetnutzung und die Anzahl der damit verbundenen Probleme zudem weiterhin zugenommen. Aufgrund der Folgen für die Betroffenen ist das frühzeitige Erkennen von Internetnutzungsstörungen und die Differenzierung von alltäglichem Nutzungsverhalten von großer Bedeutung.

    Um Internetnutzungsstörungen zuverlässig zu erkennen, sind geeignete Screeninginstrumente erforderlich. Bisherige Screeningverfahren neigen zu einer Überpathologisierung des Internetnutzungsverhaltens, u. a. durch Items, die das heutige Nutzungsverhalten nicht mehr angemessen abbilden. Zudem mangelt es an Verfahren, die auf klinischen Diagnosekriterien für Internetnutzungsstörungen basieren.

    Deshalb wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekts „Screening für Internet-Nutzungs-Störungen (SCINS)“ ein neues, zeitgemäßes Screeninginstrument für Internetnutzungsstörungen entwickelt: Social Network Use and Gaming Disorder Screening (SNUGS).

    Neues Screeninginstrument SNUGS

    Das neue Screeninginstrument SNUGS besteht aus sechs Fragen und wurde auf Grundlage der Ergebnisse eines klinischen Interviews entwickelt. Es eignet sich, um Unterformen der Internetnutzungsstörung wie die Computerspielstörung und Sozial-Netzwerke-Nutzungsstörung gleichzeitig zu erheben und dabei getrennt zu betrachten, um so potenziell betroffene Personen zu identifizieren. Es handelt sich dabei also um ein besonders ökonomisches Instrument, das kostenlos für den klinischen Alltag und für wissenschaftliche Studien sowie als Selbstausfüller für Betroffene genutzt werden kann.

    Den Fragebogen SNUGS sowie verschiedene Informationen rund um das Thema Internetnutzungsstörungen stellen die Forschenden von der Universität zu Lübeck, die das Instrument entwickelt haben, auf der Webseite www.dia-net.com kostenlos zur Verfügung. Interessierte erhalten dort die Möglichkeit, den Fragebogen SNUGS online aufzufüllen und auswerten zu lassen oder als pdf-Datei zuzüglich einer kurzen Testanweisung herunterzuladen.

    Darüber hinaus finden Interessierte auf der Webseite

    • ein ausführlicheres Diagnostikinstrument,
    • Beschreibungen zu den Diagnosekriterien der Internetnutzungsstörungen
    • sowie weitere nützliche Informationen rund um das Thema.

    Die Webseite eignet sich gleichermaßen für Fachpersonen wie für Betroffene und deren Angehörige.

    Quelle: Mitteilung der Forschungsgruppe S:TEP (Substanzbezogene und verwandte Störungen: Therapie, Epidemiologie und Prävention), Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 5.10.2023

  • Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität 2022 veröffentlicht

    Die Polizei hat im vergangenen Jahr rund 340.000 Rauschgiftdelikte registriert. Das bedeutet einen Rückgang der Gesamtzahl der Delikte um 5,6 Prozent. Die Anzahl der Rauschgift-Handelsdelikte ist in einem ähnlichen Umfang gesunken – um 6,4 Prozent. Allerdings setzt sich der seit 2017 vorherrschende und besorgniserregende Trend von steigenden Rauschgift-Todesfällen weiter fort: 2022 wurden neun Prozent mehr Rauschgifttote registriert. Damit stieg deren Zahl auf 1.990 Personen an – 90 mehr als im Vorjahr. Die häufigsten Todesursachen bleiben dabei der Konsum von Opiaten, Heroin und Opiat-Substitutionsmitteln.

    Trotz der gesunkenen Gesamtzahl der Rauschgiftdelikte gehen die Polizeibehörden von einer hohen und zunehmenden Verfügbarkeit von Betäubungsmitteln sowie einer hohen Nachfrage aus. Darauf deuten nicht nur zahlreiche Großsicherstellungen und die teils erheblich gestiegenen Ernteerträge in den Herkunftsregionen der klassischen Rauschgiftarten hin, sondern auch die wachsenden Produktionskapazitäten illegaler Labore zur Herstellung synthetischer Drogen, die weiterhin eine bedeutende Rolle spielen.

    So wird der Amphetamin- und Ecstasy-Markt durch große Produktionskapazitäten in den Niederlanden beliefert. Ein Trend zur europäischen Herstellung ist auch bei Methamphetamin/Crystal Meth zu beobachten. Bei Großsicherstellungen dieser Droge ist zudem Mexiko als Herkunftsland von immer größerer Bedeutung – so wurden erstmals im Jahr 2022 in Deutschland große Mengen Methamphetamin sichergestellt, die nachweislich auf Großlieferungen aus Mexiko zurückzuführen sind.

    Im Bereich des Kokain-Handels setzt sich der Trend fort: Seit 2018 steigen die Zahlen stetig. Erst Anfang Oktober dieses Jahres kam es zu Festnahmen von Mitgliedern einer Tätergruppierung, die hunderte Kilogramm Kokain nach Deutschland geschmuggelt haben soll. Darüber hinaus gab es vor allem in Seehäfen große Kokain-Sicherstellungsmengen. In den Niederlanden und Belgien beobachten die Sicherheitsbehörden zudem, dass sich das Gewaltpotenzial gerade bei den Tätergruppierungen, die im Schmuggel von Kokain von Südamerika nach Europa tätig sind, deutlich erhöht. In beiden Staaten wird dieser Entwicklung mit verstärkten polizeilichen Maßnahmen begegnet, so dass die Gefahr einer Verdrängung der Kokaineinfuhren auf deutsche Seehäfen besteht.

    BKA-Präsident Holger Münch:
    „Wir beobachten im Bereich der Rauschgiftkriminalität in Europa eine Infiltration der großen Häfen und die Anwendung von Gewalt durch die Organisierte Kriminalität zur Behauptung von Vormachtstellungen. Neben Gegenmaßnahmen an den Seehäfen in Deutschland und Europa, die mittlerweile unter Mitwirkung aller relevanten Akteure initiiert wurden, ist die internationale Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein unserer Bekämpfungsstrategie – insbesondere auch mit den südamerikanischen Herkunfts- und Transitstaaten von Kokain. Der international organisierte Rauschgifthandel ist nach wie vor ein Hauptbetätigungsfeld der Organisierten Kriminalität, mit dem beträchtliche Gewinne erzielt werden, die häufig in den legalen Wirtschaftskreislauf eingebracht werden und so großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichten. Im Bundeskriminalamt führen wir daher Ermittlungsverfahren gegen führende Köpfe der organsierten Rauschgiftkriminalität – sogenannte High-Value-Targets – und bauen unsere Kompetenzen im Bereich der Finanzermittlungen aus, um illegale Gewinne konsequent abzuschöpfen.“

    Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht und Drogenfragen:
    „Nachrichten, dass immer mehr Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums sterben, sind für mich immer aufs Neue schockierend. Und sie alarmieren mich, in meinen Anstrengungen um eine neu ausgerichtete Drogenpolitik nicht nachzulassen. Stärken, schützen, helfen sind hierfür meine Handlungsstränge. Rund zehn Millionen Menschen sind süchtig in Deutschland. Damit sind wir alle beim Thema Sucht gefordert. Denn Sucht ist eine Krankheit. Deshalb stehe ich für eine Politik ohne Scheuklappen, die für die Menschen arbeitet und mehr in Prävention als auf die bloße Kraft von Verboten setzt. Ich stehe für eine Politik, die anerkennt, dass Menschen aus vielfältigen Gründen konsumieren und dass wir die Risiken dieses Konsums so klein wie möglich halten müssen, und für eine Politik, die niemanden abstempelt oder aufgibt, sondern ernsthaft und vorbehaltlos Hilfe anbietet. Die ersten Schritte auf dem Weg dahin hat die Ampelregierung gemacht: etwa mit der bundesweiten Möglichkeit für Drug-Checking, dem Modellprojekt zur Fentanyl-Testung und der gestarteten kontrollierten Cannabisfreigabe.“

    Download Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität 2022

    Gemeinsame Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes und des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, 25.10.2023

  • Kokainschmuggel nach Deutschland

    In einem gemeinsamen Ermittlungskomplex der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Eingreifreserve – und des Bundeskriminalamts (BKA) erfolgten am 11. Oktober in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zahlreiche Festnahmen und Durchsuchungen wegen des Verdachts des bandenmäßigen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Die Maßnahmen richteten sich gegen mutmaßliche Beteiligte eines internationalen Netzwerks, das sich Anfang des Jahres 2020 zusammengeschlossen haben soll, um Kokain im dreistelligen Kilogrammbereich im Rhein-Main-Gebiet und im angrenzenden europäischen Ausland zu vertreiben.

    Die Einsatzmaßnahmen erfolgten in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität in Split/Kroatien und den kroatischen Polizeibehörden, die ein paralleles Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßliche Tätergruppierung führen.

    In Deutschland waren unter der Leitung des BKA mehr als 300 Beamtinnen und Beamte des BKA, der Bundespolizei einschließlich der Spezialkräfte der Bundespolizei, der Zollfahndung sowie der hessischen, rheinland-pfälzischen und baden-württembergischen Landespolizei an den Maßnahmen beteiligt.

    Bei dem gemeinsamen Vorgehen, das auch Maßnahmen in Kroatien und Polen beinhaltete, wurden rund 30 Objekte im In- und Ausland durchsucht und acht Haftbefehle vollstreckt, davon sechs in Deutschland.

    Die Beschuldigten sind zwischen 31 und 65 Jahre alt. Sie besitzen die kroatische, serbische, bulgarische, nordmazedonische, montenegrinische, russische, österreichische, irakische, deutsch-marokkanische und deutsche Staatsangehörigkeit.

    Die Ermittlungen basieren auf der Auswertung von Kommunikation, die die Beschuldigten hochkonspirativ über den Krypto-Anbieter SkyECC führten. Die Beschuldigten sollen im Jahr 2020 mehrere hundert Kilogramm Kokain von Großhändlern aus Norddeutschland bzw. dem Benelux-Raum bezogen und diese überwiegend im Rhein-Main-Gebiet und dem angrenzenden europäischen Ausland vertrieben haben. Zu diesem Zweck sollen sie sich eines Netzwerkes von Kurierfahrern und Bunkerverwaltern bedient haben. Die von den Kurierfahrern eingesetzten Fahrzeuge sollen mit professionellen Schmuggelverstecken ausgestattet gewesen sein. Das umgesetzte Kokain und die erzielten Bargelderlöse sollen in mehreren Bunkerwohnungen im Frankfurter Stadtgebiet aufbewahrt worden sein.

    Auch im Jahr 2023 soll die Gruppierung weiter mit Betäubungsmitteln gehandelt haben. Am 19.09.2023 wurde ein Kurier, welcher der Gruppierung zugerechnet wird, bei der Rückfahrt aus Belgien im Rahmen einer Zollkontrolle festgenommen.

    Bei der Durchsuchung der rund 30 Objekte im In- und Ausland wurden zahlreiche elektronische Datenträger und Unterlagen sichergestellt. Mehrere Kraftfahrzeuge, bei denen der Verdacht besteht, dass sie über professionelle Schmuggelverstecke verfügen, wurden zur näheren Untersuchung auf Polizeidienststellen verbracht.

    Im Zuge der Maßnahmen vom 11. Oktober wird ein Vermögensarrest vollstreckt, der zu der Sicherung von Vermögenswerten in Höhe von 1,6 Millionen Euro führt.

    Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und des Bundeskriminalamtes, 11.10.2023

  • BZgA hat neuen Leiter

    Dr. Johannes Nießen und Dr. Antje Draheim, Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit. Foto©BZgA, Köln

    Dr. Johannes Nießen wurde am 4. Oktober 2023 zum Errichtungsbeauftragten des neuen Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) ernannt. In dieser Funktion wird er ab sofort auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) leiten. Am 5. Oktober wurde er von Dr. Antje Draheim, Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Ingo Behnel, Leiter Zentralabteilung, Europa und Internationales, und Dr. Ute Teichert, Leiterin Abteilung Öffentliche Gesundheit, den Mitarbeitenden der BZgA am Dienstort in Köln vorgestellt. Der promovierte Bevölkerungsmediziner leitete zuletzt das Gesundheitsamt Köln.

    Dr. Johannes Nießen, Leiter der BZgA: „Mit dem Aufbau des neuen Bundesinstituts verbessern wir die Prävention, die Gesundheitskompetenz und den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Gleichzeitig stärken wir die Forschung und Kommunikation zu nicht übertragbaren Krankheiten. Das BIPAM ist zentraler Ansprechpartner und vernetzt Akteurinnen und Akteure auf Ebene von Bund, Ländern und Kommunen aus der Wissenschaft, Praxis und Politik.“

    Das neu zu errichtende Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) wird sich mit der Vermeidung nicht übertragbarer Erkrankungen wie Krebs, Demenz und koronare Herzerkrankungen befassen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Menschen zu steigern, ihre Lebenserwartung zu verlängern und die Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem zu reduzieren. Dazu sollen Daten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung erhoben und ausgewertet werden, um zielgruppenspezifische Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Eine weitere Aufgabe wird die Vernetzung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sein. Die Forschung auf dem Gebiet der nicht übertragbaren Krankheiten soll dazu beitragen, individuelle Risiken und soziale Gesundheitsfaktoren zu erkennen und zu bewerten.

    Johannes Nießen wurde 2021 in den Corona-Expertenrat der Bundesregierung einberufen. Zudem ist Nießen seit 2022 Vorsitzender des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD).

    Pressemitteilung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 5.10.2023

  • Drug-Checking. Was die Laboranalyse leisten kann

    Illegale Drogen vor dem Konsum überprüfen: Nach Modellprojekten gestattet es der Bund den Ländern jetzt per Gesetz, solche Drug-Checkings einzuführen. Wie funktioniert die anonyme Analyse? Und welchen Einfluss hat sie auf den Konsum?

    Am 17. Oktober wurde im Deutschlandfunk ein gut recherchierter Beitrag (Autorin: Marlene Halser) zum Thema Drug-Checking gesendet, der auf der Website des Senders zum Nachhören zur Verfügung steht:

    https://www.deutschlandfunk.de/drug-checking-was-die-laboranalyse-von-illegalen-drogen-leisten-kann-dlf-5c3a54a3-100.html

    Quelle: Deutschlandfunk, Sendung Hintergrund, 17.10.2023

  • Filmstart: ONE FOR THE ROAD

    Am 26. Oktober startet der Kinofilm ONE FOR THE ROAD. Frederick Lau und Nora Tschirner spielen die Hauptrollen in einem lässigen Film über die schwerwiegenden Gefahren im alltäglichen Umgang mit Alkohol.

    In einer Welt, in der es eher einen Grund braucht, um nicht zu trinken, ist Mark (Frederick Lau) der ungekrönte König. Scheinbar spielend jongliert er sein Leben zwischen einem fordernden Job als Bauleiter einer Berliner Großbaustelle, ausgelassenen Geschäftsessen und ausufernden Streifzügen durch das Berliner Nachtleben. Als er eines Nachts im Rausch sein Auto umparken will, passiert es: Polizeikontrolle, Lappen weg, MPU am Hals.

    Mark wettet mit seinem besten Freund Nadim (Burak Yiğit), dass er es schafft, so lange keinen Alkohol zu trinken, bis er seinen Führerschein wiederbekommt. Als Mark im MPU-Kurs Helena (Nora Tschirner) kennenlernt, findet er in ihr seine Verbündete. Ist er sich anfangs noch sicher, dass sein Vorhaben ein Spaziergang wird, stellt sich die Wette immer mehr als ein langer, steiniger, oftmals durchaus lustiger, aber manchmal auch wirklich harter Weg heraus. Wie gibt man vertraute Gewohnheiten auf und gesteht sich ein, dass man ein echtes Problem hat? Der Weg zurück zum eigenen Selbst ist alles andere als leicht …

    ONE FOR THE ROAD erzählt von Ausgelassenheit und Kontrolle, von Einsamkeit und Freundschaft – und von dem langen Weg, zu erkennen, was wirklich wichtig ist. Die Hauptrollen spielen Frederick Lau und Nora Tschirner. An ihrer Seite zu sehen sind Burak Yiğit, Friederike Becht, Godehard Giese und Nina Kunzendorf u.v.m. Das Drehbuch schrieb Oliver Ziegenbalg, und Markus Goller führte Regie – wie schon bei ihren vorherigen gemeinsamen Filmen „25 km/h“ und „Friendship!“.

    Berliner Nachtleben statt Betroffenheitsdrama

    ONE FOR THE ROAD beleuchtet das Thema Alkoholabhängigkeit, ohne ein Betroffenheitsdrama zu erzählen. Die Story ist irre lustig, zieht den Zuschauer:innen im Verlauf aber den Boden unter den Füßen weg, ist also auch so ernst, wie ein Film über Alkoholabhängigkeit sein muss. Diese Balance zu halten, diese Gratwanderung zu beschreiten, war die größte Herausforderung. Oliver Ziegenbalg und Markus Goller haben sie mit Verve gemeistert. Bei ONE FOR THE ROAD war es ihnen wichtig, auf der einen Seite unglaublich unterhaltsam zu sein, auf der anderen Seite ein relevantes Sujet ernsthaft zu behandeln.

    „Das ist natürlich eine heikle Aufgabe, ein Ritt auf der Rasierklinge“, sagt Oliver Ziegenbalg. „Aber wir glauben, dass wir es hinbekommen haben und somit mehrere Fliegen mit einer Klappe erledigen konnten, eine Story zu liefern, die die Menschen nachdenklich stimmt, die eine Bedeutung hat und trotzdem wahnsinnig Spaß macht und Entertainment bietet.“

    Die Idee zu ONE FOR THE ROAD spukte Oliver Ziegenbalg schon viele Jahre im Kopf herum. Der Auslöser war ein Abendessen mit Freunden: „Das liegt sicherlich schon über zehn Jahre zurück. Eine gemütliche Runde, abends, unter der Woche. Da ist mir aufgefallen: Wahnsinn, um zwölf sind wir alle besoffen, obwohl wir am nächsten Tag arbeiten müssen. Und keinem von uns wäre es in den Sinn gekommen zu hinterfragen, ob jemand am Tisch ein Alkoholproblem haben könnte.“

    Dieses gesellschaftliche Phänomen, dass alle trinken und niemand ein Problem hat, wollte Ziegenbalg näher untersuchen. Vor allem den Aspekt, was passiert, wenn sich innerhalb einer Freundesclique herauskristallisiert, dass doch jemand ein Problem mit Alkohol hat. „Dann heißt es: Klar, das war ja offensichtlich, dass der- oder diejenige immer viel zu oft zu tief ins Glas geguckt hat. Doch als betroffene Person innerhalb der Clique sieht man nicht, auf was man zusteuert. Ich habe viele Jahre genauso gelebt, war fester Bestandteil einer solchen Gruppe und hätte nie gedacht, dass ich ein Problem haben könnte, obwohl ich damals definitiv zu viel Alkohol getrunken habe“, erzählt der Drehbuchautor.

    „Das Thema Alkohol ist überall“, stellt Regisseur Markus Goller fest. „Auch wenn man selbst nicht direkt betroffen ist, kennt jeder im Bekannten- oder Freundeskreis oder im weiteren Umfeld jemanden, der zu viel trinkt. Es ist unglaublich, seit wir mit dem Stoff unterwegs sind und mit Menschen darüber sprechen: Jeder weiß etwas dazu, aus eigenen Erfahrungen, aus der Familie oder von Freunden …“

    Das schönste Zitat zur Diagnose eines Alkoholproblems liefert Filmfigur Helena:

    „Ich bin kein Life-Coach: Aber wenn man sich aus einem Toilettenfenster quetschen muss, nur um seinem besten Freund nicht zu begegnen, ist ein gewisses Niveau unterschritten.“

    Am 26. Oktober 2023 startet ONE FOR THE ROAD bundesweit in den deutschen Kinos!

    Quelle: Deutsches Presseheft zum Filmstart

  • Erfolgreicher Abschluss des Projekts eCHECKUP-Alkohol

    Nach zehn Jahren endet das von Prof. Dr. Marion Laging, Prorektorin Lehre und Weiterbildung, und Prof. Dr. Thomas Heidenreich, Fakultät Soziale Arbeit, Bildung und Pflege, geleitete Projekt eCHECKUP-Alkohol der Hochschule Esslingen zum 30. September 2023. Das innovative Angebot klärt Studierende über ihren eigenen Alkoholkonsum, dessen mögliche Konsequenzen und gesundheitliche Folgen auf.

    Nachdem das Bundesministerium für Gesundheit die Anpassung und Evaluation des Online-Programms gefördert hat, übernahm die BARMER in den letzten sechs Jahren die finanzielle Unterstützung zur Umsetzung und Verbreitung des Präventionsprogramms an deutschen Hochschulen. Das Angebot startete zunächst in Baden-Württemberg, anschließend fand es deutschlandweit Anwendung.

    Online-Programm plus studentische Peer-Beraterinnen und -Berater

    eCHECKUP-Alkohol basiert auf dem amerikanischen Online-Programm eCHUG der San Diego State University und wurde von der Hochschule Esslingen angepasst und evaluiert. Das Esslinger Präventionskonzept verbindet das anonyme, in sich abgeschlossene Online-Programm eCHECKUP TO GO-Alkohol und die Qualifizierung von studentischen Peer-Beraterinnen und -Beratern.

    Bei Bedarf werden teilnehmende Studierende über Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort informiert. Im Schnitt haben an jeder Hochschule jährlich 180 Studierende das Online-Programm vollständig durchlaufen. Gleichzeitig klärten studentische Peer-Beraterinnen und -Berater ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen auf dem Campus oder im digitalen Hochschulraum über schädlichen Alkoholkonsum auf. Insgesamt wurden in fünf Jahren 373 studentische Peer-Beraterinnen und -Berater ausgebildet.

    „Wir freuen uns sehr, dass das durch die BARMER finanzierte Präventionsprojekt unter den schwierigen Pandemiebedingungen erfolgreich beendet werden konnte“, so Prof. Dr. Marion Laging. „Neben der bundesweiten Umsetzung des Programms und der Schulung der Peer-Beraterinnen und -Berater sind auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Einsatz und der Verbreitung dieses Präventionsangebots in der deutschen Hochschullandschaft bedeutsam“, ergänzt Prof. Dr. Thomas Heidenreich.

    Erfolgsmodell Heidelberg

    Eine Besonderheit nimmt die Stadt Heidelberg ein. Sie hat eCHECKUP-Alkohol nachhaltig an allen zehn Hochschulen eingeführt. Dadurch hat Heidelberg Rahmenbedingungen für ein gesünderes und zielorientiertes Studieren geschaffen.

    „Heidelberg ist ein Erfolgsmodell. Das Programm im kommunalen Setting zu verorten, hatten wir zu Beginn nicht auf dem Radar. Das ist eine der „lessons learned“, die wir aus dem Projekt mitnehmen“, so Sarah Klein von der BARMER Landesvertretung Baden-Württemberg.

    Für die Zukunft

    Zum Projektende entwickelte das Projektteam an der Hochschule Esslingen eine Material- und Methodenmappe zur Umsetzung und Nutzung von eCHECKUP-Alkohol. Sie enthält einen Handlungsleitfaden mit Erfahrungen und Tipps zur Bewerbung und Administration des Programms, zur Peer-Qualifizierung und zu Peer-Aktionen sowie zum nachhaltigen Einsatz. Auf diese Weise können die Kooperationshochschulen das Angebot eigenständig weiterführen. Auch ist es weiteren interessierten Hochschulen möglich, das Programm selbständig einzusetzen. Die Material- und Methodenmappe steht auf der Website der Hochschule Esslingen zur Verfügung.

    Bundesweit haben 25 Hochschulen eCHECKUP-Alkohol oder Teile davon umgesetzt. Insgesamt stand das Präventionsprogramm 250.000 Studierenden zur Verfügung. 18 Hochschulen führen das Programm nachhaltig weiter. Weitere Informationen finden Sie HIER.

    Pressestelle der Hochschule Esslingen, 4.10.2023

  • Naloxon rettet Leben

    Take-Home Naloxon ist eine wirksame Maßnahme zur Reduktion von Todesfällen, die durch den Konsum von Opioiden verursacht wurden. Das Institut für Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences, die Deutsche Aidshilfe und akzept e. V. fordern die flächendeckende Implementierung von Take-Home Naloxon in Deutschland und geben zentrale Empfehlungen, wie dies gelingen kann. Die Empfehlungen gehen aus einen abgeschlossenen Modellprojekt in Bayern (2018) und dem laufenden Bundesmodellprojekt NALtrain hervor. Sie beziehen sich auf folgende Punkte:

    • Verschreibungspflicht
    • Finanzierung
    • Ärztinnen und Ärzte
    • das gesamte Drogen- und Suchthilfesystem

    Das vollständige Positionspapier kann HIER heruntergeladen werden

    Redaktion KONTUREN online, 4.10.2023

  • Hormone beeinflussen das Suchtverhalten

    Drogen wirken nicht immer gleich. Auch der Suchtdruck kann an einigen Tagen stärker sein als an anderen. Schuld daran sind unter anderem die Hormone, wie ein Übersichtsartikel verdeutlicht.

    Frauen können schlecht einparken und Männer nicht zuhören. Geschlechtsspezifische Stereotype wie diese sind überholt und längst widerlegt. Doch in anderen Bereichen sind Unterschiede zwischen Männern und Frauen tatsächlich nachweisbar. Zum Beispiel beim Suchtverhalten. So sind Männer häufiger von einer Abhängigkeit betroffen als Frauen. Frauen werden hingegen schneller abhängig als Männer, wenn sie Drogen konsumieren. Hormone scheinen dabei eine Rolle zu spielen, wie ein Übersichtsartikel verdeutlicht. Forschende aus dem Vereinigten Königreich und Spanien haben die Ergebnisse von insgesamt 39 Studien in einem Übersichtsartikel zusammengefasst.

    Geschlechtshormone fördern Dopaminausschüttung

    Eins wird klar: Hormone beeinflussen das Suchtverhalten. Von Bedeutung sind das weibliche Geschlechtshormon Östrogen und das männliche Geschlechtshormon Testosteron. Je höher die Hormonspiegel bei Frauen und Männern sind, desto sensibler reagiert das Gehirn auf die belohnende Wirkung von Drogen. Denn diese Hormone beeinflussen das Belohnungssystem und sorgen dafür, dass mehr Dopamin ausgeschüttet wird. Dopamin wird vor allem dann ausgeschüttet, wenn wir eine Belohnung erwarten. Dieser Botenstoff ist also für das Gefühl der Vorfreude verantwortlich. Bei einer Sucht wird die Vorfreude allerdings zum Suchtdruck, auch Craving genannt. Ist der Dopaminspiegel hormonell bedingt erhöht, kann dies den Suchtdruck noch verstärken.

    Suchtverhalten von Zyklusphase abhängig

    Der Östrogenspiegel bei Frauen hängt zudem stark von der Zyklusphase ab, sofern sie nicht hormonell verhüten. Während der ersten Zyklushälfte steigt der Östrogenspiegel zunächst an. In dieser Zeit reagieren Frauen besonders sensibel auf die Wirkung von Drogen. Drogenabhängigen Frauen fällt es in dieser Phase schwerer, auf Drogen zu verzichten. Wenn das Östrogen in der zweiten Zyklushälfte sinkt, steigt gleichzeitig das Hormon Progesteron an. Progesteron schwächt die belohnende Wirkung von Drogen eher ab und kann damit auch Entzugssymptome wie das Craving reduzieren.

    Unterschiedliche Wirkung von Progesteron bei Männern und Frauen

    Doch der dämpfende Effekt des Progesterons ist nur bei Frauen zu erkennen. Bei Männern scheint das Hormon den gegenteiligen Effekt zu erzeugen. So leiden Männer mit höherem Progesteronspiegel eher stärker unter dem Suchtdruck. Den Grund dafür sehen die Forschenden darin, dass die Hormone bei Frauen und Männern an unterschiedlichen Stellen im Gehirn andocken und dadurch eine andere Wirkung entfalten.

    Die Autorinnen und Autoren der Studie schlussfolgern, dass das unterschiedliche hormonelle Profil von Männern und Frauen einige Geschlechtsunterschiede in Sachen Drogenkonsum erklären könnten. Auch die Tatsache, dass vor allem Jugendliche gerne mit Drogen experimentieren, könnte ihrer Einschätzung nach zumindest teilweise eine Folge hormoneller Schwankungen in der Pubertät sein.

    Originalpublikation:
    Santos-Toscano, R., Arevalo, M. A., Garcia-Segura, L. M., Grassi, D., & Lagunas, N. (2023). Interaction of gonadal hormones, dopaminergic system, and epigenetic regulation in the generation of sex differences in substance use disorders: A systematic review. Frontiers in neuroendocrinology, 71, 101085. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.yfrne.2023.101085

    Quelle: https://www.drugcom.de/ 13.9.2023