Kategorie: Kurzmeldungen

  • Ausschreibung Wolfram-Keup-Förderpreis 2024

    Der Bundesverband Suchthilfe e. V. (bus.) vergibt zum achten Mal den „Wolfram-Keup-Förderpreis“ für die beste wissenschaftliche oder praxisorientierte Arbeit auf dem Gebiet der Entstehung und Behandlung von Substanzmissbrauch, Substanzabhängigkeit oder Verhaltenssucht.

    Aus dem Nachlass des Projektes „Frühwarnsystem zur Erfassung von Veränderungen der Missbrauchsmuster chemischer Substanzen in der Bundesrepublik Deutschland“, das Professor Wolfram Keup initiiert und bis zu seinem Tod am 4. Januar 2007 geleitet hat, wird zur Erinnerung an den Stifter alle zwei Jahre der „Wolfram-Keup-Förderpreis“ öffentlich ausgeschrieben und vergeben.

    Alle Personen und Institutionen, die sich in der wissenschaftlichen Forschung oder der Behandlungspraxis mit dem Thema Abhängigkeitserkrankungen beschäftigen, sind aufgerufen, sich mit eigenen Untersuchungen oder Projekten um den Wolfram-Keup-Förderpreis 2024 zu bewerben. Die vorgelegten Arbeiten müssen sich mit der Entstehung oder der Behandlung von Substanzmissbrauch, Substanzabhängigkeit oder Verhaltenssucht beschäftigen. Dabei kann es sich um wissenschaftliche Studien handeln, aber auch um die Realisierung von Präventionsmaßnahmen oder die Erprobung von Behandlungskonzepten.

    Der Förderpreis ist mit einem Preisgeld von 2.000 € ausgestattet. Einsendeschluss für Bewerbungen ist der 31. Oktober 2023. Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der 108. Wissenschaftlichen Jahrestagung des Bundesverbandes Suchthilfe am 20./21. März 2024 in Berlin.

    Weitere Informationen und das Bewerbungsformular (online oder zum Ausdrucken) finden Sie unter: https://suchthilfe.de/verband/foerderpreis/

    Kontakt:
    Bundesverband Suchthilfe e. V.
    Wilhelmshöher Allee 273
    34131 Kassel
    Tel. 0561 779351
    bundesverband@suchthilfe.de
    https://suchthilfe.de

  • Eigene Willenskraft ist Rauchstopp-Maßnahme Nr. 1

    Ergebnisse der RauS-Studie, 2023

    Der Rückgang der Raucher:innen ist in Deutschland ins Stocken geraten: Während die Zahl jugendlicher Raucher:innen bis 2022 jährlich einen historischen Tiefstand erreicht, bleibt die Rauchprävalenz im mittleren und höheren Erwachsenenalter stabil oder steigt sogar an.

    „Dieser Trend ist besorgniserregend, denn Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko der Deutschen. Umso wichtiger ist es, mehr über dieses Thema zu sprechen, zu forschen und zu debattieren“, betont Prof. Dr. Heino Stöver, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai. „Zwar ist die Bereitschaft zum Aufhören unter Rauchenden grundsätzlich hoch, gleichzeitig gelingt der Rauchstopp häufig erst nach mehreren Versuchen oder aber erst, wenn dieser mit einer gewissen Ernsthaftigkeit angegangen wird.“

    Gemeinsam mit seinem Team sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Centre for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt (CDR) und des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS) untersuchte Stöver in der sogenannten Rauchstopp-Studie (RauS), welche Mittel und Methoden zur Rauchentwöhnung angewandt werden und inwiefern sie wirklich hilfreich sind. Durch die im Zuge der Studie durchgeführte Online-Befragung konnten insgesamt 6.192 Stichproben von aktuellen und ehemaligen Raucherinnen und Rauchern erhoben werden.

    „93 Prozent der Studienteilnehmenden gaben an, mindestens einen Versuch unternommen zu haben, mit dem Rauchen aufzuhören. Im Schnitt benötigten die Befragten knapp vier ernsthafte Rauchstopp-Versuche bis zum Erfolg. 61 Prozent der Teilnehmenden nannten die eigene Willenskraft neben dem Wechsel zur E-Zigarette als die Rauchstopp-Maßnahme Nummer 1“, erklärt Stöver. Gleichzeitig gäbe es nur wenige als evidenzbasiert geltende Rauchstopp-Methoden. Aus den Studienergebnissen lässt sich ablesen, dass ärztliche oder telefonische Beratung, Einzel- oder Gruppentherapien, Nikotinersatztherapie mit Kaugummi oder Pflastern oder eine medikamentengestützte Behandlung nur bei einem kleinen Teil der Rauchstopp-Versuche angewendet werden. Mit diesen Ergebnissen können Erkenntnisse vorheriger Studien, etwa der DEBRA-Studie, bestätigt werden.

    Stöver ergänzt: „Gerade unter den eher wenig genutzten Rauchstopp-Methoden fällt auf, dass Apps und Websites sowie Ortswechsel vergleichsweise gut bewertet werden – hier existiert möglicherweise ein Potenzial, das stärker genutzt werden könnte.“ Ähnliches zeige sich für Ersatzrituale oder individuelle Methoden: Neben der Verwendung von häufig genannten Kaugummis sowie diversen essbaren Dingen wie Bonbons oder Lutschpastillen gaben die Befragten eine Vielzahl von Möglichkeiten an, mit denen sie sich im Zuge ihres Rauchstopp-Versuchs alternativ beschäftigten bzw. aktuell beschäftigen.

    Faktoren, welche die Motivation für den Rauchstopp begünstigen, sind vielfältig. „Neben unangenehmen Begleiterscheinungen wie schlechtem Geruch spielt das Thema Gesundheit die mit Abstand dominierende Rolle. Eigene Erkrankungen, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben, werden oftmals als Startpunkt für Rauchstopp-Versuche genutzt“, so der Suchtexperte weiter. „Sie erhöhen das Bewusstsein um mögliche Schäden und Regeneration, um konkrete eigene gesundheitliche Probleme oder solche im engeren Umfeld. Auch Verantwortung für eigene Kinder, angefangen mit Schwangerschaften, später in Form einer Vorbildfunktion, ist für viele Raucherinnen und Raucher eine wichtige Motivation für den Rauchstopp. An dieser Stelle sollten Präventions- oder Ausstiegsprogramme für Rauchstopp-Willige ansetzen.“

    „Neben den Faktoren, die den Rauchstopp positiv beeinflussen, gibt es jedoch auch Probleme und Hindernisse, auf die Raucherinnen und Raucher bei ihrem Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, stoßen. Eine Vielzahl dieser Hemmnisse geht auf bestimmte, mit dem Rauchen verbundene Rituale zurück, die auch gesellschaftliche Aspekte einbeziehen“, so der Suchtexperte. „Dies können etwa ritualisierte Rauchpausen auf der Arbeit, die Zigarette in Verbindung mit dem Konsum von Kaffee oder alkoholischen Getränken, die generelle Tagesstruktur oder auch andere Rauchende im sozialen Umfeld bzw. Freundeskreis sein. Gleichzeitig gibt es weitere Alltagssituationen, die das Rauchen ‚triggern‘ und damit den Rauchstopp verzögern können.“

    Konkrete Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit und Unruhe, erhöhter Appetit, Konzentrationsschwäche, Schlafprobleme oder Kopfschmerzen seien, so das Ergebnis der Studie, weniger ausschlaggebend.

    Die detaillierten Ergebnisse der RauS-Studie können in der Publikation „Die Zigarette liegt in den letzten Zügen. Alternative Formen der Nikotinaufnahme“, erschienen 2023 im Frankfurter Fachhochschulverlag, eingesehen werden.

    Pressestelle der Frankfurt University of Applied Sciences, 25.5.2023

  • Glücksspiel – Zahlen und Fakten

    Im DHS Jahrbuch Sucht 2023 (Erscheinungstermin 26. April 2023) wurde ein fehlerhafter Beitrag zum Thema Glücksspiel veröffentlicht. Die DHS bedauert dies sehr.

    Der Beitrag wurde einer sorgfältigen Revision unterzogen. Die vollständige Fassung des korrigierten Kapitels „2.4 Glücksspiel – Zahlen und Fakten“ aus dem DHS Jahrbuch Sucht 2023 liegt jetzt vor und steht als PDF zum kostenfreien Download auf der Website der DHS unter folgendem Link zur Verfügung: https://www.dhs.de/unsere-arbeit/dhs-jahrbuch-sucht

    Die DHS hebt auf ihrer Website folgende Inhalte des korrigierten Beitrags hervor:

    In der Berichterstattung zum DHS Jahrbuch Sucht 2023 wurden insbesondere die Umsätze im legalen Bereich bei Sportwetten diskutiert. Dabei wurden die Umsätze für Sportwetten in 2021 mit 18,3 Mrd. Euro hinterfragt.

    Gemäß des Jahresreports 2021 der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder wurde im Jahr 2021 im Sportwettensegment ein Bruttospielertrag von 1,278 Mrd. Euro erwirtschaftet. Dieses Volumen bezieht sich auf den legalen Markt, der in 2021 im Sportwettenbereich einen Anteil von 95 % ausmachte. (https://innen.hessen.de/sites/innen.hessen.de/files/2022-12/jahresreport_2021_0.pdf, S. 22 [Zugriff: 16.05.2023, 11.30 Uhr]).

    Die Auszahlungsquote des Anbieters „Tipico“ liegt bei 93,58 % (kein Wettsteuerabzug), beim Anbieter „bwin“ liegt die Quote bei 93 % (https://www.fussballwetten.com/wo-gibt-es-die-besten-auszahlungsquoten-bei-fussballwetten/ [Zugriff: 16.05.2023, 11.30 Uhr]; https://www.sportwettentest.net/wettquoten-fussball/ [Zugriff: 16.05.2023, 11.30 Uhr]); (https://www.wettanbieter.de/wettanbieter-ranking/wettquoten/ [Zugriff: 17.05.2023, 09:08 Uhr]). Eine Berechnung des Jahresumsatzes im Bereich legaler Sportwetten ergibt unter Berücksichtigung der vorgenannten Auszahlungsquote von 93 % eine Summe von 18,3 Mrd. Euro [Rechenweg: Bruttospielertrag von 1,278 Mrd. geteilt durch 7 (100 minus Auszahlungsquote) mal 100 ergibt den Umsatz].

    Der Deutsche Sportwettenverband gibt in seiner Pressemitteilung vom 27. April 2023 zu den Marktkennzahlen an, dass die Wetteinsätze im Sportwettenmarkt im Jahr 2021 bei 9,4 Mrd. Euro lagen und dass etwa 85 % der Wetteinsätze als Gewinne an die Spieler ausgezahlt werden. Zudem heißt es dort: „Hierbei ist zu beachten, dass Wetteinsätze nicht mit Umsatz gleichgesetzt werden können.“ (https://www.dswv.de/richtigstellung-marktkennzahlen/ [Zugriff 17.05.2023, 09:24 Uhr]).

    Des Weiteren sorgte ein Vergleich des Jahresumsatzes der Jahre 2020 und 2021 für Aufmerksamkeit. Da erst im Oktober 2020 erste Erlaubnisse für Sportwetten in Deutschland erteilt wurden, führte eine Berechnung der Veränderungsrate zu Fehlinterpretationen, die nun in der korrigierten Version des Beitrags zum Thema Glücksspiel im DHS Jahrbuch Sucht 2023 nicht mehr angegeben ist. Für aussagekräftige Zahlen der Veränderung gilt es die Entwicklung in 2022 abzuwarten.

    Mitteilung der DHS, 17.5.2023

  • Instrumente der Bedarfsermittlung in der Eingliederungshilfe

    Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR) hat eine Übersicht über die Bedarfsermittlungsinstrumente der Eingliederungshilfe in den verschiedenen Bundesländern veröffentlicht. 14 von 16 Bundesländern verfügen bereits über ein Bedarfsermittlungsinstrument. Für die Bestandsaufnahme wurden die Instrumente mit gesetzlichen Vorgaben und untergesetzlichen Anforderungen an Bedarfsermittlungsinstrumente abgeglichen.

    Über eine Deutschlandkarte mit den 16 Bundesländern gelangt man beim Anklicken eines Bundeslandes zu dem jeweiligen Instrumenten-Steckbrief. Hier können Eckdaten, Inhalte und Anwendungshinweise zu dem Instrument abgerufen werden. Eine vergleichende Übersicht stellt Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Instrumente dar, z. B. was den Umfang des Instruments, Barrierefreiheit/-armut, die Verwendung von zusätzlichem Material wie Befundberichten oder die Verfügbarkeit von zielgruppenorientierten Varianten des Hauptinstruments anbelangt.

    Der BAR zufolge haben die Bundesländer im Ergebnis die gesetzlichen und untergesetzlichen Anforderungen in zweckmäßige Instrumente zur Ermittlung des Bedarfs übersetzt. In der Mehrzahl der Bundesländer sei die Bedarfsermittlung integraler Bestandteil eines Gesamtprozesses der Teilhabeplanung. Auch wenn der Umfang der unterschiedlichen Bedarfsermittlungsinstrumente deutlich variiert, zeichnen sich Instrumentenfamilien ab, die in den wichtigsten Kerninhalten übereinstimmen, so die BAR. Insgesamt sei herauszustellen, dass es nicht das Instrument per se, sondern die praktische Anwendung und Handhabung im Fallmanagement sei, die sicherstellten, dass die Anforderungen an Bedarfsermittlung in der Eingliederungshilfe erfüllt würden – oder eben nicht.

    Link zur Deutschlandkarte „Bedarfsermittlungsinstrumente in den Bundesländern“

    Quelle: Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht, https://www.reha-recht.de, 28.4.2023

  • Konsumverhalten im Frankfurter Bahnhofsviertel

    Anfang Mai veröffentlichte das Centre for Drug Research der Goethe-Universität wieder die alle zwei Jahre im Rahmen des Monitoring System Drogentrend (MoSyD) erscheinende „Szenestudie“: „MoSyD – SZENESTUDIE 2022 – Die offene Drogenszene in Frankfurt am Main“. Die aktuelle Publikation enthält Daten aus dem Jahr 2022, zudem werden Veränderungen der erfragten Daten im Zeitverlauf präsentiert.

    Der Crackkonsum im Frankfurter Bahnhofsviertel (Frankfurt am Main) ist 2022 im Vergleich zum Corona-Jahr 2020, das ein sehr hohes Niveau verzeichnete, gesunken. Gaben 2020 noch 87 Prozent der befragten Drogenabhängigen auf der Szene an, in den vergangenen 24 Stunden Crack konsumiert zu haben, waren es 2022 noch 77 Prozent. Die Abhängigen nutzen dafür nach eigenen Angaben auch häufiger als früher die speziell eingerichteten Rauchräume. Aktuell geben dies 18 Prozent der Befragten an, mehr als die Hälfte raucht Crack aber nach wie vor auf der Straße.

    Heroin verliert offenbar weiter deutlich an Attraktivität: 2022 gaben nur noch 32 Prozent der Befragten an, in den vergangenen 24 Stunden Heroin genommen zu haben – fast halb so viele wie noch 2020. Dagegen ist 2022 der Alkohol- und Cannabiskonsum in der Szene deutlich gestiegen. 53 Prozent der Befragten haben nach eigenen Angaben in den vergangenen 24 Stunden Alkohol getrunken. Zwei Jahre zuvor waren es noch 43 Prozent. Bei Cannabis stieg die 24-Stunden-Prävalenz von 22 auf 39 Prozent.

    Dies sind einige auffallende Ergebnisse der Szenestudie 2022, für die das Centre for Drug Research der Goethe-Universität von Juni bis August 150 Drogenabhängige, die zum harten Kern der Szene im Bahnhofsviertel gehören, mit halbstündigen Interviews befragt hat. Das Drogenreferat fördert die Szenestudie seit 2002. Als ein Modul der jährlichen Frankfurter Drogentrendstudie Monitoring System Drogentrends (MoSyD) werden die Interviews auf der offenen Szene alle zwei Jahre geführt.

    Aktuelles Bild der Szene als Grundlage für die Drogenhilfeplanung

    „Dank der engmaschigen Erhebung haben wir ein sehr genaues und ständig aktualisiertes Bild der Szene im Bahnhofsviertel und können auch langfristige Entwicklungen gut interpretieren“, sagt Gesundheitsdezernent Stefan Majer. „Im Moment befassen wir uns intensiv mit Behandlungsmöglichkeiten beim Crackkonsum und planen dazu mit anderen Städten ein Modellprojekt. Deshalb interessieren wir uns besonders für die Ergebnisse zu Crack.“

    Nach welchen Mustern wird konsumiert? Wo und wie häufig? Welche Substanzen nehmen Abhängige noch außer Crack zu sich? Welche gesundheitlichen und sozialen Folgen und Risiken bedeutet dies für die Menschen? Wie sehen ihre Lebensumstände aus? All die Informationen, die die Szenestudie liefert, nennt auch der Leiter des Drogenreferats, Dr. Artur Schroers, essenziell für die tägliche Arbeit: „Das gilt für Safer Use-Utensilien für Crackkonsumierende, die wir demnächst ausgeben wollen, bis hin zu niedrigschwelligen Rückzugsräumen mit Tagesstruktur oder weiteren neuen Angeboten.“

    Interessant für die Expertinnen und Experten im Drogenreferat und der Drogenhilfe sind auch die Informationen zu Substanzen, die neben Crack, Heroin und Kokainpulver noch im Umlauf sind, wie Benzodiazepine oder Fentanyl. Laut dem Verfasser der Studie, Dr. Bernd Werse vom Centre for Drug Research, hat gerade der Fentanylgebrauch nach vorherigem Anstieg wieder deutlich abgenommen: „Die 24-Stunden-Prävalenzraten gingen von neun Prozent im Jahr 2020 auf drei Prozent 2022 zurück.“

    Für den Leiter des Drogenreferats, Dr. Schroers, dennoch kein Grund zur Entwarnung: „Der Fentanylgebrauch lässt uns wegen der hohen Wirkungspotenz und damit einhergehender Überdosierungsgefahr aufhorchen. Mehr als jeder und jede Fünfte hat laut Szenestudie im vorigen Monat Fentanyl konsumiert. Für uns bedeutet das, dass wir die Informationen über Fentanyl und die Prävention verstärken.“

    Dezernatsübergreifende Problemlösungen

    Handlungsbedarf sehen Stadtrat Majer und Drogenreferatsleiter Dr. Schroers weiterhin beim Thema Unterkünfte für Drogenabhängige. Die Zahl derer, die Dr. Werse „faktisch obdachlos“ nennt, ist vom Höchstwert im Jahr 2020 mit 62 Prozent leicht auf 51 Prozent gesunken: „Aber das sind immer noch mehr als die Hälfte der Befragten, die in prekären Wohnverhältnissen leben“, sagt Majer. Die dezernatsübergreifenen Arbeitsgruppen, die das Drogenreferat mit dem Sozialamt, dem Gesundheitsamt, Ordnungsamt und der Polizei ins Leben gerufen hat, sind unerlässlich, um die komplexen Probleme der Menschen auf der Szene anzugehen und die Situation insgesamt zu entspannen, bestätigt Schroers: „Ein Mensch ist eben nicht nur drogenabhängig, sondern vielleicht auch wohnungslos, ohne Krankenversicherung oder ohne geklärten Rechtsstatus.“

    Ermutigend nennen Majer und Dr. Schroers die steigende Zahl der Substitutionsbehandlungen. Laut Szenestudie 2022 stieg der Anteil der Substituierten von 44 Prozent im Jahr 2020 auf 49 Prozent im Jahr 2022. Majer und Dr. Schroers verweisen auf die zusätzlichen 30 Substitutionsplätze für Menschen ohne Krankenversicherung, die die Stadt geschaffen hat. Die Bereitschaft zur Substitution steige aber generell: „Uns stimmt optimistisch, dass das Interesse zur Diamorphinvergabe vorhanden ist“, sagt Majer. Dies wurde bei der Szenestudie 2022 erstmals abgefragt: Neun Prozent würden sich mit Diamorphin behandeln lassen, 28 Prozent gaben sich unschlüssig. Die Befragung offenbarte, dass offenbar Mythen über Qualität und Wirkung des medizinischen Heroins im Umlauf sind, die Konsumierende zurückschrecken lassen. „Wir werden mit verstärkten Informationen und Aufklärung reagieren“, kündigt Dr. Schroers an. „Dadurch können wir sicherlich weitere Klientinnen und Klienten für das wirksame Angebot gewinnen.“

    Die Befragung von 150 Drogenabhängigen ist zwar keine repräsentative Erhebung, so Dr. Schroers. „Sie gewährt uns aber wichtige Einblicke in die Frankfurter Drogenszene, weil sie auf einen spezifischen, im öffentlichen Bewusstsein jedoch sehr präsenten Ausschnitt des Drogenkonsums fokussiert. In der Zusammenschau mit anderen Studien und Erhebungen wie zum Beispiel der Konsumraumdokumentation ist die Szenestudie eine wertvolle Ergänzung.“

    Die gesamte Studie steht auf der Homepage des Centre for Drug Research der Goethe-Universität und der Homepage der Stadt Frankfurt am Main (Drogenreferat) zum Download bereit.

    Quelle: Homepage Stadt Frankfurt am Main, 4.5.2023

  • Drogenbedingte Todesfälle

    2022 sind 1.990 Menschen an den Folgen ihres Missbrauchs illegaler Drogen gestorben. Das sind fast neun Prozent mehr als im Vorjahr. Wie in den vorherigen Jahren sind Heroin und Langzeitfolgen des Drogenkonsums die Haupttodesursachen.

    Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen Burkhard Blienert nennt die Zahlen „schockierend und alarmierend. Sie bestärken mich in meinen Forderungen, dass wir in der Drogenpolitik einen Paradigmenwechsel vollziehen müssen. Sucht ist eine Krankheit, kein Stigma. Suchtkranke Menschen dürfen nicht länger ausgegrenzt werden. Deshalb müssen wir über Drogenkonsum, über eine bessere Suchthilfe und mehr Prävention sprechen. Drogenkonsum darf kein Gesprächstabu bleiben. Wir brauchen mehr niedrigschwellige Hilfen, die schneller und direkter bei den Menschen ankommen.“

    Die Zahlen sind in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gestiegen. 2012 waren es noch 944 Menschen, die an den Folgen ihres Konsums illegaler Substanzen gestorben sind, jetzt sind es 1.990. Die Aussagekraft der Daten sei allerdings begrenzt und fehleranfällig. Das liege an unterschiedlichen Erfassungsmethoden in den Ländern. Das erschwert eine wissenschaftliche Aussage. Trotz allem bleibt in der Statistik ersichtlich: Haupttodesursachen waren erneut der Missbrauch von Opioiden (1.194) – davon 749 mit Heroin und Morphin. Auch die Langzeitfolgen (663) des Drogenkonsums sind vielfach todesursächlich. Gestiegen sind die Zahlen im Vergleich zu 2021 etwa bei polyvalenten Vergiftungen in Verbindung mit Kokain und Crack (291 zu 417), mit Amphetamin (233 zu 313) und bei Vergiftungen in Verbindung mit psychoaktiven Medikamenten (335 zu 482).

    Von den wesentlichen gesundheitlichen Auswirkungen einer Suchterkrankung sind häufig auch Familienmitglieder und Freunde betroffen. Darum gehe es um das Motto: Je schneller die Sucht behandelt wird, desto besser. Hier stehe „auch die Politik in Bund und den Ländern in der Pflicht zu helfen“, kommentiert Burkhard Blienert. „Vom Drogenkonsumraum über die Substitution bis zur Schlafstätte für obdachlose Abhängige – all das sind bewährte Maßnahmen gegen den Missbrauch illegaler Drogen, weil das der erste Schritt in den Ausstieg sein kann. Um eine flächendeckende Substitutionsversorgung sicherzustellen, müssen aber mehr Ärztinnen und Ärzte diese Behandlung anbieten.“

    Für all das brauche es insbesondere Partner auf regionaler und Länderebene sowie niedrigschwellige Projekte, die Menschen mit Suchtproblemen erreichen. „Darum erwarte ich, dass endlich alle an einem Strang ziehen und man in den Bundesländern auch der politischen Verantwortung nachkommt! Wir brauchen politisch Verantwortliche mit politischem Rückhalt. Das Thema Sucht gehört in den Ministerien und Senaten der Länder auf die Chefebene. Außerdem müssen Einsparungen bei der Suchtberatung und Anlaufstellen ein absolutes Tabu werden. Wirklich helfen werden nur mehr Initiativen, mehr Behandlungen, die direkt und schnell ankommen, die niedrigschwellig sind. Gut ist, dass sich die Bundesregierung hierbei verschiedener Themen annimmt, wie etwa der Beseitigung der rechtlichen Hürden beim Drug-Checking.“

    Wie in den Vorjahren wurden die meisten der an den Folgen ihres Missbrauchs illegaler Drogen verstorbenen Menschen in Nordrhein-Westfalen (703 Tote), Bayern (277 Tote) und Berlin (230 Tote) erfasst. Einen Anstieg gab es im Saarland (+ 53,6 Prozent) und Niedersachsen (+ 36 Prozent). Deutlich gesunken ist die Zahl der Rauschgifttoten in Mecklenburg-Vorpommern (11 Tote, – 45 Prozent).

    Unter den Verstorbenen waren 1.648 Männer (83 Prozent) und 342 Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 40,6 Jahren. Bei 33 Prozent der Rauschgifttoten wurden Langzeitschäden festgestellt, die auf Rauschgiftkonsum zurückzuführen sind. Von den 1.990 erfassten Rauschgifttoten wurden lediglich 1.056 obduziert bzw. 783 toxikologische Gutachten erstellt.

    Downloads:
    Rauschgift-Todesfälle 2022

    Pressestelle des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, 11.5.2023

  • Rückstände von Kokain im Abwasser nehmen zu

    „Abwasserproben können aufschlussreiche Geschichten über das Leben der Bevölkerung erzählen“, sagt Alexis Goosdeel, Direktor der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, kurz EMCDDA. Der aktuelle Plot handelt von einer europäischen Bevölkerung, die je nach Region zwar etwas unterschiedliche Vorlieben hat, was den Konsum von Drogen betrifft. Doch die Analysen machen auch deutlich: Alle untersuchten Drogen finden sich in fast jeder Stadt Europas.

    Seit 2011 wird das Abwasser europäischer Städte regelmäßig auf Drogenrückstände analysiert. Die letzte Erhebung fand zwischen März und April 2022 in 104 Städten und 21 Ländern statt. Die Abwasserproben geben Rückschluss über die Konsumgewohnheiten von 54 Millionen Menschen in Europa und in der Türkei. Die Ergebnisse der aktuellen Studie „Wastewater analysis and drugs – a European multi-city study“ stehen auf der Website der EMCDDA zur Verfügung.

    Höchste Werte für Kokain in Antwerpen

    Ein Ergebnis hebt die EMCDDA aktuell hervor. Seit 2016 nimmt der Anteil einer Substanz namens Benzoylecgonin beständig zu. Dabei handelt es sich um ein Abbauprodukt, das nur im menschlichen Körper entsteht, wenn die Person Kokain konsumiert. Es wird über den Urin wieder ausgeschieden und gelangt so ins Abwasser. Die höchsten Werte finden sich im westlichen und südlichen Europa, besonders in Belgien, Spanien, Portugal und den Niederlanden.

    Europas „Hauptstadt“ für Kokain ist das niederländische Antwerpen. Ein Grund hierfür dürfte der Hafen sein. Neben Rotterdam gilt der Hafen von Antwerpen als ein wichtiger Umschlagplatz für Kokain aus Südamerika. Einer Studie von Europol zufolge haben Drogenkartelle allein im Jahr 2022 mindestens 200 Tonnen Kokain über die Häfen von Antwerpen und Rotterdam in die Europäische Union geschmuggelt.

    Crystal Meth auf niedrigem Niveau, aber Werte ansteigend

    Ebenfalls ansteigend, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau als Kokain, ist der Nachweis von Methamphetamin im Abwasser. Die auch als Crystal Meth bekannte Droge konzentriere sich „traditionell“ in Tschechien und der Slowakei, berichtet die EMCDDA. Die Droge sei aber auch in Belgien, Zypern, dem Osten von Deutschland, Spanien, der Türkei und verschiedenen nordeuropäischen Städten präsent. In fast zwei Drittel der Städte, in denen das Abwasser auf Methamphetamin untersucht wurde, war eine Zunahme zu verzeichnen.

    Bei Amphetamin, MDMA und Cannabis gab es keinen eindeutigen Trend. Ein Teil der Städte berichtet eine Zunahme, ein anderer eine Abnahme oder keine Veränderung beim Nachweis der Substanzen im Abwasser.

    Seit 2022 wird zusätzlich nach Ketamin im Abwasser gefahndet. Die höchsten Werte werden in Dänemark, Italien, Spanien und Portugal gemessen. Rückstände von Ketamin seien aber laut EMCDDA auf einem sehr niedrigen Level. Bei Ketamin handelt es sich um ein Narkosemittel, dass auch zu Rauschzwecken missbraucht wird.

    Quelle: www.drugcom.de, 26.4.2023

  • Neuer Biosensor erkennt Crystal Meth

    Laura von Lüders bei der Funktionalisierung des Biosensors. Foto: Christian Siebold, UniBwM

    Biosensoren werden für eine schnelle und zuverlässige Erkennung von Drogen sowie Infektionen und Erkrankungen immer wichtiger. Im Einsatz etwa bei der Polizei oder im Gesundheitsbereich ist vor allem eine präzise und praktikable Anwendung entscheidend. Im Rahmen einer Studie am Institut für Physik der Universität der Bundeswehr München wurde ein Biosensor zur Erkennung von Metamphetamin (Crystal Meth) und Cortisol entwickelt, der äußerst konzentrationsgenau messen kann. Im nächsten Schritt ist die Entwicklung eines Demonstrators geplant.

    Zahnschäden, Hirnblutungen und Schlaganfälle – Metamphetamin, auch Crystal Meth genannt, gilt als eine der gefährlichsten Drogen weltweit. Menschen, die die Substanz konsumieren, stellen auch eine erhebliche Gefahr für ihre Mitmenschen dar, etwa im Straßenverkehr. Für Einsatzkräfte wie Polizei und Zoll ist daher bei Kontrollen ein schneller und präziser Nachweis wichtig – genau das kann der Biosensor leisten, der am Institut für Physik unter Leitung von Prof. Georg Düsberg entwickelt wurde.

    Neben Metamphetamin kann der Sensor auch auf die Erkennung von Cortisol modifiziert werden, ein lebenswichtiges körpereigenes Hormon, das an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt ist und bei Stress vermehrt freigesetzt wird. Zu hohe Cortisol-Werte können das Risiko für Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 oder Osteoporose steigern, bei Cortisol-Mangel kann es dagegen zu Erschöpfung, niedrigem Blutdruck, Übelkeit u. v. m. kommen. Umso wichtiger ist auch hier eine schnelle und vor allem konzentrationsgenaue Messung. Laura von Lüders, die für ihre Promotion an dem Biosensor geforscht hat, erklärt: „Der Sensor soll sehr einfach in der Anwendung sein, damit ihn theoretisch jeder ohne viel Equipment auch außerhalb eines Krankenhauses benutzen kann, ähnlich wie bei Corona-Schnelltests.“

    Elektrische Messung statt optischer Auslesung

    Anders als bei herkömmlichen Drogentests oder bei Tests zum Nachweis von Infektionen, wie etwa dem Corona-Schnelltest, findet bei dem entwickelten Biosensor eine elektrische Messung statt einer optischen Auslesung statt. Dabei wird der Widerstand der Probe gemessen und man erhält genauere Ergebnisse, die Aussagen über die Konzentration der Substanz geben können: „Das Tolle an dem Verfahren ist, dass wir nicht nur sagen können: die Substanz liegt vor oder nicht, sondern auch in welchem Umfang“, betont von Lüders.

    Der entwickelte Biosensor basiert auf Graphen, einem zweidimensionalen Material, das ausschließlich aus Kohlenstoff besteht und durch seine Kombination von Eigenschaften ein optimales Material für die Sensorik ist. Auf den Graphen-basierten Chip kommen Moleküle, die das Graphen mit Antikörpern verbinden (Linker-Molekül). Dann wird eine Widerstandsmessung gemacht und anschließend die entnommene Probe hinzugefügt. Ist die Substanz in der Probe vorhanden, ändert sich der Widerstand, und es kann gemessen werden, wie stark sich das Signal verändert hat.

    Weiterentwicklung des Sensors geplant

    Eine Weiterentwicklung des Biosensors ist im Rahmen des dtec.bw geförderten Projekts VITAL-Sense am Forschungszentrum SENS (Integrated Sensor Systems) geplant. VITAL-Sense beschäftigt sich mit Sensoren, die Vitalfunktionen erfassen. Das Prinzip des Sensors ist vielseitig anwendbar und kann auf verschiedene weitere Moleküle getrimmt werden, so sollen noch weitere Biomarker detektiert werden. „Ein weiterer Schritt ist die Entwicklung eines Demonstrators, momentan nutzen wir noch einzelne Chips zur Messung in wässriger Lösung im Labor“, so von Lüders.

    Originalpublikation:
    https://doi.org/10.1002/anie.202219024

    Pressestelle der Universität der Bundeswehr München, 4.4.2023

  • Hexahydrocannabinol (HHC) und verwandte Substanzen

    Hexahydrocannabinol (HHC), ein halbsynthetisch hergestelltes psychoaktives Cannabinoid, steht im Mittelpunkt eines neuen Berichts der EMCDDA (European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction). HHC ist das erste halbsynthetische Cannabinoid, von dem innerhalb der EU berichtet wurde. Erstmalig identifiziert im Mai 2022 wurde die Substanz seit Oktober 2022 im Rahmen des EU Early Warning System (EWS) engmaschig überwacht. Der Bericht gibt einen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand und möchte auf den schnell wachsenden Markt für HHC und verwandte Substanzen aufmerksam machen.

    Mehr Informationen in englischer Sprache (sehr gut lesbar) und den Bericht (ebenfalls auf Englisch) finden Sie HIER.

    Quelle: Newsletter der EMCDDA, 29.4.2023

  • Substanzkonsum in deutschen Partyszenen 2022

    Im Rahmen des NEWS-Projekts (National Early Warning System, ein Projekt des IFT München) werden kontinuierlich Daten zum Konsum psychoaktiver Substanzen unter Konsumierenden erhoben. Darüber berichtet das NEWS-Team regelmäßig in Quartals-Updates.

    Im aktuell erschienenen Bericht „Substanzkonsum in deutschen Partyszenen 2022“ wurden alle Daten, die im Jahr 2022 im Rahmen der Konsumierendenbefragungen erhoben wurden, zusammengefasst. So entstand eine größere Datenbasis, die es ermöglichte, detaillierte Analysen zu folgenden Fragen durchzuführen:

    • Welche Unterschiede gibt es zwischen den Geschlechtern und zwischen unterschiedlichen Altersgruppen?
    • Bestehen regionale Konsumunterschiede?
    • Welche Konsummuster weisen insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene auf?
    • Außerdem werden erstmals Informationen zum Mischkonsum veröffentlicht.

    Sämtliche NEWS-Veröffentlichungen sowie weiterführende Informationen zum Projekt finden Sie immer aktuell hier: https://mindzone.info/news/

    Quelle: Mitteilung NEWS-Projekt, 20.4.2023