Kategorie: Kurzmeldungen

  • Unterstützung für Kinder aus sucht- und psychisch belasteten Familien

    Kinder aus sucht- und psychisch belasteten Familien brauchen professionelle Unterstützung. Um Betroffene frühzeitig zu erkennen und in adäquate Hilfsangebote vermitteln zu können, ist die Zusammenarbeit von Akteuren aus Kita, Schule, Jugendamt, Gesundheitsversorgung und angrenzenden Handlungsfeldern unerlässlich. Fachkräfte müssen nicht nur für den Umgang mit dem Thema sensibilisiert und qualifiziert sein, sondern auch gemeinsam und im Austausch mit anderen Fachbereichen und Professionen an passgenauen Lösungen für die Kinder und Jugendlichen arbeiten. Das Präventionsprojekt „selbstbestimmt“ der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. setzt an dieser Stelle an und plant mit Förderung des GKV-Bündnisses für Gesundheit, der Auridis Stiftung und dem Gesundheitsministerium des Landes Brandenburg bedarfsgerechte Qualifizierungs- und Kommunikationsmaßnahmen sowie die Entwicklung Kommunaler Gesamtkonzepte in drei Modellregionen Brandenburgs. 

    Zwei neue Teilprojekte von „selbstbestimmt“ wurden am 13. August in Potsdam erstmals vorgestellt:

    • Kommunale Gesamtkonzepte: In drei Pilotkommunen sollen modellhaft kommunale Gesamtkonzepte entwickelt und umgesetzt werden. Ziel ist es, durch die koordinierte Zusammenarbeit verschiedener Hilfesysteme tragfähige Strukturen zu schaffen, die langfristig wirken und auf weitere Kommunen übertragbar sind. Das Teilprojekt wird durch die von ALDI SÜD finanzierte Auridis Stiftung mit rund 750.000 Euro bis Ende 2028 gefördert.
    • Qualifizierung und Kommunikation: Dieser Projektbereich wird, gefördert durch das GKV-Bündnis für Gesundheit und das Gesundheitsministerium, mit neuen Impulsen fortgeführt. Er stärkt Fachkräfte im Umgang mit betroffenen Kindern, fördert die Zusammenarbeit zentraler Akteure und trägt dazu bei, das Thema Kinder aus sucht- und psychisch belasteten Familien stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. Das Teilprojekt wird vom GKV-Bündnis für Gesundheit bis Mai 2029 mit insgesamt rund 1,7 Millionen Euro gefördert.

    Das Gesundheitsministerium finanziert die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. mit rund 400.000 Euro pro Jahr aus Landesmitteln, davon stehen rund 100.000 Euro für die Landeskoordinierung Suchtprävention zur Verfügung.

    Informationen zum Projekt: https://www.selbstbestimmt-brandenburg.de/

    Hintergrund

     Etwa jedes sechste Kind lebt in einem suchtbelasteten Haushalt. Deutschlandweit sind es Schätzungen zufolge zwischen drei bis sechs Millionen Minderjährige, die in einer sucht- oder psychisch belasteten Familie aufwachsen. Viele der eigentlich gesunden Kinder entwickeln durch die Belastungssituation in ihren Familien im Lauf ihres Lebens ebenfalls eine Sucht oder eine andere psychische Erkrankung. Für viele gehören Vernachlässigung, Überforderung, aber auch Scham und Hilflosigkeit zum Alltag.

    Um dem entgegenzuwirken, beschäftigt sich bereits seit Anfang 2021 das „selbstbestimmt“-Team der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen mit dem Thema Suchtprävention für vulnerable Zielgruppen im Land Brandenburg – mit Unterstützung des GKV-Bündnisses für Gesundheit und dem Gesundheitsministerium. Aufgrund der großen Resonanz fiel gemeinsam mit den Förderern der Entschluss, das Projekt ab Mitte 2025 bis Ende 2028 mit dem Fokus auf Qualifizierung und Kommunikation fortzuführen.

    Den großen Handlungsbedarf im Themenfeld zeigt nicht zuletzt eine Bedarfserhebung des Projekts im Frühjahr 2025: Gut 55 Prozent der 249 befragten Fachkräfte hatten oft bis sehr oft in ihrem Alltag mit Kindern aus sucht- und psychisch belasteten Familien zu tun. Mehr als die Hälfte aller Teilnehmenden gab jedoch an, kein Hilfsangebot im Themenfeld zu kennen. Bei der Frage danach, was die Fachkräfte für eine bessere Versorgung Betroffener bräuchten, äußerten sie vorrangig den Wunsch nach Vernetzung, mehr zeitlichen und personellen Ressourcen sowie weiteren Hilfsangeboten.

    Damit entsprechende Maßnahmen für eine bessere Versorgung nachhaltig und effektiv implementiert werden können, ergänzt für die zweite Projektlaufzeit der Baustein Kommunale Gesamtkonzepte für Kinder aus sucht- und psychisch belasteten Familien die selbstbestimmt-Aktivitäten. In dem von der Auridis Stiftung geförderten Teilprojekt sollen der Aufbau wirksamer Vernetzungsstrukturen und die Entwicklung zielgruppenspezifischer Angebote vor Ort in drei strukturell unterschiedlichen Modellkommunen begleitet und anschließend auf weitere Kommunen im Land Brandenburg übertragen werden.

     Pressestelle der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V., 13.8.2025

  • Chatbot als Gesprächspartner:in

    Menschen, die sich regelmäßig mit einem Chatbot über das Tagesgeschehen oder den Alltag „unterhalten“, fühlen sich oft einsamer und sozial isolierter und leben sozial zurückgezogener als Menschen, die KI-Tools nicht zur persönlichen Konversation nutzen. Das trifft vor allem auf Männer und junge Menschen zu, wie Wissenschaftler:innen aus dem Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in einer Studie herausgefunden haben. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachmagazin Journal of Public Health veröffentlicht.

    Die Forschenden haben für ihre Studie knapp 3.300 Menschen im Alter von 18 bis 74 Jahren online befragt. Dabei zeigten sich auch Unterschiede, die aus der Häufigkeit der Nutzung von Chatbots zur persönlichen Konversation resultieren. So sind Menschen, die mindestens einmal die Woche mit einem KI-Tool „sprachen“ – es geht ausdrücklich nicht um die Suche nach Informationen per Chatbot –, deutlich einsamer und isolierter und leben zurückgezogener als Menschen, die davon nie Gebrauch machten. Menschen, die höchstens ein- bis dreimal im Monat mit Chatbots persönlich Konversation betrieben, sind nur geringfügig isolierter und zurückgezogener.

    Originalpublikation:
    Hajek A, Zwar L, Gyasi RM, Yon DK, Pengpid S, Peltzer K & König HH. Association of using AI tools for personal conversation with social disconnectedness outcomes. Journal of Public Health. 2025.
    DOI: https://doi.org/10.1007/s10389-025-02554-6

    Pressestelle des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, 5.8.2025

  • Hörtipp

    Ein Beitrag im Deutschlandfunk beleuchtet die Drogenpolitik der Stadt Frankfurt am Main und die Situation im Bahnhofsviertel. Dort drängen Crack und Fentanyl den Heroin-Konsum zurück. Der Plan, zwischen Bahnhof und Messe ein neues Suchthilfezentrum für Crack-Konsumierende zu bauen, ist umstritten.

    Ein Beitrag von Gregor Lischka, gesendet am 12. August 2025, 18:40 Uhr,  in der Rubrik „Hintergrund“

    Hören:
    https://www.deutschlandfunk.de/drogenpolitik-in-frankfurt-zwischen-suchthilfe-und-repression-100.html

    Quelle: Website DLF

  • Warum bin ich hier?

    Warum wohne ich nicht bei meinen Eltern? Für viele Kinder und Jugendliche in Wohngruppen oder Heimen ist diese Frage prägend – und oft schmerzhaft unbeantwortet. Ein neues Handbuch gibt Fachkräften in der Jugendhilfe ein Programm zur strukturierten Biografiearbeit an die Hand, das jungen Menschen hilft, die eigene Geschichte zu verstehen. Co-Autorin ist Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

    Das Programm „Ankommen“ ist eine Gruppenintervention für junge Menschen in stationären Jugendhilfeeinrichtungen. Ziel ist es, insbesondere Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren Raum zu geben, ihre Geschichte zu reflektieren, Brüche zu verstehen und ein Stück mehr bei sich selbst und in der Jugendhilfeeinrichtung „anzukommen“. Entwickelt und evaluiert wurde es von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Ulm in enger Zusammenarbeit mit Partnern in der Jugendhilfe. Zum Team gehört auch Professorin Elisa Pfeiffer, die bis 2024 am Uniklinikum Ulm als leitende Psychologin tätig war und bis heute die dortige Arbeitsgruppe „Psychotraumatologie im Kindes- und Jugendalter“ leitet.

    Viele Kinder und Jugendliche in Heimen haben traumatische Erfahrungen gemacht: Gewalt, Vernachlässigung, Bindungsabbrüche. „Gleichzeitig wissen viele Jugendliche gar nicht genau, warum sie nicht mehr bei ihrer Familie leben“, erklärt Elisa Pfeiffer. „Biografiearbeit hilft ihnen ihre Geschichte zu verstehen, mit Loyalitätskonflikten und Schamgefühlen umzugehen und sich als handlungsfähige Person mit einer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu erleben.“

    Schwerpunkt: der Übergang von zu Hause in die Einrichtung

    In acht Sitzungen werden zunächst Informationen vermittelt, beispielsweise zu Kinderrechten und dem formalen Prozess der Fremdunterbringung, sowie Strategien im Umgang mit den eigenen Gefühlen und Stress. Im Zentrum des Programms steht aber die Biografiearbeit, in der die Jugendlichen sich mit ihrem bisherigen Leben und insbesondere ihren ersten Tagen in der Einrichtung auseinandersetzen. „Diese Kinder und Jugendlichen haben oft so viel erlebt, das reicht für ein ganzes Leben und wäre zu viel für diese Sitzungen“, erklärt Psychotherapeutin Pfeiffer. „Wir betrachten daher gezielt den Übergang von zu Hause in die Einrichtung: Was habe ich in den ersten Tagen erlebt? Und was habe ich gefühlt?“ Konkret thematisiert werden mögliche Loyalitätskonflikte gegenüber der Herkunftsfamilie und Stigmatisierungen, beispielsweise erarbeiten die Teilnehmenden eine persönliche „Coverstory“ als Antwort auf die Frage, warum sie nicht bei ihren Eltern wohnen.

    Austausch mit Gleichaltrigen in der Gruppe

    „Ankommen“ ist keine Therapie, sondern ein pädagogisches Gruppenprogramm, das von Mitarbeitenden der Jugendhilfe selbst durchgeführt wird. „Es war uns wichtig, dass diese Intervention niedrigschwellig ist. So müssen die Kinder nirgends extra hinkommen und kennen die Fachkräfte vor Ort, die das Programm durchführen, bereits gut und haben Vertrauen“, erklärt Elisa Pfeiffer. Trotz begrenzter zeitlicher Ressourcen haben die beteiligten Fachkräfte bislang sehr positiv auf diesen Ansatz reagiert: „Viele gestalten die Gruppenarbeit über die Anleitungen in unserem Handbuch hinaus mit eigenen Ideen und Ritualen und sind unglaublich motiviert.“

    Ein wichtiger Baustein des Konzepts ist zudem der Austausch mit Gleichaltrigen in der Gruppe, wie sich in der Evaluation zeigte. Viele Jugendliche berichteten, dass sie nach der Teilnahme auch im Alltag offener über ihre Probleme sprechen konnten. Das Gruppensetting vermittle den Jugendlichen ein Gefühl von „Normalisierung“ und gegenseitiger Unterstützung, betont Elisa Pfeiffer.

    Selbstwertgefühl und Erleben von Selbstwirksamkeit

    Die Pilotstudie mit 115 Jugendlichen in 18 stationären Jugendhilfeeinrichtungen in Süddeutschland zeigt insgesamt vielversprechende Ergebnisse: Besonders Teilnehmende mit niedrigem Selbstwert und hoher psychischer Belastung profitierten. Ihr Selbstwertgefühl und ihr Erleben von Selbstwirksamkeit verbesserten sich signifikant, zugleich nahmen Symptome für Depression und posttraumatische Belastungsstörung ab. „Das Programm stärkt das Vertrauen der Teilnehmenden in sich selbst und hilft ihnen auch schwierige Aspekte der eigenen Biografie einzuordnen“, resümiert Pfeiffer.

    Sehr nachvollziehbar ist also, dass viele der am Projekt beteiligten Einrichtungen das Programm mittlerweile fest in ihren Strukturen etabliert haben und regelmäßig anbieten. Das Autorenteam hofft, dass „Ankommen“ über das Handbuch deutlich weiterverbreitet wird. Neben der Ausgabe für Jugendliche von 12 bis 17 Jahren gibt es inzwischen auch eine Kinderversion für 7- bis 11-Jährige. Beide Manuale sind als E-Book kostenlos verfügbar und können ohne zusätzliche Schulung genutzt werden, eine vorbereitende Fortbildung wird aber empfohlen. Gefördert wurde das Projekt von der Baden-Württemberg Stiftung.

    Originalpublikation:
    ANKOMMEN – Biografiebezogene Gruppenintervention für Jugendliche zum Umgang mit der eigenen Fremdunterbringung

    ANKOMMEN KIDS – Anpassung der Intervention für Kinder zwischen 7 und 11 Jahren

    Pressemitteilung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, 7.8.2025

  • Warnung: gefälschte Oxycodon-Tabletten

    Das NEWS-Projekt (National Early Warning System) des IFT hat eine Warnung zu gefälschten Oxycodon-Tabletten herausgegeben:

    Im April dieses Jahres wurde bereits eine europäische Warnmeldung zu gefälschten Oxycodon-Tabletten veröffentlicht. Die in Finnland, Schweden, Island und der Schweiz entdeckten Tabletten enthielten Substanzen aus der Stoffgruppe der Nitazene. Bei Nitazenen handelt es sich um in der Regel hochpotente synthetische Opioide.

    Nun veröffentlichte die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege eine ähnliche Warnmeldung. Demnach wurden in Berlin einige Hundert gefälschte Oxycodon-Tabletten sichergestellt. Die Tabletten enthalten nicht (wie angegeben) den bekannten Wirkstoff Oxycodon, sondern auch hier das hochpotente synthetische Opioid N,N-Dimethyl-Etonitazen, das unter das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) fällt.

    Hintergrund:

    • Es wurden mehrere Hundert Tabletten in Berlin sichergestellt.
    • Die betroffenen Tabletten sind bereits beim Drug-Checking-Projekt in Berlin aufgetaucht.
    • Es besteht der Verdacht, dass zudem ein Postversand mit BtM betrieben wurde, so dass die Verbreitung dieser Tabletten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur den Berliner Markt betrifft.

    Gesundheitsrisiken:

    N,N-Dimethyl-Etonitazen ist nochmal deutlich potenter als Fentanyl, wobei Fentanyl schon eine ca. 100-fache Potenz im Vergleich zu Morphin hat. Damit bergen diese neuen synthetischen Opioide ein extrem hohes Risiko für Atemdepressionen, Überdosierungen und Todesfälle – insbesondere bei Menschen ohne Opioid-Toleranz oder bei nicht erwarteter Wirkstoffstärke.

    Empfehlungen:

    • Bitte informieren Sie Ihre Zielgruppe über die aktuelle Gefährdung.
    • Weisen Sie insbesondere opioidkonsumierende Menschen auf die potenziell tödliche Wirkung dieser Substanzen hin.
    • Bei Zweifeln an der Echtheit von Arzneimitteln sollte auf keinen Fall ein Konsum erfolgen.

    Quelle: Mitteilung des NEWS-Projektes, 5.8.2025

  • Externe Suchtberatung in Haft

    „Ich wollte nicht zurück auf die Straße.“ Als Danilo (Name geändert) in die Justizvollzugsanstalt kam, war er am Ende seiner Kräfte. Mit Anfang 30 blickte er bereits auf eine langjährige Suchtmittelkarriere zurück – und auf ein Leben zwischen Entzug, Haft und Hoffnungslosigkeit. In der externe Suchtberatung von Condrobs traf er zum ersten Mal auf jemanden, der ihn nicht nur als Fallnummer sah. „Bei Condrobs wurde ich nicht verurteilt, sondern verstanden.“ Mit dieser Unterstützung konnte er beginnen, sich weiterzuentwickeln. Nach der Haft ging es für ihn in ein betreutes Wohnprojekt. Heute lebt Danilo in einer kleinen Wohnung, hat Kontakt zu seiner Schwester aufgenommen und plant eine Umschulung im sozialen Bereich. Doch Angebote wie dieses stehen jetzt auf der Kippe.

    Drohende Finanzierungslücke gefährdet Hilfe für suchtkranke Inhaftierte

    Die Mittel für externe Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten sind nicht ausreichend. Pro Vollzeitstelle müssen die Träger im Jahr 10.000 Euro Eigenmittel aufwenden. Für Träger wie Condrobs bedeutet das: Ein bewährtes Hilfsangebot mit enormer gesellschaftlicher Wirkung droht wegzufallen.

    Jede*r dritte Inhaftierte ist von einer Suchterkrankung betroffen, bei weiblichen Gefangenen sind die Zahlen sogar noch höher. Sucht ist nicht Ursache, sondern Symptom vieler biografischer Brüche und häufig Teil eines Teufelskreises aus Armut, Ausgrenzung, Gewalt und psychischer Belastung. Gerade in Haft könnten diese Muster durchbrochen werden. Doch dafür braucht es spezialisierte, unabhängige Fachkräfte.

    Einsparungen auf Kosten der Betroffenen und der Gesellschaft

    Die Externe Suchtberatung in Haft ist weit mehr als ein Gesprächsangebot: Sie bietet einen geschützten Raum, fern von den strikten Regeln der Anstalt, fern von Misstrauen und dem Machtgefälle zwischen Gefangenen und Vollzug. Für viele ist sie der einzige Ort, an dem sie über ihren Konsum, über erlittene Traumata, über ihre Angst vor Rückfällen oder die Qualen eines Entzugs sprechen können, ohne Angst vor Sanktionen haben zu müssen.

    Die Externe Suchtberatung baut wichtige Brücken in ein Leben nach der Haft. Sie öffnet Wege zu Therapien, sichert Zugänge zu Substitutionsprogrammen oder hilft dabei, nach der Entlassung eine stabile Wohnsituation zu finden. All das sind entscheidende Schritte, um Rückfälle zu verhindern und neue Perspektiven zu schaffen.

    In der Realität erhalten jedoch zu wenig Inhaftierte Zugang zu Substitution oder Therapieplätzen. Dabei ist die Wirksamkeit gut belegt – medizinisch, sozial und auch wirtschaftlich. Es geht um Schutz vor Infektionskrankheiten, um die Vermeidung von Rückfällen, um echte Kriminalitätsprävention. Wer hier spart, spart an der falschen Stelle und ignoriert nicht nur klare wissenschaftliche Fakten, sondern auch die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber Menschen, die einen zweiten Anlauf verdienen.

    Resozialisierung braucht Verlässlichkeit

    Ein funktionierender Übergang aus der Haft gelingt nur mit Kontinuität. Ohne vorbereitete Krankenversicherung, Therapieanbindung oder Wohnperspektive bleiben viele nach der Entlassung sich selbst überlassen. Mit fatalen Folgen. Für Menschen, die substituiert werden oder psychiatrische Unterstützung brauchen, ist das Risiko eines Rückfalls in Beschaffungskriminalität oder gar einer tödlichen Überdosierung besonders hoch.

    Unser Appell an die Bayerische Staatsregierung: Stellen Sie die Finanzierung der externen Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten dauerhaft sicher!

    Haft darf kein blinder Fleck der Sucht- und Gesundheitspolitik sein. Jeder Mensch hat ein Recht auf Behandlung, auch hinter Gittern. Und jede Investition in eine wirksame Resozialisierung lohnt sich doppelt: menschlich und gesellschaftlich.

    Unterstützung

    Petition Gefängnis ohne Perspektive? Externe Suchtberatung in Gefahr!

    Pressestelle von Condrobs e.V., München, 30.7.2025

  • Cannabis miniguide: update

    Cannabis remains the most widely used illicit drug in Europe. Our updated miniguide explores key health and social risks associated with its use, alongside evidence-based approaches to prevention, treatment and harm reduction across Europe. This update comes at a time of significant change, with new cannabis products emerging, patterns of use shifting and regulations undergoing reform.

    Cannabis: health and social responses

    This miniguide is one of a larger set, which together comprise Health and social responses to drug problems: a European guide. It provides an overview of the most important aspects to consider when planning or delivering health and social responses to cannabis-related problems, and reviews the availability and effectiveness of the responses. It also considers implications for policy and practice.
    Last update: 25 July 2025.

    Quelle: Newsletter Drugnet Europe: July 2025, 30.7.2025

  • Damit das Verlangen nicht zur Straftat wird

    Missbrauchsabbildungen im Netz nehmen rasant zu, so auch ihre Nutzung. Dem hat sich das EU-Präventionsprojekt STOP-CSAM unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit einer neuartigen therapeutischen Chat-Intervention gestellt. STOP-CSAM steht für: Scalable Technology for Online Prevention of Child Sexual Abuse & Child Abuse Materials. Anonym und kostenfrei können Menschen, bei denen ein Risiko vorliegt, in Interaktion mit geschulten Therapeut:innen treten. Das Tool hat sich als erfolgreich erwiesen. Darauf aufbauend führt ein Folgeprojekt das Chat-Angebot auf einer Selbsthilfe-Plattform fort und baut die Prävention weiter aus.

    Das Projekt STOP-CSAM

    Nach messbaren Erfolgen des therapeutischen Chat-Angebotes verstärken Forschende der Charité die Hilfe für Personen, die ein sexuelles Interesse an Kindern haben. Sie sollen dabei unterstützt werden, strafbares Verhalten zu unterlassen und gesunde Bewältigungsstrategien hinsichtlich ihrer Präferenzbesonderheiten zu entwickeln. Das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt STOP-CSAM startete vor knapp zwei Jahren mit dem Ziel, dem Missbrauch von Kindern durch sexualisierte Abbildungen präventiv zu begegnen. Potenzielle Täter und Täterinnen wurden bei der Suche nach Bildern im Netz angesprochen und an eine Online-Intervention weitergeleitet. Dort konnten sie Termine für einen interaktiven Chat, geführt von qualifizierten Therapeut:innen, vereinbaren, der in unterschiedlichen Sprachen angeboten wird.

    Dem Projektteam ist es gelungen, die bislang weltweit größte Gruppe von Personen durch eine solche gezielte Intervention zu erreichen. Insgesamt 5.029 Betroffene reagierten auf das therapeutische Angebot, 180 nahmen an jeweils vier Chat-Sitzungen teil, ein Teil von ihnen meldete sich zusätzlich für zwei Booster-Sitzungen an. Zwar lag die Abbrecherquote erwartungsgemäß hoch – etwa jede:r Zweite verließ die Studie vorzeitig – doch führte die Chat-Intervention bei den verbliebenen Teilnehmenden nachweislich zu einer Reduktion der Nutzung von Missbrauchsabbildungen, heißt es im jetzt veröffentlichten Abschlussbericht.

    Sinkende Nutzungsdauer und -intensität

    „Anhand der begleitenden Fragebögen konnten wir feststellen, dass sich nach den anonymen Online-Therapiesitzungen die Nutzungsdauer von Missbrauchsabbildungen im Schnitt um die Hälfte reduziert hat, auch waren die danach konsumierten Bilder weniger drastisch im Inhalt“, sagt Projektleiter Prof. Klaus Beier, Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité. „Das ist ein Erfolg, da jede Reduktion des Konsums bedeutet, dass weniger Straftaten begangen werden und realer Schaden an Kindern verhindert wird.“ Die dokumentierten, anonymen Chat-Verläufe wurden auch qualitativ ausgewertet. Dabei beobachteten die Forschenden ein kreislaufartiges Muster aus Gefühlen und dem Konsum von Missbrauchsabbildungen, ähnlich wie es von Suchterkrankungen bekannt ist.

    Start des Folgeprojekts TD-CHAT

    Aufbauend auf den Erkenntnissen von STOP-CSAM konnte inzwischen die Troubled Desire Selbsthilfe- und Chat-Studie TD-CHAT beginnen. Sie prüft mit wissenschaftlichen Methoden das Gesamtkonzept der Informations- und Selbsthilfe-Plattform Troubled Desire. Betroffene finden hier mehrsprachige und niedrigschwellig zugängliche Selbsthilfe-Anleitungen. Auch kostenfreie und anonyme Chat-Sitzungen in einem geschützten digitalen Raum mit geschulten Therapeut:innen unter Schweigepflicht werden angeboten.

    TD-CHAT setzt den Weg von STOP-CSAM fort und trägt dazu bei, das erfolgreiche Präventionsangebot weiter auszubauen. Wie das Vorgängerprojekt leistet auch TD-CHAT weltweit einen Beitrag zur Prävention, in deren Zentrum potenzielle Täter und Täterinnen stehen. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Konsum von Missbrauchsabbildungen die Schwelle für Übergriffe in der Realität senkt. Prävention schützt demnach nicht nur Kinder, die auf Abbildungen gelangen, sondern auch potenzielle Opfer von Kindesmissbrauch im täglichen Leben.

    Weitere Informationen:
    Abschlussbericht STOP-CSAM PROJECT
    https://troubled-desire.com

    Pressestelle der Charité – Universitätsmedizin Berlin, 29.7.2025

  • Väter mit Abhängigkeitserkrankungen

    Doktorand Christoph Beineke (re.) und Doktorvater Prof. Dr. Thomas Altenhöner. Foto: K. Schradi/HSBI

    Christoph Beineke untersucht in seiner Dissertation an der Hochschule Bielefeld (HSBI), welche Wechselwirkungen Vaterschaft und problematischer Drogenkonsum haben, um herauszufinden, wie Väter im Rahmen der Suchthilfe in ihrer Vaterschaft unterstützt werden können. Durch seine erfolgreiche Bewerbung beim Promotionskolleg NRW konnte er nun eine durch das Kolleg geförderte Stelle besetzen.

    Aus der deutschen Suchthilfestatistik geht hervor: Etwa 40 Prozent der ambulant und 50 Prozent der stationär behandelten Männer sind Väter. „Obwohl die Gruppe der Väter unter suchterkrankten Personen sehr groß ist, spielt die Vaterschaft weder in der Versorgungsstruktur der Betroffenen noch in der Forschung eine nennenswerte Rolle“, sagt Christoph Beineke. „Das Thema wird im Rahmen der Suchthilfe kaum beachtet, zielgruppenspezifische Angebote fehlen weitgehend.“ 

    Wertvoller Perspektivwechsel: Vaterschaft als Chance für den Suchthilfeverlauf

    Erste Versuche, Vaterschaft bei Hilfsangeboten stärker einzubeziehen, haben klare Indizien dafür geliefert, dass die Beachtung des Themas Potenzial hat, den Substanzkonsum der Betroffenen zu reduzieren und ihre Rolle als Vater zu stärken. „Das Neue und Besondere an der Doktorarbeit von Christoph Beineke ist der Perspektivwechsel“, betont auch Prof. Dr. Thomas Altenhöner, Experte für Prävention und Gesundheitsförderung an der HSBI. Altenhöner ist der am Promotionskolleg NRW akkreditierte Erstbetreuer Beinekes.

    „Es liegt auf der Hand“, so der Professor, „dass sich aus einer väterlichen Abhängigkeitserkrankung Herausforderungen für das kindliche Entwicklungsumfeld ergeben und die Erkrankung Schwierigkeiten für die Familie mit sich bringt.“ Aber, so die These, Vaterschaft biete auch Chancen. Denn: Wer seine Rolle als Vater künftig besser ausfüllen möchte, hat womöglich eine nachhaltige Motivation, sich vom Konsum zu lösen.

    Um hier der Suchthilfe mittelfristig Handlungsempfehlungen geben zu können, wertet Christoph Beineke zurzeit 15 leitfadengestützte Einzelinterviews und 94 schriftliche Fragebögen aus. Die Fragebögen wurden von Vätern beantwortet, die sich aufgrund ihres problematischen Konsums aktuell in Angeboten der professionellen Suchthilfe befinden. Die Datenerhebung fand im Zuge des Drittmittelprojekts „Papa auch!“ der Katholischen Hochschule in Köln statt, das vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und dort umgesetzt wurde. Beineke hat auf diese Weise beispielsweise Informationen und Daten erhalten zur familiären Situation, zu Vorstellungen über die Vaterrolle, zu Wechselwirkungen zwischen Vaterschaft und Abhängigkeit sowie zu Unterstützungsbedarfen.

    Die Gruppe der Teilnehmer am Projekt war recht heterogen: Bei mehr als der Hälfte der Befragten handelt es sich um Konsumenten illegaler Substanzen, eine weitere große Gruppe weist einen problematischen Alkoholkonsum auf. Auch Väter, die ein problematisches Glückspiel- oder Videospielverhalten entwickelt haben, sind Teil der Untersuchung.

    „Zunächst einmal erleben Väter durch ihre Erkrankung die üblichen Aspekte einer Abhängigkeit“, berichtet Christoph Beineke. „Das sind der Kontrollverlust über den Konsum, die zunehmende Priorisierung des Konsums und bei den stoffgebundenen Abhängigkeiten auch die negativen körperlichen Auswirkungen in Form von Toleranzentwicklung und Entzugssymptomatik.“ Auch die Vaterschaft wird durch den Konsum und die Abhängigkeit in spezifischer Weise beeinflusst, so Beineke weiter: „Häufig zeigt sich konsumbedingt ein sprunghaftes und inkonsistentes Verhalten den Kindern gegenüber. Es gibt Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung eines geregelten Tagesablaufs. Viele Väter sind nicht anwesend oder, wenn sie da sind, ist das Zusammenleben oft von Unsicherheiten und Konflikten geprägt.“ Allerdings muss dies nicht zwangsläufig der Fall sein, ist Beineke überzeugt: „In der Unterstützung der Väter ist es deshalb ebenfalls wichtig, auch die Aspekte, deren Umsetzung gut gelingt, nicht außer Acht zu lassen.“

    Negative Gefühle im Kontext von Vaterschaft und Konsum überwinden

    Ein Teil der Väter, die bei der Untersuchung mitmachen, lebt nicht mit ihren Kindern zusammen. „Viele der Befragten schämen sich dafür, aufgrund der Abhängigkeit ihre Vaterrolle nur unzureichend ausfüllen zu können“, berichtet Beineke. „In den Befragungen wurde deutlich, dass die Betroffenen große Ansprüche an sich selbst stellen, die Umsetzung ihrer Ansprüche jedoch mit Schwierigkeiten verbunden ist. Daraus ergibt sich ein Risiko für Überforderungsgefühle, denen einige Väter mit einer Intensivierung des Konsums begegnen.“

    Eine weitere Erkenntnis aus den Befragungen ist der Umstand, dass viele der betroffenen Väter keine Vorbilder für eine gelingende Vaterschaft hatten. „Ihre eigenen Väter haben oftmals ebenfalls keine positive Rolle eingenommen, waren abwesend, nicht selten sogar selbst abhängig“, so Christoph Beineke. „Wie man mit eigenen Fehlern und Schwierigkeiten den Kindern gegenüber umgeht, haben sie also häufig nicht gelernt. Hier könnte man therapeutisch ansetzen, sodass die Väter profitieren, aber am Ende auch ihre Kinder und die Familie insgesamt.“

    Bisherige Erhebungen weisen darauf hin, dass viele der betroffenen Väter der Vaterschaft an sich positiv gegenüberstehen und deshalb eine hohe Motivation zur Ausübung einer gelingenden Vaterschaft und zur Umsetzung notwendiger Änderungen beschreiben. Christoph Beineke: „Gerade diese persönliche Motivation kann im Rahmen der Suchthilfe genutzt bzw. gefördert werden.“

    Das Erleben der Kinder

    Auf die Frage, ob es nicht auch fatale Auswirkungen für die Kinder haben kann, abhängigkeitserkrankte Väter zu ermuntern, ihre Vaterrolle wieder stärker auszufüllen, antwortet Christoph Beineke: „Natürlich! Neben den Chancen, die bestehen, betrachtet meine Arbeit daher auch die Risiken, und es ist selbstverständlich, dass das Wohlergehen und die kindliche Entwicklung an oberster Stelle stehen. Es kann durchaus sein, dass in bestimmten Phasen der Abhängigkeitserkrankung kein Kontakt zum Vater für die Kinder das Beste ist. Das ist abhängig vom Einzelfall. Die Befragten in meiner Untersuchung sind allerdings in der Regel ein Stück weiter: Sie haben zumeist bereits eine Konsumfreiheit erreicht und machen jetzt eine Therapie, um ihre Abstinenz möglichst dauerhaft zu festigen.“

    Trotzdem beachtet der Forscher auch potenzielle Auswirkungen einer Abhängigkeit auf die Kinder. „Kinder aus suchtbelasteten Familien weisen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten, von psychischen Erkrankungen oder einer eigenen Abhängigkeitserkrankung auf“, so Christoph Beineke. Ein Problem dabei ist die Tabuisierung des Themas und die damit einhergehende soziale Isolation von Kindern mit einem suchterkrankten Vater. „Kinder bekommen viel mehr mit, als Eltern in der Regel annehmen. Kindern fehlt aber häufig die Möglichkeit, über ihre Erlebnisse und Gefühle zu sprechen. Hier sind passende Unterstützungsangebote angezeigt, mit denen Kinder aus suchtbelasteten Familien erreicht werden.“

    Stoffungebundene Süchte: Spielautomaten, Videogames, Wetten

    Beineke ist noch auf weitere Forschungslücken gestoßen: „Eine Auseinandersetzung mit einer väterlichen stoffungebundenen Abhängigkeit findet bisher nicht statt. Dass beispielsweise die Teilnahme an Glücksspielen zu einer Abhängigkeit führen kann, die mit nachteiligen Aspekten für die gesamte Familie einhergeht, zeigen Beispiele seit Jahrzehnten. Dennoch fehlt bislang eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Rolle des Vaterseins im Kontext dieser Form der Abhängigkeit.“ Ähnliches gilt für das in unserer Gesellschaft stark beworbene Gebiet der Sportwetten, und auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Videospielabhängigkeit im Kontext einer Vaterschaft steckt noch in den Kinderschuhen, so Beineke.

    „Vorhandene Untersuchungen zeigen, dass Kinder von Vätern mit stoffungebundener Abhängigkeit neben den negativen finanziellen Auswirkungen stark unter der spielbedingten Unaufmerksamkeit des Vaters leiden.“ Im Rahmen der aktuellen Erhebung wurden nun auch gezielt Väter mit stoffungebundener Problematik berücksichtigt, um für diesen bislang weniger beachteten Bereich ebenfalls Erkenntnisse und Optimierungsmöglichkeiten in der Versorgungsstruktur zu gewinnen.

    Pressestelle der Hochschule Bielefeld, University of Applied Sciences and Arts (HSBI), 23.7.2025

  • Jugendliche konsumieren immer weniger Cannabis

    Frankfurter Jugendliche greifen immer seltener zu Marihuana und Haschisch. Wie aus einer ersten Auswertung der Drogentrendstudie 2024 hervorgeht, probierten zuletzt nur noch 22 Prozent der 15- bis 18-Jährigen mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis. Damit halbierte sich die Konsumzahl in den vergangenen zehn Jahren und sank auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Studie im Jahr 2002.

    „Frankfurt ist auf dem richtigen Weg“, sagt Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl. „Wir haben die Präventions- und Beratungsangebote der Stadt gestärkt, um vor allem junge Menschen zu informieren und sie bei Problemen im Umgang mit Cannabis zu unterstützen.“ Auch bei Erwachsenen zeigt sich ein ähnlicher Trend – allerdings nicht ganz so ausgeprägt.

    Befürchtungen nicht bestätigt

    Für Studienleiter Professor Bernd Werse sind die Ergebnisse eindeutig: „Die Befürchtungen, dass mit der Teillegalisierung ein Anstieg des Konsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen einhergehen würde, hat sich nicht bestätigt. Laut unserer repräsentativen Befragung sind alle Konsumzahlen zurückgegangen. Dies betrifft sowohl die Lebenszeit-Prävalenz als auch Daten zum aktuellen und häufigen Konsum.“

    Seit dem Jahr 2002 werden für das Monitoring-System Drogentrends (MoSyD), gefördert vom Drogenreferat der Stadt Frankfurt, jährlich rund 1.500 Frankfurter Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren befragt. Seit 2024 wird die Studie am Institut für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences durchgeführt. Die Gesamtergebnisse der MoSyD-Studie liegen Ende des Jahres vor. Wegen des hohen Interesses an den möglichen Auswirkungen der Cannabis-Teillegalisierung wurden die Daten zu Cannabis für 2024 vorzeitig ausgewertet.

    Weniger Konsum seit Teillegalisierung

    22 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler gaben demnach an, Cannabis mindestens einmal im Leben probiert zu haben („Lebenszeit-Prävalenz“). Im Vorjahr unter den alten gesetzlichen Regelungen waren es 26 Prozent. Zum Vergleich: 2015 lag die Quote bei 43 Prozent, 2002 bei 46 Prozent. Auch der Konsum in den vergangenen zwölf Monaten ist gegenüber dem Vorjahr von 19 Prozent auf 17 Prozent zurückgegangen („12-Monats-Prävalenz“). Neun Prozent haben Cannabis nach eigenen Angaben in den vergangenen 30 Tagen konsumiert („30-Tage-Prävalenz“). Im Jahr zuvor waren es noch zehn Prozent, vor sechs Jahren mit 22 Prozent noch mehr als doppelt so viele.

    Die Debatte um die Legalisierung von Cannabis und die Gesetzesänderungen haben demnach nicht zu einem Anstieg des Konsums bei Jugendlichen beigetragen. Dies trifft auch für Schülerinnen und Schüler über 18 Jahre zu. Bei den älteren Befragten ist die Lebenszeit-Prävalenz rückläufig, während der Konsum in den vergangenen 30 Tagen gleichgeblieben ist.

    „Bereits seitdem von der Ampel-Koalition Ende 2021 angekündigt wurde, Cannabis teilweise legalisieren zu wollen, ist die Verbreitung der Droge unter Jugendlichen auf neue Tiefstwerte gesunken, was sich nach Einführung des Cannabisgesetzes fortgesetzt hat. Befürchtungen, dass der legale Status ein ‚falsches Signal‘ an junge Menschen aussenden würde, haben sich also nicht bestätigt – ganz im Gegenteil“, sagt Studienleiter Werse.

    Abwasserstudie zeigt keinen Konsumanstieg

    Hinweise auf das Konsumverhalten der gesamten Bevölkerung in Frankfurt liefern auch erste Ergebnisse einer bundesweiten Abwasserstudie. Die TU Dresden führt das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Forschungsprojekt „Abwasserbasiertes Begleit-Monitoring im Rahmen der Einführung des Cannabisgesetzes in Deutschland“ (AMoCan) durch. Dabei werden seit Dezember 2023 in ausgewählten Abwasserreinigungsanlagen in Deutschland regelmäßig Proben entnommen und auf Drogenrückstände getestet.

    Die Messergebnisse für die drei Abwasserreinigungsanlagen in Frankfurt liegen für den Zeitraum von Januar bis November 2024 vor. Eindeutige Tendenzen in Bezug auf Cannabis sind dabei nicht zu erkennen. Das gilt auch, wenn man die Mittelwerte der Messungen vor und nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes betrachtet. Zusammengerechnet hat sich der Mittelwert für Cannabis nach dem 1. April 2024 im Vergleich zum Mittelwert davor für den Raum Frankfurt um rund 3,5 Prozent reduziert.

    „Diese Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren“, räumt Björn Helm von der Technischen Universität Dresden ein. „Der untersuchte Zeitraum ist noch zu kurz, um eindeutige Schlüsse zu ziehen.“ Bei der letzten berücksichtigten Messung im November 2024 war noch keine einzige Cannabis-Anbauvereinigung in Frankfurt genehmigt. Fundierte Aussagen über die Auswirkungen der neuen Rechtslage lassen sich hier voraussichtlich erst in einigen Jahren treffen.

    Prävention und Gesundheitsschutz bleiben im Fokus

    Die Stadt Frankfurt setzt daher weiterhin auf einen präventiven und schadensmindernden Ansatz in der Drogen- und Suchthilfe. „Wir begrüßen, dass die Teillegalisierung für Erwachsene nicht zu einem Anstieg des Konsums geführt hat. Unser Fokus bleibt auf Aufklärung, Dialog und der Entstigmatisierung von Konsumierenden“, betont der kommissarische Leiter des Drogenreferats, Oliver Müller-Maar.

    So sieht es auch Gesundheitsdezernentin Voitl und sagt: „Die Entkriminalisierung und kontrollierte Abgabe bieten die Chance, Konsumierende besser zu erreichen und Konsumrisiken zu reduzieren. Ziel bleibt ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis, der sowohl den Gesundheitsschutz als auch die gesellschaftliche Realität berücksichtigt.“

    Pressestelle der Stadt Frankfurt am Main, 25.6.2025

    Ergänzung der Redaktion: Die „MoSyD SZENESTUDIE 2024“ über die offene Drogenszene in Frankfurt am Main ist bereits veröffentlicht und auf der Website des Instituts für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences abrufbar.