Kategorie: Kurzmeldungen

  • Prävention von computerspiel- und internetbezogener Störung

    Das Jahr 2020 hat coronabedingt medial viele Neuerungen mit sich gebracht und viele bestehende Techniken selbstverständlich werden lassen. Homeschooling, Onlinemeetings, virtuelle Konferenzen, Videochats mit der Familie gehören mittlerweile zu unserem Sprachgebrauch und (Arbeits-)Alltag. Gleichzeitig steht die Anerkennung verschiedener Verhaltenssüchte, so auch der Computerspielsucht, als Krankheitsbild im ICD 11 durch die WHO bevor. Dies hat der Fachverband Medienabhängigkeit e.V. zum Anlass genommen, sein Positionspapier Prävention zu überarbeiten und um aktuelle politische Forderungen zu ergänzen.

    Die umfassende Ausdehnung der Nutzungsmöglichkeiten des Internets ist gerade in Zeiten von Kontaktbeschränkungen ein Zugewinn in vielen Lebensbereichen. Auch wenn der Internetgebrauch bei der Mehrheit der Nutzenden keine gesundheitlichen Probleme erzeugt, sind aktuell bei einem zu hohen Bevölkerungsanteil problematische bis suchtartige Nutzungsmuster feststellbar. Es muss jedoch auch eine genaue Definition einer so genannten internetbezogenen Störung und insbesondere einer Abgrenzung von einer lediglich intensiven Nutzung getroffen werden. Die Covid-Pandemie hat dazu geführt, dass Verhaltenssüchte insgesamt durch den Wegfall bzw. die Einschränkung terrestrischer Angebote und Aktivitäten, die soziale Isolation und die erzwungene Inaktivität sowie durch den Bedeutungsgewinn von Onlineangeboten deutlich zugenommen haben (vgl. Rumpf et al., 2020; Bilke-Hentsch et al., 2020).

    Aufgrund der vermehrten, aktuell notwendigen Verlagerung des Freizeit- und Berufslebens ins Digitale ist es wichtig, diesen Bereich in den Fokus zu nehmen und Menschen frühzeitig dabei zu stärken, ihre digitale Balance zwischen ON und OFF zu erkennen oder diese wieder zu erlernen. Durch eine flächendeckende professionelle Präventionsarbeit muss sichergestellt werden, dass alles getan wird, damit die Nutzung der digitalen Medien ein Zugewinn für die Gesellschaft sowie jeden Einzelnen bleibt und die Risiken und möglichen negativen Gesundheitsfolgen so gering wie möglich gehalten werden. Verschiedene Forschergruppen weisen inzwischen darauf hin, dass es eine dringende Notwendigkeit für Verhaltens- und Verhältnisprävention gibt, damit den sich entwickelnden problematischen Nutzungsmustern frühzeitig vorgebeugt wird.

    Der Fachverband Medienabhängigkeit e.V. hat deshalb sein Positionspapier aus dem Jahr 2009 zur Prävention von computerspiel- und internetbezogener Störung aktualisiert. Es werden folgende Punkte erläutert:

    • Präventionsbedarf
    • Forderungen
    • Begriffsklärung
    • Versorgungsauftrag
    • Verhaltensprävention einer computerspiel- und internetbezogenen Störung (Ziele)
    • Grundprinzipien wirksamer Suchtprävention

    Das Positionspapier steht auf der Website des Fachverbandes Medienabhängigkeit e.V. zum Download zur Verfügung.

    Pressemitteilung des Fachverbandes Medienabhängigkeit, 1.12.2020

  • Gemeinsame Position der Suchtfachverbände

    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 22./23. Dezember 2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Teilhabestärkungsgesetz) an Verbände und Organisationen versandt, um diesen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Suchtfachverbände haben folgende Stellungnahme abgegeben:

    Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
    Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Teilhabestärkungsgesetz)

    Gemeinsame Position der Suchtfachverbände

    fdr+, Fachverband Drogen und Suchthilfe e.V.
    FVS, Fachverband Sucht e.V.
    buss, Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V.
    CaSu-Caritas Suchthilfe, Bundesarbeitsgemeinschaft der Suchthilfeeinrichtungen im Deutschen Caritasverband
    GVS, Gesamtverband für Suchthilfe e.V. – Fachverband der Diakonie Deutschland

    SGB IX § 99 Abs. 4 und 5 Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe

    Die Suchtfachverbände begrüßen die Anpassung der Kriterien für die Leistungsberechtigung der Eingliederungshilfe durch Orientierung an den Begrifflichkeiten und der Intention der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) sehr, da diese eine negative Veränderung der Möglichkeiten der Teilhabe des leistungsberechtigten Personenkreises ausschließt und nunmehr auch die Teilhabechancen für abhängigkeitskranke bzw. -gefährdete Menschen (die Begriffe Abhängigkeitskranke und Suchtkranke werden im Text synonym verwendet) verbessert. Der Personenkreis der abhängigkeits- kranken und -gefährdeten Menschen sollte ebenfalls in einer Rechtsverordnung zur Konkretisierung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe Berücksichtigung finden und analog der bestehenden Eingliederungshilfeverordnung explizit benannt werden.

    SGB IX § 6 Abs. 3 und § 19 – Rehabilitationsträger und Teilhabeplan

    Der Referentenentwurf soll maßgeblich auf die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen abzielen. U.a. auch in dem unter § 6 Abs. 3 eingefügten Satz „Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und erstellt einen Eingliederungsvorschlag. Das Jobcenter entscheidet unter Berücksichtigung des Eingliederungsvorschlages über die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.“ fehlt den Suchtfachverbänden der partizipative/beteiligende Ansatz der Betroffenen. Änderungsvorschlag:

    „Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und erstellt gemeinsam mit dem leistungsberechtigten Menschen einen Eingliederungsvorschlag. Das Jobcenter entscheidet unter Berücksichtigung des Eingliederungsvorschlages sowie des Wunsch- und Wahlrechts über die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.“

    Grundsätzlich möchten wir die Bedeutung einer partizipativen Perspektive/Formulierung hinsichtlich der Einbeziehung der Leistungsberechtigten in Entscheidungsprozesse betonen und um entsprechende Korrekturen im gesamten Referentenentwurf bitten.

    SGB II und SGB III – Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden

    Bislang erfolgte die Erbringung der kommunalen Eingliederungsleistungen wie Schuldner- und Suchtberatung, in den entsprechenden Beratungsstellen und teilweise bzw. regional unterschiedlich, direkt in den Jobcentern oder in Kooperation der Jobcenter mit den Suchtberatungsstellen. Die Suchtfachverbände begrüßen die Bestrebungen, Leistungen nach §§ 16 a ff SGB II verbindlich neben einem Rehabilitationsverfahren in den Jobcentern anzubieten. Zur Erbringung von sozialintegrativen Leistungen und zur Teilhabe am Arbeitsmarkt sollten die zuständigen Träger der Leistungen jedoch keine eigenen Einrichtungen und Dienste neu schaffen, sondern geeignete, etablierte und qualifizierte Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Wohlfahrtspflege nutzen und unterstützen. Diese langjährige und kommunal effektive Kooperation sollte nicht gefährdet bzw. verändert werden.

    Gerade für suchterkrankte Menschen ist die Parallelorganisation von Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Teilhabe am Arbeitsmarkt) sowie von sozialintegrativen Leistungen während einer stationären Suchtrehabilitationsmaßnahme von besonderer Bedeutung. Die bisherigen Katamnesen haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Abstinenz (nach einem Jahr) überaus deutlich mit der Tatsache, ob eine Beschäftigung aufgenommen werden konnte, korreliert. Die Möglichkeit, Leistungen nach den §§ 16 a ff. SGB II neben einem Rehabilitationsverfahren zu erbringen, ist sinnvoll, muss jedoch auch tatsächlich nahtlos erfolgen und für den von einer Abhängigkeitserkrankung Betroffenen nicht nur grundsätzlich möglich, sondern vor dem Hintergrund seiner aktuellen Lebens- und Gesundheitssituation faktisch realisierbar sein. Die Koordination der Leistungen ist explizit zu beschreiben.

    Ein digitaler Zugangsweg zu den Beratungsleistungen während einer Rehabilitationsmaßnahme ist nicht nur während der außergewöhnlichen Zeiten der Pandemie erforderlich, sondern sollte auch darüber hinaus gewährleistet sein. Eine Aufnahme in das Teilhabestärkungsgesetz im Sinne von: „digitale Zugangswege zur Beratung auf der Ebene der Jobcenter sind zu implementieren“ wäre mehr als hilfreich.

    SGB IX § 47a – digitale Gesundheitsanwendungen

    Die Änderungen beziehungsweise Ergänzungen im SGB IX § 47 a zum Thema Digitale Gesundheitsanwendungen sehen eine Integration von neuen (digitalen) Angeboten vor, was sehr zu begrüßen ist. Dabei beschreibt § 47 a Abs. 1 Satz 2 den Vorbehalt der Anerkennung unter der Berücksichtigung, dass der Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern ist. Diesen Vorbehalt erfüllen u.a. digitale Nachsorgeangebote nach einer stationären und ambulanten Suchtrehabilitationsmaßnahme.

    Die Einschränkung jedoch, dass die digitalen Gesundheitsanwendungen nach §§ 42 Abs. 2 Nummer 6a nur diejenigen sind, die in das Verzeichnis nach § 139 Abs. 1 SGB V aufgenommen wurden und primär ärztliche Leistungen beschreiben, engt die Einsatzmöglichkeiten für die Behandlung von suchtmittelabhängigen Patientinnen und Patienten stark ein. Grundsätzlich sollte der Fokus auf die Erfüllungskriterien hinsichtlich der Erreichung der Ziele über den rein medizinischen Bereich hinaus gesehen werden. Hier wären z. B. auch die psychosoziale Komponente sowie die Stabilisierung bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit einzubeziehen, ganz im Sinne einer bio-psycho-sozialen Betrachtungsweise bzw. einer ICF-Orientierung.

    Abhängigkeitskranke Menschen sind eine leistungsberechtigte Personengruppe, weshalb digitale Gesundheitsanwendungen, z. B. in Form von Apps, auch für diese erbracht werden müssen, u. a. um den Zugang zu Hilfeleistungen zu erleichtern, den Behandlungserfolg nachhaltig zu sichern, ihre Teilhabechancen zu erhöhen sowie die Versorgung der Leistungsberechtigten um eine weitere (digitale) Komponente zu ergänzen. Eine Ausweitung der in diesem Zusammenhang anerkannten Berufsgruppen um Psycholog*innen und Suchttherapeut*innen ist daher dringend erforderlich.

    SGB IX – Budgets für Ausbildung

    Die Suchtfachverbände begrüßen es, den anspruchsberechtigten Personenkreis für das Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) sachgerecht zu erweitern. Demnach können nun Menschen mit Behinderungen, die sich schon im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters befinden, das Budget für Ausbildung in Anspruch nehmen. Zu diesem Personenkreis zählen auch abhängigkeitserkrankte Menschen.

    Berlin, 06.01.2021

    Friederike Neugebauer, Geschäftsführerin, fdr+ e.V.
    Dr. Thomas Klein, Geschäftsführer, FVS e.V.
    Corinna Mäder-Linke, Geschäftsführerin, buss e.V.
    Stefan Bürkle, Leiter Geschäftsstelle, BAG CaSu im DCV
    Ralf Klinghammer, stellvertretender Vorsitzender GVS e.V.

    Download der Stellungnahme als PDF

  • Corinna Mäder-Linke ist neue Geschäftsführerin des buss

    Corinna Mäder-Linke, seit 1.1.2021 neue Geschäftsführerin des buss

    Am 1. Januar 2021 hat Corinna Mäder-Linke die Geschäftsführung des Bundesverbandes für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. (buss) übernommen. Die 46-Jährige bringt umfassende Fachkenntnis und langjährige Erfahrung sowohl in der praktischen als auch in der verbandspolitischen Arbeit im Bereich der Suchthilfe mit. Zuletzt war sie drei Jahre als Geschäftsführerin des Gesamtverbandes für Suchthilfe e.V. (GVS) – Fachverband der Diakonie Deutschland tätig.

    Davor hat sie u.a. als Bereichsleiterin der Suchtkrankenhilfe in einem deutschlandweit agierenden Unternehmen – vorwiegend in Thüringen – verschiedene suchtspezifische Einrichtungen unterschiedlicher Leistungsträger aufgebaut und geleitet und in dieser Zeit ebenfalls therapeutisch mit abhängigkeitskranken Menschen gearbeitet.

    Frau Mäder-Linke ist ausgebildete Diplom-Sozialpädagogin, Sozialtherapeutin – Sucht, Master of Arts (Arbeits- und Organisationspsychologie) und Supervisorin. Vielen in der Suchthilfe Tätigen ist sie auch als stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) bekannt. Außerdem ist sie Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Weiterbildung Suchttherapie.

    Seit 2012 lebt Frau Mäder-Linke mit ihrer Familie in Berlin. Zu ihrem Start beim buss sagt sie: „Ich freue mich sehr darauf, von nun an gemeinsam mit dem buss und seinen Mitgliedern für die Belange der von einer Abhängigkeitserkrankung betroffenen Menschen einzutreten und die berechtigten Interessen der Einrichtungen, die Suchtkranke behandeln, betreuen oder begleiten, gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und den Leistungsträgern zu vertreten. All mein Engagement, meine Expertise und gesammelten Erfahrungen in der praktischen, aber auch in der Verbandsarbeit, bringe ich jetzt gerne in meine Tätigkeit als Geschäftsführerin des buss ein.“

    Ihr Vorgänger, Gero Skowronek, verlässt den buss nach zweieinhalb Jahren, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Zu seiner Verabschiedung dankt ihm die Vorstandsvorsitzende, Dr. Wibke Voigt, für seine hervorragende Arbeit in diesem herausfordernden Jahr 2020. Das „Feld sei nun gut bestellt“ für Frau Mäder-Linke als neue Geschäftsführerin. „Ihr offenes und sympathisches Zugehen auf andere Menschen konnten wir im Vorstand und in der Geschäftsstelle schon erleben.“ Der Verband freut sich auf die Zusammenarbeit!

    Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. (buss), 6.1.2021

  • Digitale Arbeit während der COVID-19-Pandemie

    Die COVID-19-Pandemie beeinflusst den Berufsalltag und das Privatleben ganz massiv. Viele Menschen arbeiten plötzlich in großen Teilen von zu Hause aus, müssen die Kinderbetreuung, Arbeit und andere private Verpflichtungen unter einen Hut bekommen. Viele Termine, die sonst im physischen Raum stattfinden, werden plötzlich digital abgehalten. Die völlig neue Arbeitssituation verändert auch das Empfinden digitalen Stresses für Erwerbstätige.

    Um besser zu verstehen, wie sich der digitale Stress und dessen Ursachen während der letzten Monate verändert haben, wurden 1.000 Erwerbstätige befragt, die bereits an einer Vorgängerstudie (Veröffentlichung im Jahr 2019, KONTUREN online berichtete) teilgenommen hatten.

    Kernergebnisse der aktuellen Studie „Digitale Arbeit während der COVID-19-Pandemie. Eine Studie zu den Auswirkungen der Pandemie auf Arbeit und Stress in Deutschland“ sind:

    Kernergebnis 1: Arbeit wird weniger, aber länger

    Die Arbeitsmenge und berufliche Anforderungen sinken aufgrund der veränderten Arbeitssituation durch COVID-19. Dazu zählen netto Arbeitsstunden, emotionale Anforderungen durch die Berufstätigkeit sowie die Anzahl sozialer Konflikte, die alle deutlich gesunken sind. Dennoch verlängern sich die Zeiträume, in denen gearbeitet wird, durch die stärkere Vermischung von Arbeits- und Privatleben.

    Kernergebnis 2: Private Anforderungen steigen

    Private Anforderungen steigen in vielen Dimensionen, insbesondere die finanziellen Sorgen und die quantitativen privaten Anforderungen (i.S.v. zu Hause ist viel zu tun), aber auch emotionale Anforderungen. Gleichzeitig finden die Befragten innerhalb des eigenen Haushalts weniger Unterstützung, da viele Haushaltsmitglieder gleichermaßen betroffen sind. Die Auswirkungen zeigen sich unter anderem in einem erhöhten Work-Home-Konflikt.

    Kernergebnis 3: Gegenläufige Entwicklungen bei digitalen Belastungsfaktoren

    Während manche digitalen Belastungsfaktoren steigen, sinken andere. Probleme, die der digitalen Arbeit zuzuordnen sind, wie die Nicht-Verfügbarkeit von Technik, mangelnde Erfolgserlebnisse oder die Omnipräsenz nehmen zu. Dagegen nehmen Aspekte, die auf Unerfahrenheit im Umgang mit IT zurückzuführen sind, wie Verunsicherung oder Jobunsicherheit ab.

    Kernergebnis 4: Digitaler Stress im Homeoffice ist sehr individuell

    Wie Menschen mit der veränderten Arbeitssituation klarkommen, ist hochgradig individuell. So sind bspw. Menschen mit Führungsverantwortung stärker an die digitale Arbeit gewöhnt, Menschen mit Kindern leiden stärker, und Menschen mit Erfahrung bzw. Zuversicht im Umgang mit digitalen Technologien und Medien kommen besser mit der Homeoffice-Situation zurecht.

    Die Studie wurde im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projektes „Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien – PräDiTec“ durchgeführt. Sie steht zusammen mit vielen weiteren Ergebnissen des Projekts – z. B. einer systematischen Darstellung von Belastungsfaktoren der digitalen Arbeit – auf der Projektwebsite https://gesund-digital-arbeiten.de/ zur Verfügung.

    Quelle: Newsletter Gesund Digital Arbeiten 12/2020; „Zusammenfassung“ (S. 5) in: Gimpel, H. et al. (2020), Digitale Arbeit während der COVID-19-Pandemie. Eine Studie zu den Auswirkungen der Pandemie auf Arbeit und Stress in Deutschland, Augsburg: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT. https://doi.org/10.24406/FIT-N-618361

  • DBDD-Bericht 2020 zur Situation illegaler Drogen

    Kurzbericht
    Workbook Drogen

    Am 9. Dezember hat die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) ihren jährlichen Bericht veröffentlicht (Datenjahr 2019/2020). Dieser bietet einen vollständigen Überblick über das Konsumverhalten in der Altersgruppe der 12- bis 64-Jährigen. Darüber hinaus fasst er Hintergrundinformationen sowie aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Prävention, Beratung, Behandlung, Schadensminimierung und Angebotsbekämpfung zur Verbreitung illegaler Drogen in Deutschland zusammen.

    Einen knappen Überblick über aktuelle Entwicklungen bietet der ca. zehnseitige deutschsprachige Kurzbericht. Einen noch kürzeren Einblick in ausgewählte Themen gibt das Factsheet illegale Drogen. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Themen finden sich in den jeweiligen Workbooks. Um internationale Vergleiche zu erleichtern, erscheinen diese in einer europaweit einheitlichen Struktur. Alle Dokumente stehen über die Website der DBDD zur Verfügung.

    Prävention, niedrigschwellige Hilfen, Schadensminderung

    2019 verstarben 1.398 Menschen an den Folgen des Konsums illegaler Drogen. Für fast die Hälfte der Fälle sind Opioidvergiftungen ursächlich. Aus diesem Grund empfiehlt neben der WHO auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, das Notfallmedikament Naloxon an Laien auszugeben. Die Naloxon-Vergabe an Laien hat sich in Deutschland trotz einiger Modellprojekte bisher nicht flächendeckend durchgesetzt.

    Dazu die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig: „Der Bericht der Drogenbeobachtungsstelle verdeutlicht, wie wichtig der Ausbau der Prävention gerade auch im Hinblick auf illegale Drogen ist. Wir müssen konsequenter und früher intervenieren, wenn Drogenkonsum beginnt, sowie das Angebot der Substitutionsbehandlung ausbauen. Auch das Nasenspray Naloxon, welches sich bereits in einem sehr erfolgreichen Modellprojekt in Bayern bewährt hat, muss deutschlandweit eingesetzt werden. Ich setze mich sehr dafür ein, dass das in dieser Legislaturperiode noch gelingt!“

    Für die Schadensminderung bei Schwerstabhängigen spielen zudem Drogenkonsumräume eine entscheidende Rolle. Derzeit stehen 25 stationäre Konsumräume sowie drei Drogenkonsummobile in acht Bundesländern zur Verfügung.

    Unerlässlich im Rahmen der Schadensminimierung und Behandlung ist ein breites und stabiles Angebot substitutionsgestützter Behandlungen für Menschen mit einer Opioidabhängigkeit. Während die Anzahl substituierter Patientinnen und Patienten seit Jahren in etwa stabil ist, nimmt die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in diesem Bereich ab. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurden bereits 2017 in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung Regelungen geschaffen, um die Verschreibung flexibler zu gestalten und den Ärzten bei der Substitutionstherapie mehr Freiräume zu lassen.

    Konsum illegaler Drogen

    Basierend auf aktuellen Bevölkerungsumfragen haben in Deutschland im Jahr 2018 etwa ein Drittel der Erwachsenen (15,2 Mio.) im Alter von 18 bis 64 Jahren mindestens einmal in ihrem Leben eine illegale Droge konsumiert. Cannabis nimmt unter den illegalen Drogen weiterhin die prominenteste Rolle ein. Im Jahr 2019 haben 10,4 Prozent der 12- bis 17- jährigen Jugendlichen und 46,4 Prozent der 18- bis 25-jährigen Erwachsenen in einer Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) angegeben, mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben.

    Dazu der Leiter der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel: „Auch wenn Cannabis nach wie vor die am weitesten verbreitete illegale Droge ist, sehen wir auch beim Konsum von Stimulanzien und im Bereich Neuer Psychoaktiver Stoffe Hinweise auf eine wachsende Verbreitung. Daher ist es von Bedeutung, auch hier in den nächsten Jahren insbesondere die Präventionsmaßnahmen zu intensivieren.“

    Das Dokumentationssystem „Dot.sys“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellt seit 2006 umfangreiche Informationen zu Maßnahmen der Suchtprävention in Deutschland zur Verfügung. Die über 25.000 „Dot.sys“-Daten 2019 zeigen, dass cannabisbezogene Präventionsmaßnahmen seit 2016 die größten Zuwächse verzeichnen. Diese richten sich insbesondere an Jugendliche und junge Erwachsene und finden meist im Setting Schule statt. Zentrale Ziele sind die Zunahme an Wissen und Stärkung bzw. Veränderung von suchtrelevanten Einstellungen. „Dot.sys“ wird den Fachkräften der Suchtprävention von der BZgA kostenlos und in laufend modifizierter Version angeboten unter: https://www.dotsys-online.de

    Der Bericht der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht erscheint jährlich und fasst als Teil des Europäischen Drogenbeobachtungssystems die Situation illegaler Drogen in Deutschland zusammen.

    Gemeinsame Pressemitteilung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung und der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD), 9.12.2020

  • Tabakatlas 2020 erschienen

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) legt mit der neuen Auflage des Tabakatlas zum dritten Mal eine Zusammenfassung aktueller Daten und Fakten rund um den Tabakkonsum sowie der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken und gesellschaftlichen Folgen vor. Der Bericht verdeutlicht das enorme Potential der Krebsprävention und präventiver Gesundheitspolitik.

    „Rauchen ist nach wie vor der wichtigste vermeidbare Krebsrisikofaktor, die Tabakkontrolle hat daher enormes Potenzial für die Krebsprävention. Mit der neuen Ausgabe des Tabakatlas wollen wir die Öffentlichkeit und die Medien auf den neuesten Stand der Wissenschaft bringen und gleichzeitig auf Basis dieser Informationen politische Entscheidungsträger zum Handeln veranlassen“, sagt Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).

    Daniela Ludwig, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, sagt: „Wir haben in den letzten Jahren bei der Tabakprävention viel erreicht! Dennoch müssen wir weiter aktiv daran arbeiten, Menschen vom Rauchen abzubringen. Durch gezielte und weitere Maßnahmen möchte ich erreichen, dass wir Raucher beim Rauchstopp noch besser unterstützen. Dazu muss auch die Politik das Thema Rauchentwöhnung höher auf die Agenda setzen und zur Selbstverständlichkeit eines jeden behandelnden Hausarztes oder Facharztes machen.”

    Rauchen verursacht nach wie vor in besonderem Maße Krankheit und Tod: Allein in Deutschland waren im Jahr 2018 rund 85.000 Krebsfälle durch das Rauchen verursacht, und etwa 127.000 Menschen starben an den Folgen der zahlreichen tabakbedingten Erkrankungen. Das entspricht 13,3 Prozent aller Todesfälle – diese Zahl ist seit der letzten Berechnung 2013 noch weiter gestiegen. Der Tabakatlas gibt einen umfassenden Überblick über das Ausmaß des Rauchens, die Folgen des Tabakkonsums sowie über Lösungsstrategien, um die Schäden zu verringern, die das Rauchen der Gesellschaft zufügt.

    Immer noch rauchen 26,4 Prozent der Männer und 18,6 Prozent der Frauen sowie 6,0 Prozent der Jungen im Alter von zwölf bis 17 Jahren und 5,2 Prozent der gleichaltrigen Mädchen. Dabei gibt es nach wie vor zwischen den einzelnen Bundesländern erhebliche Unterschiede im Raucheranteil.

    Neben den gesundheitlichen Konsequenzen des Rauchens beleuchtet der Tabakatlas 2020 auch die immensen Folgen des Rauchens für Gesellschaft und Umwelt: Die Kosten, die das Rauchen verursacht, belaufen sich in Deutschland auf jährlich 97 Milliarden Euro. Die weltweite Tabakproduktion hat zusätzlich auch einen großen ökologischen Fußabdruck: Sie verursacht eine ähnliche Menge klimaschädlicher Gase wie das gesamte Industrieland Österreich.

    Gleichzeitig zeigt der Atlas Lösungsansätze auf, über die vor allem die Politik dazu beitragen kann, den Tabakkonsum zu senken. Den Trend zum Nichtrauchen zu stärken, ist ein wichtiges Ziel der Krebsprävention. „Einige Länder – etwa Finnland und Irland – haben dazu bereits verpflichtende Strategien entwickelt. Auch Deutschland sollte sich als strategisches Ziel setzen, bis 2040 rauchfrei zu werden, d. h. den Raucheranteil in der Bevölkerung auf unter fünf Prozent zu senken“, sagt Katrin Schaller, kommissarische Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im DKFZ.

    Der „Tabakatlas Deutschland 2020“ ist als pdf-Datei unter http://www.tabakkontrolle.de  abrufbar.

    Der „Tabakatlas Deutschland 2020“ ist als Print-Version im Pabst-Verlag erschienen (ISBN: 978-3-95853-638-8) und im Buchhandel zum Preis von 19,95 Euro erhältlich und in den Nationalbibliotheken von Deutschland, der Schweiz und Österreich einsehbar.

    Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, 1.12.2020

  • Digitale Transformation und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken

    Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtpflege (BAGFW) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erneuerten im Oktober 2020 ihre 2017 geschlossene strategische Zusammenarbeit in Fragen der digitalen Zukunft der Freien Wohlfahrtspflege.

    Juliane Seifert, Staatsekretärin im BMFSFJ, und Dr. Ulrich Schneider, Mitglied der BAGFW-Mitgliederversammlung (Der Paritätische Gesamtverband), kamen mit Verbändevertreter/innen und Expert/innen in Berlin zu einem Treffen zusammen, um eine gemeinsame Erklärung „Digitale Transformation und gesellschaftlicher Zusammenhalt – Gemeinsame Erklärung von BMFSFJ und BAGFW zur Wohlfahrtspflege in der Digitalen Gesellschaft“ zur Fortsetzung der digitalpolitischen Zusammenarbeit zu unterzeichnen.

    Digitale Kompetenzen und Anwendungen ausbauen

    Das Bundesfamilienministerium und die BAGFW bekräftigen und erneuern damit ihre strategische Partnerschaft zur sozialen Gestaltung der digitalen Gesellschaft. Sie sind sich einig, dass die digitalen Kompetenzen, Werkzeuge und Anwendungen sowie darauf bezogene Konzepte und Programme in der Freien Wohlfahrtspflege schnellstens ausgebaut werden müssen. Ziel muss es sein, im Sozialen den Herausforderungen und Risiken der Digitalisierung gerade für von Not und Ausgrenzung bedrohte Menschen zu begegnen. Aber auch, die damit verbundenen neuen Möglichkeiten, Hilfen zu erbringen, besser auszuschöpfen. Gleichzeitig sind sich BMFSFJ und BAGFW darüber einig, dass damit einhergehend auch eine gezielte strategische Gestaltung der digitalen Transformation sowohl auf politischer als auch auf verbandlicher und einrichtungsbezogener Ebene erfolgen muss.

    Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert: „Die Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege ist in Zeiten der Pandemie wichtiger denn je. Gleichzeitig macht es die aktuelle Krise auch notwendig, die digitalen Möglichkeiten besser zu nutzen. Genau hier setzt die Gemeinsame Erklärung zwischen dem Bundesfamilienministerium und der Freien Wohlfahrtspflege an: Wir wollen die Chancen der Digitalisierung in der sozialen Arbeit weiter nutzen, um innovative Lösungsansätze zu entwickeln. So können hilfebedürftige Menschen von Jung bis Alt in ihrem Alltag besser unterstützt werden bspw. durch Künstliche Intelligenz, Robotik oder die Vermittlung Digitaler Kompetenzen. Mit dem Förderprogramm ‚Zukunftssicherung der Freien Wohlfahrtspflege durch Digitalisierung‘ haben wir dazu einen wichtigen Schritt unternommen. Daran wollen wir festhalten und das Digitalisierungsprogramm – vorbehaltlich des Beschlusses des Bundeskabinetts – im nächsten Jahr in gleicher Höhe wie 2020 – also rund drei Millionen Euro – fortsetzen.“

    Dr. Ulrich Schneider, Mitglied der BAGFW-Mitgliederversammlung (Der Paritätische Gesamtverband), betont: „Als Teil einer lebendigen Zivilgesellschaft stehen die Wohlfahrtsverbände für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Solidarität und eine Gesellschaft, die alle mitnimmt und keinen zurücklässt. Diese Werte gilt es auch im digitalen Raum zu bewahren und mit digitalen Mitteln zu stärken. Als Katalysator und Moderatoren begleiten wir die digitale Transformation in Strukturen und Mitgliedschaft – ein dynamischer, kreativer und innovativer Prozess, in dem sich nicht nur neue Formen der Zusammenarbeit und Kommunikation entwickeln, sondern auch die Bedeutung von Wissenstransfer und Beteiligung praktisch erlebbar sind. Das Förderprogramm des BMFSFJ ‚Zukunftssicherung der Wohlfahrtspflege durch Digitalisierung‘ bietet den Spitzenverbänden die Chance, dieser Aufgabe gerecht zu werden und digitalen Wandel für und mit den Menschen zu gestalten.“

    Neue Angebote schaffen

    Ausgangspunkt der Zusammenarbeit war eine 2017 geschlossene Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit der Partner. In diesem Rahmen wurde auch das BMFSFJ-Förderprogramm „Zukunftssicherung der Freien Wohlfahrt durch Digitalisierung“ initiiert, in dem die Spitzenverbände gemeinsam die Digitalisierung im Sozialen strategisch weiterentwickeln. Mit den Projekten entwickeln die Spitzenverbände Inhalte wie auch Strukturen digital weiter und schaffen somit neue Angebote für die Nutzerinnen und Nutzer. Konkret geht es um Beratungs-, Qualifizierungs- und Bildungsangebote, Förderung von Personal- und Organisationsentwicklung, verbandlicher Kommunikation, freiwilligem Engagement, Management und sozialraumorientierter Arbeit. Darüber hinaus teilen sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen und bieten damit einen Mehrwert, der weit über die Freie Wohlfahrtpflege hinausreicht.

    „Digitale Agenda für eine lebenswerte Gesellschaft“

    Die Zusammenarbeit zwischen dem BMFSFJ und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege ist ein zentraler Baustein in der „Digitalen Agenda für eine lebenswerte Gesellschaft“ des Ministeriums. Gemeinsam mit Verbänden, Vereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen gestaltet das BMFSFJ den digitalen Wandel, um die gesellschaftspolitischen Chancen der digitalen Transformation zu nutzen.

    Pressestelle des Bundesfamilienministeriums, 22.10.2020

  • Kommunale Alkoholprävention

    Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) engagiert sich seit mehr als zehn Jahren in der kommunalen Alkoholprävention im Rahmen der Jugendkampagne „Alkohol? Kenn dein Limit.“ mit Unterstützung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV). Mit ihrer neuen Serviceplattform www.vortiv.de – „Vor Ort aktiv“ bündelt die BZgA jetzt die Erfahrungen dieses Engagements, um kommunale Institutionen, Fachkräfte und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bei der kommunalen Alkoholprävention zielgerichtet zu unterstützen und ein nachhaltiges Netzwerkmanagement auf kommunaler Ebene auszubauen.

    Daniela Ludwig, Drogenbeauftragte der Bundesregierung: „Städten, Gemeinden und Landkreisen kommt bei der Alkoholprävention eine immense Schlüsselrolle zu. Nur mit dem Engagement der Kommunen kann die Drogen- und Suchtpolitik von Bund und Ländern dauerhaft  und zielgerecht wirken. Daher freue ich mich sehr, dass mit der neuen Serviceplattform der BZgA die kommunale Alkoholprävention systematisch und nachhaltig unterstützt wird und die Anstrengungen für eine aktive Präventionsarbeit vor Ort gestärkt werden.“

    Prof. Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA: „Kommunale Alkoholprävention ist von großer Bedeutung, um Menschen in ihren Lebenswelten direkt vor Ort zu erreichen und für die Risiken des Konsums von Alkohol zu sensibilisieren. Im Sinne einer nachhaltigen Alkoholprävention gilt es, die vielfältige Präventionsarbeit und die Angebote der kommunalen Akteure von Bundesseite zu unterstützen, diese zu vernetzen und dadurch die lokale und regionale Zusammenarbeit zu fördern und zu stärken. Dafür bieten wir mit unserer neuen Plattform  interessierten Kommunen den Service individueller Beratung – online, telefonisch und persönlich vor Ort. Für die Unterstützung bei der Stärkung der kommunalen Alkoholprävention gilt mein herzlicher Dank dem Verband der Privaten Krankenversicherung.“

    Dr. Florian Reuther, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV): „Der Verband der Privaten Krankenversicherung unterstützt von Anfang an – seit dem Start im Jahr 2009 – die Jugendkampagne ‚Alkohol? Kenn dein Limit.‘ und damit auch den Schwerpunkt kommunale Alkoholprävention. Wir freuen uns sehr, dass mit der VORTIV-Serviceplattform die langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich verstetigt und digital ausgerichtet werden. Wir wünschen dem Lebenswelt-Projekt viel Erfolg!“

    VORTIV – Vor Ort aktiv

    VORTIV bietet auf www.vortiv.de kommunalen Akteuren, Präventionsfachkräften, Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung und weiteren Akteuren folgende Services:

    • Persönliche Beratung zur Planung und Umsetzung kommunaler Alkoholpräventionsmaßnahmen entsprechend den Bedarfen vor Ort. Die Beratung kann unter anderem umfassen: Bedarfsanalyse, strategische Planung, Umsetzung, Evaluation, kommunales Netzwerkmanagement. Die Beratung erfolgt per E-Mail, telefonisch oder vor Ort.
    • Telefonische Beratung bietet die Service-Nummer 08000–867848 zu Fragen der kommunalen Alkoholprävention, Servicezeiten: Montag bis Freitag, 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr.
    • Fortbildungen vor Ort oder digital zum kommunalen Netzwerkmanagement in der Alkoholprävention
    • Informationen zu rechtlichen Handlungsmöglichkeiten der kommunalen Alkoholprävention
    • Überblick zu allen Angeboten der BZgA für Kommunen im Kontext Alkoholprävention mit der Möglichkeit, diese Angebote zu nutzen

    Das Angebot VORTIV der BZgA wird in Kooperation mit den Koordinatorinnen und Koordinatoren für Suchtprävention der Bundesländer kontinuierlich weiterentwickelt.

    Gemeinsame Pressemitteilung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV), 8.12.2020

  • Alkohol ab 16

    Mit 16 Jahren darf man in deutschsprachigen Ländern Alkohol trinken. Ein Ökonomen-Team aus Passau und Linz hat in einer umfassenden Datenanalyse erstmals die Wirkung dieses – international eher niedrigen – gesetzlichen Mindestalters am Beispiel von Österreich untersucht.

    Ein niedriges gesetzliches Mindestalter beim Alkoholkonsum schadet ganz besonders Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscher-Team der Universität Passau und der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) in der Studie „Minimum Legal Drinking Age and the Social Gradient in Binge Drinking“, die kürzlich als JKU Working Paper erschienen ist.

    Die Forschenden haben am Beispiel Österreich erstmals eine umfassende Datenanalyse durchgeführt, die die Wirkung der gesetzlichen Regelung untersucht. Sie kombinierten dazu Daten aus Befragungen von Jugendlichen mit Daten der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zu Krankenhauseinweisungen von 91.208 Jugendlichen im Alter von 13 bis 21 Jahren. Dazu nutzten sie Daten einer Feldstudie, bei der minderjährige Testkäuferinnen und -käufer versuchten, eine Flasche Wodka in Geschäften zu kaufen.

    Unmittelbar nach dem 16. Geburtstag zeigen die Auswertungen einen sprunghaften Anstieg im Alkoholkonsum und in der Zahl der Alkoholvergiftungen. Interessanterweise deuten die Analysen aber darauf hin, dass sich diese Effekte kaum mit einem einfacheren Zugang zu Alkohol erklären lassen. Vielmehr ändern die Jugendlichen nach dem 16. Geburtstag einfach ihre Einschätzung, wie schädlich Komasaufen am Wochenende ist. „Offenbar herrscht das Motto: Wenn es der Gesetzgeber erlaubt, dann kann es gar nicht mehr so tragisch sein“, fasst Stefan Bauernschuster, Professor für Public Economics an der Universität Passau, zusammen.

    Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick

    Sobald das Alter von 16 erreicht ist, macht das Forschungsteam folgende Schätzungen:

    • Die Menge an Alkohol, die die Jugendlichen in der vergangenen Woche konsumierten, steigt sprunghaft – und zwar von 55 Gramm Alkohol pro Woche auf 105 Gramm. Das entspricht etwa drei 0,5-Liter-Flaschen Bier mehr im Durchschnitt.
    • Die Wahrscheinlichkeit, im vergangenen Monat bei mindestens einer oder zwei Gelegenheiten fünf alkoholische Getränke oder mehr getrunken zu haben, steigt jeweils um zehn Prozentpunkte.
    • Die Wahrscheinlichkeit, mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingewiesen zu werden, steigt unmittelbar nach dem 16. Geburtstag um 42 Prozent.

    „Männliche Jugendliche und Teenager aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status reagieren am stärksten auf die gesetzliche Erlaubnis, Alkohol zu trinken“, sagt die Passauer Doktorandin Hannah Lachenmaier, die die Idee zu der Studie hatte. Bei ihrer von Professor Bauernschuster betreuten Masterarbeit, in der sie sich mit Alkoholkonsum und Kriminalität befasste, fiel ihr auf, dass es kaum Studien aus Europa zu diesem Thema gibt. Und das, obwohl Europa in Sachen Alkoholkonsum weltweit an der Spitze steht und das Mindestalter für Alkoholkonsum deutlich niedriger ist als in den USA, woher die meisten Studien stammen.

    Keinen Effekt zeigten die Daten bei Jugendlichen, die Alkoholmissbrauch bei den Eltern erleben. Das heißt allerdings nicht, dass diese Jugendlichen keinen Alkohol konsumieren würden. Eher im Gegenteil: Der Alkoholkonsum sei bei dieser Risikogruppe bereits vor dem Erreichen des gesetzlichen Mindestalters hoch gewesen. Die Jugendlichen würden das Verhalten der Eltern imitieren, so die Interpretation der Forschenden.

    Wenn die Politik Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien besser vor Alkoholmissbrauch schützen möchte, könnte man laut den Forschenden eine schrittweise Anhebung des gesetzlichen Mindestalters in Erwägung ziehen. Alternativ solle aber auch über Maßnahmen nachgedacht werden, die sich speziell an die Risikogruppe der Teenager aus alkoholvorbelasteten Familien richten. Genau für diese Risikogruppe helfe eine Anhebung des gesetzlichen Mindestalters nämlich nicht.

    Originalpublikation: http://www.economics.jku.at/papers/2020/wp2025.pdf

    Pressestelle der Universität Passau, 4.12.2020

  • Crowdinvesting für Projekt in der Suchthilfe

    Geplante Kindertagesstätte

    Die oberfränkische Fachklinik Haus Immanuel, die zur Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband GmbH (DGD) mit Sitz in Marburg gehört, ist eine Einrichtung zur Behandlung suchtkranker Frauen. Bis Mitte 2022 plant die Klinik den Bau eines neuen, bundesweit einzigartigen vollstationären Mutter-Kind-Zentrums mit hausinterner KITA. Projektstart ist im Februar 2021.

    Die neue Einrichtung soll Platz für zwölf Mütter, die eine Suchtrehabilitation abgeschlossen haben, mit bis zu 16 Kindern bieten. Es sind insgesamt zwölf Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern geplant. Im neuen Mutter-Kind-Zentrum sollen die Kinder gefördert und in den Mittelpunkt der Behandlung gerückt werden. Es werden sowohl die körperlichen als auch die psychischen Defizite strukturiert behandelt. In der Kindertagesstätte können Mütter ihre Kinder, deren Förderungsbedarf durch das Jugendamt festgestellt wurde, zur Betreuung unterbringen. Insgesamt sind in der KITA drei Gruppen vorgesehen: Krippe, Kindergarten und Hort. Das Mutter-Kind-Zentrum pflegt zur optimalen Behandlung und Förderung der Mütter und ihrer Kinder ein enges Netzwerk zu Ärzten, Frühfördereinrichtungen, Schulen, Arbeitgebern, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen sowie zu öffentlichen Behörden und Ämtern.

    „Unser Mutter-Kind-Zentrum wird die oftmals gestörte Mutter-Kind-Beziehung verbessern, um den Kindern wieder eine tragfähige, von Vertrauen geprägte Beziehung zur Mutter zu ermöglichen“, so Gotthard Lehner, Leiter der Fachklinik Haus Immanuel.

    Finanzierung über Spenden und Crowdinvesting

    Die Baukosten des Mutter-Kind-Zentrums sowie der Kindertagesstätte belaufen sich insgesamt auf 6,5 Millionen Euro. Eine Summe in Höhe von 1,5 Millionen Euro soll über modernes Crowdinvesting finanziert werden. Anders als beim Crowdfunding können engagierte Bürger*innen das Projekt hierbei mit Darlehen, statt mit Spenden, unterstützen. Angeboten wird dies in Form mehrerer nachrangiger Darlehen über die Online-Plattform Xavin. Die auf die Finanzierung gemeinnütziger und sozialer Großprojekte spezialisierte Plattform kooperiert bei ihrer Arbeit mit der Baden-Württembergischen Bank. Anleger*innen können sich bei einer Laufzeit von acht Jahren mit einem festen jährlichen Zinssatz von 0,9 Prozent beteiligen. Den Zins erhalten die Anleger*innen jährlich, die Tilgung der Darlehenssumme erfolgt am Ende der Laufzeit.

    Informationen und Ansprechpartner zum Crowdinvesting-Projekt „Mutter-Kind-Zentrum der Fachklinik Haus Immanuel“ finden Sie hier: https://www.xavin.eu/projects/haus-immanuel

    Pressemitteilung der Fachklinik Haus Immanuel, 20.10.2020