Kategorie: Kurzmeldungen

  • HIV früh erkennen und behandeln

    Bei Drogenkonsument/innen und Substituierten wird HIV oft zu spät diagnostiziert oder bleibt lange unbehandelt. Ein Leitfaden der Deutschen Aidshilfe unterstützt Ärztinnen und Ärzte in der täglichen Praxis.

    Die Broschüre „HIV früh erkennen und behandeln. Ein Leitfaden für die Suchtmedizin“ soll Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, HIV zu thematisieren, einen HIV-Test anzubieten und gegebenenfalls den Therapiebeginn einzuleiten, um schwere Erkrankungen zu vermeiden. Der Leitfaden ist Teil der Kampagne „Kein Aids für alle – bis 2020!“. Er wurde gemeinsam mit Fachleuten aus Suchtmedizin, HIV-Behandlung, Drogenhilfe und Selbsthilfe entwickelt.

    Prof. Dr. Markus Backmund, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, unterstützt das Projekt: „Wir Suchtmediziner/innen können eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn es darum geht, Aids-Erkrankungen zu verhindern. Für viele Patient/innen sind wir die einzige Anlaufstelle im Gesundheitsbereich. Durch die Substitutionsbehandlung stehen wir kontinuierlich in Kontakt mit ihnen – eine gute Grundlage für regelmäßige HIV-Tests und erfolgreiche Behandlungen.“

    Frühe Diagnose und Behandlung sind möglich

    Menschen, die intravenös Drogen konsumieren oder substituiert werden, sind nicht nur deutlich häufiger von HIV betroffen als die Gesamtbevölkerung. Bei ihnen wird HIV oft auch zu spät diagnostiziert. Auch wenn die Infektion bekannt ist, bleiben sie in vielen Fällen lange ohne Therapie – obwohl eine HIV-Infektion nach den medizinischen Leitlinien so früh wie möglich behandelt werden sollte. Schwere Erkrankungen bis hin zu Aids sind die Folge. Außerdem bleibt HIV ohne Therapie beim Sex übertragbar.

    In Zahlen: 4,9 Prozent der Teilnehmer/innen in der DRUCK-Studie des Robert-Koch-Instituts (2016) waren HIV-positiv (Gesamtbevölkerung: 0,1 Prozent). Die Therapiequote bei Patient/innen mit HIV-Diagnose lag bei nur 55 Prozent (insgesamt: 92 Prozent).

    Haupthindernisse für einen frühzeitigen Therapiebeginn sind zu seltene und unregelmäßige HIV-Tests, häufige Ortswechsel sowie häufig ärztliche Bedenken, dass die regelmäßige Einnahme der Medikamente nicht gelingen könnte. Studien und Erfahrungen aus der Praxis zeigen jedoch: Auch Drogenkonsument/innen sind motiviert, sich behandeln zu lassen, und die Therapie funktioniert ähnlich zuverlässig wie bei anderen Patient/innen. „HIV-Therapien sind inzwischen simpel und wirken selbst dann gut, wenn die Adhärenz nicht perfekt ist“, betont Dr. Hubert Schulbin, substituierender HIV-Spezialist in Berlin. Ähnliches gilt mittlerweile für Hepatitis C. Auch bei der HCV-Infektion unterbleibt häufig eine Therapie, weil Ärztinnen und Ärzte oder Patient/innen Bedenken haben – trotz hervorragender Heilungschancen.

    Ob HIV oder HCV: Grundlage für eine erfolgreiche Therapie sind Gespräche. So lassen sich regelmäßige Tests empfehlen, Risiken ausloten und Ängste vor der Diagnose oder Nebenwirkungen ausräumen. Dazu sagt Armin Schafberger, Arzt und Medizinreferent der Deutschen Aidshilfe: „Solche Gespräche sind manchmal nicht einfach, weil sie sensible Themen wie Drogenkonsum und Sexualität berühren. Diese Broschüre soll es in jeder Hinsicht erleichtern, im entscheidenden Moment die Weichen Richtung Therapieerfolg zu stellen.“

    Tipps von Anamnese über Testverfahren bis Weiterbehandlung

    Die kompakte Broschüre liefert:

    • Informationen über Test- und Abrechnungsmöglichkeiten
    • Gesprächsleitfäden
    • einen Entscheidungsbaum zu Test und Behandlung von HIV und Hepatitis C
    • aufschlussreiche Fallbeispiele
    • Links zu weiteren Informationen und HIV-Schwerpunkteinrichtungen

    Aids ist heute vermeidbar

    Mit der Kampagne „Kein Aids für alle!“ arbeitet die Deutsche Aidshilfe darauf hin, dass in Deutschland im Jahr 2020 kein Mensch mehr an Aids erkranken muss. Zurzeit leben laut Robert-Koch-Institut mehr als 11.000 Menschen unwissentlich mit HIV – also mit der Gefahr einer vermeidbaren schweren Erkrankung. Wenn die Infektion hingegen rechtzeitig diagnostiziert und behandelt wird, können Menschen mit HIV heute alt werden und leben wie alle anderen. HIV ist unter einer gut wirksamen Therapie auch nicht mehr übertragbar.

    Mehr Informationen:

    Die Broschüre zum Download / Bestellmöglichkeit

    Ähnliche Broschüren sind bereits für Hausarztpraxen und die Gynäkologie erschienen:
    Hausarztpraxen
    Gynäkologie

    Fortbildungen für Ärzt_innen

    Kampagne „Kein Aids für alle – bis 2020!“

    Pressestelle der Deutschen Aidshilfe, 16.04.2019

  • 61 Modellprojekte zur Förderung vorgesehen

    Das Programm rehapro soll Modellprojekte zur Stärkung der Rehabilitation fördern. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 28. März 2019 entschieden, welche Projekte im Rahmen des ersten Förderaufrufs in die engere Prüfung kommen.

    61 Modellprojekte von insgesamt 97 beantragten Projekten haben die Vorauswahl bestanden. Davon alle 28 beantragten Projekte aus dem SGB VI-Bereich sowie 33 Projekte aus dem SGB II-Bereich. 36 Modellprojekte aus dem SGB II-Bereich wurden nicht zur Förderung ausgewählt, wie die zuständige unabhängige Fachstelle rehapro berichtet, die bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See angesiedelt ist.

    Derzeit findet die vertiefte zuwendungsrechtliche Prüfung der Anträge durch die Fachstelle rehapro und den Grundsatz- und Querschnittsbereich der DRV Bund statt. Im Anschluss werden die rechtsverbindlichen Zuwendungsbescheide von der Fachstelle rehapro sukzessive versendet.

    Im Sommer 2019 und im Jahr 2020 sind weitere Förderaufrufe geplant. Modellprojekte, die im Rahmen des ersten Förderaufrufs nicht zur Förderung vorgesehen sind, können sich mit einem gegebenenfalls überarbeiteten Antrag erneut bewerben.

    Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Fachstelle:
    https://www.modellvorhaben-rehapro.de/DE/Aktuelles/Aktuelles_node.html

    Quelle: Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht, https://www.reha-recht.de, 11.04.2019

  • DHS Jahrbuch Sucht 2019

    Das DHS Jahrbuch Sucht 2019 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) liefert die aktuellen Zahlen, Fakten und Trends zum Konsum legaler und illegaler Drogen sowie zu abhängigem Verhalten.

    Die legalen Drogen Alkohol und Tabak sind nach wie vor für den größten Teil der Suchtproblematik in Deutschland verantwortlich. Daher fordert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zum wiederholten Male effektive Präventionsmaßnahmen wie Preiserhöhungen, Angebotsreduzierung und eine Beschränkung der Werbung für Alkohol. Zudem sind das Verbot der Abgabe von Alkohol an Jugendliche unter 18 Jahren und die Optimierung des Jugendschutzes notwendig. Darüber hinaus gilt es, in der Prävention die unterschiedlichen Problemlagen von Frauen und Männern sowie die soziale Benachteiligung stärker zu berücksichtigen.

    Alkohol

    In diesem Jahrbuch greifen wir zum zweiten Mal auf eine verbesserte Ermittlung des Gesamtverbrauches an Trinkalkohol in Deutschland zurück. Im Jahr 2016 betrug der Alkoholkonsum 10,6 Liter Reinalkohol pro Bundesbürgerin oder Bundesbürger im Lebensalter ab 15 Jahren.

    Der Gesamtverbrauch an alkoholischen Getränken sank im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 2,38 Prozent auf 131,1 Liter Fertigware pro Kopf der Bevölkerung. Trotz eines geringen Konsumrückgangs kann keine Entwarnung gegeben werden: Deutschland ist ein Hochkonsumland in Bezug auf Alkohol. Etwa 74.000 Todesfälle jährlich werden durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht.

    Die Zahl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen zehn und 20 Jahren, die 2017 aufgrund eines akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt wurden, bleibt mit insgesamt 21.721 weiterhin auf hohem Niveau.

    Mit 314.211 Behandlungsfällen wurde im Jahr 2017 die Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol (F 10)“ als zweithäufigste Hauptdiagnose in Krankenhäusern gestellt. Von den Patienten waren 228.928 Männer und 85.283 Frauen.

    Tabak

    Der Verbrauch von Zigarren und Zigarillos ist 2018 um 6,5 Prozent auf 3.007 Millionen Stück gestiegen. Zugenommen haben auch der Konsum von Pfeifentabak (+2,7 Prozent) und Feinschnitt (+0,2 Prozent). In Deutschland wurden 74.360 Millionen Zigaretten konsumiert, das entspricht einem leichten Konsumrückgang um 1,9 Prozent.

    Einer Studie zufolge waren im Jahr 2015 rund elf Prozent der 18-jährigen und älteren Bevölkerung, die selbst nicht rauchten, regelmäßig in geschlossenen Räumen einer Passivrauchbelastung ausgesetzt. Die höchste Exposition wurde bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 29 Jahren festgestellt.

    Im Jahr 2013 starben rund 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Das waren 13,5 Prozent aller Todesfälle.

    Psychotrope Medikamente

    Hinsichtlich des Missbrauchs und der Abhängigkeit von Arzneimitteln zeigt sich ein unverändertes Bild: Es wird geschätzt, dass durch Langzeitanwendung in Deutschland etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen abhängig von Tranquilizern und Schlafmitteln sind – in erster Linie ältere Menschen und darunter vor allem Frauen, weitere etwa 300.000 bis 400.000 Menschen von anderen Arzneimitteln. Dies sind insgesamt rund 1,5 bis 1,9 Millionen Menschen.

    Schlafmittel und Tranquilizer enthalten zumeist vergleichbare Wirkstoffe, die letztlich in der Wirkweise auf die so genannten Benzodiazepine zurückgehen. In diese Gruppe gehören auch die so genannten „Z-Drugs“, die in der Zwischenzeit am häufigsten als Schlafmittel verordnet werden und deren Wirkstoffnamen Zolpidem und Zopiclon allesamt mit dem Buchstaben Z beginnen. All diese Mittel sind mit der unerwünschten Wirkung „Abhängigkeit“ belastet, die bereits nach mehreren Wochen der ununterbrochenen Einnahme auftritt.

    Illegale Drogen

    Cannabis ist sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Erwachsenen die mit Abstand am häufigsten konsumierte illegale Droge.

    Der Handel mit Rauschgift im Internet (Darknet/Deepweb/Clearnet) hat sich als fester Vertriebsweg für Drogen in Deutschland etabliert.

    Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 1.276 Rauschgifttote registriert. Im Vorjahr waren es vier Personen weniger. Das Durchschnittsalter der registrierten Drogentoten lag 2017 bei 39 Jahren. Der Trend des ansteigenden Durchschnittsalters der Drogentoten hält seit Jahren an und geht mit einer zunehmenden Anzahl von Drogentoten durch Langzeitschädigungen ein-her.

    Pathologisches Glücksspiel

    Auf dem legalen deutschen Glücksspiel-Markt wurde 2017 ein Umsatz (gleichbedeutend mit Spieleinsätzen) von 46,3 Mrd. Euro erzielt, das entspricht einem Anstieg um 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten sind mit Abstand der größte Umsatz- und Ertragsträger. 7,1 Milliarden Euro am Bruttospielertrag (Differenzbetrag aus den Einsätzen und Gewinnen der Spieler: Kasseninhalt) erzielten die Aufsteller mit diesen Geräten, das ist ein Anteil von 58 Prozent am Gesamtmarkt.

    Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hg.): DHS Jahrbuch Sucht 2019
    Pabst Science Publishers, Lengerich 2019, 263 Seiten, € 20,00, ISBN 978-3-95853-483-4, auch als E-Book erhältlich

    Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), 17. April 2019

  • Notruf Suchtberatung

    Wer von ihnen hat mit der Flasche ein Problem? Suchtberatungsstellen bieten Hilfe! Foto©Africa Studio – Fotolia.com

    Bundesweit übernehmen Suchtberatungsstellen vor Ort eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge und können erfolgreiche Leistungen vorweisen. In einer gemeinsamen Aktion machen die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. und Mitgliedsverbände sowie der Fachverband Sucht e.V. auf die teilweise prekäre Finanzsituation der Beratungsstellen vor Ort aufmerksam. Der „Notruf Suchtberatung“ wurde Anfang April an alle Mitglieder des Bundestages, die Bundesdrogenbeauftragte, das Referat Drogen und Sucht im BMG, die Gesundheitsminister der Länder, die kommunalen Spitzenverbände sowie an den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. übermittelt. Der „Notruf“ lautet im Originaltext:

    Die Hilfen für suchtkranke Menschen sind bedroht!

    Mehr als eine halbe Million suchtkranke Menschen und deren Angehörige werden jährlich in ca. 1.500 Suchtberatungsstellen erreicht, betreut und in weiterführende Behandlungen vermittelt. Mit ihrer Brückenfunktion zwischen Beratungsstelle und dem Gesundheitssystem trägt die Suchtberatung nachweislich dazu bei, die Verelendung der Klient*innen zu verhindern und so die Folgekosten der Suchterkrankung zu verringern. Suchtberatung in dieser Form angeboten, hat ein Alleinstellungsmerkmal, das nicht von anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen erbracht werden kann, nicht von Ärzt*innen, auch nicht von niedergelassenen Therapeut*innen.

    Eine gut ausgebaute kommunale Suchthilfe und frühere Hilfen können Leben retten! Sie stehen für:

    • niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten zu einem qualifiziertenHilfeangebot, auch digital,
    • Raum zur Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung, um weitergehende Hilfeleistungen wie Beratung, Vermittlung oder Behandlung erst zu ermöglichen,
    • Vermittlung in weiterführende Hilfen bzw. Rehabilitation und in Sucht-Selbsthilfe,
    • bedarfsgerechte Beratung und Begleitung in Bezug auf die Anliegen und Problematiken von Klient*innen, auch über den Suchtmittelkonsum hinaus,
    • Erschließung des Zugangs zu einem regionalen Hilfenetzwerk für Betroffene

    Dem gegenüber steht eine gravierende Unterfinanzierung dieser Beratungsstellen. Die kommunale Finanzierung der Suchtberatungsstellen, die den größten Anteil der Finanzierung ausmacht, stagniert in den letzten Jahren weitgehend. Dabei muss immer mehr für immer weniger geleistet werden: Personalkosten steigen, die Anforderungen an Qualität nehmen zu und die Hilfeangebote müssen flexibler und individueller gestaltet werden. Die Folgen sind absehbar und betreffen alle.

    Die Erfolge der Suchtberatung sprechen für sich.

    Zwei Drittel der Klient*innen geben nach Betreuungsende an, dass sie ihre Problematik erfolgreich bewältigt haben oder sich diese gebessert hat. Die Vermittlung in weiterführende Hilfe ist ein zentrales Element: 65 Prozent der Zuweisung in medizinische Rehabilitation erfolgt aus den Suchtberatungsstellen. Mit einer Suchtberatung können Arbeitsplätze während und nach einer Behandlung erhalten bleiben. Mit jedem stabilisierten suchtkranken Menschen wird auch das familiäre Umfeld unterstützt. Somit profitieren bedeutend mehr Menschen von der Sucht-beratung als statistisch erfasst.

    Erfolgreiche Suchtberatung gibt es nicht zum Nulltarif!

    Suchtberatung kann nur mit einer stabilen, verlässlichen und kostendeckenden Finanzierung gelingen! Zeigen Sie suchtkranken Menschen und ihren Angehörigen, dass sie nicht allein sind. Helfen Sie den Einrichtungen dabei, diesen Menschen zu helfen.

    Deshalb bitten wir Sie um Ihre Unterstützung!

    Hamm, April 2019

    Der „Notruf Suchtberatung“ steht hier als pdf zum Download bereit.

  • Cannabidiol kann die Wirkung von THC verstärken

    Foto©Mykola Mazuryk – Fotolia.com

    Bislang nahm man an, dass der Cannabisbestandteil Cannabidiol (CBD) keine psychoaktive Wirkung hat und den Effekt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) abmildert. Einer experimentellen Studie zufolge müssen beide Annahmen korrigiert werden.

    Inhalieren, zehn Sekunden Luft anhalten und wieder ausatmen. In der Studie war genau vorgeschrieben, wie die untersuchten Substanzen zu konsumieren sind. Schließlich sollte deren Wirkung nicht durch unterschiedliche Konsumgewohnheiten verzerrt werden. Es ging um die Frage, welche Effekte die Cannabiswirkstoffe THC und CBD haben. Von THC ist bekannt, dass es einen Rausch erzeugt. Doch wie wirkt eigentlich CBD, wenn es allein oder in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen mit THC konsumiert wird? Ein australisches Forschungsteam um Studienleiterin Nadia Solowij hat sich experimentell mit diesen Fragen befasst.

    36 Personen mit Cannabiserfahrung nahmen an dem Versuch teil. Die Hälfte der Teilnehmenden waren regelmäßig Konsumierende, die andere Hälfte kiffte eher selten. Jede Versuchsperson hat in wöchentlichem Abstand an fünf Sitzungen teilgenommen. Dabei inhalierten sie entweder ein wirkstofffreies Placebo, nur THC, nur CBD oder eine Mischung aus THC und CBD. Die Dosis CBD variierte und betrug vier Milligramm in der niedrigen und 400 Milligramm in der hohen Dosis. Die Wirkung wurde sowohl von den Versuchspersonen selbst eingeschätzt, als auch durch geschulte Beobachter.

    Hohe Dosis CBD hat psychoaktive Wirkung

    Entgegen den Erwartungen des Forschungsteams hat CBD in hoher Dosis Rauschzustände erzeugt. Die Wirkung war zwar weniger stark ausgeprägt als bei THC, wurde aber sowohl von den Konsumierenden als auch den Beobachtern eindeutig als Rausch klassifiziert, der sich von der Placebo-Variante unterschied. CBD hat somit entgegen der bisherigen Annahme doch eine gewisse psychoaktive Wirkung, wenn auch nur bei vergleichsweise hoher Dosierung.

    Die Mischung aus THC und CBD barg ebenfalls Überraschungen. So wirkte die Kombination von acht Milligramm THC mit einer niedrigen Dosis CBD stärker als THC allein. Dieser Effekt war bei den Versuchspersonen mit geringer Konsumerfahrung stärker ausgeprägt als bei den regelmäßig Konsumierenden. Eine hohe Dosis CBD hat die Wirkung von THC hingegen erwartungsgemäß deutlich abgeschwächt. Somit konnte ein so genannter biphasischer Effekt für CBD in Kombination mit THC nachgewiesen werden: Verstärkend bei niedriger und dämpfend bei hoher Dosierung.

    Das Forschungsteam vermutet den Grund für die biphasische Wirkung von CBD auf Rezeptorebene. CBD selbst habe nur eine geringe Bindungskraft an den körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren. Allerdings würden andere Studien Hinweise liefern, dass CBD die Eigenschaften des Cannabinoid-Rezeptors verändern kann, so dass entweder eine stärkere oder eine schwächere Stimulation von THC ausgeht.

    Wirkung von THC und CBD komplexer als gedacht

    Die Ergebnisse würden somit nach Einschätzung des Forschungsteam zeigen, dass die Wechselwirkungen von THC und CBD komplexer sind, als bislang angenommen. Dies habe insbesondere Auswirkungen auf Dosierungsempfehlungen, wenn Cannabis als Medizin verabreicht werde. Auch die zuweilen anzutreffende populäre Einschätzung „CBD ist gut für dich“, müsse noch auf den Prüfstand gestellt, also weiter wissenschaftlich untersucht werden. Denn bislang gäbe es keine Studien zu möglichen langfristigen Effekten von CBD.

    Das Forschungsteam weist einschränkend darauf hin, dass die in ihrer Studie verwendeten Substanzen mittels eines Vaporisators konsumiert wurden. In einem Vaporisator wird die Substanz nicht verbrannt, sondern bei niedrigeren Temperaturen verdampft. Ob sich die Ergebnisse auch auf verbrannten Cannabis oder auf oral eingenommene, also geschluckt eingenommene Cannabinoide übertragen lassen, müsse durch weitere Studien belegt werden.

    Publikation:
    Solowij, N., Broyd, S., Greenwood, L.-M., van Hell, H., Martelozzo, D., Rueb, K., Todd, J., Liu, Z., Galettis, P., Martin, J., Murray, R., Jones, A., Michie, P. T. & Croft, R. (2019). A randomised controlled trial of vaporised Δ9-tetrahydrocannabinol and cannabidiol alone and in combination in frequent and infrequent cannabis users: acute intoxication effects. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience, https://doi.org/10.1007/s00406-019-00978-2

    Quelle: www.drugcom.de, 06.03.2019

  • Projekt VVSub

    Zum Jahresende 2018 hat die Werkstatt PARITÄT das von der Baden-Württemberg-Stiftung und dem Sozialministerium geförderte Projekt „VVSub – Verbesserung der behandlungsbezogenen und teilhabeorientierten Vernetzung in der Substitutionsbehandlung“ abgeschlossen. Der Abschlussbericht steht zum Download zur Verfügung.

    Während nach den Vorstellungen der ersten Substitutionsrichtlinien die Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeit nur mit dem Ziel einer schrittweisen (Wieder-)Herstellung einer Betäubungsmittelabstinenz erfolgen sollte, hat sich inzwischen die Substitution zunehmend zu einem Dauerbehandlungsangebot entwickelt. Die politische Diskussion zum Thema Substitution dreht sich derzeit überwiegend um Fragen der Versorgungssicherstellung. Diskutiert werden:

    • die Sicherstellung einer möglichst wohnortnahen ärztlichen Versorgung,
    • die Lockerung / Entschärfung der strafrechtlichen Risiken und von Behandlungs- und Verfahrensregeln,
    • eine unzureichende Leistungsfinanzierung (eben auch ohne Berücksichtigung der Vernetzungsleistungen, die zur Erreichung der gestuften Zielebenen der ärztlichen Substitution notwendig sind).

    Durch die Fokussierung auf diese legitimen und notwendigen Perspektiven der Behandelnden rücken aber in der suchtpolitischen Diskussion die nicht weniger wichtigen Fragen einer qualifizierten und patientenorientierten Behandlung und damit die durch die Opiatabhängigkeit meist stark chronifizierte Lebenslage der Betroffenen zu oft in den Hintergrund. Folgende Aspekte sind wichtig und müssen berücksichtigt werden:

    • Substitution ist der Versuch einer Alltagsstabilisierung durch Stabilisierung des Suchtmittelkonsums. Damit erfolgt aber auch eine suggestive Verstärkung der Bedeutung solcher psychotroper Substanzen für die Selbstregulation dieser Menschen.
    • Nach aller Erfahrung braucht jede Form von Substanzabhängigkeit als bio-psycho-soziale Störung einen mehrdimensionalen Behandlungsansatz. Gerade weil die Substitution selbst immanent nahezu keinen Anreiz für eine relevante Konsumreduzierung bieten kann, muss sie sich – neben einer korrekten Substanzvergabe – vorrangig um eine bestmögliche ganzheitliche Stabilisierung der Gesundheit dieser Patienten und dann aber auch um Verbesserungen ihrer beruflichen / sozialen Teilhabe durch Leistungsvernetzungen bemühen.

    Wenn wir nach inzwischen zwei Jahrzehnten breiter Erfahrung mit diesem Behandlungsangebot konstatieren müssen, dass die Opiatsubstitution inzwischen als eine durchaus auch langfristige Basis für eine wesentliche gesundheitliche Stabilisierung und für nachhaltige Verbesserungen sozialer und beruflicher Teilhabe dieser Menschen mit ihren oft hochkomplexen Beeinträchtigungen verstanden wird, dann muss aus sozialpolitischer Perspektive die Opiatsubstitution noch viel stärker als in ihren Anfangsjahren strukturell konsequent teilhabeorientiert gestaltet werden! Eine solche umfassend teilhabeorientierte Opiatsubstitution kann nicht mehr nur von einem Arzt gestaltet werden, sondern dafür sind konzeptionelle Grundlagen und konkrete Maßnahmen in der ärztlichen Behandlung und in der psychosozialen / suchtrehabilitativen Unterstützung notwendig. Und das geht nicht ohne sozialpolitisch konsequent geförderte integrierte Versorgungsstrukturen!

    Die derzeitigen rechtlichen Regelungen / Kontrollstrukturen und Qualitätsanforderungen für die Substitutionsbehandlung orientieren sich überwiegend am Bild von szenenahen und in hohem Maß dissozialen Drogenabhängigen und übersehen dabei, dass landesweit knapp ein Drittel aller von der Suchthilfe betreuten Substituierten eben auch erwerbstätig ist. Gleichzeitig bietet die Versorgungsstruktur insgesamt aber oft nur wenige glaubwürdige Anreize und nachhaltige Unterstützungen, damit auch Substituierte in chronifizierten Lebenslagen für sie nutzbare Chancen zu einer verbesserten beruflichen und sozialen Teilhabe finden können; nicht selten sind Substituierte wegen des von ihnen genutzten Stabilisierungskonzeptes pauschal von Leistungen zur Förderung einer Arbeitsintegration oder einer medizinischen Suchtrehabilitation ausgeschlossen. Kurzzeitige Beschäftigungsmaßnahmen werden dann oft vor allem wegen einer geringen finanziellen Verbesserung des Lebensalltags genutzt.

    Aus der AG Substitution des Sozialministeriums Baden-Württemberg, in der seit vielen Jahren praktisch alle mit der Opiatsubstitution befassten Institutionen des Landes konstruktiv zusammenarbeiten, kam deshalb der Impuls, mit einem kleinen Projekt die derzeit vorhandenen Initiativen zur Verbesserung der behandlungsbezogenen und teilhabeorientierten Vernetzung in der Substitutionsbehandlung zu begleiten und auf eine Übertragbarkeit zu untersuchen.

    Der jetzt vorliegende Abschlussbericht der Werkstatt Parität gGmbh Stuttgart für dieses Projekt skizziert die Ideen und die Umsetzungserfahrungen aus den fünf Standorten in Baden-Württemberg. Im dritten Kapitel dieses Projektberichts hat die Projektgruppe aus ihrer dreijährigen Kooperationserfahrung in zehn Thesen gemeinsame Einschätzungen zum fachlichen Verständnis sowie zur notwendigen Weiterentwicklung einer teilhabeorientierten Opiatsubstitution und auch zu deren Verortung in den Versorgungsstrukturen formuliert, die auch über die spezifische Versorgungssituation in Baden-Württemberg hinaus hilfreich sein können. Diese versorgungspolitischen Empfehlungen sollen einer Realität entgegenwirken, in der die Substitutionsbehandlung eine Ausgrenzung der Substituierten aus ernsthafter gesellschaftlicher Teilhabe oft eher verfestigt.

    Karl Lesehr, Werkstatt Parität gGmbh, Fachliche Leitung des Projekts VVSub, 22.03.2019

  • Tabakwerbung funktioniert in Deutschland besonders gut

    Link zur Studie

    Im europäischen Vergleich ist Tabakwerbung auf Plakatwänden in Deutschland wesentlich präsenter als in anderen Ländern. Wissenschaftler fordern Verbot der Tabakaußenwerbung – auch die Mehrheit der Bevölkerung ist dafür.

    In Deutschland nehmen deutlich mehr Raucher Werbung auf Plakatwänden wahr als in anderen europäischen Ländern. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in acht europäischen Ländern. Vor allem junge Menschen sind gefährdet: 61 Prozent der Raucher im Alter von 18 bis 24 Jahren haben im letzten halben Jahr in Deutschland Tabakwerbung wahrgenommen. Die Zielgruppe kann der Beeinflussung durch die Tabakindustrie kaum entgehen, denn Deutschland ist das letzte EU-Land, in dem Tabakaußenwerbung noch uneingeschränkt erlaubt ist. „Besonders dramatisch ist, dass die Wahrnehmung der Zigarettenwerbung unter den 18- bis 24-jährigen Rauchern am höchsten ist. Damit erreicht Tabakwerbung eine ihrer wichtigsten Zielgruppen“, sagt Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im DKFZ und verantwortlich für die Studie. „Tabakwerbung hält die jungen Menschen davon ab, mit dem Rauchen aufzuhören, und motiviert sie, mehr zu rauchen.“

    Link zur Umfrage

    Auch Barbara Bitzer, Sprecherin des Wissenschaftsbündnisses Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), hält die Ergebnisse der Studie für alarmierend: „Es gibt kein Konsumprodukt, das bei bestimmungsgemäßem Gebrauch so gesundheitsschädlich ist wie die Zigarette: Raucher leben infolge des Rauchens durchschnittlich zehn Jahre kürzer. Es ist daher grob fahrlässig, dass die Politik die Vermarktung von Tabak an junge Menschen noch zulässt.“ Die DANK fordert ein sofortiges Verbot der Tabakaußenwerbung in Deutschland.

    Für die von der Europäischen Union geförderte Studie, die im Fachjournal Tobacco Induced Diseases erschienen ist, wurden rund 10.000 Raucher aus acht Ländern befragt. 53 Prozent aller Raucher in Deutschland hatten im letzten halben Jahr Tabakwerbung gesehen. Dabei bemerkten rund 39 Prozent die Werbung auf Plakaten, 40 Prozent innerhalb von Verkaufsstellen und 35 Prozent an der Fassade von Geschäften. In den anderen untersuchten Ländern nahmen die Teilnehmer deutlich seltener diese Tabakwerbung wahr, vor allem in jenen Ländern, die weitreichende Werbeverbote für Tabak haben wie England, Polen oder Ungarn. „Das zeigt, dass Tabakwerbeverbote wirken“, kommentiert Mons diesen Befund.

    Ein Verbot der Tabakaußenwerbung empfahlen bei einer öffentlichen Anhörung im Dezember 2018 im Bundestag alle der sechs geladenen unabhängigen Sachverständigen. Ein solches Werbeverbot wird derzeit in den Fraktionen neu diskutiert. Einiges weist darauf hin, dass die CDU/CSU-Fraktion einen neuen Gesetzentwurf ins Parlament einbringen wird. Eine aktuelle Umfrage, die im Auftrag des DKFZ durchgeführt wurde, zeigt, dass sich drei Viertel der Befragten ein Verbot der Tabakaußenwerbung wünschen. Selbst unter den Rauchern sprachen sich 70 Prozent für ein Außenwerbeverbot aus. Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten begrüßt den neuen Anlauf für ein Tabakwerbeverbot ausdrücklich: „Die Politik hat jetzt die Chance, die Gesundheit der Bevölkerung entscheidend zu fördern“, sagt Bitzer.

    Studie:
    Extent and correlates of self-reported exposure to tobacco advertising, promotion and sponsorship in smokers: Findings from the EUREST-PLUS ITC Europe Surveys
    Sarah Kahnert, Tibor Demjén, Yannis Tountas, Antigona C. Trofor, Krzysztof Przewoźniak, Witold A. Zatoński, Esteve Fernández, Ann McNeill, Marc Willemsen, Christina N. Kyriakos, Geoffrey T. Fong, Constan¬tine Vardavas, Ute Mons, on behalf of the EUREST-PLUS consortium. Tob. Induc. Dis. 2018;16 (Suppl 2): A7
    http://www.tobaccoinduceddiseases.org/Issue-2-2018,6218

    Umfrage:
    Deutsches Krebsforschungszentrum (2019) Große Zustimmung zu einem Verbot der Tabakaußenwerbung. Aus der Wissenschaft für die Politik, Heidelberg.
    https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/AdWfP/AdWfdP_2019_Grosse-Zustimmung-zu-einem-Verbot-der-Tabakaussenwerbung.pdf

    Pressestelle der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), 29.01.2019

  • Rehabilitation und Teilhabe

    28 Spitzenverbände der Erbringer von Rehabilitationsleistungen fordern in einem gemeinsamen Positionspapier Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Rehabilitation und Teilhabe für die laufende 19. Legislaturperiode.

    Die Vertreterinnen und Vertreter der Leistungserbringer wenden sich erneut gegen die aktuelle Berechnung des Reha-Budgets, das der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen zur medizinischen und beruflichen Reha zur Verfügung steht. Aus Sicht der Leistungserbringer bildet die Berechnung den vorhandenen Bedarf nicht adäquat ab. Daher seien das Reha-Budget und die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung am vorhandenen Rehabilitationsbedarf zu orientieren.

    Dringend erforderlich sei es, qualifizierte Fachkräfte für die Rehabilitation und Teilhabe zu gewinnen. Die Beteiligten fordern, auch im Bereich der Rehabilitation entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen, um dem Personalmangel entgegenwirken zu können. Eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Fachkräftesituation sehen sie in der Zulassung von Rehabilitationseinrichtungen als Ausbildungsträger für relevante Berufsgruppen.

    Nahtlose Übergänge und stärkere Vernetzung

    Optimierungsbedarf identifizieren die Spitzenverbände der Erbringer von Reha-Leistungen zudem bei den Übergängen in der Rehabilitation und der fehlenden Vernetzung der Akteure:

    Die Zuständigkeiten in den verschiedenen Versorgungssektoren unseres gegliederten Sozialversicherungs- und Gesundheitssystems sollten so geregelt sein, dass eine sektorenübergreifende Nahtlosigkeit insbesondere beim Übergang in die medizinische Rehabilitation und von der medizinischen zur beruflichen Rehabilitation und zu einer anschließenden Nachsorge mit Hilfe eines optimalen Schnittstellenmanagements gesichert ist. Hierzu sollten alle Sektoren des Sozial- und Gesundheitssystems mit einbezogen werden und integrativ, koordinierend und beratend im Gesamtsystem der gesundheitlichen Versorgung fungieren.

    Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts

    Weiterhin gelte es, die Rechte der Rehabilitanden zu stärken. Für alle Menschen mit Teilhabeeinschränkungen, auch pflegebedürftige Menschen, sei der Anspruch auf bedarfsgerechte Teilhabeleistungen umzusetzen. Es bedürfe einer Klarstellung im SGB IX, dass das Wunsch- und Wahlrecht unabhängig von Kosten und ohne Tragung von sog. Mehrkosten durch die Versicherten von den Rehabilitationsträgern zu beachten sei. Dazu gehöre, lange Zeiten bis zur Inanspruchnahme einer Rehabilitationsleistung zu vermeiden.

    Darüber hinaus fordern die Unterzeichner des Papiers mehr Beteiligung und leistungsgerechte Vergütung der Leistungserbringer und positionieren sich zu Qualitätssicherung und Qualitätsorientierung in der Rehabilitation.

    Quelle: Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht, https://www.reha-recht.de, 15.03.2019

  • Glücksspiel – Jahresreport 2017

    Mit dem Stand vom 26.11.2018 erschien zum vierten Mal der Jahresreport der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder. Damit liegt jetzt eine Darstellung des deutschen Glücksspielmarktes für das Jahr 2017 vor. Die Analyse erfolgte auf der Grundlage des Konzeptes zur Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages.

    Gemessen an den Bruttospielerträgen verfügt der deutsche Glücksspielmarkt insgesamt über ein Volumen von 14,1 Milliarden Euro. Die Bruttospielerträge auf dem gesamten Glücksspielmarkt stiegen um 783 Millionen Euro und bedeuten einen Zuwachs von sechs Prozent. Der regulierte Markt wuchs lediglich um ein Prozent, währenddessen der illegale Glücksspielmarkt die Bruttospielerträge um 626 Millionen Euro und damit um sensationelle 24 Prozent steigerte. Der Anteil des Schwarzmarktes ist mit 22 Prozent (3,2 Milliarden Euro) so groß wie nie zuvor.

    Der illegale Markt erstreckt sich zu großen Teilen auf den Online-Bereich, verteilt auf die vier Segmente Online-Poker, Online-Zweitlotterien und vor allem Online-Casinos und Sportwetten. Den größten Marktanteil halten hier die Online-Casinos mit 55 Prozemt und einem verzeichneten Plus von beispiellosen 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit werden allein in diesem Segment 1,8 Milliarden Euro der Bruttospielerträge generiert.

    Um 129 Millionen Euro rückläufig sind hingegen die Bruttospielerträge bei den staatlichen Lotterien und Sportwetten. Allerdings ist es auch hier so, dass die online erzielten Bruttospielerträge um 29,5 Millionen Euro (+ neun Prozent) gestiegen sind. Insgesamt hält der Deutsche Lotto- und Totoblock mit 3,5 Milliarden Euro 32,6 Prozent des regulierten Glücksspielmarktes.

    Die Entwicklung zeigt ganz deutlich, dass Onlineangebote im Glücksspielbereich zunehmend an Attraktivität gewinnen. Allerdings ist auch ein Untergraben des staatlichen Glücksspielmonopols in Deutschland festzustellen. Mit den exorbitanten Zuwachsraten im illegalen Glücksspielbereich wird gleichzeitig die Handlungsfähigkeit des Staates in Frage gestellt. Was sind die glücksspielrechtlichen Genehmigungen wert, wenn illegale Anbieter seit Jahren immer mehr Marktanteile erobern. Im Interesse des Jugend- und Spielerschutzes braucht es hierzulande schlagkräftige Behörden zur Durchsetzung der geltenden Rechtslage. Seit Jahren wird über die Stärkung des Vollzugs in Deutschland gesprochen, nur passiert ist bisher viel zu wenig. Die Glücksspielbranche könnte dabei gut an den steigenden Kosten für den Vollzug beteiligt werden. Genügend Geld steht den Anbietern ja offensichtlich zur Verfügung.

    Pressestelle der ThüringerFachstelleGlücksspielsucht, 28.02.2019

  • Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach
    § 37 Abs. 1 SGB IX

    Die „Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach § 37 Abs. 1 SGB IX“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) trat am 1. Dezember 2018 in Kraft. Die BAR hat damit eine Gemeinsame Empfehlung (GE) zur Qualitätssicherung in der stationären Rehabilitation von 2003 aktualisiert.

    Die Überarbeitung entwickelt die ursprüngliche „Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach § 20 Abs. 1 SGB IX“ weiter, insbesondere folgende Aspekte:

    • Schärfung der Zielgruppe der Empfehlung
    • Konkretisierung mehrerer Regelungsgegenstände, z. B. zur „Ergebnisqualität“
    • Klarstellung der Geltung auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
    • Stärkere Betonung eines kontinuierlichen Entwicklungsprozesses im Austausch der Beteiligten

    Die Qualitätsverfahren gelten sowohl für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur sozialen Teilhabe. Die aktualisierte Empfehlung berücksichtigt die Änderungen des SGB IX im Kontext der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) und den aktuellen Stand der fachlichen Diskussion im Bereich der externen und internen Qualitätsverfahren in der Rehabilitation. Zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Leistungen gehören die barrierefreie Leistungserbringung sowie die Durchführung vergleichender Qualitätsanalysen.

    Die GE Qualitätssicherung nach § 37 Abs. 1 SGB IX ist eine Vereinbarung

    • der gesetzlichen Krankenkassen,
    • der Bundesagentur für Arbeit,
    • der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
    • der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung,
    • der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau,
    • der Träger der Kriegsopferversorgung und der Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden.

    Mitgewirkt haben auch der Deutsche Behindertenrat, die Spitzenverbände der Rehabilitationseinrichtungen und Verbände der Freien Wohlfahrtspflege. Der Paritätische Gesamtverband ist durch die BAR anerkannte „herausgebende Stelle“ für das interne Qualitätsmanagement in der stationären Rehabilitation gem. § 37 Abs. 3 SGB IX.

    Die Vereinbarungspartner teilen der BAR im Abstand von 2 Jahren ihre Erfahrungen mit der Gemeinsamen Empfehlung mit.

    Quelle: Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht, https://www.reha-recht.de, 17.01.2019