Kategorie: Kurzmeldungen

  • Suchtpolitische Forderungen der DHS zur Bundestagswahl 2025

    „Die Sucht- und Drogenpolitik in Deutschland steht aktuell vor großen Herausforderungen. Sorge bereiten uns die Ausbreitung von Crack, einer rauchbaren Form von Kokain, sowie synthetischen Opioiden wie Fentanyl, ein Wirkstoff, der lebensbedrohlicher ist als Heroin. Mit den Folgen von Alkohol, Tabak und Co. erwarten uns gewaltige Probleme im Gesundheitssystem und in der Gesellschaft. Um die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells zu sichern, brauchen wir eine Sucht- und Drogenpolitik, die den Stand der Forschung anerkennt und konstruktiv nach vorne blickt“, sagt Dr. Peter Raiser, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Mit Blick auf die Bundestagswahlen und die anschließenden Koalitionsverhandlungen hat sich die DHS jetzt mit suchtpolitischen Forderungen an die Politik gewandt. Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat das entsprechende DHS Positionspapier mitgezeichnet.

    Die Lage ist ernst: Jeder zehnte Deutsche hat ein Suchtproblem. Noch weitaus mehr Menschen konsumieren Alkohol, Tabak und andere Suchtmittel in gesundheitsschädlicher Weise, auch wenn keine Abhängigkeit vorliegt. Ein großer Teil der Bevölkerung ist als Eltern, Kinder, Geschwister, Freunde, Kollegen oder Nachbarn von Suchtfragen mitbetroffen. Sucht und der Konsum von Rauschmitteln belasten die Volkswirtschaft mit rund 150 Milliarden Euro jährlich, allein für Alkohol und Tabak. Die Folgekosten von anderen Süchten wie beispielsweise Medikamentenabhängigkeit oder Verhaltenssüchten wie Glücksspiel kommen hinzu.

    „Das enorme Ausmaß der Herausforderungen zeigt sich beispielsweise auch in den Zahlen der Drogentoten, die zuletzt auf einem Höchststand lagen, und in der Kokainschwemme. Die Anzahl der Handelsdelikte mit Kokain steigt in Deutschland seit Jahren an. Durch die Verbreitung des Konsums von Crack sehen wir dramatische Folgen in den örtlichen Drogenszenen. Die Belastungen in den Kommunen und in der Gesellschaft werden weiter ansteigen, wenn die Politik nicht gegensteuert“, erläutert DHS Geschäftsführer Dr. Peter Raiser.

    Parallel dazu sieht sich die Suchthilfe mit teils existenzbedrohenden Mittelkürzungen und Mittelstreichungen konfrontiert. „Wir brauchen dringend mehr statt weniger zeitgemäße und niedrigschwellige Hilfen und Suchtberatung, um der bekannten Unterversorgung von Suchtkranken entgegenzuwirken“, betont Christina Rummel, ebenfalls DHS Geschäftsführerin. Drei Viertel der Suchtberatungsstellen verfügen nicht über genügend Mittel, um ihre Aufgaben kostendeckend zu erfüllen. Leistungen werden zurückgefahren und Einrichtungen schließen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine im September 2024 veröffentlichte DHS-Analyse zur Finanzierung der Suchtberatungsstellen.

    „Die DHS fordert von der künftigen Bundesregierung, die Suchtberatung zu sichern und weitere öffentliche und niedrigschwellige Angebote zu schaffen. Hier muss der Bund tätig werden. Die bislang nicht gesetzlich verankerte Leistung der Suchtberatung muss verlässlich abgesichert werden“, so DHS Geschäftsführerin Christina Rummel.

    Das DHS Positionspapier: „Suchtpolitische Forderungen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen an eine Regierungskoalition der Bundesrepublik Deutschland 2025-2029“ steht auf der Website der DHS zur Verfügung: https://www.dhs.de/unsere-arbeit/stellungnahmen

    Pressestelle der DHS, 29.1.2025

  • Suchthilfe stellt Weichen für Einsatz Künstlicher Intelligenz

    Die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e. V. (BLS) hat am 28. Januar 2025 das Potsdamer Memorandum mit Leitlinien zu KI veröffentlicht. Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesgesundheitsministerium.

    Wie passen eigentlich künstliche Intelligenz und Suchthilfe zusammen? Genau darum geht es in dem Potsdamer Memorandum der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e. V. Sie hat jetzt die Überlegungen aus dem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderten Projekt „KI in der Suchthilfe“ veröffentlicht und legt damit erstmals umfassende Leitlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Suchthilfe vor. Das Memorandum wurde gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus Suchthilfe, Politik, Wissenschaft und Digital Health erarbeitet. Die Suchthilfe will damit angesichts der rasanten technischen Entwicklung und gleichzeitig wachsender finanzieller und personeller Herausforderungen zukunftsfähig bleiben.

    Grundlage für das Memorandum waren die Ergebnisse dreier Satellitenveranstaltungen sowie einer zweitägigen Zukunftswerkstatt in Potsdam mit 35 Vertreter:innen aus verschiedenen Bereichen. Diese kooperative Herangehensweise ermöglichte es, unterschiedliche Perspektiven zu integrieren und praxisnahe Leitlinien zu entwickeln. Dabei waren sich die Teilnehmenden einig: KI kann keine menschlichen Beratungskontakte ersetzen, ermöglicht jedoch niedrigschwellig erste Unterstützungsangebote. Große Chancen bietet KI beispielsweise im administrativen Bereich, bei der Überwindung von Sprachbarrieren im Beratungskontext oder auch als Chatbots, die insbesondere außerhalb der Sprechzeiten Beratungs- und damit Kontaktlücken schließen können. Dadurch können unter anderem sehr junge Menschen erreicht werden, die nicht in Beratungsstellen Hilfe suchen. Es werden Ziele, Nutzen, strukturelle Anforderungen und ethische Aspekte des KI-Einsatzes in der Suchthilfe betrachtet. Ab sofort sind die vollständigen Ergebnisse des Projekts „KI in der Suchthilfe“ und der Zukunftswerkstatt im „Potsdamer Memorandum zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Suchthilfe” frei abrufbar: https://www.blsev.de/fachbereiche/digitalisierung/ki-sucht/

    Burkhardt Blienert, Beauftragter der Bundesregierung zu Sucht- und Drogenfragen: „Eigentlich ist unser Leben fast undenkbar ohne künstliche Intelligenz: Unsere Kinder lösen die Matheaufgaben mit Chat-GPT, Algorithmen bestimmen unser Lese-, Kauf- und manchmal selbst das Reiseverhalten. Und KI ist auch an vielen Stellen sinnvoll und hilfreich. Selbst im medizinisch-diagnostischen Bereich oder als Lückenfüller auf der Suche nach schneller Hilfe in Lebenskrisen, also auch in der Suchthilfe. Da hat der Einsatz von KI enormes Potenzial, Beratungsangebote zu verbessern und suchterkrankte Menschen frühzeitig zu erreichen. Natürlich geht es immer nur um ein zusätzliches und vielleicht vorgelagertes Angebot. Denn die menschliche Komponente der Suchthilfe ist immer die wichtigste und kann von KI nur unterstützt oder ergänzt werden. Welche Ideen es gibt, wie weiter mit KI in der Suchthilfe und mehr, fasst das ‚Potsdamer Memorandum‘ erstmals als wertvolle Denkanstöße zusammen.“

    Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e. V.: „Wir wollen uns den Zukunftsthemen frühzeitig stellen, um so die Suchtberatungsstellen vor Ort zu unterstützen und Ratsuchenden fachlich fundierte Anwendungen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie frühzeitig und auch außerhalb von Öffnungszeiten digitale Hilfe erhalten. Schon jetzt bietet das bundesweite Suchtberatungsportal alias DigiSucht unter www.suchtberatung.digital online Unterstützung, die mit den regionalen Beratungsangeboten vernetzt ist. Auch hier gibt es Pläne, KI-gestützte Anwendungen zu integrieren. Wichtig ist es daher, jetzt die Rahmenbedingungen für die Nutzung von KI zu gestalten und ethische Grenzen zu definieren.“

    Weiterführende Informationen: Themenseite www.blsev.de/ki-sucht

    Die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. arbeitet als landesweite Fachstelle in den Themenbereichen Suchthilfe, Suchtprävention, Sucht-Selbsthilfe und Glücksspielsucht.

    Presseinformation der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen (BLS), 28.1.2025

  • Warnmeldung: Mit Nitazen gestrecktes Heroin in Bremen

    Das NEWS-Projekt (National Early Warning System) informiert darüber, dass zuletzt in insgesamt sechs Heroinproben in Bremen u. a. Substanzen aus der Stoffgruppe der Nitazene nachgewiesen wurden. Bei diesen sechs Proben wurden zuvor im Drogenkonsumraum Bremen Schnelltests auf Nitazene durchgeführt, die allesamt positiv waren. Bei drei weiteren positiven Schnelltests ergab die labortechnische Analyse keinen Nachweis von Nitazenen.

    Es wird ein verzögerter Wirkungseintritt der Nitazen-Komponente berichtet. Bei den Konsumierenden setze nach Konsum primär die „normale“ Wirkung des Heroins ein. Dann komme es nach ca. 10 bis 15 Minuten, teilweise erst nach dem Verlassen des Drogenkonsumraums, zu einem massiven Wirkungseintritt, mutmaßlich durch die Nitazen-Beimischung. Es treten Atemstillstand, Krampfanfälle und negative Kreislaufeinwirkungen (Bewusstlosigkeit) ein. Ein Aufheben der massiven Wirkung ist in manchen Fällen erst nach wiederholter Anwendung von Naloxon-Nasenspray erzielt worden.

    Eine Pressemitteilung des Gesundheitsamts Bremen finden Sie HIER.

    Mitteilung des News-Projekts, 24.1.2025

  • Orientierung im fragmentierten System der Sozialleistungen

    Illustration: Uni Speyer

    In Zeiten steigender Lebenshaltungskosten und wachsender Kinderarmut stehen viele Familien, aber auch Einzelpersonen, vor enormen finanziellen Herausforderungen. Eine zusätzliche Hürde: Oftmals wissen sie nicht, welche Sozialleistungen ihnen zustehen oder wie sie diese beantragen können. Um diesen Informationsmangel zu beheben, hat der Lehrstuhl für Sozialrecht und Verwaltungswissenschaft an der Universität Speyer die benutzerfreundliche Online-Plattform Kooperationsgebote im Sozialrecht ins Leben gerufen. Eltern und andere Anspruchsberechtigte können so schnell und einfach herausfinden, welche Sozialleistungen ihnen aufgrund ihrer individuellen Lebenssituation zustehen könnten.

    Die Initiative ist das Ergebnis einer interdisziplinären Workshop-Reihe zu den Kooperations-Geboten im Sozialrecht. In der Workshop-Reihe und einer daraus resultierenden Teilstudie hat die Universität Speyer gemeinsam mit Kommunen, Verbänden, Vertreter:innen der Bundesländer und der Bundespolitik verschiedene Sozialleistungen untersucht, wie etwa Bürgergeld, Kindergeld, Wohngeld oder Elterngeld. Viele Menschen in Deutschland haben Anspruch auf diese Leistungen, scheitern jedoch häufig an der Beantragung, weil sie ihre Rechte nicht kennen und die Leistungsträger nicht ausreichend Orientierung im komplexen System des Sozialrechts bieten.

    „Ein zentrales Ergebnis der Workshop-Reihe war, dass die Versäulung der Verwaltung dazu führt, dass die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen nicht ganzheitlich wahrgenommen und Problemlagen nicht adäquat bearbeitet werden“, so Professorin Dr. jur. habil. Constanze Janda, die die Veranstaltungsreihe organisierte und leitete. „Das Problem wird bundesweit mit zahlreichen einzelnen Projekten und Initiativen angegangen. Präventionsketten oder -netzwerke sind jedoch bisher nicht flächendeckend so verankert, dass familiäre Armut spürbar zurückgegangen und Bildungsbeteiligung gewachsen wäre.“

    Es sei zwar gesetzlich vorgesehen, dass die Träger kooperieren müssen, um so den Zugang zu Leistungen erleichtern, in der Praxis werde diese Notwendigkeit aber noch zu wenig beachtet und umgesetzt. Die Plattform soll hier Abhilfe schaffen. Sie nutzt persönliche Daten wie Familienstand, Einkommen und Anzahl der Kinder, um automatisch relevante Leistungen zu identifizieren und den Nutzer:innen ihre potenziellen Ansprüche aufzuzeigen. Dies erleichtert den Zugang zu wichtigen Informationen und unterstützt Familien und Einzelpersonen dabei, ihre Rechte wahrzunehmen.

    „Mit dieser Plattform wollen wir sicherstellen, dass alle Familien Zugang zu den Informationen haben, die sie benötigen, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Wir glauben daran, dass Transparenz der Schlüssel ist, um soziale Gerechtigkeit zu fördern“, so Janda.

    Die Workshop-Reihe und der Aufbau der Plattform wurden gefördert von der Auridis Stiftung.

    Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.kooperationsgebote-sozialrecht.de

    Pressestelle der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, 21.1.2025

  • Europäischer Drogenbericht 2024

    Der Europäische Drogenbericht 2024 wurde im Juni letzten Jahres veröffentlicht (KONTUREN berichtete) und ist jetzt auch auf Deutsch und in weiteren 24 Sprachen verfügbar. Der Bericht ist auf der Website der European Union Drugs Agency (EUDA) zu finden, die Sprache kann in der Kopfzeile ausgewählt werden.

    Im „Europäischen Drogenbericht 2024: Trends und Entwicklungen“ wird die neueste Analyse der EMCDDA (Vorläuferinstitution der EUDA) zur Drogensituation in Europa vorgestellt. Der Bericht konzentriert sich auf den Konsum illegaler Drogen, damit verbundene Gesundheitsschäden und das Drogenangebot. Er enthält einen umfassenden Satz nationaler Daten zu diesen Themen sowie Informationen über spezielle Drogentherapien und die wichtigsten Maßnahmen zur Schadensminimierung.

    Pressestelle der European Union Drugs Agency (EUDA), 18.12.2024

  • Wie geht es Freundinnen, Freunden und Angehörigen suizidaler Menschen?

    10.300 Menschen beendeten im Jahr 2023 ihr Leben durch einen Suizid. Wesentlich mehr versuchten es oder dachten darüber nach. Wie geht es den Menschen, die ihnen nahestehen? Wie fühlen sich Familienangehörige und Freund:innen angesichts von Selbstmordgedanken oder -versuchen in ihrem nahen Umfeld und was könnte ihnen helfen, mit der Belastung umzugehen? Das untersucht Monique Pfennig am Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum.

    Betroffene sind eingeladen, an einer Online-Befragung teilzunehmen:
    https://www.soscisurvey.de/wohlbefinden_angehoeriger/

    Hilfsangebote entwickeln

    „Ich möchte durch die Studie dazu beitragen, Maßnahmen und Ressourcen zu entwickeln, die auf die speziellen Bedürfnisse von Angehörigen suizidaler Menschen zugeschnitten sind“, betont Monique Pfennig. Teilnehmende der Studie werden online zu psychischen Belastungen wie etwa depressiven Symptomen und Ängsten sowie suizidalem Erleben und Verhalten befragt. Darüber hinaus werden Informationen zu bereits erhaltener Unterstützung erhoben. Es wird gefragt, wie die Teilnehmenden diese Angebote bewerten und welche Wünsche nach weiterer Unterstützung bestehen. Die Teilnahme an der Befragung dauert 15 bis 30 Minuten und ist anonym.

    Website des Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum: https://fbz-bochum.de/

    Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum, 16.1.2025

  • Frühkindlicher Stress und Angst

    Frühkindlicher Stress kann sich langfristig auf die psychische Gesundheit auswirken und das Risiko für die Entwicklung von Angststörungen und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) erhöhen. Frauen sind häufiger von PTBS betroffen, daher ist es wichtig, zu verstehen, wie das biologische Geschlecht die Reaktionen auf Traumata beeinflusst. Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat mit Hilfe des maschinellen Lernens auffällige Unterschiede in der Art und Weise aufgedeckt, wie männliche und weibliche Mäuse auf Stress reagieren. Sowohl im Verhalten als auch im Gehirnstoffwechsel sowie in der Regulierung der Stresshormone unterscheiden sich die Geschlechter.

    Verstärkte Angstreaktionen

    Stress in der Kindheit wie Vernachlässigung oder Misshandlung sind bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen im späteren Leben. Forscher:innen des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI) in München unter der Leitung von Joeri Bordes und Mathias Schmidt untersuchten mit Hilfe eines Mausmodells, wie sich frühkindlicher Stress auf die Angstreaktion und das Gedächtnis bei Männchen und Weibchen auswirkt. Sie fanden heraus, dass solcher Stress zu verstärkten Angstreaktionen führt, die sich bei Männchen und Weibchen unterscheiden: Männliche Tiere zeigten passive Strategien zur Angstbewältigung („Einfrieren“), während weibliche Tiere aktive Strategien zeigten (Ausweichen oder fluchtartiges Verhalten). Stress in einer frühen Lebensphase wirkte sich bei Männchen und Weibchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus, Weibchen reagierten unmittelbar, Männchen zeigten länger anhaltende Reaktionen. Weibliche Mäuse wiesen unmittelbar nach einer frühen Stressbelastung einen erhöhten Stresshormonspiegel (Corticosteron) auf, bei männlichen Tieren war das nicht der Fall.

    Stoffwechselprozesse im Gehirn

    Die Forscher:innen untersuchten auch die Stoffwechselprozesse in Gehirnregionen, die mit Angst und Stress in Verbindung gebracht werden, darunter die Amygdala und der Hippocampus. Sie entdeckten geschlechtsspezifische und stressabhängige Veränderungen im Hirnstoffwechsel: Frühkindlicher Stress löste geschlechtsspezifische Veränderungen in wesentlichen Stoffwechselkanälen aus, also in Prozessen, die für die Energieproduktion, die DNA-Reparatur und die Kommunikation zwischen den Nervenzellen wichtig sind. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass früher Stress die Art und Weise, wie das Gehirn Energie und Signale verarbeitet, umprogrammiert, was die Anfälligkeit für psychische Störungen im späteren Leben erhöhen könnte.

    Auswirkungen auf die psychische Gesundheit

    „Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, geschlechtsspezifische Unterschiede in den neurobiologischen Prozessen, die Trauma bedingten Verhaltensweisen zugrunde liegen, zu berücksichtigen“, sagt Joeri Bordes, Hauptautor der in „Communications Biology“ veröffentlichten Studie. „Dieses Wissen könnte den Weg ebnen für die Entwicklung geschlechtsspezifischer Therapien für Menschen, die in ihrer Kindheit Stress erlebt haben.“

    Diese Forschung liefert entscheidende Informationen über die komplexe Beziehung zwischen frühkindlichem Stress, Geschlecht und Angst. Dadurch hoffen die Wissenschaftler:innen, wirksamere Behandlungen für Trauma bedingte Störungen entwickeln zu können. Mögliche Therapien, die auf bestimmte Stoffwechselwege abzielen, könnten auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Männern und Frauen zugeschnitten werden. „Durch das Verständnis, wie unterschiedlich sich Stress bei Männern und Frauen auf das Gehirn auswirkt, können wir psychische Störungen langfristig individueller und besser behandeln“, hofft MPI-Forschungsgruppenleiter Mathias Schmidt.

    Originalpublikation:
    Communications Biology, December 2024
    https://doi.org/10.1038/s42003-024-07396-8

    Pressestelle des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, 14.1.2025

  • Bundesregierung beschließt Wohnungslosenbericht 2024

    Das Bundeskabinett hat am 8. Januar den vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vorgelegten Wohnungslosenbericht 2024 beschlossen. Mit diesem wird nach 2022 zum zweiten Mal ein gesamtdeutscher Überblick über die Situation wohnungsloser Menschen vorgelegt. Der Bericht enthält Informationen und Analysen über Umfang und Struktur von Wohnungslosigkeit im Bundesgebiet.

    Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Der Bericht zeigt, dass die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland unterschiedliche Formen und Ursachen hat und bei weitem kein rein städtisches Problem darstellt. Mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit hat der Bund daher den Weg geebnet, abgestimmt mit den Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft, die Herausforderung der Bekämpfung der Obdachlosigkeit langfristig anzugehen. Hierfür haben wir im letzten Jahr eine Kompetenzstelle des Bundes beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) eingerichtet. Derzeit werden dort Maßnahmen erarbeitet, um zum Beispiel Frauen und Kinder in Obdachlosenunterkünften durch bessere Standards zu schützen.

    Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und damit auch Menschen, die gegenwärtig wohnungs- und obdachlos sind, eine Wohnung zu ermöglichen, investiert der Bund bis 2028 mehr als 20 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau. Auch die neue Wohngemeinnützigkeit, die am 1. Januar 2025 gestartet ist, kann hierbei helfen. Und mit der Erhöhung des Wohngeldes zu Jahresbeginn um durchschnittlich 15 Prozent unterstützt der Bund präventiv Menschen, die durch hohe Miet- und Energiekosten stark belastet werden.“

    Im Mittelpunkt des Berichtes stehen drei Gruppen von wohnungslosen Personen:

    • untergebrachte wohnungslose Personen, über die das Statistische Bundesamt Daten erhebt und jährlich eine Statistik erstellt,
    • die Gruppen der verdeckt wohnungslosen Personen
    • und die der wohnungslosen Menschen ohne Unterkunft, zu denen das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen einen empirischen Forschungsauftrag vergeben hat, um mittels einer hochgerechneten Stichprobe entsprechende Informationen zu gewinnen.

    Laut der Statistik und der empirischen Erhebung waren Ende Januar/Anfang Februar 2024 rund 439.500 Personen im System der Wohnungsnotfallhilfe untergebracht, weitere rund 60.400 Personen waren bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten untergekommen (verdeckt wohnungslose Personen). Rund 47.300 Personen lebten auf der Straße oder in Behelfsunterkünften. Berücksichtigt man rund 15.600 Doppelerfassungen, leben in Deutschland damit insgesamt rund 531.600 wohnungslose Menschen.

    Dabei umfasst die Statistik untergebrachter wohnungsloser Menschen gemäß gesetzlicher Definition von Wohnungslosigkeit auch in Unterkünften für Geflüchtete untergebrachte Personen, wenn ihr Asylverfahren positiv abgeschlossen wurde (z. B. Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz) und sie zur Vermeidung von ansonsten eintretender Wohnungslosigkeit in der Unterkunft verbleiben. Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis über das Chancen-Aufenthaltsrecht erhalten haben, und Geflüchtete aus der Ukraine, die im Rahmen einer Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz nach § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aufgenommen wurden, sind ebenfalls in der Statistik berücksichtigt, wenn sie untergebracht sind und nicht über einen Mietvertrag oder Ähnliches verfügen. All dies sowie die Ausweitung der Gemeindestichprobe in der aktuellen empirischen Erhebung in Verbindung mit der Verringerung von Untererfassungen in der Statistik führt dazu, dass im Vergleich zu 2022 ein Anstieg der Wohnungslosenzahlen zu verzeichnen ist.

    Die Bundesregierung sieht sich in der Verantwortung, zum Ziel der Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit beizutragen, und hat deshalb in Übereinstimmung mit den Initiativen der Europäischen Union, das Ziel bekräftigt, die Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 in Deutschland zu überwinden. Hierfür wurde am 24. April 2024 der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit beschlossen, der als bundesweiter Handlungsleitfaden erstmals die gemeinschaftlichen Anstrengungen aller Ebenen zur Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Deutschland abbildet. Er identifiziert Rahmenbedingungen und Herausforderungen. Mit seinen inhaltlichen Leitlinien und den Leitlinien zum Verfahren gibt es einen von allen beteiligten Akteuren akzeptierten und abgestimmten Handlungsrahmen.

    Zum Bericht

    Pressestelle des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, 8.1.2025

  • Try Dry – Mehr als nur ein Monat Alkoholverzicht

    Aus Dry January wird Try Dry! Mit tatkräftiger Unterstützung und in Zusammenarbeit mit der BARMER im Bereich „Soziale Medien“, startete im Oktober 2024 „Try Dry“ als gesundheitsfördernde und suchtpräventive Aktion des Blauen Kreuzes Deutschland. „Try Dry  ist mehr als nur eine temporäre Aktion im Januar. Ganzjährig möchten wir Menschen die Möglichkeit geben, sich eine alkoholfreie Zeit zu gönnen – wann immer sie möchten. Den Zeitraum bestimmt jeder selbst, und wir bieten eine Community, um Erfahrungen auszutauschen, Anregungen zu erhalten und Freundschaften zu schließen“, so Airi Voss, Projektmanagerin von Try Dry.

    Ganzjährig Gesundheit fördern und Sucht vorbeugen

    Try Dry ist eine gute Gelegenheit, seinem Körper und seiner Persönlichkeit einen Monat ohne das Zellgift Alkohol zu gönnen. Wer an Try Dry teilnimmt, fördert nachweislich seine Gesundheit. Jürgen Naundorff, Mitglied der Geschäftsleitung des Blauen Kreuzes Deutschland und des Vorstands der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, erläutert: „Mit der Kampagne Try Dry möchten wir Menschen ermutigen, sowohl am Anfang des Jahres als auch unterjährig für einen selbst gewählten Zeitraum ohne Alkohol zu leben. Try Dry – Probier‘s trocken, alkoholfrei. Um dabei überraschende Erfahrungen zu machen. Ich fühl mich besser, bin fitter. Meine Gesichtshaut sieht frischer aus, und ich empfinde weniger Stress. Kurzum: Ich fördere meine Gesundheit, lebe bewusster und beuge einer Sucht vor. Wäre das nicht etwas? Zu welcher Zeit im Jahr auch immer. Am besten jetzt!“

    Verschiedene Challenges innerhalb der Meilensteine Dry January, Dry July und Sober October beinhalten einen bunten Mix an Angeboten, um teilnehmende Personen so umfangreich wie möglich zu begleiten – immer passend zu den jeweiligen Schwerpunktthemen. Dies geschieht in Form von Interviews, Freizeit-, Buch- und Podcast-Tipps, Vorstellung von Personen, dem Recherchieren und Teilen echter Geschichten, Event-Vorstellungen, Gesundheitsstudien u.v.m. Über Social Media werden Teilnehmende umfassend und mit inspirierenden Inhalten begleitet.

    Motivierendes Begleitmaterial und Try-Dry-App

    Zur Unterstützung in den Try-Dry-Monaten wird es ein Milestone-Heft geben, Armbänder sowie einen Flyer und Plakate, um für Try Dry zu werben. Im Laufe des Projektes, das mit finanzieller Unterstützung der BARMER zunächst von 2024 bis April 2026 läuft, ist eine Try-Dry-App geplant, mit der Menschen, die eine Zeitlang alkoholfrei leben wollen, noch besser unterstützt und motiviert werden können. Menschen, die innerhalb des Dry January bzw. unterjährig eine Aktion planen möchten, kommen gerne auf das Blaue Kreuz Deutschland zu (trydry@blaues-kreuz.de). Wir unterstützen gern und freuen uns, wenn viele mithelfen, dass Try Dry bekannter wird. Try-Dry-Armbänder, Flyer und Plakate sind bestellbar über unsere Website oder über bk-bestellung@blaues-kreuz.de. Das Milestoneheft folgt zu einem späteren Zeitpunkt.

    Mitmachen und Teil der Challenge werden

    Mitmachen kann jeder und jede, der/die eine Zeitlang alkoholfrei leben möchte. Über Social Media, die Webseite www.blaues-kreuz.de/try-dry, Markenbotschafter und weitere Medien gibt es Impulse für die alkoholfreie Zeit. Los geht‘s!

    Social Media:
    www.instagram.com/dryjanuaryde
    www.facebook.com/dryjanuaryde

    Pressemitteilung von Blaues Kreuz Deutschland, 7.1.2025

  • Romantische Beziehungen sind für Männer wichtiger als für Frauen

    Die meisten von uns gehen vermutlich davon aus, dass romantische Beziehungen für Frauen wichtiger sind als für Männer. Jedenfalls werden Single-Frauen in Filmen eher als bemitleidenswert dargestellt, und sie scheinen stärker motiviert zu sein, sich neu zu verlieben, als Single-Männer. Aber ist das in Wirklichkeit so? Sind feste Beziehungen tatsächlich wichtiger für Frauen?

    Studienauswertung widerlegt einige Genderstereotype

    Iris Wahring, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität (HU), Jeffry Simpson von der University of Minnesota und Paul van Lange von der Vrije Universiteit Amsterdam haben Befunde aus mehr als 50 wissenschaftlichen Studien zu Geschlechterunterschieden in heterosexuellen Beziehungen zusammengeführt und analysiert. Durch diese Kombination konnten sie einige überraschende und unerwartete Einsichten gewinnen.

    „Männer sind offenbar tendenziell stärker darauf fokussiert, feste Beziehungen einzugehen. Außerdem wirken sich diese Beziehungen bei Männern positiver auf Wohlbefinden und Gesundheit aus als bei Frauen. Selbst die Lebenserwartung von Männern hängt stärker davon ab, ob sie in einer festen Beziehung leben, als das bei Frauen der Fall ist“, sagt Iris Wahring, Hauptautorin der Untersuchung. Darüber hinaus stellen die Autor:innen fest, dass Männer bei einer festen Beziehung seltener als Frauen die Trennung initiieren, dass sie nach einer Trennung eher Einsamkeit empfinden und weniger dazu neigen, die positiven Seiten der Trennung zu sehen.

    Für ihre Untersuchung, die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Behavioral and Brain Sciences“ erschienen ist, haben die Forschenden die Befunde aus mehr als 50 psychologischen und soziologischen Studien – die meisten davon aus den letzten 20 Jahren – ausgewertet und in einem Modell zusammengeführt, das Geschlechterunterschiede in verschiedene Phasen von Beziehungen berücksichtigt. Bisher fehlte ein solches Modell, obwohl beispielsweise der geschlechterspezifische Zusammenhang zwischen Beziehungen und Gesundheit für sich genommen gut dokumentiert ist.

    „Feste Beziehungen sind psychologisch wichtiger für Männer als für Frauen.“

    In ihrem theoretischen Modell legen die Forschenden außerdem verschiedene Erklärungsansätze für ihre Gesamtbefunde dar. Am bedeutendsten als Erklärung sind aus ihrer Sicht emotionale Bedürfnisse: „Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass Frauen typischerweise mehr emotionale Unterstützung von ihrem sozialen Umfeld erhalten als Männer. Daher sind heterosexuelle Männer stärker von ihrer festen Partnerin abhängig, um ihre emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen, als heterosexuelle Frauen. Kurz gesagt, feste Beziehungen sind psychologisch wichtiger für Männer als für Frauen“, erklärt Iris Wahring.

    Freundschaften spielen eine Schlüsselrolle für Gesundheit und Wohlbefinden

    Die Forschungsergebnisse sind bedeutend für unser Verständnis von Gesundheit und der Schlüsselrolle, die Beziehungen und Freundschaften dafür spielen. „Soziale Normen haben einen Einfluss darauf, dass Frauen häufiger Emotionen mit anderen teilen und sich gegenseitig stärker unterstützen, als Männer das tun. Schon kleine Kinder erleben diese Normen, denen zufolge es für Mädchen viel üblicher und angemessener ist als für Jungen, Emotionen und Verletzlichkeiten zu teilen“, sagt Ko-Autor Paul van Lange. Ohne eine Partnerin fehle es Männern daher oft an sozialen Kontakten, also Menschen, denen gegenüber sie sich öffnen können und die sie emotional unterstützen. Das könne weitreichende Konsequenzen für Gesundheit und Wohlbefinden haben.

    Die Studie beruht ausschließlich auf Befunden zu heterosexuellen Beziehungen, zumeist in westlichen Industrieländern. „Welche geschlechterspezifischen Unterschiede es bei Männern und Frauen in homosexuellen Beziehungen oder in anderen Kulturen gibt, diese Fragen müssen zukünftige Studien beantworten“, so van Lange.

    Originalpublikation:
    Wahring, I. V., Simpson, J. A., & van Lange, P. A. M. (in press). Romantic Relationships Matter More to Men than to Women. Behavioral and Brain Sciences. Link zur Studie

    Pressestelle der Humboldt-Universität zu Berlin, 6.1.2025