Schlagwort: Katamnese

  • Zugangswege erweitern, Übergänge optimieren

    Zugangswege erweitern, Übergänge optimieren

    Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Kurzversion des gleichlautenden Beitrags, der in SuchtAktuell 01.17, 15-33, publiziert wurde. Zur besseren Lesbarkeit wird die männliche Schreibweise verwendet. Damit sind Männer und Frauen gemeint.

    Dr. Volker Weissinger

    1. Ausgangslage: Suchterkrankungen in Deutschland

    Suchterkrankungen sind – wie auch die weiteren psychischen Störungen – mit erheblichen individuellen und gesellschaftlichen Folgekosten verbunden. Sie verlaufen häufig chronisch und weisen zudem eine hohe Komorbidität auf (vgl. Trautmann & Wittchen 2016). Zudem sind sie weit verbreitet. So rechnet man – ohne Berücksichtigung der Tabakabhängigkeit – in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen mit 4,61 Millionen Menschen, die unter einer stoffgebundenen Abhängigkeit leiden (s. Abb. 1). Hinzu kommen abhängige Menschen von stoffungebundenen Suchtformen wie pathologischem Glücksspiel oder pathologischem PC-/Internetgebrauch.

    2. Politischer Handlungsbedarf zur Förderung der Früherkennung und Frühintervention am Beispiel alkoholbezogener Störungen

    Im Verlauf einer Suchterkrankung kommt es meist zu erheblichen Belastungen und Einschränkungen der Teilhabe sowie zu einem erhöhten Risiko für körperliche Erkrankungen und frühzeitige Mortalität. Suchterkrankungen gehören zu den Erkrankungen mit der höchsten individuellen Krankheitslast.

    Schädlicher Alkoholkonsum verursacht beispielsweise in Deutschland erhebliche volkswirtschaftliche Kosten, diese werden auf 39,3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt und unterteilen sich in 9,15 Milliarden Euro direkte und 30,15 Milliarden Euro indirekte Kosten (Effertz 2015). Zu den direkten Kosten gehören vor allem die Ausgaben für medizinische Behandlungen, Medikamente, Rehabilitationsmaßnahmen und Pflegeleistungen. Zu den indirekten Kosten gehören die alkoholbedingten Produktionsausfälle in der Volkswirtschaft, Kosten durch Frühverrentung, Arbeitslosigkeit und vorzeitigen Tod. Zusätzlich zu diesen Kosten entstehen durch schädlichen und abhängigen Alkoholkonsum auch erhebliche psychosoziale Belastungen, welche das Leid, den Schmerz und den Verlust an Lebensqualität der betroffenen Menschen sowie von deren Angehörigen beinhalten. Aufgrund der hohen Relevanz gehört „Alkoholkonsum reduzieren“ zu den zentralen Gesundheitszielen in Deutschland (Gesundheitsziele.de, Bundesanzeiger, 19.05.2015), denn die negativen gesundheitlichen Folgen von zu hohem Alkoholkonsum sind eines der gravierendsten und vermeidbaren Gesundheitsrisiken in Deutschland.

    Im Gesundheitsziel „Alkohol reduzieren“ heißt es: „Alkoholkranke Menschen sehen sich oft erst nach vielen Jahren der Abhängigkeit dazu veranlasst, sich wegen der Grundstörung in Behandlung zu begeben. Versorgungsanlässe sind häufig allgemeine somatische Krisen, bei deren Abklärung die Alkoholbezogenheit als ursächlicher Faktor identifiziert werden kann. Das gleiche gilt für psychische Krisen, in denen das psychiatrische, psychosomatische und psychotherapeutische Hilfesystem aus unterschiedlichen Beweggründen konsultiert wird. Es kann aber auch zu psycho-sozialen Krisen kommen, in deren Folge nicht nur die Partnerin oder der Partner bzw. die Familie, sondern auch Behörden (z. B. Jobcenter) oder die Betriebe gefordert sind. Nur ein kleiner Teil der Menschen mit alkoholbezogenen Problemen bzw. einer Alkoholabhängigkeit findet ohne Umwege und zeitnah Zugang zum suchtspezifischen Versorgungssystem.“

    Ein grundlegendes Problem besteht demnach darin, dass nur ein geringer Teil der Betroffenen in Deutschland auf seine Suchterkrankung angesprochen wird und professionelle Hilfe im Gesundheitssystem erhält. Trautmann & Wittchen (2016, S. 11) stellen hierzu fest: „Die Behandlungsraten betragen zwischen 5 und 33% (Kraus, Pabst, Gomes de Matos und Piontek 2014; Mack et al. 2014), mit den niedrigsten Raten für Alkohol (5-16%) und Cannabisstörungen (4-8%) (Hildebrand, Lippert, Sonntag, Bauer, Bühringer 2009; Kraus et al. 2014). Damit gehören Suchterkrankungen zu den psychischen Störungen mit der größten Behandlungslücke (…). Zudem werden Betroffene häufig erst dann erreicht, wenn die Störung bereits fortgeschritten ist und erste psychische und körperliche Folgeschäden bereits eingetreten sind (Hildebrand et al. 2009; Trautmann et al. – in Druck -). Dieser Umstand wiegt umso schwerer, da inzwischen zahlreiche ambulante und stationäre Interventionsbehandlungen von Suchterkrankungen verfügbar sind (insbesondere für die o. g. Alkohol- und Cannabisstörungen) (Bottlender & Soyka 2005; Hoch et al. 2012) und eine rechtzeitige Behandlung nachweislich die psychische und körperliche Morbidität senken kann (Rehm et al. 2014).“

    Eine Auswertung des Fachverbandes Sucht e.V. zeigt, dass bis zur Erstbehandlung in einer Fachklinik für alkohol-/medikamentenabhängige Menschen im Durchschnitt 12,9 Jahre vergehen. Darüber hinaus fanden durchschnittlich über drei Entzugsbehandlungen im Vorfeld der stationären Entwöhnungsbehandlung statt (s. Abb. 2).

    Eine nachhaltige Verbesserung der Versorgungssituation speziell für abhängigkeitskranke Menschen erfordert ein Maßnahmenbündel auf verschiedenen Ebenen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass Früherkennung und Frühintervention in den unterschiedlichen Handlungsfeldern, welche mit abhängigkeitskranken Menschen zu tun haben, ebenso gestärkt werden wie ein sektorenübergreifendes Fallmanagement und die engere Vernetzung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen. Darüber hinaus ist ein gesellschaftliches Umdenken in Bezug auf den Umgang mit psychischen und insbesondere mit Suchterkrankungen zu fördern. „Sowohl Bagatellisierung als auch Stigmatisierung sind trotz wichtiger Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten nach wie vor weit verbreitet. Diese tragen nicht nur zu einem reduzierten Hilfesuchverhalten, sondern auch – gemessen an den hohen individuellen gesellschaftlichen Kosten – zu sehr geringen Investitionen in Forschung und Versorgung von psychischen Erkrankungen im Allgemeinen und Suchterkrankungen im Speziellen bei (…)“ (Trautmann & Wittchen 2016, S. 12).

    Bereits im Jahr 1992 sprach Wienberg bezogen auf Suchtkranke aufgrund der vergleichsweise geringen Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen von der „vergessenen Mehrheit“. In Abb. 3 ist der Bereich des spezialisierten Suchthilfesystems als Sektor 1 an der Spitze der Pyramide zu finden.

    Abb. 3: Das Hilfesystem – wie es aussieht (Wienberg 1992)

    Demgegenüber befindet sich eine deutlich höhere Anzahl suchtkranker Menschen im Sektor II, d. h. der psychosozialen und psychiatrischen Basisversorgung. Hierzu zählen neben psychiatrischen Einrichtungen auch Angebote zur Förderungen der beruflichen Teilhabe, der Wohnungslosenhilfe, der Straffälligenhilfe und vieles mehr. Ebenso findet man Suchtkranke vergleichsweise häufig im Sektor III der medizinischen Primärversorgung, wozu insbesondere niedergelassene Ärzte und Allgemeinkrankenhäuser gehören. Die Sektoren stehen in diesem Modell relativ unverbunden nebeneinander, dies verdeutlicht, dass nur eine relativ geringe Anzahl betroffener Menschen Zugang zu den hoch qualifizierten Angeboten der Suchtberatung und -behandlung erhält.

    Zusammenfassend lässt sich bezogen auf die aktuelle Situation feststellen, dass Deutschland über ein differenziertes und qualifiziertes System der Suchthilfe und -behandlung verfügt, das Hilfesystem jedoch nur einen vergleichsweise geringen Teil der behandlungsbedürftigen Menschen erreicht, die meisten suchtgefährdeten und suchtkranken Menschen aber Kontakt zur medizinischer Versorgung und/oder sozialen Hilfen haben. Daraus folgt, dass Screening, Früherkennung und frühzeitige Intervention sowie die Optimierung einer sektorenübergreifenden Vernetzung zentrale Zukunftsaufgaben darstellen, um den frühzeitigen und nahtlosen Zugang zu passgenauen Hilfsangeboten zu fördern.

    3. Entwicklungspotentiale und Handlungsmöglichkeiten zur Förderung eines frühzeitigen und nahtlosen Zugangs

    Im Weiteren werden entsprechende Entwicklungspotenziale, welche einen frühzeitigen und nahtlosen Zugang zur Suchtkrankenhilfe und Entwöhnungsbehandlung ermöglichen, beispielhaft dargestellt (vgl. Fachverband Sucht e.V. 2012; Missel 2016). Eingegangen wird hierbei auf folgende Bereiche:

    • Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten
    • Qualifizierter Entzug
    • Entgiftung/Entzugsbehandlung sowie Krankenhausbehandlung
    • Integrierte stationäre Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung sowie Motivationsbehandlung
    • Somatische und psychosomatische Rehabilitation sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
    • Betrieblicher Bereich
    • Routinedaten der Leistungsträger
    • Jobcenter/Agenturen für Arbeit
    • Fallmanagement und Fallbegleitung
    • Nutzung moderner Informationstechnologien

    Von zentraler Bedeutung ist es generell, an den Übergängen der unterschiedlichen Versorgungsbereiche Brücken zu bilden durch ein entsprechendes Fallmanagement. Zudem können auch durch die gezielte Nutzung moderner Informationstechnologien Zugänge erleichtert und verbessert werden.

    Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten

    Ein früher, fachlich wie persönlich bedeutsamer Kontaktpartner von Menschen mit Suchtproblemen ist der niedergelassene Arzt. Er kann somit eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, frühzeitig suchtgefährdete und suchtkranke Menschen gezielt anzusprechen. Deshalb wird seine Bedeutung auch im Rahmen der der AWMF-S3-Leitlinie zu Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen besonders hervorgehoben (Mann et al. 2016). Bislang ist allerdings eine flächendeckende Umsetzung entsprechender Frühinterventionsansätze zum Umgang des Arztes mit substanzbezogenen Störungen noch weit entfernt. Bestandteil einer solchen Umsetzung müsste sein, dass Ärzte in eigener Praxis dahingehend geschult sind, mittels geeigneter Screening-Verfahren riskante Konsumenten sowie suchtgefährdete und abhängige Personen zu erkennen und das Ergebnis als Einstieg in das Gespräch mit dem Patienten zu nutzen. In der S3-Leitlinie Alkoholbezogene Störungen werden zur Früherkennung und Frühintervention durch niedergelassene Ärzte folgende Einzelempfehlungen gegeben:

    Die im AUDIT-C-Fragebogen enthaltenen Fragestellungen sind beispielsweise gut in allgemeine Gesundheitsuntersuchungen zu Risikofaktoren oder Patientengespräche integrierbar.

    „Bezogen auf die unterschiedlichen Konsumformen von Alkohol ergeben sich verschiedene Interventionsziele, welche mit den Betroffenen im Rahmen einer individualisierten Beratung bzw. Therapiezielplanung abzustimmen und zu modifizieren sind.“ (Günthner, Weissinger et al. 2016) Falls sich ein Verdacht auf eine alkoholbezogene Störung ergibt, können weitere diagnostische Schritte zur Feststellung erfolgen, ob ein riskanter, schädlicher oder abhängiger Konsum vorliegt. Während bei riskantem Konsum Kurzinterventionen mit dem Ziel einer Verhaltensänderung im Sinne einer Konsumreduktion im Vordergrund stehen, würde bei Abhängigkeit die Vermittlung in eine spezialisierte Suchtberatung und -behandlung im Mittelpunkt der Interventionen stehen (s. Abb. 4).

    Abb. 4: Differenzielle Interventionsangebote nach Schweregraden (s. DSM 5)

    Bei denjenigen Patienten, die einer umfassenderen suchtspezifischen Beratung und Behandlung bedürfen, ist eine enge Kooperation von Seiten des Arztes mit den Angeboten der Suchtkrankenhilfe und Suchtbehandlung erforderlich. Gestützt auf den Austausch mit Suchtfachkräften sollte der Hausarzt begründete Behandlungsempfehlungen aussprechen. Nach wie vor bestehen allerdings hinsichtlich einer breiteren Umsetzung aus Sicht der Hausärzte erhebliche Probleme, die folgende Aspekte betreffen: die suchmedizinische Qualifikation, die Integration von entsprechenden Leistungen in den Praxisalltag, die Kooperation mit suchttherapeutischen Einrichtungen wie auch die Vergütung der niedergelassenen Ärzte (vgl. Liegmann 2015).

    Von daher sollten entsprechende Grundlagen, welche einen flächendeckenden Einsatz von Screening- und Diagnostikverfahren sowie von Frühinterventionen fördern, von der Ärzteschaft und den gesetzlichen Krankenversicherungen ausgebaut werden. Darüber hinaus sollte die Umsetzung durch Qualifizierungsmaßnahmen begleitet und durch die Vernetzung mit suchtspezifischen Spezialeinrichtungen unterstützt werden.

    Auch zwischen niedergelassenen Psychotherapeuten und dem Suchthilfe-/Suchtbehandlungssystem bedarf es einer verbesserten Kooperation, welche insbesondere die Früherkennung, Diagnostik und Vermittlung in Suchtberatungs- und Suchtbehandlungseinrichtungen wie auch die ambulante Weiterbehandlung durch Psychotherapeuten nach der Rehabilitationsleistung betrifft.

    Angesichts der häufigen Komorbidität von psychischen Störungen mit einer Abhängigkeitserkrankung sollte im Rahmen der Früherkennung und Diagnostik eine Sucht- und Medikamentenanamnese bei neu aufgenommenen Patienten oder im Rahmen der diagnostischen Abklärung der neu eingeführten psychotherapeutischen Sprechstunde zwingender Bestandteil sein. Derzeit plant der Gemeinsame Bundesausschuss, Psychotherapeuten auch eine Verordnungsbefugnis für medizinische Rehabilitationsleistungen zu erteilen. Die Verordnungsbefugnis medizinischer Rehabilitationsleistungen sollte aus Sicht des Fachverbandes Sucht e.V. (FVS) psychische und psychosomatische Rehabilitationsleistungen für Erwachsene und Kinder ebenso umfassen wie den Bereich der Abhängigkeitserkrankungen. Um möglichst nahtlos eine Entwöhnungsbehandlung einleiten zu können, würde es sich empfehlen, einen speziellen Befundbericht für Psychotherapeuten vorzusehen, der die wesentlichen Angaben enthält, die aus Sicht des Leistungsträgers erforderlich sind. Die verbindliche Einforderung eines zusätzlichen Sozialberichts einer Suchtberatungsstelle durch die Krankenkassen, um über einen Antrag auf eine Entwöhnungsbehandlung entscheiden zu können, sollte bei der Verordnung durch Vertragspsychotherapeuten entfallen.

    Eine Verschlankung des Antragsweges, welche auch mit einer deutlich kürzeren Entscheidungszeit des zuständigen Leistungsträgers hinsichtlich der Bewilligung einer entsprechenden Leistung einhergeht, wäre ein wichtiges Element, um den nahtlosen Zugang zu unterstützen (Martin 2016).

    Qualifizierter Entzug

    Die Qualifizierte Entzugsbehandlung enthält im Unterschied zur körperlich orientierten Entgiftung zusätzlich Leistungen zur Förderung der Motivation, Einzel- und Gruppengespräche sowie eine psychosoziale Betreuung und sollte auch die Vermittlung der Betroffenen in weiterführende Behandlung umfassen. Sie bedarf von daher auch einer entsprechenden Behandlungsdauer (bei alkoholbezogenen Störungen i. d. R. 21 Tage gemäß S3-Leitlinie Alkoholbezogene Störungen). Aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen von Qualifiziertem Entzug und allgemeiner Entgiftung/Entzugsbehandlung ergeben sich auch unterschiedliche Handlungsstrategien für die Früherkennung und Frühintervention.

    In Entwicklung befindet sich infolge der Initiative der Unterarbeitsgruppe (UAG) „Frühzeitiger und nahtloser Zugang“, an der Vertreter der Leistungsträger (Renten- und Krankenversicherung) und der Suchtverbände (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, Fachverband Sucht e.V.) beteiligt waren, ein Nahtlosverfahren der GKV und DRV aus dem Qualifizierten Entzug in die Entwöhnungsbehandlung. Dieses Verfahren soll beinhalten:

    • Nahtlose Verlegung vom Krankenhaus in die Entwöhnungseinrichtung
    • Kurzfristige Bearbeitung des Reha-Antrags durch die Reha-Träger
    • Enge Abstimmung zwischen Krankenhaus und Entwöhnungseinrichtung
    • Organisierter und begleiteter Transport, vorzugsweise durch Mitarbeiter der Entwöhnungseinrichtung
    • Fahrtkostenregelung nach § 53 SGB IX

    Entsprechende Rahmenempfehlungen der DRV/GKV befinden sich derzeit noch in Abstimmung. Deren Umsetzung wird dann mit entsprechenden Akteuren (z. B. Deutsche Krankenhausgesellschaft, Suchtkrankenhilfe) auf Landesebene erfolgen (geplant in 2017). Diese Initiative ist aus Sicht der Patienten und der Suchtverbände zu begrüßen. Kritisch angemerkt sei aber, dass nach derzeitigem Stand die Leistungsträger mehrheitlich beim Nahtlosverfahren am bestehenden umfangreichen Antragsverfahren (inkl. bisherigem Sozialbericht) festhalten werden. Bereits bestehende Nahtlosverfahren in einzelnen Bundesländern (z. B. Mitteldeutschland) sollen dadurch allerdings nicht berührt werden.

    Entgiftung/Entzugsbehandlung sowie Krankenhausbehandlung

    Gemäß der AWMF-S3-Leitlinie Alkoholbezogene Störungen sollen postakute Interventionsformen generell im Anschluss an die Entzugsphase als nahtlose weiterführende Behandlung angeboten werden. Dies impliziert, dass eine entsprechende Motivierung, Beratung und Vermittlung Bestandteil der Entzugsphase ist und dies nicht nur im Rahmen des Qualifizierten Entzugs erfolgt.

    Angesichts der kürzeren Behandlungsdauer einer körperlich orientierten Entgiftung-/Entzugsbehandlung im Vergleich zum Qualifizierten Entzug und der damit verbundenen geringeren Personalausstattung ist das Nahtlosverfahren aus dem Qualifizierten Entzug nicht einfach auf diesen Bereich übertragbar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein erheblicher Teil der Krankenhauspatienten mit alkoholbezogenen Störungen derzeit nicht aufgrund der F10-Diagnose, sondern aufgrund der somatischen Folgeerkrankungen behandelt wird, die Grunderkrankung der Suchtstörung hierbei häufig unberücksichtigt bleibt und eine Ansprache der Patienten auf den schädlichen oder abhängigen Konsum i. d. R. nicht erfolgt. Suchtspezifische Handlungskonzepte und Interventionsstrategien fehlen in Krankenhäusern weitgehend, Vermittlungen in Suchtfacheinrichtungen erfolgen nur zu einem geringen Teil. Angesichts des Erlebens der körperlichen Folgeerkrankungen ist bei vielen Betroffenen allerdings gerade während eines Krankenhausaufenthalts mit einer erhöhten Sensibilität und Offenheit für die zugrunde liegenden Substanzprobleme zu rechnen.

    Die Umsetzung von Früherkennungs- und Frühinterventionsstrategien erfordert den Einsatz entsprechender personeller Ressourcen, welche in den Krankenhäusern i. d. R. nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind. Dies betrifft auch die Kapazitäten der Sozialen Dienste in den Krankenhäusern.

    Verschiedene Modellvorhaben zur Verbesserung der sekundärpräventiven Versorgung von alkoholgefährdeten und -abhängigen Menschen, z. B. in Lübeck, Bielefeld, Erlangen, Boppard und im Rems-Murr-Kreis, zeigen, dass im Krankenhausbereich durch den Einsatz qualifizierten Personals im Rahmen von Konsiliar-/Liaisondiensten die (Früh-)Erkennung und Inanspruchnahme einer suchtspezifischen Behandlung von alkoholgefährdeten und -abhängigen Patienten deutlich verbessert werden kann (Görgen & Hartmann 2002; Schneider et al. 2005; Rall 2012).

    Problematisch ist auch hier generell die Frage, wie dieser Mehraufwand finanziert werden kann. Dienstleistungen der Frühintervention, welche i. d. R. mit dem vorhandenen Krankenhauspersonal (inkl. Sozialer Dienst) nicht in ausreichendem Umfang geleistet werden können, bedürfen einer verbindlichen Finanzierungsgrundlage. Was die Frage der Vermittlung angeht, könnten die Regelungen zum Entlassmanagement im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes die Möglichkeit bieten, Qualitätskriterien zu definieren, die auch eine Verbesserung der Kooperation mit dem Suchthilfe- und Suchtbehandlungssystem umfassen.

    Integrierte stationäre Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung sowie Motivationsbehandlung

    Das Modell der „Integrierten stationären Behandlung Abhängigkeitskranker“ (ISBA) wurde von den AHG Kliniken Daun und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam entwickelt. Dabei handelt es sich um eine stationäre Kombi-Leistung, welche sowohl die Entgiftungs- wie auch die Entwöhnungsphase umfasst. Dieses Verfahren wurde speziell in einer Rehabilitationsklinik für Patienten mit Antragstellung auf eine Rehabilitationsleistung im Bereich der Abhängigkeitserkrankungen entwickelt. Es beinhaltet einen Abholdienst am Wohnort zu Lasten der DRV Knappschaft-Bahn-See als Leistungsträger, der zugleich gesetzliche Krankenversicherung wie auch Rentenversicherung unter einem Dach ist.

    Aus Sicht der DRV Knappschaft-Bahn-See lässt sich folgendes Resümee zu diesem Verfahren ziehen (vgl. Kirchner 2016):

    • Die Entgiftung in der Rehabilitationsfachklinik ist erfolgreich (planmäßige Entlassungen, katamnestische Erfolgsquote).
    • Die Antrittsquote zur Entwöhnung beträgt 99,3 Prozent.
    • Die Entfernung zwischen Wohnort und Rehabilitationsfachklinik kann überbrückt werden.
    • Schnittstellen unter den Sozialversicherungsträgern können überwunden werden.
    • Deutliche Kostenersparnis entsteht durch die Entgiftung in der Rehabilitationsklinik.

    Durch den nahtlosen Übergang von Patienten mit anschließender Entwöhnungsbehandlung können somit Mehrfachentgiftungen vermieden, Arbeitsunfähigkeitszeiten reduziert und das Schnittstellenmanagement über Sektorengrenzen hinweg überwunden werden. Es zeigen sich zudem deutliche Kosteneinsparungseffekte.

    Einen anderen Ansatz, der ebenfalls auf der Verknüpfung zwischen Leistungen der Kranken- und Rentenversicherung beruht, stellt die stationäre Motivierungsbehandlung bzw. Reha-Abklärung dar. Dieses Verfahren wird langjährig insbesondere in Rehabilitationskliniken in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für Versicherte von Betriebskrankenkassen angeboten. Die stationäre Motivierungsbehandlung zu Lasten der GKVen bietet die Möglichkeit, eine bis zu vierwöchige Motivierungsbehandlung durchzuführen und, sofern indiziert, im unmittelbaren Anschluss daran eine Rehabilitationsbehandlung durchzuführen, bei der i. d. R. die Rentenversicherung Kostenträger ist.

    Beide Verfahren dienen insbesondere dazu, bei vorhandener Motivation den unmittelbaren Zugang zu den erforderlichen Leistungen zu ermöglichen und auf diesem Wege auch die Nichtantrittsquote – welche durch Wartezeiten und Lücken der Versorgung entsteht – zu reduzieren.

    Somatische und psychosomatische Rehabilitation sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

    Die Notwendigkeit, diagnostische und therapeutische Interventionen bei Rehabilitanden mit Suchtproblemen einzusetzen, betrifft auch die somatische und psychosomatische Rehabilitation, da Suchtprobleme als Komorbidität neben der ursprünglichen Hauptdiagnose (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychische Störungen) vorliegen können. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat deshalb Praxisempfehlungen zum Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation mit Suchtexperten, Vertretern der Wissenschaft und Patienten aus somatischen und psychosomatischen Rehabilitationseinrichtungen entwickelt

    Bislang finden sich nur wenige Konzepte von somatischen und psychosomatischen Rehabilitationseinrichtungen, in denen der Umgang mit komorbiden Suchtproblemen konkret beschrieben wird. Die Praxisempfehlungen sollen die Rehabilitationseinrichtungen dabei unterstützen, bei diagnostischen und therapeutischen Interventionen eine klare Vorgehensweise, einen effizienten Personaleinsatz, eine gute Wirksamkeit sowie eine möglichst hohe Zufriedenheit bei Patienten und Mitarbeitern zu erreichen.

    Übertragbar sind diese Handlungserfordernisse auch auf den Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. So können Suchtprobleme beispielsweise auch bei Rehabilitanden in Berufsförderungswerken auftreten und den Erfolg einer beruflichen Teilhabemaßnahme bedrohen. Spezifische Konzepte zum Umgang mit abhängigkeitskranken Menschen oder spezifische Beratungsangebote sind hier ebenfalls bislang eher die Ausnahme. Ein frühzeitiger Zugang zu suchtspezifischen Beratungs- und Behandlungsangeboten für suchtkranke Rehabilitanden sollte in beruflichen Rehabilitationseinrichtungen gefördert werden, um damit auch berufliche Teilhabemöglichkeiten langfristig und nachhaltig zu unterstützen. Ein entsprechendes Positionspapier haben der Bundesverband der Deutschen Berufsförderungswerke und der FVS entwickelt (s. SuchtAktuell 01.17).

    Betrieblicher Bereich

    In der Gemeinsamen Empfehlung „Reha-Prozess“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (01.08.2014) wird die Zielsetzung formuliert, dass Anzeichen eines möglichen Bedarfs an Leistungen zur Teilhabe frühzeitig erkannt werden sollen. Das Erkennen solcher Anzeichen wird als gemeinsame Aufgabe der Rehabilitationsträger sowie aller potenziell am Rehabilitationsprozess beteiligten Akteure gesehen. So hat beispielsweise die Rentenversicherung ein hohes Interesse daran, die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Versicherten zu erhalten. Hierzu dient auch der neu etablierte Firmenservice der Rentenversicherung (RV), der insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen bei dieser Zielsetzung unterstützen soll. In diesem Kontext sollen die Mitarbeiter des Reha-Beratungsdienstes der RV, welche hinsichtlich von Suchterkrankungen entsprechend geschult sind, auch auf abhängigkeitsspezifische Auffälligkeiten (etwa im Arbeits-, Sozial-, Gesundheitsverhalten bzw. im Erscheinungsbild) hinweisen, im Bedarfsfall den Kontakt zu Suchtberatungsstellen herstellen oder ggf. Rehabilitationsleistungen auch direkt einleiten (vgl. Gross 2016). Eine bundesweite Telefonhotline der Rentenversicherung wurde hierzu ebenfalls eingerichtet.

    Auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung stellt die betriebliche Gesundheitsförderung ein prioritäres Handlungsfeld der Prävention dar. Die Krankenkassen unterstützen Betriebe hierbei auch hinsichtlich der frühzeitigen Erkennung von Suchtproblematiken, bei der Schaffung von entsprechenden Strukturen und der Inanspruchnahme entsprechender Hilfsangebote.

    Ein Ansatzpunkt, das frühzeitige Erkennen einer Suchtproblematik zu fördern, bietet darüber hinaus der § 132 f SGB V des Präventionsgesetzes. Danach können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit Betriebsärzten oder deren Gemeinschaften Verträge über die Durchführung von Gesundheitsuntersuchungen nach § 25 Abs. 1 SGB V schließen. Ziel ist es, erwerbstätigen Versicherten damit einen niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsuntersuchungen zu ermöglichen. Hierbei sollte auch routinemäßig ein Screening hinsichtlich suchtbezogener Störungen integriert werden.

    Routinedaten der Leistungsträger

    Ein weiterer Ansatzpunkt für eine frühzeitige Bedarfsfeststellung besteht in der gezielten Analyse der Routinedaten der Leistungsträger.

    Routinedaten der Krankenversicherung
    Als Anlass für einen möglichen Rehabilitationsbedarf wird in der Gemeinsamen Empfehlung „Reha-Prozess“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation beispielsweise genannt:

    • „Länger als 6 Wochen ununterbrochene oder wiederholte Arbeitsunfähigkeit innerhalb der letzten 12 Monate,
    • Gesundheitsstörung, der vermutlich eine psychische Erkrankung, eine psychosomatische Reaktion oder eine Suchtmittelabhängigkeit zugrunde liegt.“

    Entsprechende Analysen sind – unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen – von Seiten der Krankenkassen möglich. Diese müssten routinemäßig mit einem Fallmanagement verknüpft werden, dessen Aufgabe in einer Ansprache des Versicherten mündet, bei Bedarf Beratungen leistet und ggf. Vermittlungen in Absprache mit dem Versicherten einleitet.

    Routinedaten der Rentenversicherung
    Auf Basis ihrer vorhandenen Routinedaten hat die Rentenversicherung festgestellt, dass nahezu jeder zweite Zugang zur Erwerbsminderungsrente (EM) ohne eine vorherige medizinische Rehabilitationsleistung erfolgt ist (Gross 2016). Vor diesem Hintergrund wurde geprüft, ob eine sich abzeichnende Gefahr für die Erwerbs- und Beschäftigungsfähigkeit frühzeitig ermittelt werden kann, um darauf aufbauend sofort konkrete Angebote unterbreiten zu können. In einem durch die DRV Bund geförderten Forschungsprojekt, „Risikoindex Erwerbsminderungsrente“, konnte gezeigt werden, dass die zur Verfügung stehenden Routinedaten der Rentenversicherung einen hohen Vorhersagewert für das Risiko eines zukünftigen EM-Rentenzugangs besitzen. So kann eine zu 75 Prozent korrekte Vorhersage hinsichtlich eines EM-Rentenzugangs in den fünf folgenden Jahren getroffen werden. Zudem beschäftigte sich eine weitere Untersuchung, „Sozialmedizinisches Panel von Erwerbspersonen“, mit der Frage, wie sich die gesundheitliche und berufliche Situation von Versicherten entwickelt, die zwar Krankengeldempfänger sind, bislang jedoch noch keine Rehabilitationsleistung der Rentenversicherung in Anspruch genommen hatten (Gross 2016).

    Zielsetzung ist es, proaktiv auf potentielle EM-Rentenantragssteller zuzugehen und diese über die zur Verfügung stehenden Rehabilitationsleistungen zu informieren und zu einer Antragsstellung zu motivieren. Es ist davon auszugehen, dass bei einem Teil dieses Personenkreises auch substanzbezogene oder substanzungebundene Störungen eine Rolle spielen. Unterstützt werden soll die Förderung einer frühzeitigen Inanspruchnahme auch über die Internetseite www.reha-jetzt.de, welche über die entsprechenden Schritte aufklärt und informiert.

    Jobcenter/Agenturen für Arbeit

    Arbeitslose Menschen leiden im Vergleich zu Erwerbstätigen deutlich häufiger an psychischen und psychosomatischen Belastungen und Erkrankungen wie etwa depressiven Symptomen, Angststörungen, Magen-Darm-Erkrankungen oder Suchterkrankungen. So belegen Auswertungen der Krankenkassen, dass psychische Störungen unter Arbeitslosen deutlich erhöht sind. Darauf weist auch ein IAB-Forschungsbericht (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) hin (Schubert et al. 2013).

    Das Beispiel des Jobcenters Essen verdeutlicht, wie eine gesundheitliche Ausrichtung der Arbeitsmarktförderung zusammen mit lokalen Partnern des Gesundheitswesens so ausgebaut werden kann, dass ein umfangreiches Angebot zur Diagnostik und Versorgung von Kunden/Patienten mit psychischen, somatischen und Suchterkrankungen vorgehalten werden kann (Mikoteit 2016). Grundlage bildet ein Konzept des Jobcenters zur integrierten Gesundheits- und Arbeitsmarktförderung. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der seelischen Gesundheit, substanzbezogene Störungen bei Langzeitarbeitslosen werden dabei berücksichtigt. Spezialisierte, in der Führung von motivierten Gesundheitsgesprächen geschulte Fachkräfte des Jobcenters stehen an allen zehn Standorten des Jobcenters Essen zur Verfügung. Eine wichtige Zielsetzung der Gespräche der Fallmanager ist es, so genannte ‚Verdachtsfälle‘ zu identifizieren und bei diesen Menschen eine Motivation z. B. für die Inanspruchnahme einer professionellen Fachberatung aufzubauen. Diese Inanspruchnahme von Beratungsleistungen ist grundsätzlich freiwillig.

    Um den Zugang zu erleichtern, wurde in den Räumlichkeiten des Jobcenters eine ‚Zweigstelle‘ der Institutsambulanz des Klinikums der Psychiatrie eingerichtet. Neben einer psychiatrischen wird auch eine suchtmedizinische Sprechstunde im Jobcenter selbst angeboten. Damit ist es möglich, dass die Jobcenter-Fachkräfte direkt den Kontakt zu Spezialisten für psychische oder suchtbezogene Störungen herstellen. Gemeinsam werden von den Jobcenter-Fachkräften, den Klinikmitarbeitern und den Kunden die weiteren Schritte abgestimmt, und es wird auch Unterstützung, z. B. bei den Zugängen zu einer erforderlichen stationären Rehabilitation, geleistet. Hierzu gibt es Verfahrensabsprachen mit entsprechenden Rehabilitationseinrichtungen.

    Ein weiterer Ansatz zur Förderung eines nahtlosen Zugangs aus dem Jobcenter in eine Suchtrehabilitation stellt das kooperative Modellprojekt „Magdeburger Weg“ der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland für ALG II-Empfänger dar. Ziel dieses Ansatzes ist ebenfalls die frühzeitige Intervention, um aktuelle Vermittlungshemmnisse bezüglich eines regulären Beschäftigungsverhältnisses zu beseitigen und einem vorzeitigen krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entgegenzuwirken (Ueberschär et. al 2017). Die Antragsstellung erfolgt nach § 145 SGB III mit einem Rehabilitationsantrag und dem sozialmedizinischen Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit ohne zusätzlichen Sozialbericht (seit 01.09.2007). In diesem Zusammenhang hat die DRV Mitteldeutschland 2010 auch einen Kooperationsvertrag mit den beiden Regionaldirektionen Sachsen und Sachsen-Anhalt/Thüringen geschlossen. Aus Sicht der DRV Mitteldeutschland hat sich gezeigt, dass die Öffnung der Zugänge – welche auch weitere Bereiche wie Entzugsbehandlungen, niedergelassene Ärzte, Justizvollzugsanstalten betrifft – richtig war. Die Erfolgsaussichten hinsichtlich der Rückfallquote unterscheiden sich bei den bisherigen Verfahren und den neuen Zugangswegen nicht, die betroffenen Menschen kommen aber früher und sicherer im Hilfesystem an (ebd.).

    Fallmanagement und Fallbegleitung

    In der S3-Leitlinie Alkoholbezogene Störungen wird darauf hingewiesen, dass das Versorgungssystem für Menschen mit alkoholbezogenen Störungen in Deutschland sehr differenziert ist, eine Vielzahl von Angeboten umfasst und aufgrund historisch gewachsener Strukturen und den Zuständigkeiten der Kostenträger auch stark fragmentiert ist (Günthner, Weissinger et al. 2016). Gerade bei Abhängigkeitserkrankungen ist es aufgrund der hohen Rückfallgefahr der betroffenen Menschen umso notwendiger, die Nahtlosigkeit zwischen den Leistungserbringern durch Brückenbildungen herzustellen. Erhebungen der Suchtfachverbände wie auch der Deutschen Rentenversicherung Bund belegen, dass eine vergleichsweise hohe Anzahl an Personen eine bewilligte stationäre Suchtrehabilitation nicht antritt (s. Abb. 5).

    Die DRV Rheinland-Pfalz hat gemeinsam mit den Universitäten Freiburg und Koblenz/Landau ein Modellprojekt zur Reha-Fallbegleitung durchgeführt. Teilnehmer waren Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige mit arbeitsplatzbezogenen Problemen bzw. Arbeitslosigkeit, welche in der Vergangenheit bereits eine Entwöhnungsbehandlung absolviert oder nicht angetreten hatten und im regionalen Umkreis der vorgesehenen Entwöhnungsklinik wohnten. Die Reha-Fallbegleiter waren in diesem Projekt an den 15 beteiligten Fachkliniken angesiedelt, vorgesehen waren bis zu 20 Kontakte, insbesondere in der Prä- und Postphase der Entwöhnungsbehandlung.

    Als wichtiges Zwischenergebnis zeigte sich, dass die Antrittsquote der Entwöhnungsbehandlung bei den Teilnehmern im Vergleich zu Nichtteilnehmern deutlich höher war (92,6 Prozent im Vergleich zu 60,8 Prozent). Ferner war auch die Quote der planmäßigen Beender deutlich erhöht.

    Fallmanagement bietet grundsätzlich die Möglichkeit, die Prozesse auf eine stärkere Personenzentrierung hin zu optimieren, und erfordert, dass die Prozessverantwortung festgelegt ist. Festzuhalten ist aber, dass Fallmanagement zeit- und personalintensiv ist und eine entsprechende Finanzierung der damit verbundenen Leistungen im gegliederten System erforderlich ist, um diesen Ansatz flächendeckend in der Versorgung zu implementieren.

    Nutzung moderner Informationstechnologien

    Zunehmend spielt der Einsatz neuer Medien in den Bereichen Prävention, Frühintervention sowie Beratung, Therapie und Nachsorge eine wichtige Rolle. Über entsprechende Informationskanäle lassen sich Betroffene, deren Angehörige wie auch Multiplikatoren gezielt ansprechen. Zukünftig werden die elektronischen Medien deutlich an Einfluss gewinnen, während die traditionellen Printmedien (z. B. Zeitschriften, Broschüren) mit einer rückläufigen Erreichungsquote der Bevölkerung zu rechnen haben.

    Die kommerziellen Anbieter von Apps und Programmen, die sich mit der Gesundheit beschäftigen, entwickeln laufend neue Programme. Hier ist ein enormer Wirtschaftsmarkt entstanden. Laut Deutschem Ärzteblatt umfasst in den USA der App-Store von Apple bereits über 100.000 Apps zur Lebensqualität, zu Fitness und Gesundheit. Das Marktvolumen mobiler Gesundheitsangebote (mhealth 2016) umfasste ca. 20 Milliarden US-Dollar (Beerheide 2016). Zudem weisen Gesundheits-Apps wenig Evidenz auf, es gibt keine Standards und Qualitätskriterien dafür, auch ist die Frage eines Zulassungsverfahrens ungeklärt (ebd.).

    Hier stellt sich die Frage, ob es beispielsweise im Rahmen der Nationalen Präventionsstrategie in Deutschland möglich wäre, zertifizierte und anerkannte Angebote zu schaffen, die wissenschaftlich abgesichert, interessensneutral und kostenfrei zugänglich sind. Denkbar wäre es, spezifische Apps für Betroffene, Multiplikatoren und Angehörige zu entwickeln, die als Wegweiser für die jeweiligen Nutzer eine Chance bieten, sich umfassend zu informieren über entsprechende Erkrankungsbilder, Behandlungsangebote, Antragsverfahren etc. Über Gesundheits-Apps lassen sich Gesundheitsthemen lebendig, anschaulich und zielgruppenspezifisch aufbereiten. Suchtbezogene Themen lassen sich hierbei zum einen in allgemeine Gesundheitsthemen integrieren, zum anderen aber auch sehr spezifisch darstellen.

    Der Ausbau von bundesweit abgestimmten, interessensneutralen und anerkannten Angeboten ist auch im Bereich der Online-Beratung oder der Telefonserviceangebote denkbar.

    4. Schlussbemerkungen und Ausblick

    Es gibt zwar einen breiten Konsens hinsichtlich der allgemeinen Zielsetzung, einen frühzeitigen und nahtlosen Zugang zu einer bedarfs- und leitliniengerechten Therapie und Rehabilitation bei Suchterkrankungen sicherzustellen. Allerdings bestehen in der Realität erhebliche Hürden und Schnittstellenprobleme, die nicht zuletzt auf unterschiedlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten von Leitungsträgern und Leitungserbringern beruhen. Aus Sicht der betroffenen Menschen wäre es erforderlich, dass ein integriertes, berufsgruppenübergreifendes und bedarfsgerechtes Versorgungs- und Hilfesystem existiert, das einen möglichst nahtlosen Zugang zu den erforderlichen Leitungen ermöglicht. Dies ist auch eine wesentliche Zielsetzung des Bundesteilhabegesetzes, des Flexirentengesetzes und des Präventionsgesetzes. Gefragt sind somit Brückenkonzepte und sektorenübergreifende Interventionsstrategien.

    Angesichts des zum Krankheitsbild einer Abhängigkeit gehörenden vergleichsweise geringen Problembewusstseins der Betroffenen und der bestehenden gesellschaftlichen Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen ist es besonders wichtig, dass alle in den verschiedenen Versorgungssektoren Tätigen (z. B. niedergelassene Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenhaus- und Pflegepersonal) ihre Aufmerksamkeit für substanzgebundene und -ungebundene Störungen systematisch erhöhen (Günthner, Weissinger et al. 2016).

    Darüber hinaus sind – so entsprechende Kernpunkte zur Implementierung der S3-Leitlinie Alkoholbezogene Störungen (ebd., S. 202 f.) – folgende Erfordernisse zu beachten:

    • niedrigschwelle wohnortnahe Zugangswege zu qualifizierten Beratungs- und Behandlungseinrichtungen vorzuhalten,
    • zeitnah personenzentrierte und passgenaue Hilfen für Menschen mit einer suchtbezogenen Störung wie auch für deren Angehörige zur Verfügung zu stellen,
    • Maßnahmen zum Screening/zur Früherkennung, insbesondere zur Identifizierung von Risikogruppen, in allen Einrichtungen der Versorgung mit geeigneten Instrumenten durchzuführen.

    Dort, wo es erforderlich ist, sollten die Leistungserbringer durch Fallmanager (z. B. Konsil- und Liaisondienste in Krankenhäusern) systematisch unterstützt werden. Durch das systematische Zusammenwirken der beteiligten Leistungsträger und Leistungserbringer sollten entsprechende Leistungen wie aus einer Hand erbracht werden.

    Kontakt:

    Dr. Volker Weissinger
    Geschäftsführer
    Fachverband Sucht e.V.
    Walramstraße 3
    53175 Bonn
    Tel. 02 28/26 15 55
    sucht@sucht.de

     

     

    Angaben zum Autor:

    Dr. Volker Weissinger ist Geschäftsführer des Fachverbandes Sucht e.V. (FVS), Bonn.

    Literatur:

    • Bachmeier, R. et al. (2015): Basisdokumentation 2014 – Fachkliniken für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, in: Fachverband Sucht e.V. (Hg.): Basisdokumentation 2014 – Ausgewählte Daten zur Entwöhnungsbehandlung im Fachverband Sucht e.V., 6-30
    • Beerheide, R., (2016): Gesundheits-Apps – Viele Chancen, wenig Evidenz, Deutsches Ärzteblatt Jg. 113, Heft 26, 1. Juli 2016, A 1242 f.
    • Deutsche Rentenversicherung Bund (2016): Komorbide Suchtprobleme – Praxisempfehlungen zum Umgang mit komorbiden Suchtproblemen in der somatischen und psychosomatischen Rehabilitation, Berlin
    • Effertz, T. (2015): Die volkswirtschaftlichen Kosten gefährlichen Konsums – eine theoretische und empirische Analyse für Deutschland am Beispiel Alkohol, Tabak und Adipositas, Peter Lang GmbH Internationaler Verlag der Wissenschaft, Frankfurt a.M.
    • Fachverband Sucht e.V. (2012): Leitbild und Positionen zur Suchtkrankenhilfe und -behandlung, SuchtAktuell 02.12
    • Gesundheitsziele.de (2015): Alkoholkonsum reduzieren, Bundesanzeiger 19.05.2015, 15-20
    • Görgen, W., Hartmann, R. (2002): Neue Wege in der Behandlung Suchtkranker in der frühen Sekundärprävention, Geesthacht
    • Gross, B. (2016): „Sucht bewegt, Zugangswege erweitern“ aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund, SuchtAktuell 02.16, 14-17
    • Günthner, A., Weissinger, V. et al. (2016): Versorgungsorganisation, in: Mann, K., Hoch, E., Batra, A., (Hg.) (2016): S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen, Heidelberg, 191-210
    • Kainz, B., Schröder, A., Glattacker, M., Wenzel, D., Hoffmann, S., Kulick, B., Jäckel, W. H. (2011): Inanspruchnahme und Akzeptanz des Modells „Reha-Fallbegleitung bei Alkohol-, Medikamenten und Drogenabhängigen mit erwerbsbezogenen Problemen“, SuchtAktuell 02.11, 40-46.
    • Kirchner, P. (2016): „Nahtloser Zugang zu Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung am Beispiel von ISBA“ – Vortrag anlässlich des 29. Heidelberger Kongress des FVS, 15.06.2016
    • Liegmann, K. (2015): Risiko Alkohol? Früherkennung und Intervention in der Hausarztpraxis, Bremen
    • Mann, K., Hoch, E., Batra, A., (Hg.) (2016): S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen, Heidelberg
    • Martin, H. (2016): Neue Zugangswege – eine Herausforderung auch für Kostenträger?, SuchtAktuell 02.16, 18-20
    • Mikoteit, T. (2016): Spezielle Angebote für (Sucht)kranke im Jobcenter Essen, SuchtAktuell 02.16, 24-29
    • Missel, P. (2016): Zugangswege erweitern! … aus Sicht der Suchtbehandler, SuchtAktuell 02.16, 36-38
    • Rall, P. (2012): Liaisondienst Rems-Murr Klinik Schorndorf – ein Modell der Frühintervention im Allgemeinkrankenhaus, SuchtAktuell 01.12, 54-59
    • Schneider, B., Götz, H., Groos, J. (2005): Kooperation und Vernetzung von Akutbehandlung und Rehabilitation: Auf dem Weg zur Integrierten Versorgung, SuchtAktuell 02.05, 28-31
    • Schubert, M., Partier, K., Kupka, P., Krüger, U., Holke, J., Fuchs, Ph. (2013): Menschen mit psychischen Störungen im SGB II, IAB-Forschungsbericht 12/2013 (Aktualisierte Fassung vom 04.11.2013), Nürnberg
    • Trautmann, S., Pieper, L., Kuitunen-Paul, S., Manthey, J., Wittchen, H.-U., Bühringer, G., Rehm, J. (2016): Prävalenz und Behandlungsraten von Störungen durch Alkoholkonsum in der primärärztlichen Versorgung in Deutschland, Sucht (2016), 62 (4), 233-243
    • Trautmann, S., Wittchen., H.-U. (2016): Häufigkeit und Versorgungssituation von Suchterkrankungen in Deutschland, SuchtAktuell 02.16, 11-13
    • Ueberschär, I., Kampschick, U., Schmidtke, B., Retzlaff, R. (2017): Die Notwendigkeit eines einfachen Zugangs in die Rehabilitation Suchtkranker, SuchtAktuell 01.17, 11-14
    • Wienberg, G. (1992): Die vergessene Mehrheit. Zur Realität der Versorgung alkohol- und medikamentenabhängiger Menschen, Bonn
  • Katamnesen in der Ambulanten Rehabilitation Sucht

    Katamnesen in der Ambulanten Rehabilitation Sucht

    Renate Walter-Hamann
    Dr. Theo Wessel

    Der Deutsche Caritasverband (DCV) und der Gesamtverband für Suchthilfe – Fachverband der Diakonie Deutschland (GVS) haben im Jahr 2012 mit der Einführung von Katamnesen in der Ambulanten Rehabilitation Sucht (ARS) begonnen und mittlerweile Ergebnisse aus vier Erhebungsjahrgängen (2013 bis 2016 = Entlassjahrgänge 2011 bis 2014) vorliegen. Im „Jahrbuch Sucht 2015“ (hrsg. v. DHS) sind die Ergebnisse der beiden ersten Entlassjahrgänge 2011 und 2012 dargestellt (S. 199–213). Im Rahmen des verbandsübergreifenden Fachtages „Ergebnisse der Katamnesen Ambulante Rehabilitation Sucht – Wirkungsdialog und daraus abgeleitete Perspektiven“ am 15.11.2016 in Frankfurt am Main wurden die Ergebnisse aller vorliegenden Entlassjahrgänge bei alkoholbezogener Störung (F10, ICD-10) dargestellt. Vorgestellt wurden außerdem Katamnesedaten zur ambulanten Rehabilitation bei Pathologischem Glückspiel (F63, ICD-10) und bei Illegalen Drogen (F11, F12, F14, F15, F16 und F19, ICD-10). In weiteren Tagungsbeiträgen wurden die Ergebnisse einer Umfrage bei den beteiligten Einrichtungen zur Bewertung der Implementierung der Katamnesen ARS dargestellt sowie Sonderauswertungen zu Veränderungen im Erwerbsstatus im Rahmen von ARS. Vorträge zur Bewertung der Katamnesen ARS von einem Leistungsträger (DRV) und aus internationaler Perspektive ergänzten und vertieften die Ergebnisse. Eine Podiumsdiskussion unter Beteiligung von Vertretern der Leistungsträger VdEK und DRV Schwaben, der beiden Verbände DCV und GVS und des Referenten aus Amsterdam, der die internationale Perspektive vertrat, rundeten den Fachtag ab. Die Resonanz der Teilnehmenden zu diesem Fachtag war außerordentlich positiv.

    Einführung

    Schätzungen aus verschiedenen Quellen weisen auf eine Gesamtzahl von etwa 8.000 Fällen ARS (ohne ambulante Nachsorge) pro Jahr in Deutschland hin. Die Deutsche Rentenversicherung weist 369 anerkannte ambulante Fachstellen aus, die ARS anbieten. Etwa 220 Fachstellen sind in Caritas oder Diakonie organisiert. Von diesen Fachstellen konnten bis zu 95 im Rahmen des Katamnese-Projektes erreicht werden (45 Prozent). Die technische Unterstützung des Projektes erfolgt durch Redline-Data, Ahrensbök (Jens Medenwaldt). Die Ziele des Implementierungsprojektes konnten weitgehend erreicht werden.

    Ergebnisse der Katamnesen ARS aus den Entlassjahrgängen 2011 bis 2014

    In den Jahren 2011 bis 2014 bewegten sich die Fallzahlen ARS zwischen 2.350 und 3.150 pro Jahr. Davon waren etwa 41 Prozent ARS ohne stationäre Beteiligung, 23 Prozent mit stationärer Beteiligung und 36 Prozent ambulante Nachsorge. 80 bis 85 Prozent der Fälle wiesen die Hauptdiagnose Alkohol (F10) auf, sieben bis acht Prozent die Hauptdiagnose Illegale Drogen (F11, F12, F14, F15, F16, F19) und fünf bis sieben Prozent die Hauptdiagnose Pathologisches Glücksspiel (F63). Eine starke Beteiligung am Projekt erfolgte aus den Bundesländern Niedersachsen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen.

    Die ARS weist bei der Diagnose F10 (Alkohol) und einem Rücklauf ab 45 Prozent Abstinenzquoten nach DGSS 4 von 50 bis 54 Prozent für alle im Kalenderjahr Entlassenen auf, wenn keine stationäre Rehabilitationsmaßnahme beteiligt war. Mit stationärer Beteiligung (Kombinationsbehandlungen) liegt die Erfolgsquote bei 43 bis 52 Prozent.

    Die soziodemographischen Merkmale der Rehabilitanden in der ARS ohne stationäre Beteiligung werden deutlich günstiger beschrieben als die der Rehabilitanden in der ARS mit stationärer Beteiligung – mit den entsprechenden unterschiedlichen Auswirkungen auf die Ergebnisqualität. Somit werden verschiedene Zielgruppen erreicht. Insgesamt zeigt sich, dass die indikative Zuweisung der Rehabilitanden zum ambulanten und/oder stationären Setting zielgruppengerecht erfolgt.

    Bewertung der Implementierung von Katamnesen ARS

    Die am Katamnese-Projekt beteiligten Einrichtungen wurden gefragt, wie sie die Implementierung der Katamnesen ARS bewerten. Insgesamt haben sich 56 Einrichtungen an der Umfrage beteiligt, 43 davon haben kontinuierlich zu allen Entlassjahrgängen Daten zur Verfügung gestellt. 80 Prozent geben an, dass die Implementierung von Katamnesen ARS gelungen ist. 68 Prozent benutzen die Ergebnisse als einrichtungsbezogene Auswertung. Insgesamt haben Katamnesen eine hohe Relevanz für die eigene Arbeit (Erfolgskontrollen, Konzeptverbesserungen usw.). 44 Prozent der Umfragebeteiligten wünschen sich auch zukünftig verbandliche Unterstützung bei der Durchführung von Katamnesen (Austausch, Schulungen, Forum usw.).

    Zusatzauswertungen „Illegale Drogen“ und „Pathologisches Glücksspiel“

    In den vier Erhebungsjahrgängen 2013 bis 2016 gab es 630 ARS-Fälle „Illegale Drogen“, davon waren 65 Prozent ohne und 35 Prozent mit stationärer Beteiligung. Die Hauptdiagnose Cannabis (F12) hat einen Anteil von etwa 40 Prozent, Opioide machen 20 bis 30 Prozent aus und Kokain zwölf bis 14 Prozent.

    Der Anteil Arbeitsloser reduzierte sich bis zum Behandlungsende im Vergleich zum Behandlungsbeginn um sieben bis zwölf Prozent, der Anteil Erwerbstätiger erhöhte sich um acht bis zwölf Prozent. Zum Katamnesezeitpunkt (ein Jahr nach Beendigung ARS) reduzierte sich der Anteil Arbeitsloser nochmals um drei Prozent bei ARS ohne stationäre Beteiligung und um zehn Prozent bei ARS mit stationärer Beteiligung (Kombibehandlung).

    Insgesamt gab es 70 bis 80 Prozent planmäßige Beendigungen der ARS-Maßnahmen. Die Katamnese-Rücklaufquote lag bei etwa 30 Prozent. Bei ARS ohne stationäre Beteiligung war die Rücklaufquote höher und die Abstinenzquote nach DGSS 4 lag bei 38 Prozent. Bei ARS mit stationärer Beteiligung lag die Abstinenzquote nach DGSS 4 bei 30 Prozent. Die Gruppe der „definiert Rückfälligen“ (Nichterreichte) betrug bei ARS ohne stationäre Beteiligung 34 Prozent und bei ARS mit stationärer Beteiligung 37 Prozent.

    In den vier Erhebungsjahrgängen 2013 bis 2016 gab es 373 ARS-Fälle „Pathologisches Glücksspiel“, davon waren 75 Prozent ohne und 25 Prozent mit stationärer Beteiligung. Auch hier zeigt sich am Behandlungsende eine deutliche Reduktion des Anteils Arbeitsloser von sieben bis zwölf Prozent und eine Zunahme des Anteils Erwerbstätiger von neun bis 13 Prozent.

    Insgesamt gab es auch hier etwa 70 bis 80 Prozent planmäßige Beendigungen der ARS-Maßnahmen. Die Katamnese-Rücklaufquote lag bei acht Prozent. So sind die Fallzahlen zu gering für eine Berechnung der Abstinenzquote bzw. der Veränderungen im Erwerbsstatus zum Katamnesezeitpunkt.

    Veränderungen im Erwerbsstatus: Interferenzstatistische Analysen

    92 Prozent der zu Beginn der ARS Erwerbstätigen verbleiben in der Erwerbstätigkeit, während der ARS-Maßnahme werden acht Prozent arbeitslos. Etwa 25 Prozent der zu Beginn der ARS Arbeitslosen gelangen während der ARS-Maßnahme in Erwerbstätigkeit. Die Merkmale dieser Gruppe: Die Menschen sind jünger, beziehen häufiger ALG I als ALG II, beenden die ARS-Maßnahme regulär, bewerten die ARS-Maßnahme als erfolgreich und sie weisen weniger Vorbehandlungen auf (Entzug). Ihre Alkoholstörung war weniger schwer ausgeprägt und die Dauer der Arbeitslosigkeit war geringer. Etwa zehn Prozent der zu Beginn der ARS-Maßnahme Nichterwerbstätigen sind am Ende der Maßnahme erwerbstätig (Schüler, Studenten).

    Bewertung des Katamnese-Projektes und der Ergebnisse aus Sicht eines Rehabilitationsträgers

    Die vier gängigen Formen der ARS sind: ARS ohne stationäre Beteiligung, ambulante Entlassform zum Ende einer stationären Rehabilitation, Wechsel in die ambulante Rehabilitationsform nach Abschluss der stationären Rehabilitation, ARS als Bestandsform von Kombitherapie (ARS mit stationärer Beteiligung).

    Teilhabeaspekte stehen bei der ARS im Vordergrund, insbesondere gilt es, mit den ICF-Kontextfaktoren des sozialen Feldes des Rehabilitanden zu arbeiten. Zentrale Aufgaben der Teilhabe-Leistungen sind die Verbesserung der Erwerbsfähigkeit und das Erreichen von Erwerbstätigkeit. In diesem Zusammenhang spielen arbeitsbezogene Interventionen während der ARS-Maßnahme eine wichtige Rolle. Ein sozialmedizinischer Jahresverlauf von Rehabilitanden aus dem Jahr 2010 zeigt, dass 90 Prozent der Rehabilitanden im Erwerbsleben verbleiben (59 Prozent lückenlose Rentenversicherungsbeiträge, 31 Prozent lückenhafte Rentenversicherungsbeiträge).

    Die Rehabilitandenbefragung nach Beendigung einer ambulanten Suchtrehabilitation mit 4.287 Beteiligten in den Jahren 2013 bis 2015 zeigt, dass die subjektiv wahrgenommenen Erfolge der Rehabilitationsleistungen auf deutliche Verbesserungen in den Bereichen Gesundheitszustand, Leistungsfähigkeit und kurzzeitige Abstinenz hinweisen. Insgesamt geben 90 Prozent der Beteiligten deutliche Verbesserungen an.

    Etwa die Hälfte der Rehabilitanden gibt an, während der ARS keine Beratung und Hilfe bekommen zu haben, um die Situation am Arbeitsplatz zu erleichtern. 60 Prozent sind zu Beginn der ARS und zum Befragungszeitpunkt bei Behandlungsende voll berufstätig, 24 Prozent sind zum Befragungszeitpunkt arbeitslos. 81 Prozent geben an, dass sich die berufliche Leistungsfähigkeit durch die ARS-Maßnahme deutlich verbessert hat. Für die Zukunft gilt die Empfehlung, bei ARS-Verlängerungsanträgen die therapeutische Unterstützung für eine stabile Erwerbssituation der Rehabilitanden mehr als bisher zu berücksichtigen.

    Die Bewertung von Katamnesen aus internationaler Perspektive

    Seit etwa 30 Jahren gibt es deutsche und internationale Studien zur Bewertung von Wirkungen suchttherapeutischer Maßnahmen. Als evidenzbasierte Faustregel kann angenommen werden, dass nach stationärer oder ambulanter Suchtrehabilitation 50 Prozent der Alkoholabhängigen ein Jahr nach der Behandlung durchgehend alkoholabstinent sind. Amerikanische Studien weisen auf 19 Prozent Einjahresabstinenz hin, im ambulanten Behandlungszweig kommt es im Jahr nach der Behandlung zu etwa 80 Prozent abstinenten Tagen.

    In den Niederlanden zeigte sich in dem Projekt „Resultaten scoren“ (fünf Jahreskohorten 2005 bis 2009 mit insgesamt 15.786 behandelten und 8.326 telefonisch erreichten Klienten) eine Abstinenzrate von 23 Prozent in den letzten 30 Tagen vor dem Befragungszeitpunkt (Schippers, Nabitz, Buisman, 2009). Im Vergleich hat Deutschland eine Abstinenzquote von 75 Prozent in den letzten zwölf Monaten (Katamnesebefragung) bei 693 erreichten Klienten (nach DGSS 3).

    So kann die Suchthilfe in Deutschland, insbesondere im Bereich der ARS, ihre Effektivität mittels Routine-Katamnesen nachweisen. Mehr als 50 Prozent der Klienten sind nach der Therapie abstinent. Im internationalen Vergleich ist das ein herausragendes Ergebnis.

    Strukturelles Monitoring und Benchmarking sind ein Weg zur weiteren Verbesserung von Suchthilfe. Die Katamnese-Methodik kann der Anfang einer europäischen Standardisierung sein. Eine schnelle Rückmeldung der Katamneseergebnisse an die Einrichtungen kann zur Verbesserung der ARS-Maßnahmen führen.

    Podiumsdiskussion

    Die abschließende Podiumsdiskussion verlief sehr lebhaft und informativ. Stichworte aus der Diskussion: ARS hat eine gute Wirksamkeit, Kombitherapien sollten mehr genutzt werden, die berufliche Orientierung in der ARS sollte weiter gestärkt werden, eine Veröffentlichung der Katamneseergebnisse ist weiterhin wichtig, Verlängerungsanträge ARS sind die Regel und nicht die Ausnahme, das ARS-Rahmenkonzept aus 2008 ist überarbeitungsbedürftig, die Katamnese-Durchführung liegt im Interesse der Leistungserbringer, insgesamt steht die ambulante Suchthilfe sehr unter Druck.

    Fazit: Auch zukünftig sollten Fachveranstaltungen dieser Art durchgeführt werden.

    Kontakt:

    Dr. Theo Wessel
    Gesamtverband für Suchthilfe e.V. (GVS) – Fachverband der Diakonie Deutschland
    Invalidenstraße 29
    10115 Berlin
    Tel. 030/83 001-501
    wessel@sucht.org
    www.sucht.org

    Angaben zu den Autoren:

    Dr. Theo Wessel ist Geschäftsführer des Gesamtverbandes für Suchthilfe e.V. (GVS) – Fachverband der Diakonie Deutschland.
    Renate Walter-Hamann ist Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Katholische Suchtkrankenhilfe und Leiterin des Referats Basisdienste und besondere Lebenslagen beim Deutschen Caritasverband e.V. in Freiburg.

  • Differenzierte Ergebnismessung zu Konsumverhalten und Teilhabe

    Differenzierte Ergebnismessung zu Konsumverhalten und Teilhabe

    Prof. Dr. Andreas Koch
    Dr. Hans Wolfgang Linster

    Der Kerndatensatz Katamnese (KDS-Kat) stellt eine Ergänzung zum „Deutschen Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe (KDS)“ dar. Er ist zwar als separates Modul entwickelt worden, die Ausarbeitung erfolgte jedoch mit Bezug auf die Systematik und Zielsetzung, die bereits für die Entwicklung des KDS-E (Einrichtung) und KDS-F (Fall) maßgeblich waren. Der KDS-Kat entstand im Rahmen eines Konsensprozesses zwischen den beteiligten Institutionen und den Mitgliedern des Fachausschusses Statistik der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS). Der Fachausschuss setzte sich dabei das Ziel, Minimalstandards für die Durchführung von Katamnesen zu erarbeiten und im vorliegenden Katamnesemodul zur Verfügung zu stellen. Die vorgesehene Katamneseerhebung verfolgt zwei Hauptziele:

    a) Sie erfasst zum einen die Ausprägung relevanter Merkmale der Klient/innen und Patient/innen im Zeitfenster der Katamnese wie z. B. die Lebens- und Wohnsituation, den Konsum von Substanzen oder auch die Inanspruchnahme einschlägiger Hilfe und ist insofern Statusdiagnostik.

    b) Sie erfasst zum anderen im Sinne einer Verlaufsdiagnostik auch Veränderungen, die im Verlauf des Zeitfensters in relevanten Lebens- und Problembereichen aufgetreten sind.

    Vorher-Nachher-Vergleiche mit dem KDS-F und dem KDS-Kat

    Bei der Auswahl der Items für den Katamnesefragebogen wurde insbesondere darauf geachtet, die Strukturen und Items aufzunehmen, die im KDS-F enthalten sind (Lebenssituation, Wohnverhältnis, Erwerbssituation, erhaltene Hilfen, Veränderungen). Damit stehen die Angaben potentiell als Daten zur Verfügung, mit deren Hilfe Vorher-Nachher-Vergleiche vorgenommen werden können, um Veränderungen und insbesondere Behandlungserfolge zu erfassen.

    Die ausgewählten Fragen haben sich in Routine- und/oder Forschungskatamnesen bewährt. Alle Formulierungen der Items wurden im Konsens mit den Experten des Fachausschusses Statistik der DHS festgelegt. Die ausgewählten Items gelten als ‚Minimalstandard’, sie sollen in jedem Fall in der vorliegenden Form in die Katamnesefragebögen der Verbände, Träger und Einrichtungen aufgenommen werden. Es steht jedem Verband, Träger oder jeder Einrichtung jedoch frei, die vorliegenden Items um weitere Items zu ergänzen, damit spezifische, den Verband, Träger oder die Einrichtung interessierende Fragestellungen untersucht werden können.

    Um bei den Befragten eine möglichst hohe Akzeptanz für eine Beantwortung zu erhalten, wurde der Fragebogen so kurz und übersichtlich wie möglich gehalten. Allerdings lässt sich die komplexe Struktur der Abstinenzanalyse nur bedingt vereinfachen. Grundlegend für die Abfrage ist die Unterscheidung von durchgehender Abstinenz, Abstinenz nach Rückfall (also in den letzten 30 Tagen wieder abstinent) und durchgehender Rückfälligkeit, die sich aus den Standards für die Berechnung von katamnestischen Erfolgsquoten ergibt. Zunächst wird die durchgehende Abstinenz erfragt, anschließend die mögliche Abstinenz nach Rückfall. Erfasst werden außerdem Abstinenzphasen, die ‚vorwärts’ ausgehend vom Behandlungsende und ‚rückwärts’ ausgehend vom Katamnesezeitpunkt abgefragt werden. Falls keine durchgehende Abstinenz vorliegt, wird erfragt, welche Substanz konsumiert wurde, allerdings mit einer gegenüber dem KDS-Fall etwas vereinfachten Substanzliste. Erfragt wird auch der Substanzkonsum in den letzten 30 Tagen vor dem Katamnesezeitpunkt bzw. die Häufigkeit des Konsums in Tagen.

    Konsumveränderung und Verbesserung wesentlicher Teilhabeaspekte

    Neu im KDS 3.0 ist die Abfrage der Konsumveränderung, die in den KDS-Fall bei Behandlungsende und in den KDS-Kat in gleicher Form integriert wurde. Es wird ganz bewusst nach einer subjektiven Einschätzung zur Veränderung gegenüber der Zeit vor der Behandlung gefragt. Bewertet wird mit einer symmetrischen 5er-Abstufung (deutlich verringert – leicht verringert – gleich geblieben – leicht gesteigert – deutlich gesteigert). Mit dieser Ergänzung eröffnen sich bei der Bewertung von Behandlungserfolgen zwei zusätzliche Optionen:

    a) In der ambulanten Suchtberatung werden viele Angebote für Betroffene gemacht, die nicht nur die Abstinenz zum Ziel haben und deren Erfolg im Hinblick auf den Substanzkonsum (neben der Verbesserung anderer wesentlicher Teilhabeaspekte) somit differenzierter erfasst werden kann.

    b) Auch in der abstinenzorientierten Behandlung kann es von Interesse sein, das Ergebnis nicht nur im Hinblick auf die ‚klassischen‘ katamnestischen Erfolgsquoten, sondern auch im Hinblick auf die Veränderung des Substanzkonsums (falls keine Abstinenz erreicht werden konnte) zu erfassen. Damit können ggf. auch Vergleiche mit Behandlungsangeboten erfolgen, die nicht auf vollständige Abstinenz abzielen.

    Berücksichtigung nicht-substanzbezogener Suchtformen

    Eine weitere Neuerung im KDS 3.0 ist die deutlich umfassendere Erhebung von Daten und Informationen zu nicht-substanzbezogenen Suchtformen. Im KDS-Kat sind daher als Standard die Items für Glücksspiel und exzessive Mediennutzung vorgesehen. Analog zum KDS-F werden bei diesen Items die Begriffe „Spiel“ und „Nutzung“ in Abgrenzung zu den Begriffen „Konsum“ und „Substanz“ verwendet, um die Fragen für die Betroffenen verständlicher zu machen. Der KDS-Kat bietet allerdings eine vereinfachte Auswahl der Spiel- bzw. Nutzungsformen an.

    Grundsätzlich sollen bei allen Behandelten in der Katamnese alle Konsumformen abgefragt werden, unabhängig von der Hauptindikation der Behandlung. Hintergrund ist der erhebliche komorbide Zusammenhang bspw. zwischen Glücksspiel und Alkoholabhängigkeit oder zwischen Drogenabhängigkeit und Mediennutzung. Dadurch wird die Abstinenzabfrage zwar aufwändiger und umfangreicher, der Fachausschuss Statistik der DHS hält diese Sichtweise auf komplexe Suchtphänomene aber für relevant und zukunftsweisend.

    Durch die genannten Differenzierungen wirkt die Item-Liste des KDS-Kat auf den ersten Blick sehr kompliziert und ggf. für Betroffene schwer verständlich. Daher wird im Manual des KDS auch ein Vorschlag zur Darstellung der Items in einem Fragebogen gemacht. Es bleibt aber festzuhalten, dass sich das Spannungsfeld zwischen korrekter Erfassung komplexer Suchtphänomene und möglichst einfacher bzw. verständlicher Abfrage bei den Betroffenen (auch mit Blick auf die dadurch beeinflussten Rückläuferquoten) nicht vollständig auflösen lässt. Der Fachausschuss Statistik empfiehlt daher, schon während der Behandlung auf die Bedeutung der Katamnese hinzuweisen und das Vorgehen bzw. die Befragung im Rahmen einer ‚Katamneseschulung’ oder Informationsveranstaltung zu erklären und zu vermitteln.

    Kontakt:

    Dr. Hans Wolfgang Linster
    Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
    Institut für Psychologie
    Engelbergerstr. 41
    79106 Freiburg im Breisgau
    hans.linster@psychologie.uni-freiburg.de

    Angaben zu den Autoren:

    Dr. Hans Wolfgang Linster war wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie am Psychologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Jetzt ist er im Ruhestand und dort weiterhin als Lehrbeauftragter tätig.
    Prof. Dr. Andreas Koch ist Geschäftsführer des Bundesverbandes für stationäre Suchtkrankenhilfe e. V. (buss) in Kassel und Mitherausgeber von KONTUREN online.