Autor: Simone Schwarzer

  • Cannabiskonsum und Cannabiskonsumstörung

    PD Dr. Eva Hoch. Foto©LMU Klinikum

    Sie ist eine der profundesten Forscherinnen zum Thema Cannabis: Privatdozentin (PD) Dr. Eva Hoch, Psychologin an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum München. Schon seit fast 20 Jahren beschäftigt sie sich wissenschaftlich mit den Effekten von Cannabis. Jetzt ist sie als einzige Europäerin und als einzige Frau Co-Autorin des Artikels „Cannabis use and cannabis use disorder“ (dt: Cannabiskonsum und Cannabiskonsumstörung) in der aktuellen Ausgabe des britischen Wissenschaftsmagazins „Nature“. Das ist eine Ehre und eine Bestätigung ihrer Arbeit. Zusammen mit fünf Wissenschaftlern aus Australien, Kanada und den USA arbeitete Dr. Hoch ein Jahr an der 24 Seiten langen Übersichtsarbeit.

    Hoch widmet sich dem Thema Cannabis schon sehr lange, unter anderem weil sie vor ihrer Zeit am LMU Klinikum für die Bundesregierung den alljährlichen Drogenbericht verfasste: „Mitte der 2000er Jahre bemerkten wir, dass der Cannabiskonsum zunimmt“, erzählt PD Dr. Hoch. „Damals wurde unter Experten noch diskutiert, ob Cannabis überhaupt abhängig macht.“ Heute weiß man es besser: Die Folgen von intensivem Cannabiskonsum sind nach Schätzungen der WHO der häufigste Anlass für eine Drogentherapie.

    Einer von zehn Konsumenten entwickelt eine Cannabiskonsumstörung

    Nach Angaben der Vereinten Nationen nutzen etwa 193 Millionen Menschen pro Jahr Cannabis, das aus der Hanfpflanze gewonnen wird. Und anderem mit diesen Konsequenzen: Neben dem kurzfristigen, berauschenden Gefühl verringert Cannabis die Aufmerksamkeit und schränkt die Psychomotorik ein, das Risiko für Arbeits- und Verkehrsunfälle steigt. Zudem kann bei genetischer Vorbelastung schon einmaliger Konsum eine Psychose auslösen, das Risiko für psychische Störungen ist ebenfalls erhöht.

    Teenager, die Cannabis konsumieren, haben häufiger Schulprobleme, brechen ihre Ausbildung öfter ab. Einer von zehn Konsumenten entwickelt eine Cannabiskonsumstörung,  aber nicht jeder hat das gleiche Risiko dafür. „Neben einer genetischen Vulnerabilität gibt es verschiedene psychische und soziale Risikofaktoren. Ob sich aus dem Cannabiskonsum eine Abhängigkeit entwickelt, hängt auch davon ab, wie intensiv man vor dem 16. Lebensjahr konsumiert“, erklärt PD Dr. Hoch. „Besonders in der Pubertät bis hin zum jungen Erwachsenenalter verändert Cannabis die Struktur und die Funktion des Gehirns.“

    Cannabis hat sich seit den 1970er Jahren stark verändert

    Seit den Hippie-Zeiten in den 1970er Jahren hat sich die Droge stark verändert. In den letzten zehn Jahren hat sich der psychoaktive Hauptwirkstoff in der Hanfpflanze, das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), durch spezielle Züchtungen fast verdoppelt. Das nicht-berauschende Cannabidiol (CBD), dem schützende Eigenschaften zugeschrieben werden, ist oftmals nicht mehr in der Droge vorhanden. Die Pflanze enthält nach heutigem Kenntnisstand mindestens 150 Cannabinoide, die wenigsten davon sind erforscht.

    Kaum Studien über Wirkungen und Nebenwirkungen von CBD

    Cannabis ist inzwischen auch gesetzlich als Arznei bei schwerkranken Menschen zugelassen. Beispielsweise bei chronischen Schmerzen kann es ergänzend zu Analgetika eingesetzt werden. „Auch die medizinische Wirkung von CBD wird gerade viel diskutiert, aber wir haben noch kaum Studien über seine Wirkungen und Nebenwirkungen“, sagt PD Dr. Hoch. Unter anderem wird diskutiert, ob hohe Dosen CBD eventuell Embryonen, Spermien und Leber schädigen könnten.

    Was aber längst klar ist: Cannabisabhängigkeit ist eine Suchterkrankung und sollte auch als solche behandelt werden, beispielsweise mit einem klinischen Entzug und Verhaltenstherapie. Untersuchungen haben gezeigt, dass Veränderungen am Gehirn reversibel sind, wenn man den Konsum dauerhaft beendet. „Cannabis ist ein hochkomplexes Thema, bei dem wir mit unserem Wissen immer noch am Anfang stehen“, sagt PD Dr. Hoch. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

    Originalpublikation:
    Cannabis use and cannabis use disorder. Nat Rev Dis Primers 7, 17 (2021).
    https://doi.org/10.1038/s41572-021-00256-3

    Pressestelle des Klinikums der Universität München, 3.3.2021

  • THC-Konzentration steigt, CBD-Gehalt bleibt stabil

    „Ohne Samen“ – so lässt sich der Name der Cannabissorte Sinsemilla übersetzen. Ihre Blüten enthalten besonders viel vom Cannabiswirkstoff THC. Diese hochpotente Cannabissorte sei hauptsächlich verantwortlich für den Anstieg der THC-Konzentration in den letzten Jahrzehnten. Das ist eines der Ergebnisse einer Meta-Analyse unter der Leitung von Tom Freeman von der University of Bath.

    Das internationale Forschungsteam hat sämtliche Studien gesichtet, in denen die Wirkstoffkonzentration von Cannabis ermittelt wurde. Dabei ging es nicht nur um den Cannabiswirkstoff THC, der überwiegend für den Rausch verantwortlich ist. Auch der Anteil an Cannabidiol, das als CBD abgekürzt wird, stand im Fokus der Studie. Über 80.000 Cannabisproben, die über einen Zeitraum von 50 Jahren gesammelt wurden, sind in die Analyse eingegangen. Die meisten Cannabisproben stammen aus den USA, weitere aus dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark, Italien und Neuseeland.

    Marktanteil von hochpotentem Cannabis ist gestiegen

    Den Ergebnissen zufolge hat der THC-Anteil in Cannabisblüten zwischen 1970 und 2017 um 14 Prozent zugenommen. Allerdings sei diese Zunahme nicht so sehr auf einen generellen Anstieg des Wirkstoffgehalts zurückzuführen. Vielmehr habe der Marktanteil von hochpotentem Sinsemilla-Cannabis zugelegt. Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt von Sinsemilla-Cannabis habe sich über die Jahre hingegen kaum verändert.

    Haschisch stärker als normales Gras

    Einen deutlichen Zuwachs der THC-Konzentration habe sich allerdings bei Haschisch abgezeichnet. Zwischen 1975 und 2017 sei der THC-Gehalt um 24 Prozent gestiegen. Das aus dem Harz der Cannabispflanze gewonnene Haschisch sei inzwischen stärker als normales Gras.

    Anteil an CBD unverändert

    Hingegen hat sich der Anteil an CBD über die Jahre nicht verändert. Somit hat sich das Verhältnis von THC zu CBD in Cannabis über die Jahre zugunsten von THC entwickelt. CBD wird selbst keine berauschende, aber eine antipsychotische, beruhigende Wirkung zugesprochen.

    „Traditionell enthielt Cannabisharz viel geringere Mengen an THC mit gleichen Mengen an CBD“, erklärt Co-Autor Sam Craft. „Die CBD-Konzentrationen sind stabil geblieben, während THC erheblich gestiegen ist, was bedeutet, dass es heute viel schädlicher ist als noch vor vielen Jahren.“

    Mehr gesundheitliche Probleme bei steigendem THC-Gehalt

    Diese Entwicklung bewertet das Forschungsteam als problematisch. Denn die Risiken des Cannabiskonsums würden mit hohem THC- und niedrigem CBD-Anteil steigen. So konnte in einer früheren Studie unter der Leitung von Tom Freeman nachgewiesen werden, dass mehr Menschen Hilfe wegen ihres Drogenkonsums in Anspruch nehmen, wenn die Wirkstoffkonzentration steigt. Insbesondere nehme das Risiko für eine Psychose beim Konsum von hochpotentem Cannabis zu.

    Erst kürzlich haben Ärztinnen und Ärzte des Universitätsklinikums Ulm von einer starken Zunahme an Cannabis-Psychosen zwischen 2011 und 2019 berichtet. Die Anzahl an Patientinnen und Patienten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen habe sich hingegen nicht verändert. Eine mögliche Ursache für diese Entwicklung sei der zunehmende Konsum von hochpotentem Cannabis, aber auch von synthetischen Cannabinoiden. Mehr zur Ulmer Studie erfahren Sie hier.

    Quelle: www.drugcom.de, 30.12.2020
    Bild©renatas76 – stock.adobe.com

  • Rausch

    Ergon Verlag, Baden-Baden 2020, 244 Seiten, 52,00 €, ISBN 978-3-95650-658-1, auch als E-Book erhältlich

    Seit jeher nimmt die Menschheit berauschende Getränke und Substanzen zu sich. Daneben gibt es in nahezu allen Religionen meditative Techniken, mit denen man sich in einen tranceartigen oder ekstatischen Zustand versetzen und so dem Göttlichen annähern kann. Dennoch sind Rausch, Trance und Ekstase in vielen Gesellschaften ein Tabu, es sei denn, sie werden in einem eng umgrenzten sozialen Raum wie in Nachtclubs ausgelebt oder in der Kunst, Musik oder Literatur für kulturproduktiv erklärt. Unter Juristen, Pädagogen und Medizinern wird das Recht auf Rausch kontrovers diskutiert. Befürworter verweisen gerne auf religiöse Grundlagen des Rauschs, Gegner auf die moralische Pflicht zur Nüchternheit.

    Eine Ringvorlesung an der Universität Bonn hat die Ambivalenz des „Rausches“ aus interdisziplinärer Sicht beleuchtet – als religiöses, psychisches, soziales, juristisches und kulturgeschichtliches Phänomen. Die Ergebnisse dieser aufsehenerregenden Vorlesungsreihe sind im vorliegenden Band dokumentiert.

    Mit Beiträgen von: Clemens Albrecht, Christoph Antweiler, Andreas Bell, Walter Bruchhausen, Robert Feustel, Dorothee Gall, Albert Gerhards, Tobias Janz, Jörg Kinzig, Wolfram Kinzig, Alexandra Philipsen, Irmgard Rüsenberg, Markus Saur, Jochen Sautermeister, Detlef Siegfried, Christoph Schreier, Birgitta Sträter, Nathalie Thies.

  • Leitfaden Sozialrecht 2021 erschienen

    Mit Beginn des neuen Jahres 2021 wurde der „Leitfaden Sozialrecht“ von Rüdiger Lenski überarbeitet. Der Leitfaden bietet eine Orientierungshilfe im Sozialrecht, insbesondere im Aus- und Fortbildungsbereich. Die aktuelle Version steht auf der Website des fdr+ zum Download zur Verfügung.

    Quelle: https://fdr-online.info/, 19.2.2021

  • Corona: Kinder in Berlin

    Die Pandemie hat auch in Berlin massive Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung von Minderjährigen. So hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die mit depressiven Episoden in Berliner Krankenhäusern stationär behandelt wurden, im 1. Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr mit einer Steigerung um 84 Prozent nahezu verdoppelt. Das zeigt eine aktuelle und repräsentative Sonderanalyse der DAK-Gesundheit, die die Universität Bielefeld erstellt hat. Volker Röttsches, Landeschef der DAK-Gesundheit in Berlin, sieht eine „besorgniserregende Entwicklung“.

    „Die gesellschaftlichen, schulischen, sozialen und familiären Belastungen durch die Corona-Pandemie wirken sich zunehmend negativ auf Kinder und Jugendliche aus. Wir beobachten immer mehr schwere Verläufe von Essstörungen, depressiven Erkrankungen und suizidalen Krisen bei Kindern und Jugendlichen, die entweder dem Druck und der Ungewissheit nicht standhalten oder auch zu spät Hilfe suchen“, sagt Professor Dr. med. Christoph Correll, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Charité Universitätsmedizin Berlin. „Zudem machen wir uns Sorgen, dass es in einem langanhaltend überlasteten familiären System auch zu häuslicher Gewalt kommen kann. In unserer COH-FIT Studie untersuchen wir die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Teilnehmer können uns helfen, bestmögliche Bewältigungsstrategien sowie Subgruppen mit größtem Unterstützungsbedarf zu identifizieren.“

    „Die Zunahme an stationären Behandlungen depressiver Episoden bei Kindern und Jugendlichen besorgt mich. Welchen Anteil daran Homeschooling und Kontaktbeschränkungen haben, muss noch weiter untersucht werden“, sagt Volker Röttsches, Leiter der Landesvertretung der DAK-Gesundheit in Berlin.

    Corona-Delle bei Krankenhausbehandlungen

    Die DAK-Sonderanalyse zeigt: Der Lockdown im März und April 2020 führte zu einer spürbaren Corona-Delle bei den Krankenhausbehandlungen. Im Vergleich zum Vorjahr fiel mehr als jede zweite Operation von Kindern und Jugendlichen aus (minus 59 Prozent). Knapp 15 Prozentpunkte mehr als im Bundesdurchschnitt (Rückgang von 45 Prozent). Insgesamt gingen die Krankenhausfälle in der Hauptstadt um rund 42 Prozent zurück. Dieser Effekt betraf alle Altersgruppen. Gründe für die Corona-Delle waren verschobene Behandlungen durch die Krankenhäuser und weniger Klinikbesuche aus Angst der Eltern vor Ansteckungen. Die stärksten Rückgänge gab es bei Magen-Darm- Entzündungen, Infektionen der oberen Atemwege sowie Mandel- und Lungenentzündungen. Durch die Entwicklung erwarten Mediziner jetzt einen Anstieg von schweren Verläufen bei chronischen Erkrankungen von Kindern.

    Corona-Delle ist deutliches Warnsignal

    „Die Corona-Delle bei den Kinder-Operationen und Behandlungszahlen ist ein deutliches Warnsignal“, betont Volker Röttsches. „Unser Gesundheitssystem muss Eltern und Kindern die Sicherheit geben, damit sie sich vertrauensvoll versorgen lassen können. Es darf nicht sein, dass notwendige Behandlungen aus Angst vor Ansteckungen verschoben werden. In der aktuellen Corona-Diskussion spielt die Kinder- und Jugendgesundheit eine zu geringe Rolle. Das müssen wir ändern, um langfristige Folgeschäden zu vermeiden.“

    Weniger Einweisungen mit Infektionskrankheiten

    Bei den Kindern und Jugendlichen, die während des ersten Lockdowns in Berlin stationär versorgt wurden, ging vor allem die Zahl der Magen- Darmentzündungen (minus 76 Prozent) und Infektionen der oberen Atemwege wie beispielsweise Hals- oder Rachenentzündungen (minus 60 Prozent) zurück. Mögliche Ursache sind laut Analyse der Universität Bielefeld die Kontaktbeschränkungen für Kinder und Jugendliche, wodurch es zu weniger Ansteckungen kam. So sanken auch die Krankenhausbehandlungen von chronischen Mandelentzündungen um 37 Prozent und Lungenentzündungen um 36 Prozent.

    Normalisierung acht Wochen nach Lockdown

    Laut DAK-Sonderanalyse war die Versorgungssituation der Kinder und Jugendlichen in Berliner Krankenhäusern acht Wochen nach dem Lockdown wieder mit dem Vorjahr vergleichbar. Dabei gab es jedoch je nach Erkrankungsart Unterschiede. So wurden Atemwegs- und Infektionserkrankungen – vermutlich aufgrund der anhaltenden Kontaktreduzierungen – auch Ende Juni noch deutlich seltener als im Vorjahr im Krankenhaus behandelt. Die Universität Bielefeld sah in den vorliegenden Daten des ersten Halbjahrs noch keinen Nachholeffekt, rechnet aber damit für das zweite Halbjahr 2020.

    Im Rahmen der DAK-Sonderanalyse untersuchte die Universität Bielefeld die anonymisierten Krankenhausdaten von mehr als 38.000 Berliner Kindern und Jugendlichen im Alter von null bis 17 Jahren, die bei der DAK- Gesundheit versichert sind. Untersucht und verglichen wurden die ersten Halbjahre 2019 und 2020.

    Die DAK-Gesundheit ist mit 5,6 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit.

    Pressestelle der DAK-Gesundheit, 16.2.2021

  • Corona: Kinder in Hessen

    Die Pandemie hat auch in Hessen massive Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung von Minderjährigen. Die Corona-Delle macht sich im Bereich der behandelten psychischen Erkrankungen im ersten Halbjahr 2020 besonders bemerkbar. Mit einem Rückgang von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sind die Behandlungszahlen in Hessen stärker zurück gegangen als im Bundesdurchschnitt (minus 12 Prozent). Der Lockdown im März und April 2020 sorgte zudem für einen starken Einbruch von Krankenhausbehandlungen und Operationen bei Kindern und Jugendlichen. So fiel mehr als jede dritte Kinder-Operation aus (Rückgang 39 Prozent). Das zeigt eine aktuelle und repräsentative Sonderanalyse der DAK-Gesundheit, die die Universität Bielefeld erstellt hat. Gründe für die Corona-Delle waren verschobene Behandlungen durch die Krankenhäuser und weniger Klinikbesuche aus Angst der Eltern vor Ansteckungen. Die stärksten Rückgänge gab es bei Infektionen, Krankheiten der Atemwege und des Verdauungssystems. Durch die Entwicklung erwarten Mediziner jetzt einen Anstieg von schweren Verläufen bei chronischen Erkrankungen von Kindern. Sötkin Geitner, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Hessen, sieht ein „deutliches Warnsignal“.

    Im Rahmen der DAK-Sonderanalyse untersuchte die Universität Bielefeld die anonymisierten Krankenhausdaten von mehr als 85.000 Kindern und Jugendlichen aus Hessen im Alter von null bis 17 Jahren, die bei der DAK- Gesundheit versichert sind. Untersucht und verglichen wurden die ersten Halbjahre 2019 und 2020. Kernergebnisse: Im ersten Halbjahr 2020 gab es fast ein Fünftel weniger behandelte psychische Erkrankungen (minus 19 Prozent). Der Lockdown im März und April 2020 sorgte zudem für einen Rückgang von Krankenhausbehandlungen (minus 38 Prozent) und Operationen (minus 39 Prozent) bei Minderjährigen. Dieser Effekt betraf alle Altersgruppen. Liegt der Rückgang der Erkrankungsfälle und Operationen während des Lockdowns unterhalb des Bundesdurchschnittes, wurde in Hessen ein überdurchschnittlich hoher Rückgang der Behandlungsfälle mit psychischen Erkrankungen beobachtet.

    Psychische Erkrankungen müssen zeitnah behandelt werden

    „Auf den ersten Blick wirkt der Rückgang der Behandlungen von psychischen Erkrankungen in Hessen wie eine erfreuliche Nachricht“, so Sötkin Geitner, hessische Landeschefin der DAK-Gesundheit. „Auf den zweiten Blick wird jedoch klar: Weniger Behandlungen psychischer Erkrankungen bedeutet nicht automatisch, dass es im Frühjahrs-Lockdown weniger psychische Leiden hessischer Kinder gab. Es drängt sich vielmehr die Vermutung auf, dass viele psychische Leiden von Kindern im Frühjahrs-Lockdown einfach nicht behandelt wurden. Psychische Erkrankungen sind ernst zu nehmen und das Versäumen von ärztlicher Behandlung kann weitreichende Folgen haben. Eltern sollten hier nicht nachlässig sein und womöglich aus Angst vor einer Ansteckung notwendige Behandlungen verschieben. Die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen hat einen hohen Stellenwert. Unser Gesundheitssystem muss Eltern und Kindern in Hessen Sicherheit geben, damit sie sich vertrauensvoll versorgen lassen können.“

    Kindermediziner erleben mehr schwere Krankheitsverläufe

    Experten weisen darauf hin, dass im Frühjahrs-Lockdown in den Krankenhäusern viele nicht dringende stationäre und ambulante Behandlungen drastisch oder vollständig eingestellt wurden. Aus Angst vor Ansteckung wurden aber auch viele notwendige Untersuchungen nicht oder sehr spät durch die Eltern und Sorgeberechtigten veranlasst. Dies hatte zur Folge, dass in den Krankenhäusern vermehrt schwere und komplizierte Verläufe bei chronischen Erkrankungen, wie Diabetes melllitus, oder auch schwerwiegenden Neuerkrankungen beobachtet wurden.

    „Unbestritten ist, dass der Lockdown und die Corona-Pandemie deutliche negative Folgen für die Psyche und körperliche Gesundheit der Kinder und Jugendlichen haben werden“, sagt Geitner. „Vor allem die Zunahme von schweren Verläufen bei chronischen Krankheiten ist ein deutliches Warnsignal. In der aktuellen Corona-Diskussion in Hessen spielt die Kinder- und Jugendgesundheit eine zu geringe Rolle. Das müssen wir ändern, um langfristige Folgeschäden zu vermeiden.“

    Fast halb so viele Einweisungen mit Infektionskrankheiten

    Bei den Kindern und Jugendlichen, die während des ersten Halbjahres 2020 stationär versorgt wurden, ging vor allem die Zahl der Infektionskrankheiten (minus 46 Prozent) und Atemwegserkrankungen (minus 26 Prozent) zurück. Ursache waren laut Analyse der Universität Bielefeld die Kontaktbeschränkungen für Kinder und Jugendliche, wodurch es zu weniger Ansteckungen kam. So wurden beispielsweise 58 Prozent weniger Fälle mit virusbedingten Darminfektionen behandelt. Mit halb so vielen stationären Behandlungen wie noch im Vorjahr waren auch akute Mandelentzündungen (minus 50 Prozent) und Magen-Darm-Entzündungen (minus 49 Prozent) stark rückläufig. Bei ernsthaften Diagnosen wie Krebserkrankungen gab es keinen Rückgang.

    Normalisierung acht Wochen nach Lockdown

    Laut DAK-Sonderanalyse war die Versorgungssituation der Kinder und Jugendlichen in hessischen Krankenhäusern acht Wochen nach dem Lockdown wieder mit dem Vorjahr vergleichbar. Dabei gab es jedoch je nach Erkrankungsart Unterschiede. So wurden Atemwegs- und Infektionserkrankungen – vermutlich aufgrund der anhaltenden Kontaktreduzierungen – auch Ende Juni noch deutlich seltener als im Vorjahr im Krankenhaus behandelt. Die Universität Bielefeld sah in den vorliegenden Daten des ersten Halbjahrs noch keinen Nachholeffekt, rechnet aber damit für das zweite Halbjahr 2020.

    Die DAK-Gesundheit ist mit 5,6 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit.

    Pressestelle der DAK-Gesundheit, 15.2.2021

  • Recht der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

    Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau, 3. Auflage März 2020, 464 Seiten, 12,90 €, ISBN 978-3-7841-3155-9, Sonderpreis für Mitglieder des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 9,90 €

    Diese Ausgabe enthält die aktuelle Fassung des Textes des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX). Außerdem wurden der Text des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sowie einschlägige Verordnungen aufgenommen.

    Stand: 1. Januar 2020

  • 17. Deutscher Reha-Tag

    Der Deutsche Reha-Tag findet jedes Jahr rund um den vierten Samstag im September statt. Die bundesweite Auftaktveranstaltung 2020 musste aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden und findet nun als digitaler Reha-Fachkongress am 24. Februar 2021 statt. Vorträge, Diskussionen und Workshops rücken psychische Erkrankungen bei der geriatrischen, neurologischen, psychosomatischen und suchtspezifischen Rehabilitation in den Fokus. Die Alexianer Krefeld GmbH hat die Programmplanung sowie Organisation und Durchführung der ganztägigen Veranstaltung übernommen.

    Die Zahlen von Erwerbsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund von psychischen Beeinträchtigungen steigen. Experten aus Wissenschaft und Forschung gehen bereits jetzt von der Annahme aus, dass in Folge der Corona-Pandemie die Zahl psychischer und psychosomatischer Erkrankungen sogar weiter ansteigen wird.

    „Umso wichtiger ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie eine Rehabilitation zu einer umfassenden Teilhabe beitragen kann. Eine frühe Diagnose und eine entsprechende Therapie können den Patienten dabei helfen, möglichst aktiv wieder am Leben teilzunehmen. Inzwischen gibt es zahlreiche und unterschiedliche Therapieangebote“, so Peter Weiß, MdB, Schirmherr des 17. Deutschen Reha-Tages und Vorsitzender der Aktion Psychisch Kranke in seinem Grußwort.

    Die Alexianer Krefeld GmbH mit ihren Rehabilitationszentren am Standort in Krefeld gehört zu den Spezialanbietern, die mit passgenauen Reha-Maßnahmen Patientinnen und Patienten bei der Bewältigung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen unterstützen. Ein besonderes Merkmal des Standortes Krefeld ist die Verknüpfung von Krankenhausakutbehandlungen mit einer sektorenübergreifenden Fallsteuerung in die medizinische und berufliche Rehabilitation sowie in die Eingliederungshilfe.

    Wie kann die Rehabilitation zur Bewältigung psychischer Beeinträchtigungen und zur Sicherung einer umfassenden Teilhabe beitragen? Dieser zentralen Frage gehen Experten aus Politik, Wissenschaft und Praxis nach. Referenten sind – neben Heinz-Josef Kessmann, Diözesancaritasdirektor, und Schirmherr Peter Weiß MdB, die das Grußwort sprechen – Prof. Dr. Robert Bering, Chefarzt der Rehabilitationsklinik für Psychotraumatologie, Krankenhaus Maria-Hilf, Alexianer Krefeld GmbH, sowie Dr. Matthias Franz, Hauptreferent Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Düsseldorf. Im Workshop „Sucht und Komorbidität“ wird buss-Vorsitzende Dr. Wibke Voigt ein Impulsreferat über Sucht und Trauma halten.

    Die Themen von Fachvorträgen, Impulsreferaten und Workshops widmen sich den aktuellen Herausforderungen, Lösungsansätzen und Perspektiven zur Sicherung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.

    Der jährlich stattfindende Deutsche Reha-Tag ist ein Aktionsbündnis von mehr als 20 Institutionen, Organisationen und Verbänden aus allen Bereichen der Rehabilitation. Rund um den vierten Samstag im September werden gemeinsame Botschaften vertreten. Zum Kreis des Aktionsbündnisses gehören das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie Betroffenenverbände, Leistungsträger und Leistungserbringer. Informationen über die aktuelle Zusammensetzung unter www.rehatag.de.

    Quelle: Presseinformation des Deutschen Reha-Tages, 16.2.2021

  • Sachsen-Anhalt atmet auf – Nichtraucherschutz und Prävention verstärken

    Im Jahr 2017 fasste der Landtag von Sachsen-Anhalt den Beschluss, dass die Landesstelle für Suchtfragen gebeten sei, ein Konzept zum Nichtraucherschutz und zur Prävention zu entwickeln (Beschluss des Landtags 7/1239). Dieses Konzept wurde im Dezember 2020 durch das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration dem Landtag vorgelegt.

    Im Rahmen der Umsetzung des Präventionsgesetzes sollte ein Anreiz-, Interventions- und Begleitsystem für Kinder und Jugendliche und insbesondere Mädchen und Frauen entwickelt werden. Vorhandene Strukturen und Unterstützungssysteme sollten im Rahmen des Konzeptes berücksichtigt werden.

    Aus den Recherche- und Analysearbeiten wurden 24 Handlungsempfehlungen für Sachsen-Anhalt abgeleitet. Diese wurden entlang des MPOWER-Konzeptes der WHO für effektive Maßnahmen der Tabakkontrolle strukturiert. Sie lassen sich folgenden sechs Bausteinen des MPOWER-Konzeptes zuordnen:

    • Monitoring: Systematische Erfassung vonvon Tabakkonsum & Präventionsmaßnahmen
    • Protection: Nichtraucherschutz
    • Offering help: Unterstützung beim Rauchstopp
    • Warning: Aufklärung zu Gesundheitsgefahren
    • Enforcing bans: Durchsetzung von Verboten für Tabakwerbung und -sponsoring
    • Raising Taxes: Steuererhöhungen

    Das Konzept ist in drei Teile und ein Zwischenfazit untergliedert:

    • Erster Teil: Auftrag und Vorgehen
    • Zweiter Teil: Ausgangslage – Strukturen – Vorarbeiten
    • Zwischenfazit
    • Dritter Teil: Konzept – Handlungsempfehlungen – Fazit

    Alle für Sachsen-Anhalt unterlegten Handlungsempfehlungen sollen unter einer Dachkampagne gebündelt werden. Die Kernaussagen des Konzeptes wurden in einer siebenseitigen Kurzversion zusammengefasst, die dem Gesamtkonzept vorausgeht. Ein tabellarischer Überblick der Handlungsempfehlungen findet sich auf Seite 7 der Kurzversion. Das Konzept inklusive Kurzversion steht auf der Website der Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt zum Download bereit.

    Quelle: Website der Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt, Fachinformation vom 8.1.2021